Unknown Pleasures/Peter Hook

  • Inhalt:

    Zitat

    Joy Division and then New Order were ships that needed captains, but our captains kept dying on us.
    S. 67


    „Unknown pleasures – Inside Joy Division“ ist genau das, die wahre Geschichte der Band aus Sicht eines Insiders, des Bassisten Peter Hook. Oder so etwas ähnliches.


    Zitat

    You shouldn't trust a word I say.
    S. 173


    Autor:
    Peter „Hooky“ Hook, geboren 1956 in Salford, Greater Manchester, ist Bassist und Gründungsmitglied der Bands Joy Division und New Order. Nach dem Zerwürfnis mit seinen ehemaligen Bandkollegen widmet er sich aktuell u.a. seinem Soloprojekt „Peter Hook and the Light“ und tritt vor allem mit Liedern und Alben von Joy Division auf und plant, dies mit New Orders Output fortzusetzen.


    Nebenbei hat er auch das Buchschreiben für sich entdeckt, wobei sein erstes Werk „The Hacienda – How not to run a club“ war. Ironischerweise hat sein einstmaliger Freund und Bandkollege Bernard Sumner schon vorab vor dem vorliegenden Buch gewarnt. Zu Recht, aus seiner Sicht. Er kennt seinen Hooky wohl.


    An bissigem Humor fehlt es Hook nicht, nennt er New Order, die nach seinem Ausscheiden (er dachte, er habe die Band aufgelöst) ohne ihn weitermachen bei den Danksagungen unter den Verstorbenen.


    Natürlich droht er als nächstes ein Buch über New Order an. Ich fürchte, ich werde es lesen müssen.


    Meinung:
    Da ich mich im vergangenen Jahr schwer in die Musik von Joy Division verliebt habe und gleichzeitig fasziniert von ihrer Geschichte bin, hatte ich mich sehr auf dieses Buch gefreut und wurde nicht enttäuscht. Hook schreibt ziemlich frei Schnauze, weshalb es sich zeitweise so liest, als würde er hinter einem stehen und es einem vorlesen. Ich hatte seine Stimme nicht selten im Kopf beim Lesen.


    Nach einem kurzen Beginn über seine Kindheit erzählt Hook schließlich, wie er sich mit Bernard Sumner angefreundet hat und wie der Besuch eines Konzerts der Sex Pistols 1976 in Manchester ihr Leben verändert hat, da sie beschlossen haben, dass sie das auch können. Sie konnten.


    Hook geht zwar grundsätzlich chronologisch vor, driftet zwischendurch aber immer auch ein wenig in die jüngere Vergangenheit, was seinen Blick zeitweise ein wenig trübt. ZB ist es anfangs ein wenig nervend, wenn auch nicht überraschend, dass Sumner, aktuell seiner bester Feind, grundsätzlich stets auf die negativst mögliche Weise präsentiert wird. Anfangs gibt es scheinbar nichts positives über ihn zu sagen, als dass er ein exzellenter Gitarrist ist. Und kann man wirklich dermaßen besessen sein von einem blöden Schlafsack? Subtiler ist da schon, dass er ihn fast ständig Barney nennt, nachdem er anfangs erzählt, dass Sumner diesen Spitznamen hasst.


    Aber interessanterweise gibt sich diese Verzerrung bei Sumner später (Barney bleibt er trotzdem), vor allem, als Hook in der zweiten Hälfte des Buches einige komplett geistesgestörte, aber gleichzeitig unglaublich witzige (oder ekelhafte) Eskapaden der Bandmitglieder auf Tour schildert. Ich werde Drummer Stephen Morris nie wieder sehen können, ohne an eine besonders denkwürdige Geschichte hier zu denken, Stichwort „anstarren“.


    Ein wichtiger Faktor der Bandgeschichte und somit des Buches ist natürlich Ian Curtis, der laut Hook das Bindeglied war, das sie alle zusammengehalten hat, einer ihrer „captains“. Aber obwohl er zugibt, dass Debbie Curtis oder Annik Honoré natürlich ein komplett anderes Bild von Curtis haben, kann er nicht anders, als ihn so zu präsentieren, wie er ihn kannte, als seinen Kumpel.


    Es ist somit nicht das waidwunde Genie, dass wir hier treffen, sondern ein junger Mann, der anfangs genauso albern und begeistert vom Bandleben und der Musik war, wie die anderen. Erst später, meint Hook, hätten ihn seine schwere Krankheit, die Medikamente und all die anderen Probleme in seinem Leben verändert. Nach Curtis' Tod versucht er auch zu ergründen, ob und wann sie die Warnsignale hätten sehen müssen und macht sich nach all dieser Zeit Vorwürfe. Aber rückblickend ist man zweifellos immer klüger, so sagt er, dass sie einerseits allesamt mitschuld waren, ebenso wie sie keine Schuld tragen. Ich denke, das trifft es recht gut. Man darf auch nicht vergessen, wie jung sie damals alle waren.


    Das Buch ist aufgeteilt nach Jahren und nach jedem Jahr des Bestehens gibt es einen kurzen chronologischen Überblick mit Veröffentlichungen, Auftritten mit Setlists und anderen wichtigen Ereignissen, Auszügen von Rezensionen und teilweise Kommentaren Hooks oder anderer.


    Ein spezielles Highlight des Buches ist, als Hook die Lieder der beiden offiziellen Alben, „Unknown pleasures“ und „Closer“ der Reihe nach kurz vorstellt und dabei einige höchst interessante Details verrät. Er empfiehlt, die Lieder dabei auch zu hören. Wer käme auf die Idee, das nicht zu tun? Es ist, speziell wenn man die Musik mag, ein tolles Erlebnis, das mich dazu gebracht hat, einige der Lieder komplett anders zu hören. Überhaupt kann ich nur empfehlen, sich während dem Lesen des gesamten Buches nie sehr weit von Joy Divisions Musik zu entfernen. Es ist schade, dass Hook das nicht auch für die Lieder tut, die später auf den Sammlungen "Substance" und "Still" veröffentlicht wurden.


    Man kann über Peter Hook und sein aktuell reichlich rückwärts gerichtetes Leben denken, was man will, dieses Buch ist geprägt von Stolz auf Joy Division als Kollektiv und ihr gemeinsames Werk. In dieser Hinsicht werde ich ihm das gewiss nicht verdenken, da ich mir nach dem vergangenen Jahr nicht mehr vorstellen kann, wie ich je ohne diese Musik leben konnte.


    Edit: Jetzt die deutsche Ausgabe.


    -