Ich kann's nicht mehr lesen!

  • Da fände ich "schauen" weniger eigenartig als "kucken" (schreibt man das nicht eigentlich "gucken"?), obwohl ich eher nördliche Wurzeln habe.


    Bei "Die Säulen der Erde" hat mich eine Formulierung gestört die in etwa lautete:


    "Es waren nur mehr drei Meilen". Da hätte ich "nur noch" gesagt. Ich fand dann heraus, dass das auch eine österreichische Formulierung ist. Über "bin gestanden" haben wir ja schon an anderer Stelle mehrfach diskutiert, das liest man auch gelegentlich und man weiß dann, aus welcher Gegend der Übersetzer stammt.

  • In gerichtlichen Schriftsätzen liest man "nurmehr" häufig, genauso wie mithin und sodann. In Romanen fände ich das grauslig.


    Und kucken geht auch gar nicht. Ich kenne nur gucken, was irgendwie doof klingt.
    Das Kucken ist seit diesem John-Travolta-Film aus den 1990ern verbeitet, denke ich.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

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  • Zitat

    Original von arter
    ... "Es waren nur mehr drei Meilen". Da hätte ich "nur noch" gesagt. Ich fand dann heraus, dass das auch eine österreichische Formulierung ist. Über "bin gestanden" haben wir ja schon an anderer Stelle mehrfach diskutiert, das liest man auch gelegentlich und man weiß dann, aus welcher Gegend der Übersetzer stammt.


    Interessanter Kontrast in der Selbst- und Fremdwahrnehmung; denn einige Verfasser werden bestreiten, im Dialekt zu schreiben. Konsequent eingesetzt könnte so evtl. ein Dialektsprecher im Buch charakterisiert werden. Ein Waliser oder ein Samurai aus den südlichen Provinzen ...

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    Ein Waliser oder ein Samurai aus den südlichen Provinzen ...


    Geile Idee :lache Ich stelle mir gerade die Übertragung von US-amerikanischen Werken vor:


    Der Chicagoer tritt mit Hamburger Dialekt auf, In LA wird schwäbisch gebabbelt und in San Francisco Kölsch. Der New Yorker berlinert, in Texas wird bayerisch geredet und in Miami gesächselt :anbet :lache :rofl

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    Die variantenreiche Sprache ist doch eines der Vergnügen beim Lesen. Darf auch der Übersetzer eines Samurai-Romans seine Helden kucken oder schauen lassen?


    Da passt es m. M. nach nicht. Aber wenn ein bayerischer Protagonist an einem Schauplatz in Bayern aus dem Fenster schaut, dann ist daran nichts auszusetzen.


    Die direkte Rede ist ja immer noch ein anderes Paar Stiefel.

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    Interessanter Kontrast in der Selbst- und Fremdwahrnehmung; denn einige Verfasser werden bestreiten, im Dialekt zu schreiben.


    Das ist aber auch schwierig. Wenn man sich nicht sicher ist, kann man wenigstens noch das Wort/den Ausdruck kontrollieren, bzw. überprüfen (z. B. im Duden), aber wenn man es noch nicht mal merkt, dass man einem Idiom aufsitzt, dann hat man keine Chance.


    Ein Autor müsste sich vermutlich Testleser aus der entgegengesetzten Region fern der Heimat suchen. :grin

  • Kurzes OT
    Man merkt wirklich oft nicht, dass einige Begriffe sehr lokal in ihrer Verwendung sind.
    Bis man z.B. einem Nordlicht sagt mal kurz das Pferd zu heben und der völlig entgeistert auf das Pferd starrt anstatt einfach den Führstrick in die Hand zu nehmen. :grin

  • Zitat

    Original von arter: Der Chicagoer tritt mit Hamburger Dialekt auf, In LA wird schwäbisch gebabbelt und in San Francisco Kölsch. Der New Yorker berlinert, in Texas wird bayerisch geredet und in Miami gesächselt Anbeten Lachen ROFL


    Der erste Teil Deiner Aussage wäre mehr als politisch korrekt, ist doch Chicago Partnerstadt von Hamburg ;-).


