Obwohl ich im Vorfeld eine ziemlich schlechte Meinung zu dem Film hatte (v.a. aufgrund von Keira Kinghtly als Anna) und ihn mir eigentlich gar nicht ansehen wollte, hat die Neugier dann doch gesiegt.
Hier meine Meinung (nicht wundern, ich hab das aus "Bücher und ihre Verfilmungen" kopiert, da ich dort meinen Standpunkt schon recht umfassend beschrieben hab und mir die Motivation fehlt, alles nochmal zu schreiben, aber ich finde, der Film hat einen eigenen Thread verdient :-))
ZitatOriginal von melancholy
Ich hab neulich im Kino den Trailer zu der neuen Anna Karenina Verfilmung gesehen...
Mit Keira Knightly und ihren 3 Gesichtsausdrücken. Passt ja mal absolut nicht als Anna Karenina... aber offenbar muss Keira Knightly zurzeit bei jedem Film mitspielen, damit er erfolgreich wird
Ich seh's schon kommen... die haben das Buch zu einer reinen Romanze degradiert
So, ich nehme alles zurück!
Ich hab den Film neulich gesehen und was soll ich sagen: ich find ihn gut! Allerdings finde ich den Trailer doch etwas unpassend, da er den Eindruck hinterlässt, der Inhalt dieses großartigen, vielschichtigen Buches wäre wiedermal (wie bei den früheren zahlreichen Verfilmungen) auf eine reine Schmonzette reduziert worden. Das ist bei dieser Verfilmung aber überraschenderweise absolut nicht der Fall. Auch meine Bedenken, Joe Wright habe diesen Film wieder im Stil seiner Verfilmungen von "Stolz und Vorurteil" und "Abbitte" gemacht, haben sich als unbegründet erwiesen. Denn dieser Film ist meiner Meinung nach absolut ungewöhnlich und innovativ.
Zu Keira Knightly habe ich meine Meinung allerdings z.T. beibehalten. Sie ist ein wenig zu jung für Anna, ein wenig zu kalt und starr und Annas ganze Persönlichkeit wird von ihr leider nur teilweise dargestellt. Aber so schlecht, wie ich es befürchtet hatte, war sie nicht. Immerhin hat sie ihr Repertoir an Gesichtsausdrücken um 1-2 Stück erweitert und schön ist sie allemal (wenn auch vielleicht ein wenig zu dürr für die Schönheitsidaele der damaligen Zeit und Gesellschaft). Die Leistung der anderen Schauspieler war meines Erachtens aber großartig. Vor allem Jude Law als Karenin (im Gegenzug zu früheren Verfilmungen hat er es vortrefflich hingekriegt, Karenin diese gewisse Vielschichtigkeit zu verleihen), und auch die Darsteller von Oblonski, Lewin und Kitty (bin grad zu faul, die Namen nachzuschauen) fand ich einfach großartig!
Aber wirklch innovativ war einfach die Machart dieses Films... der Großteil der Szenen spielt in einem Theater, entweder auf der Bühne oder hinter den Kulissen. Sogar das Pferderennen ist auf der Bühne! Die Leute sind häufig nicht von einem Raum in den anderen Gegangen, sondern es wurde ihnen einfach eine neue Leinwand-Kulisse gegeben, etc. Und damit ist eine gewisse Symbolik verbunden. Ich kann das leider nur schlecht in Worte fassen. Es ist alles inszeniert und gestellt, aber auf eine sehr tiefsinnige und schöne Art und Weise. Natürlich werden sich ihr wohl die Meinungen spalten. Vielen wird es wohl nicht gefallen, wie gekünstelt dieser Film ist. Manchen wird es wohl auch recht lächerlich erscheinen, aber vermutlich v.a. jenen, die mit dem Material nicht vertraut sind, die nicht wissen, worum es in Anna Karenina eigentlich geht. Es könnte also der Eindruck entstehen, der Film wäre... effektheischend. Aber ich finde ihn einfach nur innovativ (tut mir leid für die Wiederholung, aber dieses Adjektiv passt meines Erachtens einfach am besten) und außergewöhnlich, v.a. in Anbetracht der unzähligen vorhergegangenen Verfilmungen.
Und: Der Film ist auf jeden Fall sehr ästhetisch und choreographisch einfach umwerfend. Allein durch die Kulisse und auch die Musik wird sehr viel Atmosphäre und Subtext des Buches vermittelt, was in den früheren Verfilmungen (zumindest jenen, die ich kenne) nicht wirklich rübergekommen ist.
Mein Fazit an mich selbst: Man sollte sich wohl einen Film doch besser erst ansehen, bevor man ihn verurteilt