'Das Geheimnis der Maurin' - Seiten 360 - 452

  • Hier ärgere ich mich mal wieder über Abdu.
    Jaime rettet ihm und Musheer das Leben und er ist ihm nicht mal dankbar.


    Bei Zahra und Abdu zählt nur ihr Glaube, aber Jaime ist nun mal Christ.


    Ich kann fast nicht verstehen, wie Adilahs Eltern, die wohl sehr gläubig waren einer Ehe mit Abdu eingewilligt haben.

  • Hallo Deichgräfin :wave


    Abdu befindet sich in einer sehr schwierigen Situation - er ist altersmäßig
    zwischen Kind und Mann (auch wenn er mit 15 oder 16 Jahren schon heiratet) und er will unter keinen Umständen
    das Gesicht verlieren gegenüber seinen Freunden.


    Dann ergreift er automatisch die Rolle des "Familienoberhaupts" in seiner muslimischen Familie, eben weil er Jaime als Mann und Vater so sehr verachtet.


    Es ist nicht so, dass ich sein Verhalten und seine Äußerungen gutheiße,
    aber in Anbetracht seines Alters kann ich ihn auch ein wenig verstehen.
    Immerhin ist er noch jung genug, um durch eigene Erfahrungen und eigenes Denken seine Haltung zu revidieren und toleranter zu werden.


    Adilah tut mir eigentlich nur leid - sie ist so jung und völlig unerfahren, darf ihren
    "Ehemann" weder sehen noch mit ihm sprechen, bevor sie ihn heiratet.
    Vermutlich ist sie auch nicht älter als 14 oder 15 .... :-(


    Ihren Selbstmord empfinde ich allerdings als konsequent und in gewisser Weise habe ich Respekt vor ihr. Sie lässt ihren Worten auch Taten folgen, während alle anderen nur immer lügen, rumlavieren, verheimlichen und Ausflüchte suchen.
    Adilah sagt, dass sie ohne ihren Glauben nichts ist und handelt in ihrer Welt konsequent, indem sie sich umbringt.

  • Zitat

    Original von Deichgräfin
    Ich kann fast nicht verstehen, wie Adilahs Eltern, die wohl sehr gläubig waren einer Ehe mit Abdu eingewilligt haben.


    Genau das habe ich beim lesen auch gedacht. :-)


    Adilahs Selbstmord ist zwar konsequent, ich kann es trotzdem nicht verstehen. Sie ist ja immerhin eine Mutter und die Familie hätte das Geld für eine Auswanderung gehabt.
    Mir sind Religionsfanatiker, egal welcher Religion sie angehören, unheimlich und unsympathisch.
    Im Moment kann ich noch nicht glauben, dass sich Zahra wirklich taufen lässt. :gruebel
    Weiter geht's! :lesend

  • Hallo Kirsten :wave


    Mir sind Fanatiker auch mehr als suspekt, sie machen mir Angst und ich halte mich von solchen Leuten fern - egal ob sie religiöse oder politische Fanatiker sind.
    Bei Adilah sehe ich allerdings weniger Fanatismus, sonder eher Fatalismus - sie ergibt sich ihrer Vorstellung, dass ein Leben ohne Islam für sie völlig sinnlos ist.


    Sie kam aus einer ultrareligiösen Familie und wurde vermutlich ihr ganzes kurzes Leben lang gehirngewaschen, so dass sie tatsächlich nie gelernt hat, zu denken - schon gar nicht selbstständig. Sie kannte ja nur dieses Leben und so war aus ihrer ganz persönlichen Sicht ihr Selbstmord konsequent.
    Wenigstes hat sie ihren Sohn nicht mitgenommen in den Tod, wie es viele tun, die sich aus solchen Gründen umbringen.

  • Seite 379: Und erst in diesem Moment wurde Zahra wirklich bewusst, dass Jaime weit mehr zu ihnen als sie zu ihm hielten (...)
    Ja, so ist mir das auch die ganze Zeit zunehmend erschienen.


