Inhalt:
Marys geliebte Großmutter Emer liegt im Sterben, was Mary und ihre Mutter Scarlett sehr mitnimmt. Die Zwölfjährige ist über jede Ablenkung froh, so dass ihr die Begegnung mit der etwas seltsamen Tansey gerade recht kommt – auch wenn ihr diese nicht ganz geheuer ist. Schnell wird auch klar, warum, denn Tansey ist Emers vor langer Zeit verstorbene Mutter, also Marys Urgroßmutter. Sie ist gekommen, um ihre Tochter auf deren letzen Weg zu begleiten. Doch Emer ist noch nicht ganz bereit, diese Welt zu verlassen, und so machen sich die vier Frauen auf den Weg, um Emer ihren letzten Wunsch zu erfüllen.
Meine Meinung:
Roddy Doyle, der laut des Klappentextes dieses Buches einer der bekanntesten Vertreter der neueren irischen Literatur ist, war mir bisher, das muss ich zu meiner Schande gestehen, völlig unbekannt. „Mary, Tansey und die Reise in die Nacht“ ist aber sicherlich nicht das letzte Buch, das ich von diesem Autor gelesen habe.
Obwohl der Tod das vorherrschende Thema ist, ist „Mary, Tansey und die Reise in die Nacht“ kein trauriges Buch. Bewegend, das ja, und an manchen Stellen auch zu Tränen rührend, aber grundsätzlich mit einem fröhlichen Unterton. Besonders Emer ist, trotz ihres nahenden Lebensendes, immer zu Scherzen aufgelegt und gewinnt damit auf einen Schlag die Herzen der Leser. Man beneidet Mary beinahe um ihre Großmutter und kann absolut verstehen, warum sie so sehr an dieser Frau hängt. Aber auch die übrigen Hauptfiguren Scarlett, Mary und Tansey, sind Frauen, die einem schnell ans Herz wachsen. Sie haben alle ihre ganz eigene Art, sind aber durch die Bank weg unglaublich sympathisch und lebensfroh.
Weniger anfangen konnte ich hingegen mit dem Rest von Marys Familie, ihrem Vater und ihren beiden pubertierenden Brüdern „Dommo“ und „Killer“. Da Mary dies aber selber auch nicht kann, ist es durchaus möglich, dass der Autor diese Charaktere mit Absicht so gestaltet hat.
Da das Buch Leser ab 12 Jahren ansprechen soll, wird mit dem Thema Tod dementsprechend sanft umgegangen. Der Fokus liegt auch nicht auf dem Sterben, sondern auf dem Leben, auch wenn man einen geliebten Menschen verloren hat. Auf sehr gefühlvolle Art schafft es Roddy Doyle, Hoffnung zu wecken, auch in einer hoffnungslosen Situation wie Mary sie gerade durchlebt. Gefühle sind auch das Mittel der Wahl, um den Leser an die Geschichte zu binden. Zwar kann diese auch durchaus mit Spannung aufwarten, aber erst durch die Emotionen, die Doyle geschickt zu wecken weiß, wird die Geschichte zu dem, was sie ist.
Mit „Mary, Tansey und die Reise in die Nacht“ hat Roddy Doyle einen wunderbaren, warmherzigen Roman über das Leben und Sterben und die Liebe geschrieben, der von der ersten bis zur letzten Seite zu begeistern weiß. Nicht nur junge Leser, sondern Leser aller Altersgruppen dürften Gefallen an dieser gefühlvollen Geschichte finden. Absolut empfehlenswert.