Wer im Trüben fischt - Mechthild Lanfermann

  • Wer im Trüben fischt - Mechthild Lanfermann


    btb Verlag - 318 Seiten


    Kurzbeschreibung
    Die Journalistin Emma hat nach einem Skandal ihre Heimatstadt Bremen verlassen. Gerade versucht sie Fuß bei einem Berliner Radiosender zu fassen, da wird der amerikanische Professor Tom Rosenberg ermordet. Emma berichtet als erste von dem Vorfall in der Universität. Sie findet heraus, dass der jüdische Wissenschaftler deutsche Wurzeln hatte und sich durch seine Publikationen in einigen Zirkeln nicht gerade beliebt gemacht hatte. Bei ihren Recherchen kommt Emma schließlich nicht nur dem ermittelnden Kommissar Edgar Blume in die Quere. Sie deckt eine unglaubliche Geschichte um Neid, Liebe und Verrat auf, die in die Bauhaus-Szene der Vorkriegsjahre reicht und in die selbst honorige Berliner Kreise verstrickt sind. Und merkt fast zu spät, dass der Täter es längst auf sie abgesehen hat…


    Über die Autorin
    Mechthild Lanfermann ist 1969 in Niedersachsen geboren. Sie studierte Theater, Film- und Fernsehwissenschaften und später Journalistik an verschiedenen deutschen Hochschulen und an der Sorbonne in Paris. Nach dem Studium arbeitete sie als Reporterin und Redakteurin beim WDR, bei Radio Bremen, beim RBB und bei Deutschlandradio Kultur. Als Dozentin an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover lehrt sie seit kurzem Hörfunk. Mechthild Lanfermann lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Berlin.


    Meine Meinung
    „Wer im Trüben fischt“ ist nicht dieser typische Ermittler-Krimi wie ich ihn sonst so gerne lese.
    Nein, hier wird aus der Sicht der Journalistin Emma erzählt. Sie gerät durch Zufall in diese Mordsache über die sie berichten soll und beginnt auf eigene Faust zu recherchieren, wobei sie sich mehr als einmal in gefährliche Situationen begibt.
    Das Buch ist gut geschrieben und lässt sich flüssig und auch einigermaßen spannend lesen.
    Gefallen hat mir der geschichtliche Hintergrund in die deutsche Vergangenheit.
    Allerdings hätte ich gern mehr über Emmas Vergangenheit im Bremen erfahren, die kurzen Hinweise waren mir schlicht zu wage.
    Dann ist da auch noch der Ermittler Blume von der Kriminalpolizei, der aber keine gute Figur macht, da er bei den Ermittlungen doch sehr in den Hintergrund gerät.


    Ich würde so 7 Punkte geben.

  • Journalisten als Protagonisten muss man mögen, meistens sind sie krampfhaft ehrgeizig, verbissen wie ein Terrier und gehen über Leichen, um an eine Story zu kommen. Haben sie sich an etwas verbissen, graben sie bis auf die Knochen und zerren es erbarmungslos ans Tageslicht – alles unter dem Deckmantel des Interesses der Öffentlichkeit. Diskretion ist ihnen ein Fremdwort, und je mehr Menschen sie mit dem Aufdecken von Geheimnissen schaden können, desto zufriedener sind sie. Emma macht da keine Ausnahme, sie vereint viele der Eigenschaften, die einen Journalisten ausmachen. Ob sie aber auch gut in ihrem Job ist, liegt ganz alleine im Auge des Betrachters. Immerhin hat sie sich durch einige brisante Artikel in Bremen ins Abseits befördert, sie war gezwungen, woanders neu anzufangen, wo keiner sie kennt. Allerdings lassen sich ihre Spuren beim gedruckten Wort nicht verwischen, so folgt ihr der Skandal natürlich auch nach Berlin.


    Gleich an ihrem ersten Tag im Sender gerät sie zufällig in eine Mordermittlung. Eigentlich sollte sie nur an der neuen Universität in Erfahrung bringen, warum der neue amerikanische Professor Tom Rosenberg völlig überraschend seine Professur zurückzog. Kurz danach stirbt er elendiglich an einem Zuckerschock, anfangs geht der ermittelnde Beamte Edgar Blume von einem Unfall aus. Doch Emma lässt nicht locker, vergräbt sich in Toms Leben und ermittelt auf eigene Faust weiter, da der Sender einen anderen Ansatz verfolgt. Rosenberg war Jude, so ist es nahe liegend, den Mord rechtsradikalen Gruppierungen in die Schuhe zu schieben. Doch Emma gräbt tiefer und gelangt tief ins Nazideutschland, als der Bauhaus Stil die Architektur eroberte. Einige Zeitzeugen gibt es noch aus dieser Zeit, Emma will unbedingt mit ihnen reden und setzt sich über Anständigkeiten und gutes Benehmen einfach hinweg, immerhin ist sie ja Journalistin und somit ihr Anliegen von größter Wichtigkeit, egal, wen sie dafür über den Haufen rennen muss. Dabei hinterlässt sie eine Spur, leuchtend wie die Milchstrasse, die auch den Mörder auf sie aufmerksam macht.


