Rosamond Smith (d. i. Joyce Carol Oates): Komm, wenn es dunkel wird
dtv 1996. 233 Seiten
ISBN-13: 978-3423121675
Originaltitel: You can't catch me (1995)
Übersetzerin: Hanna Neves
Verlagstext:
Eine Reise nach Philadelphia verwandelt die Existenz des jungen Tristram Heade auf unheimliche Weise: Überall trifft er auf Spuren eines Doppelgängers. Seine eigene Persönlichkeit scheint sich zu verändern. Und dann tritt die geheimnisvolle Fleur in sein Leben ...
Inhalt
Tristram Heade kann seine bescheidenen persönlichen Ansprüche und seine Leidenschaft für antiquarische Bücher aus seinem Vermögen finanzieren und muss nicht für seinen Lebensunterhalt arbeiten. Nach einer Bahnreise nach Philadelphia zu seinem Stamm-Antiquar findet Tristram sich im Hotel plötzlich mit dem Gepäck und der Persönlichkeit eines Mr Markham wieder. Der Bücherliebhaber ist ein wohlerzogener Tagträumer, gutmütig und phlegmatisch, der häufig etwas verliert. Seine neue Identität wird ihm u. a. durch die fremde Brieftasche aufgedrängt, die der Schaffner im Zug ihm in die Hand drückt. Tristram erinnert im Aussehen und Gestus an einen verhuschten, aus einem anderen Jahrhundert übriggeblieben Gentleman mit der zu seiner Verschrobenheit passenden Sprache. Der Wein stammt von 1963, also leben alle anderen Figuren definitiv im 20. Jahrhundert. Das Hotel-Personal redet Tristram als Mr Markham an und er fügt sich seinem Schicksal. Irgendwer muss dieser Markham ja sein. Die Angelegenheit nimmt eine bedrohliche Wendung, als die junge Fleur Grunwald vor Tristrams Zimmertür auftaucht, die das sonderbare Spiel offenbar mitmacht. Ihr müsste wenigstens auffallen, dass sie den Mann nicht kennt. Doch sie klagt über einen gewalttätigen Ehemann, von dem Tristram als ritterlicher Kavalier sie nun befreien will. Eine höchst sonderbare Verknüpfung zum alten Grunwald besteht über ein Glasauge, das Tristram auf der Straße gefunden hat. Grunwald ist Sammler von Glasaugen und weiteren grenzwertigen medizinhistorischen Artikeln. Fleur erweist sich als gespaltene Persönlichkeit, die sich in der Gestalt von "Zoe" wie eine Anfallskranke benimmt. Es kommt zu mehreren Todesfällen, in die Heade einem neutralen Beobachter durch den Besitz des Glasauges verstrickt scheinen muss. Tristram, der sein multiples Gegenüber seit ihrer ersten Begegnung anbetete, hat sich hoffnungslos in einen höchst mysteriösen Fall mit mehreren Leichen und gespaltenen Persönlichkeiten verstrickt.
Fazit
Mit Tristram Heade hat Rosamond Smith eine faszinierende Person geschaffen, die sich durch Requisiten und das entschiedene Verhalten anderer in die Rolle eines Mannes drängen lässt, der er offenbar selbst gern wäre. Seine Begegnung mit einer weiteren gespaltenen Persönlichkeit hat mich weniger begeistert, so dass ich meinen letzten unter dem Pseudonym Rosamond Smith geschriebenen Psychothriller nur der Vollständigkeit halber gelesen habe.
6 von 10 Punkten