Das Festmahl des John Saturnall
(John Saturnall´s Feast)
Lawrence Norfolk
Übersetzerin: Melanie Walz
Knaus
ISBN: 978-3813503661
446 Seiten, 24,99 Euro
Über den Autor: Lawrence Norfolk gelang gleich mit seinem ersten Roman „Lempriere's Wörterbuch“ ein internationaler Bestseller. Das Buch wurde in mehr als dreißig Sprachen übersetzt und gewann den Somerset Maugham Award. Zwei weitere, von der Kritik hochgelobte Romane folgten. Der 1963 geborene Autor verbrachte einen Teil seiner Kindheit im Irak. Nach seinem Studium am King´s College arbeitete er als Journalist und Schriftsteller. Heute lebt er mit seiner Familie in London.
Kurzbeschreibung: England im 17. Jahrhundert. Als John seine Mutter verliert, hat er als Sohn einer angeblichen Hexe nur eine Chance, den Religionsfanatikern zu entkommen: Er muss seine vertraute Umgebung verlassen und das Herrenhaus von Buckland erreichen. Hier werden er und das von seiner Mutter überlieferte geheime Wissen um Pflanzen und Rezepte sicher sein. In Buckland steigt John vom Küchenjungen schnell zum Koch auf. Er versteht es, Lucretia, die verwöhnte Tochter von Sir William, mit seinen Kochkünsten zu betören. Aber Krieg und Standesunterschiede lassen kaum Platz für die Liebe zwischen dem berühmtesten Koch des Landes und der Lady von Buckland. Doch dann erkennt er, dass er ihre beiden Welten nur versöhnen kann, wenn er den Auftrag seiner Mutter erfüllt.
Meine Meinung: Zwanzig Jahre ist es her, da habe ich nach mehreren Versuchen die Lektüre von „Lempriere's Wörterbuch“ abgebrochen. Es soll ein Meisterwerk gewesen sein, wie man überall hörte, doch ich fand einfach keinen Zugang zum Stil des Autors. Der Lesegeschmack ändert sich mit der Zeit und nach dem ich den Klappentext dieses Buches gelesen hatte, war ich interessiert, ob es mir mit diesem Roman noch genauso ergehen würde, wie damals. Vorweg verraten, war das nicht der Fall. Ich denke, ich werde nun erneut einen Versuch mit dem ersten Buch von Lawrence Norfolk wagen, denn ich bin so begeistert, dass ich unbedingt mehr lesen möchte.
Die Kurzbeschreibung wird dem, was den Leser erwartet, absolut nicht gerecht. Das kann sie auch gar nicht, denn sie erfasst ja nur die Handlung und die klingt tatsächlich nach einer mehr oder weniger beliebigen Liebesgeschichte. Aus diesem Handlungsgerüst lassen sich unterschiedliche Geschichten herstellen, von überaus kitschig bis hoch anspruchsvoll ist alles drin. Entscheidend ist der Stil und der ist bei Norfolk tatsächlich meisterhaft - er driftet keine Minute in Richtung Kitsch ab, sondern webt eine so dichte und farbenprächtige Kulisse für die Liebesgeschichte zwischen dem Koch John Saturnell und Lady Lucretia, dass man die Handlung wie ein Film vor sich ablaufen sieht. Zugegeben, es braucht etwas Zeit, bis man Zugang zum Stil des Autors gefunden hat und ich war nach fast 200 Seiten schon fast dabei, wieder resigniert aufzugeben, doch dieses Mal sprang dann doch noch ein Funke über, und ich konnte in die Geschichte eintauchen.
Es hilft sehr, wenn man sich vorher ein wenig über die Zeit der Handlung (die Schlüsselfigur ist Oliver Cromwell) informiert, so dass man die politischen und religiösen Umstände, die sehr starken Einfluss auf die Handlung üben, versteht. Auch hilft es zu wissen, was ein saturnalisches Fest ist, denn der Name Saturnell ist nicht nur eine Anspielung darauf; es geht die ganze Zeit auch um die Ausrichtung eines Festes und im wesentlichen um das Kochen.
Ebenso komplex und üppig, wie die Schilderungen der Speisen und Gewürze ist die gesamte Geschichte. Liebe, Krieg, religiöser Wahn, familiäre Verstrickungen und immer wieder das leidenschaftliche Kochen lassen das Ganze zu einem grandiosen, anspruchsvollen und faszinierendem Roman werden, der es verdient, als meisterhaft bezeichnet zu werden.
Mein Fazit: Diesen Roman sollte man wie ein Festmahl genießen – prall und mit viel Liebe zum Detail erzählt, liegt er nicht schwer im Magen, sondern hinterlässt den Leser satt und wohlig zufrieden...
Eine kurze Information zu Oliver Cromwell