Warum ich meinen halbgelesenen-stapel ablese?
Weil die bücher auf meinem halbgelesenen-stapel nicht prinzipiell 'schlecht' (schlechte bücher kaufe ich von vorn herein nicht) und zumeist sehr lehrreich sind, und ich diese bücher seit 20 jahren 'einmal' fertig lesen 'will' bzw seit 20 jahren tatsächlich gelegentlich absatzweise lese und beschloss, dass es genug ist, denn auf jeder anrichte, in jeder lade in jedem winkel liegt inzwischen ein buch mit einem lesezeichen, in dem ich gerade - wenn auch nur absatzweise - lese, (die, die für die leichte muße/muse flüssiger - und dünner - waren, sind naturgemäß alle schneller verschwunden, und die langsamen bücher stauen sich) und ich einmal konsequent beginnen sollte, zumindest eine handvoll fertig zu lesen, damit ich die etwa 900 anderen vom SUB ins diverse lesevorbeigeheck nachrücken kann - und 'einmal' ist 'heuer'.
Obendrein breche ich kein buch ab, das ich für gut genug befunden habe, um gekauft zu werden, denn für mich ist lesen auch eine frage der selbstdisziplin.
- gut, ein buch über technik und naturwissenschaften in der Antike war das einzige buch, das ich in den letzten 20 jahren abbrach - aber da sind plötzlich in einem sachbuch eher schräge spekulationen über atlantis aufgetaucht - und dann ist es kein sachbuch mehr, sondern fantasy, und das sollte man bei einem 'sachbuch' hinten aufs cover drauf schreiben, das ein autor über atlantis und eventuell ausserirdische kulturbringende übermenschen spekuliert.
Wenn ich keine selbstdisziplin hätte, würde ich in meiner freien zeit inzwischen ausschließlich computer spielen: da passiert ständig etwas neues, das mich und meine reaktionsfähigkeit und meine problemlösungsfähigkeiten herausfordert. Lesen ist im vergleich prinzipiell langweilig (sofern es nicht grad das ausnahmebuch des jahres ist, dessen ausgang man noch in der selben nacht kennen muss, aber das ist vielleicht eines von 100 - die ich noch immer unter lesenswert einstufen würde). Wenn es nicht um den wissengewinn ginge, würd ich's wahrscheinlich nicht länger tun.
Aber ich hab bei der Günderode zumindest gelernt, dass die junge, sprunghafte Brentano - die auch kaum mehr, als ein, zwei seiten am stück gelesen hat, weil die aufmerksamkeit für eine sache nach 10 minuten, einfach weg ist - mir sehr seelenverwandt ist, obwohl sie gelegentlich äusserst wirres zeug über naturgeister und genien schreibt, sind die weltbetrachtungen und ansichten einer frau, die seit über 100 jahren tot ist, ziemlich interessant. Allein was sie wie denkt und wie ihr gedankenaufbau funktioniert ist faszinierend, wenn auch nach beendigung des gedanken (sofern sie ihn überhaupt zuende gedacht hat) beim leser auch schluss mit der lektüre ist, weil man nachdenken muss, wie sie überhaupt darauf kam; was man ihr um 1800 etwa über die antike, das mittelalter, die götter erzählt hat, und welche forschungsgeschichtliche basis und welche zeitströmung und mode dahinter steht, und wieso sie dazu kam, das nochmals ganz anders zu sehen und so zu schreiben, dann muss man den absatz nochmal lesen, und vielleicht ein zweites mal, um sicher zu gehen, dass man nichts mißverstanden und mißinterpretiert hat.
- Ich werd mir sogar demnächst bei gelegenheit ein buch ihrer großmutter zu gemüte führen - ich will wissen, wie sich etwas liest, das von Sophie La Roche geschrieben wurde - zumindest als alte frau klang sie angesichts ihrer wirren enkelin und der selbstmordgefährdeten Günderrode sehr weltklug und weise, und ich will auch versuchen, wie ein verstand und der werkaufbau einer romanschriftstellerin um 1770 funktioniert... ich glaub 'Das Fräulein von Sternheim' müsst schon lang wo rumstehen... und auch das sollte nach möglichkeit ungekürzt sein um keinen gedankengang zu versäumen - und wird sicher auch etwa 10 jahre als lektüre brauchen, drum muss dringend eines weg, das schon doppelt so lang gelesen wird.
Aber wenn ihr listen wollt, kann ich euch meine halbgelesenen auflisten, die eventuell heuer auf meinen abbau-stapel kommen... - ist gut, wenn ich sie mal auf einer liste sehe... damit ich weiss, was ich noch vor mir habe...