    Zahras Verhalten wird für mich zunehmend schwerer verständlich. Und selbst ihrem Bruder scheint das so zu gehen, siehe Seite 411: Und ich kann nicht verstehen, das du das nicht längst getan hast! (Mit Jaime zu reden.)


    Das Kapitel IX (Seite 433) beginnt am 17. November 1501. Ein paar Seiten weiter, Seite 436, sind wir jedoch im April 1501. :gruebel


    Zitat

    Original von Kirsten
    Sie ist ja immerhin eine Mutter (...)


    :write Wenn man erst mal Elternteil ist (egal, ob Mutter oder Vater) hat man - zumindest solange die Kinder auf einen angewiesen sind - eine gewisse Verantwortung.



    Ich tue mich inzwischen sehr schwer mit dem Buch. So gerne ich „Die Maurin“ las, so sehr muß ich mich derzeit hier zum Lesen zwingen.


    Das Ganze hat sich schlimmer entwickelt, als ich erwartet hatte, und ich will eigentlich nur noch eines: das Buch durch haben und dann etwas erfreulicheres Lesen / Gucken (DVD). Ich habe mich gestern schon mit einer meiner Scrooge-Verfilmungen etwas abgelenkt, weil mir das hier einfach zu viel wird. :rolleyes

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Hallo SiCollier :wave


    ich kann verstehen, dass du dich schwertust mit dem Roman - mir ging es ähnlich und ich hatte das Bedürfnis, aus dieser engen Welt auszubrechen und wieder frische Luft zu atmen - im übertragenen Sinn. :-)


    Der historische Hintergrund interessiert mich durchaus und hätte nach meinem Empfinden mehr thematisiert werden können. Zumal Jaime Kontakt hatte zu den Mächtigen seiner Epoche.


    Stattdessen kreist die Handlung ständig nur um Zahra und ihr Umfeld und wie sich alle das Leben schwer machen in Granada und auf der Farm :-(
    In dieser inneren wie äußeren Hermetik liegt auch der gravierende Unterschied zu dem Roman "Die Maurin" , den ich auch sehr gerne gelesen habe.

  • Zitat

    Original von Emmy
    Der historische Hintergrund interessiert mich durchaus und hätte nach meinem Empfinden mehr thematisiert werden können. Zumal Jaime Kontakt hatte zu den Mächtigen seiner Epoche.


    Also mir hat das Thematisieren hier im Buch für einen Roman eigentlich gereicht. Wenn ich mehr wissen will, greife ich eher zu einem Sachbuch (was ich zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich tun werde).

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Kirsten
    Adilahs Selbstmord ist zwar konsequent, ich kann es trotzdem nicht verstehen. Sie ist ja immerhin eine Mutter und die Familie hätte das Geld für eine Auswanderung gehabt.
    Mir sind Religionsfanatiker, egal welcher Religion sie angehören, unheimlich und unsympathisch.


    :write


    Zitat

    Original von SiCollier
    Seite 379: Und erst in diesem Moment wurde Zahra wirklich bewusst, dass Jaime weit mehr zu ihnen als sie zu ihm hielten (...)
    Ja, so ist mir das auch die ganze Zeit zunehmend erschienen.


    :write Immerhin hat die Gute das überhaupt irgendwann mal bemerkt...



    Zitat

    Original von Emmy
    Der historische Hintergrund interessiert mich durchaus und hätte nach meinem Empfinden mehr thematisiert werden können. Zumal Jaime Kontakt hatte zu den Mächtigen seiner Epoche.


    Ich fand die "Dosis" genau richtig. Ich fand die Auswirkungen auf den Alltag von Zahra und ihrer Familie sehr interessant und anschaulich - und mir ist das so lieber als was die Mächtigen so tun.