    Emma macht es nicht leicht, sie zu mögen. Verbittert und mürrisch geht sie durchs Leben, aus der Bahn geworfen durch ihr Erlebnis in Bremen. Ihre Hartnäckigkeit wirkt unschön, man fragt sich, was sie glaubt, wie wichtig sie wohl ist. Neben ihr sieht die Arbeit der Polizei stümperhaft aus, meistens lässt sie ihnen aber auch keine Zeit, genügend zu ermitteln. Sie will alles sofort und wird ungehalten, wenn man ihr Steine in den Weg legt. Ihre Methoden sind hart an der Grenze des guten Geschmacks, ihr ist es aber egal, Hauptsache, es ergibt sich eine Story. Ihre behinderte Schwester liebt sie heiß und innig, kann aber auch nicht verstehen, dass es anderen nicht so ergeht. Zwischen ihr und Edgar Blume knüpfen sich zarte Bande an, Blume ist allerdings der typisch Geschiedene, der zuwenig Zeit mit seinem Sohn verbringt und deshalb ständig ein schlechtes Gewissen hat. Trotzdem erkennt er Emmas Erfolge an, merkt aber auch, dass er sie nicht stoppen kann. Ihr Zusammenspiel ist noch ausbaufähig, ein weiteres Buch mit den beiden in Vorbereitung.


    Selbst in diesem kleinen Buch werden eine Menge brisanter Themen angepackt, die Einsamkeit des Alters, mit Penelope, der Nachbarstochter taucht ein vernachlässigtes Kind auf, und vor allem, die Gräueltaten des Naziregimes schlagen immer noch Wellen, selbst bis in unsere heutige Zeit. Ein wenig bekanntes Kapitel deckt die Autorin hier auf, es ist wahnsinnig interessant zu begreifen, wie Rosenberg heutzutage noch so gefährliche Auswirkungen erlangen kann, dass es kein anderes Mittel gibt, als ihn zu ermorden. Man begleitet Emma in verstaubt Archive und geht mit ihr auf Spurensuche, um große Ungerechtigkeit aufzudecken. Alleine dieses Thema ist es wert, die Geschichte zu lesen, zu sehen, wie unsere Gesellschaft heute mit den Spätschäden umgeht. Dazu kommt noch ein bildhaft geschildertes Berlin, wer sich dort auskennt, entdeckt Gebäude, die er schon immer einmal von innen sehen wollte. Wenn auch nur vor dem geistigen Auge, so erlaubt es die Autorin den Lesern, ihr in architektonisch bedeutsame Gebäude zu folgen.


    Fazit


    Verzwickt, aber nicht undurchsichtig schildert Mechthild Lanfermann in Wer im Trüben fischt einen Fall, der seine Wurzeln in lang zurückliegender Zeit hat. Ungerechtigkeit bleibt aber Ungerechtigkeit, so langsam gibt es aber immer weniger Menschen, die dafür bestraft werden können. Auswirkungen haben diese Entdeckungen allerdings auch auf ihre Kinder und Kindeskinder, zumindest diese können die Hand zur Versöhnung reichen.


    LG
    Patty

  • "Wer im Trüben fischt" erzählt die Geschichte von Emma, einer Radiojournalistin, die versucht einen Mord aufzuklären, um einen exklusiven Bericht zu erhalten. Nach einem Skandal in Bremen wurde sie entlassen und muss ihre Karriere in Berlin neu anfangen. Sie arbeiter srupellos und hartnäckig um an wichtige Informationen zu kommen, die die Konkurenz noch nicht hat.


    Sehr gut hat mir der Blick hinter die Kulissen der Radioredation gefallen. Der Stress und die Arbeit, die anfällt, um einen Beitrag von ein paar Minuten zu senden, war mir nicht bewusst gewesen.


    Das Buch liest sich leicht, allerdings wird es nie wirklich spannend. Geheimnisse werden eingeführt, um dann schnell wieder gelüftet zu werden. Emmas Skandal, der sie aus Bremen getrieben hat, wird ein paar Mal umschrieben, um dann doch ziemlich früh verraten zu werden. Wie die Arbeit in der Redaktion ist auch das Ganze Buch gehetzt, vielleicht absichtlich, mir hat das allerdings nicht gefallen. Die knappen Sätze, die so viel Tempo aufkommen lassen, verhindern Emotionen und Sympatie für die verschiedenen Personen. Besonders der Kommissar bleibt zu sehr im Hintergrund, aber auch die Hauptperson lernt man nicht richtig kennen.


    Der Schluss ist logisch und macht manche negativen Aspekte im Buch teilweise wieder wett. Positiv fand ich auch die nicht alltägliche Methoden der Journalistin/Ermittlerin und ihr unverschämtes Auftreten.


    "Wer im Trüben fischt" ist schnell gelesen und genauso schnell wieder vergessen, ein Durchschnittsbuch.