Anna Mitgutsch - Familienfest

  • Kurzbeschreibung:


    Eine kraftvolle Familiensaga über ein ganzes Jahrhundert.


    Bei den Leondouris wird oft und ausgelassen gefeiert. Und immer, wenn alle Familienmitglieder um den reich gedeckten Tisch versammelt sind, erzählt die Hausherrin Edna mitreißende Episoden aus der wilden, ereignisreichen Familiengeschichte. Diese verweben sich mit den Biografien der um den Tisch versammelten zu einer kraftvollen Familiensaga, die vor dem Hintergrund der zur Metropole wachsenden Hafenstadt Boston spielt.


    Meine Meinung:


    Dieser Roman ist in drei Abschnitte unterteilt: im ersten Teil aus der Sicht der hochbetagten Edna, die erste Generation nach der Einwanderung und so etwas wie das Familienoberhaupt. Im Rahmen des Pessach-Festes blüht die Geschichtenerzählerin Edna am Ende ihres Lebens auf und gibt die Familiengeschichte und die Anekdoten an die jüngeren Generationen weiter, um das Vergessen zu bekämpfen.
    Der zweite Abschnitt spielt aus der Sicht von Marvin, Ednas Großneffen, der in seiner Ehe mit Carol und ihrem seit einem Unfall behinderten Sohn unglücklich ist und davon träumt, sein Lebensglück bei einem Neuanfang zu finden.
    Der letzte Abschnitt stellt Adina in den Mittelpunkt, die blutjunge Großnichte Ednas, die mit Edna gegen Ende deren Lebens eine ungemeine Vertrautheit erreichte.


    Mit Familiengeschichten über mehrere Generationen ist es immer so eine Sache: manchmal verliert man als Leser den Überblick, manchmal hat man das Gefühl, in Pathos zu versinken, manchmal erscheint einem vieles banal. Nichts davon trifft auf Anna Mitgutschs Roman „Familienfest“ zu. Ungeheuer stilsicher und fabelhaft ausformuliert breitet sie die epische Geschichte der jüdischen Familie Leondouris vor dem Leser aus und lässt diesen eintauchen in ein Jahrhundert Familiengeschichte von der Einwanderergeneration nach Amerika über Edna und ihre Geschwister bis hin zu den jüngsten Familienmitgliedern, denen das Jüdische bereits fremd ist und die tief verwurzelt sind in ihrem Heimatland Amerika.


    Besonders gelungen fand ich neben dem Aspekt, dass man trotz aller Zeit- und Erinnerungssprüngen nie den Überblick verliert, die Figurenzeichnung – wirklich alle auftretenden Figuren wirken realistisch und glaubhaft, ebenso die spärlichen Dialoge.
    Der zweite Abschnitt erinnerte mich sogar stilistisch und inhaltlich an Richard Fords Prosa.


    Ein Roman für Leser, die gern unaufgeregte, pointierte Geschichten lesen und die sich auch von einer blühenden Sprache nicht abschrecken lassen.

  • Leider schon wieder ein Abbruch, was ich sehr schade finde, denn "Die Züchtigung" von Anna Mitgutsch fand ich sehr gut und sehr gut lesbar vor allem.


    Normalerweise kann ich ganz gut Prosa lesen, und am Anfang dachte ich überrascht, wow, die gute Dame kann sich ohne falsche Bescheidenheit neben Stewart O´Nan und wie sie alle heißen, einreihen. Mir war nicht klar, dass sich die Geschichte in Amerika abspielen würde, in der - ich nenne es mal so - jüdischen Szene, oder vielmehr der zweiten und dritten Generation jüdischer Einwanderer. Ich hatte als Schauplatz wieder Österreich erwartet und somit eine ganz andere Geschichte im Kopf...


    Dieses Buch habe ich leider nach 190 Seiten aufgegeben. Wo mich die Geschichte Edna´s noch einigermaßen an der (sehr langen) Leine hatte, ist der Geduldsfaden bei Marvin leider gerissen.
    Zu durcheinander die Erzählweise, zu viele Personen auf zu engem Raum, für die man, oder vielmehr ich, nicht gut Interesse aufbringen konnte.


    Wirklich sehr schade.
    Ich weiß nicht, ob ich mich noch einmal an ein anderes Buch der Autorin heranwagen werde.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“