  • Hallo allerseits :wave


    eine Sache wollte ich noch ansprechen, die in diesen Abschnitt gehört.
    Als Musheer auf der Seidenfarm diese Sepsis bekommt und schwer erkrankt, bietet sich Chalida an, ihn zu pflegen und es wird ihr erlaubt.
    Dabei wundere ich mich über zwei Sachen:


    1. Warum pflegt nicht Abdu seinen besten Freund und zukünftigen Schwager, obwohl er Medizin studiert und Arzt werden will? Er steht nur untätig am Bett und meckert an allem rum. :rolleyes


    2. Es wird so ein Theater gemacht auf dieser Farm um "Männertrakt" und "Frauentrakt" und wehe, man unterwirft sich dieser Trennung nicht.


    Jetzt aber lassen sie Chalida die ganze Nacht am Bett eines kranken Mannes, was eine große Intimität erfordert, denn er muss ja auch gewaschen werden. :gruebel

  • Zitat

    Original von Kirsten


    Adilahs Selbstmord ist zwar konsequent, ich kann es trotzdem nicht verstehen. Sie ist ja immerhin eine Mutter und die Familie hätte das Geld für eine Auswanderung gehabt.


    :write Genau das konnte ich beim Lesen auch nicht verstehen.


    Was die Dosierung der historischen Hintergründe angeht, muss auch ich sagen, dass ich es genau richtig finde. Nicht zu viel und nicht zu wenig.


    Ich fieber regelrecht mit Chalida, ich hoffe so sehr, dass sie Musheer nicht heiraten muss. Auch wenn sie Musheer bei seiner Pflege dieses Verprechen gab, so sollte doch eine Ehe auf Liebe aufgebaut werden.


    Ich bin sehr gespannt wie es auf den letzten Seiten zugeht, deshalb nichts wie :lesend

  • Das steht irgendwo im Buch, dass das einiges an Zureden gefordert hatte - und Raschid da ziemlich geholfen hatte.


    Für Abdu ist es doppelt schwer: Er ist in einem Alter, in dem man sein will, wie die Freunde sind, aber er hat einen dicken, schwarzen Fleck auf der Weste: den Vater. Es ist sicher auch nicht einfach für ihn.


  • :-) Ach,du hattest das ja schon alles wunderbar erklärt! :-)

  • Zitat

    Original von Emmy
    Hallo Kirsten :wave


    Mir sind Fanatiker auch mehr als suspekt, sie machen mir Angst und ich halte mich von solchen Leuten fern - egal ob sie religiöse oder politische Fanatiker sind.
    Bei Adilah sehe ich allerdings weniger Fanatismus, sonder eher Fatalismus - sie ergibt sich ihrer Vorstellung, dass ein Leben ohne Islam für sie völlig sinnlos ist.


    Sie rettet sich in gewisser Weise. Obwohl der Koran eigentlich auch den Selbstmord nicht so gern hat :grin
    Aber sie denkt, sie rettet ihre Seele.


    Zitat

    Sie kam aus einer ultrareligiösen Familie und wurde vermutlich ihr ganzes kurzes Leben lang gehirngewaschen, so dass sie tatsächlich nie gelernt hat, zu denken - schon gar nicht selbstständig. Sie kannte ja nur dieses Leben und so war aus ihrer ganz persönlichen Sicht ihr Selbstmord konsequent.


    Das mag es geben, aber hier würde ich es eher so sehen, dass sie wirklich einfach tief gläubig ist, was es damals weit öfter als heute gab.