    Kommen wir auf die regionalen Unterschiede zurück.
    @ Rosha: Danke für die Bestätigung zu "schauen".


    Ich muss gestehen, mich mehr als schwer mit regionalen sprachlichen Einfärbungen zu tun, insbesondere wenn es um stehen, legen, setzen und ihren Einsatz mit Hilfsverben geht, ebenso unangenehm empfinde ich den die Benutzung von Artikeln bei Vornamen ("die Helga". "der Peter").
    So salopp sich die Verwendung mündlich anhört und alltäglich ist, so schlimm fühlt sich für mich der schriftsprachliche Gebrauch an.


    Um das Beispiel mit dem Samurai und "kucken" aufzugreifen, gäbe es, wenn es um eine reine korrekte Übersetzung gehen würde, sicherlich nichts zu bemängeln. Betrachtet man allerdings den Stil und die Feinheiten, würde ich ein "kucken" bei einem amerikanischen Roman in deutscher Übertragung eher durchgehen lassen als bei einem japanischen Roman, der wenigstens in der Übersetzung noch einen Hauch seiner ursprünglichen Ästhetik verspüren lassen möchte.

  • Es gibt auch so temporäre Modeausdrücke, die in ein paar Jahren vielleicht unangenehm in Büchern auffallen:


    "nicht wirklich" ist so ein Beispiel.


    Ich finde schon, dass man ein gewisses Maß an Sorgfalt von Autoren und Übersetzern erwarten kann. Alles kann der Mensch unmöglich wissen, aber man kann nachschlagen.


    Gerade die Perfektbildung mit haben oder sein kann schon mal einen Kontrollgang zum Duden nötig machen. Die Frage ist oftmals, wie tief der Verfasser in seiner regionalen Sprache verhaftet ist und nicht merkt, dass Bedarf nach Klärung besteht.


    Bei "ich bin angefangen" rollt es mir auch regelmäßig die Fußnägel hoch.


    Da sind manchmal Artikelfehler noch putzig dagegen. Im Bayerischen heißt es etwa "der Butter" und nicht "die Butter".

  • Zitat

    Original von Rosha: Im Bayerischen heißt es etwa "der Butter" und nicht "die Butter".


    Der Duden ordnet diesem Wort eindeutig einen feminen Artikel zu.
    Sprache mag sich wandeln und Dialekte mögen darauf einen nicht unerheblichen Einfluss haben, dennoch sehe ich nicht, warum jegliche Eigenart einen gleichberechtigten Eintrag in den Duden erhalten sollte.

  • Ich bin allergisch gegen das Wort "massiv". Das war nicht immer so, erst, seitdem ich hier arbeite. In manchen Mails und Schriftstücken kommt es in jedem Satz vor. In einem Buch regt es mich entsprechend auf.


    Was bei mir gar nicht geht, ist "mit einem Mal". Hab da mal eine Überdosis bekommen. Nach dem Lesen des Buches habe ich diese Redewendung mal gezählt. Wenn ich die Zahl richtig in Erinnerung habe, kam "mit einem Mal" 169 Mal im Buch vor. Gruselig!


    ***
    Aeria

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Sprache mag sich wandeln und Dialekte mögen darauf einen nicht unerheblichen Einfluss haben, dennoch sehe ich nicht, warum jegliche Eigenart einen gleichberechtigten Eintrag in den Duden erhalten sollte.


    Tut es ja auch nicht. Es bleibt bei wenigen Ausnahmen. Wenn ein Wort wie "Ribisel" (österreichisch für Johannisbeere) im Duden auftaucht, dann wird das auch dialekt- oder landessprachlich gekennzeichnet.


    Die Sowohl-als-auch-Fälle beschränken sich oft auf Wörter, die aus fremden Sprachen zu uns kommen. Wie etwa "Haiku". Laut Duden sind hier die Artikel "der" und "das" gleichberechtigt, obwohl sich in meinen Ohren "das Haiku" "richtiger" anhört. Hier darf der persönliche Geschmack entscheiden.


