"Die Plantage" - Seiten 647 - 714

  • Es geht wieder zurück über den großen Teich für den Kreolen als auch für Spence. Zufälligerweise auf demselben Kreuzer, wobei der Kreole als Paria-Passagier im Unterdeck reist, während Spence als First-Class Passagier mit Steward und Captain's Dinner logiert. (Gut zu wissen, dass es solche Annehmlichkeiten auch schon vor über 200 Jahren gab.). Ehe das Schiff endlich anlegt, gewinnt Spence seinen Widersacher noch schnell beim Glücksspiel, lässt ihn gesund pflegen (!) und macht ihn zu seinem Kammerdiener. (Seine Motivation hierfür entzieht sich mir gänzlich, wie vieles andere auch.)


    Dieser Abschnitt war für mich wahnsinnig zäh: Da reiht sich eine endlose Kartenspiel-Szene an die andere, gefüllt mit gestelzten Dialogen und politischen Diskussionen, in denen es zum x-ten Mal um die Rechtfertigung von Kriegshandlungen geht. Fast 60 - in Worten: sechzig! - Seiten geht das so!
    Im Vergleich dazu sind die dazwischen geschobenen Ringkämpfe im Unterdeck fast eine Wohltat. Erstaunlich nur, dass das dauernde Gestampfe und Geschrei der submarinen Männer das Schiff nicht zum Kentern bringt oder die Passagiere in den besseren Klassen stört; Holz ist doch ein ziemlich guter Geräuschleiter.


    Spence bleibt ein Abziehbild: ein manierierter Schatten ohne einen Hauch Leben. Die Leute, mit denen er zusammentrifft sind wiederum nur Statisten, Stichwortgeber, damit der Mann brillieren kann. Entsprechend wird er auch immer wieder von den anderen gelobt, seine "intellektuelle Brillianz", seine "mühelos-leichte Wortspielerei", seine "zynische Dialektik". Der Mann ist einfach ein Ausbund an Überlegenheit - in seinen Handlungen, seinen Gesten, seinen Worten - einfach in allem. Das ist so was von Gähn.
    Außerdem ist er ständig unerklärlicherweise unter falschem Namen unterwegs, was aber nichts nützt, weil alle anderen sowieso immer schon wissen, wer er ist und wie er wirklich heißt.


    Und ein paar Etagen tiefer reagiert sich der Kreole ab, darf sich wieder prügeln und in Gewaltexzessen und Schwulitäten ergehen, bis er auf dem Zahnfleisch daherkommt. Zum seinem Glück erbarmt sich Spence seiner und saniert ihn wieder. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Denkste. Der Kreole macht sich bei Nacht und Nebel davon.


    Hätte man sich diese Kreuzfahrt nicht wie die erste ersparen können? Als Kapitelüberschrift wäre "Die Überfahrt" wohl passender als "Heimkehr".


    Zum Schluss noch die sprachlichen Entgleisungen.
    Die sind was die Männer und den Kreolen angeht mal wieder ziemlich deftig. Wahrscheinlich soll das verdeutlichen, das sie alle hartgesottene Kerle aus dem gesellschaftlichen Souterrain sind. Könnten aber auch aus Castrop Rauxel stammen.
    Zudem wird der Leser wie schon auf den vorhergehenden 600 Seiten ausgiebig mit Fremdwörtern imprägniert. Besondere verbale Highlights sind aber der Prototyp, die Traditionsgene, die Eliteeinheiten, die sozialen Unterschiede, die Fans und das Hoch über den Azoren.


    Fazit: Ein meiner Meinung nach vollkommen überflüssiges, lediglich Seiten schindendes Kapitel. Weder die Story wird dadurch vorangetrieben noch gibt es neue Erkenntnisse oder Entwicklungen. Stattdessen ungepflegte Langeweile. Dass Spence von Roscoes Überleben erfährt, hätte man in ein paar Sätzen abhandeln können.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Perfekt zusammengefasst "wie immer" :knuddel1 :anbet


    Die ganze Londongeschichte, die ja nebenbei bemerkt nicht in das Genre "Süsstaatenepos" passt, halte ich für entbehrlich.
    Die wenigen interessanten Info wären auch anders/kürzer vermittelbar gewesen. :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Die Londongeschichte fand ich nicht schlecht, so vom Ansatz her.
    Diesen Abschnitt habe ich komplett quergelesen. Da hat mich nichts angesprochen. Weder der Fight Club noch die Glücksspielerei noch sonst irgendwas.


    Dass William am liebsten nur noch unter dem Namen Marshall auftreten möchte, um nicht mehr mit seiner Vergangenheit als Kriegsheld/Schlächter Spencer in Verbindung gebracht zu werden, kann ich noch verstehen. Nur funktioniert es so einfach eben nicht. Da hätte er woanders ein neues Leben anfangen müssen.