  • Lieber SiCollier,
    Zahra ist extrem, weil der Druck, unter dem sie steht, extrem ist. Sie ist ein Spiegel ihrer Zeit - und leider nicht nur ihrer Zeit.
    Ihre Verzweiflung ist groß, sie ist sogar sehr groß, denn die Menschen damals waren viel mehr in ihrem Glauben verankert als heute. Das Leben nach dem Tod war damals nichts "Abstraktes", sondern sondern real wie der Stuhl, auf dem man saß. Zahra ist aus dem Alter heraus, wo man im jugendlichen Leichtsinn über alle Gesetze seines Glaubens hinweggehen kann - und steht überdies unter einem enorm großen Druck! Sie hat das Gefühl, alles in ihrem Leben falsch gemacht zu haben und glaubt wirklich, dass sie es für ihre Kinder tut.
    Und ja, in dem Roman geht es um Glaubensfragen, aber das war logisch, oder? :grin


  • Da stecken ja Zahra und Tamu dahinter - und dass Chalida sie so bedrängt.


    Zitat

    2. Es wird so ein Theater gemacht auf dieser Farm um "Männertrakt" und "Frauentrakt" und wehe, man unterwirft sich dieser Trennung nicht.


    Jetzt aber lassen sie Chalida die ganze Nacht am Bett eines kranken Mannes, was eine große Intimität erfordert, denn er muss ja auch gewaschen werden. :gruebel


    Waschen tut sie ihn nicht, sie gibt ihm nur zu trinken und ist verschleiert - und der Mann ohne Bewusstsein. Vielleicht liegt er auch gar nicht im Männertrakt, sondern im "neutralen" Trakt. :grin Ein Krankenzimmer?

  • Liebe Lea,


    Zitat

    Original von Lea Korte
    Und ja, in dem Roman geht es um Glaubensfragen, aber das war logisch, oder? :grin


    Klar. Und es ist mir an etlichen Stellen ziemlich schwer gefallen, mich äußerungsmäßig zu beherrschen. Einige Posts haben es nicht über die Vorschaufunktion hinausgeschafft.


    Danke für Deine Erläuterungen zu Zahra - das ist sehr gut nachvollziehbar. :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Liebe Lea,


    nachdem ich den Roman ein wenig sacken lassen konnte, sehe ich die
    Probleme, unter denen Zahra stand, auch viel differenzierter.


    Du hast recht, sie stand unter enormer Belastung und dazu kam auch ihre große
    Angst, die Heimat und alles zu verlieren, was ihr vertraut war.


    Diese starke Hinwendung zum Glauben gibt es heute nicht mehr so oft und wenn, dann ist es eher abschreckend.
    Aber damals hatte Religion eine andere Funktion - sie gab den Menschen seelischen Halt und Identität, sie markierte ihren Platz im Leben.


    Das kann ich durchaus nachvollziehen, auch wenn Religion nicht "meine Welt" ist und ich machmal allergisch reagiere bei zu viel davon.


    Ich danke dir herzlich für deine Geduld und deine aufmerksame Begleitung in dieser Leserunde.
    :wave

  • ich danke dir und euch allen!!! :knuddel1


    Und ich kann gut verstehen, dass man über ihre Reaktionen erst mal "stolpert". Das ist aber "gewollt" in dem Sinne, dass man nur so merkt, was eigentlich das Tun der neuen Herrscher für den Einzelnen bedeutet.


    Heute denken wir, wir wissen, die Welt ist rund, wir fliegen bald zum Mars und man glaubt fast eher an ein Leben auf dem Mars als an eines nach dem Tod :grin - aber der Mensch im Mittelalter lebte in einer ganz anderen Vorstellungswelt.
    Ich hatte mal eine sehr interessante Diskussionen mit Autorenkollegen über das Thema Religion im Mittelalter über einen Romanhelden. Da ging die Diskussion in die umgekehrte Richtung, der Prota (eben auch MA!) war den meisten nicht religiös genug - weil es im Mittelalter eher KEINE Atheisten gab und auch keine "Halbgläubigen", wozu heute wohl die meisten gehören. Danach war mir erst bewusst, wie sehr der Mensch im MA in der Religion und in seinem Glauben an Gott verankert war.
    Die "Ausnahmen" in dem Roman sind eher Jaime und noch mehr Chalida - als Zahra.


    Liebe Grüße
    Lea