    Ist Sprache nicht immer wieder spannend? :-]

  • Zitat

    Original von Aeria
    Ich bin allergisch gegen das Wort "massiv". Das war nicht immer so, erst, seitdem ich hier arbeite. In manchen Mails und Schriftstücken kommt es in jedem Satz vor. In einem Buch regt es mich entsprechend auf.


    ***
    Aeria


    :wave



    Da kann ich mich anschließen!


    Sogar beim Grund dafür. ;-)

  • Zitat

    Original von Aeria
    Wenn ich die Zahl richtig in Erinnerung habe, kam "mit einem Mal" 169 Mal im Buch vor. Gruselig!


    ***
    Aeria


    :yikes Bist du sicher, dass das noch ein Buch war? Oder eine Aufsatzsammlung von Grundschulkindern der dritten Klasse?

  • Zitat

    Original von Rosha
    Da sind manchmal Artikelfehler noch putzig dagegen. Im Bayerischen heißt es etwa "der Butter" und nicht "die Butter".


    Da kommen dann so Sätze heraus wie "Gib amal den Butter rüber!" :rofl


    Aber keine Angst, solche Geschwüre findet man meistens nur beim gesprochenen Wort. Schriftdeutsch können wir es meist besser. :rofl

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Aeria
    .....
    ..... Wenn ich die Zahl richtig in Erinnerung habe, kam "mit einem Mal" 169 Mal im Buch vor. Gruselig!


    ***
    Aeria


    Geht mir ähnlich mit einem Buch, in dem ungefähr in jedem zweiten Satz das Wort "instinktiv" vorkam. :yikes
    Seitdem krieg ich Bauchschmerzen, wenn ich dieses Wort lese. :rolleyes

    Liebe Grüße :schuechtern


    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. -Jean Paul-


    :lesend

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Um das Beispiel mit dem Samurai und "kucken" aufzugreifen, gäbe es, wenn es um eine reine korrekte Übersetzung gehen würde, sicherlich nichts zu bemängeln. Betrachtet man allerdings den Stil und die Feinheiten, würde ich ein "kucken" bei einem amerikanischen Roman in deutscher Übertragung eher durchgehen lassen als bei einem japanischen Roman, der wenigstens in der Übersetzung noch einen Hauch seiner ursprünglichen Ästhetik verspüren lassen möchte.


    Aber wenn im Buch erwähnt wird, wie unelegant und bäurisch der südliche Dialekt des Samurais für die anderen klingt, wäre das doch vielleicht wieder gerade das Richtige...für Japaner klingen ja eben wahrscheinlich nicht alle japanischen Dialekte ästhetisch.


    Aber Dialekte zu übersetzen ist allgemein sehr schwierig.

  • Haha, Mulles Beispiele kenne ich alle noch aus meiner extremen Fanfiction-Zeit.


    Um Einlass bittende Zungen, geplünderte Mundhöhlen, einzelne Tränen, die die Wange herunterrinnen, und bei den Sexszenen wurde es dann richtig toll. Das Häufigste war da wohl die "Männlichkeit". Ich glaube, so einen Roman würde ich direkt in die Ecke feuern, da haben wir uns ja schon mit 14 in den Fanfictions drüber lustig gemacht :lache


    Ansonsten hasse ich pseudo-geschwollene Sprache jeglicher Art, besonders in deutschen Fantasy-Romanen ist das ganz schlimm. Sowas wie das hier:


    "»Ausgezeichnet«, raunte er mit leuchtenden Augen und
    schlug die zitternden Hände fest zusammen, um nicht doch
    nach dem Pinsel zu langen."


    (Aus "Legenden der Albae - Gerechter Zorn" von Markus Heitz)


    Und so geht das das ganze Buch durch, ich verstehe wirklich nicht, wie man das auch nur ansatzweise ertragen kann... :wow