  • Zitat

    Original von Richie
    Wie die Zufälle so spielen William und Roscoe auf einem Schiff :lache


    Auch dieses Kapitel hatte für mich mit der Story nichts zu tun. Es waren einfach Seiten angefüllt mit Boxkämpfen und Kartenspielen :-(


    :write


    Ich habe den Abschnitt auch nur quer gelesen. Die Figuren sprechen mich nicht an, deren Geschichte nicht und ich suche immer noch nach dem Südstaaten-Flair, das es auch in diesem Kapitel nicht gibt, da sich die Handlung ständig verlagert.

  • Auch ich reihe mich in die Schlange der Querleser ein, sorry aber diese Story geht einfach gar nicht.


    Die Idee Roscoe und Marschall auf selbe Schiff zu setzten find eich gut, aber mal wieder sehr schlecht umgesetzt. Auch ich habe mich bei den endlos scheinenden Gesprächen am Glücksspieltisch gelangweilt. Die Ringkämpfe fand ich unnötig und unpassend.


    Morgen gehts zum Endspurt *endlich* Aber dann steht die Rezi an, da krieg ich jetzt schon Bauchschmerzen :help

  • So - nächstes Kapitelchen geschafft.
    Jou, ich kann mich der Langeweile leider nur anschließen.
    Daß Oliver entkommt, war eigentlich klar und vorhersehbar.

    Auch anschließen muß ich mich den Querlesern - oder mit meinen Worten - dem rasenden Durchlauf :grin

  • Zitat

    Original von Johanna
    So - nächstes Kapitelchen geschafft.
    Jou, ich kann mich der Langeweile leider nur anschließen.
    Daß Oliver entkommt, war eigentlich klar und vorhersehbar.


    Ich gehöre zwar nicht zu den Querlesern, aber ein spannendes Kapitel ist sicherlich etwas anderes. Dass Roscoe dennoch entkommen ist, hat mich ehrlich gesagt verwundert. William hat doch gesehen, dass etwas im Busch ist. Glaubt er wirklich, dass ein paar Ketten und ein Bewacher reichen um Roscoe an der Flucht zu hindern oder wollte er es vielleicht auch gar nicht? Wahrscheinlich letzteres. :rolleyes

  • Zitat

    Original von chiara


    Ich gehöre zwar nicht zu den Querlesern, aber ein spannendes Kapitel ist sicherlich etwas anderes. Dass Roscoe dennoch entkommen ist, hat mich ehrlich gesagt verwundert. William hat doch gesehen, dass etwas im Busch ist. Glaubt er wirklich, dass ein paar Ketten und ein Bewacher reichen um Roscoe an der Flucht zu hindern oder wollte er es vielleicht auch gar nicht? Wahrscheinlich letzteres. :rolleyes


    Obwohl William hier seine Vorkehrungen getroffen hat, war es für mich vorhersehbar, dass Roscoe die Flucht gelingt. In William konnte ich mich wieder ganz und gar nicht hineinversetzen, denn Roscoe war ja an der Folter beteiligt bzw. hat tatenlos zugesehen. Dass William ihn nun überhaupt in seiner Nähe haben kann, wundert mich sehr. Ich würde Roscoe nicht über den Weg trauen. Der Gedanke, dass William mit diesem Scheusal in der Nachbarkoje überhaupt ruhig schlafen konnte..... :rolleyes
    Zwar wird dem Kreolen eine gewisse Fügsamkeit zugeschrieben, was ich aber irgendwie auch nicht so richtig nachvollziehen kann. Aus einem Raubtier wird doch nicht über Nacht ein Lamm. So, nun geht es zum Endspurt.

  • Mir kam die Überfahrt vor, als hätte ich sie in Echtzeit gelesen. Den Rest des Abends verbringe ich jetzt damit, herauszufinden, welche Erkenntnis uns die Autorin mitteilen wollte. Wir hatten bereits eine ausführliche Schiffsreise und auch schon einen Fightclub. Dass Roscoe gewalttätig ist, überrascht auch nicht weiter, weil wir das auch schon wussten. Es ist ja nicht die erste Leiche, die er am Weg liegen lässt.


    Was ich mich jetzt aber schon frage, ist, warum hier kein Lektorat gekürzt hat. Lediglich im ersten Abschnitt kamen noch gutgestimmte Kommentare. 25 Testleser können doch nicht so einen anderen Geschmack haben wie diejenigen, die täglich damit zu tun haben.

  • Da hätte ich noch gedacht, dass es verschiedene Geschmäcker und Ansichten gibt. Es gibt auch im historischen Bereich Bücher, die ich grottenschlecht finde, aber trotzdem schon die zwölfte Auflage die Regale überflutet. :rolleyes

  • Zitat

    Original von Büchersally
    Was ich mich jetzt aber schon frage, ist, warum hier kein Lektorat gekürzt hat. Lediglich im ersten Abschnitt kamen noch gutgestimmte Kommentare. 25 Testleser können doch nicht so einen anderen Geschmack haben wie diejenigen, die täglich damit zu tun haben.


    Das habe ich mich die ganze Zeit auch gefragt. Wo war das Lektorat?
    Und allein auf die Gruppendynamik läßt es sich auch nicht schieben, warum das Buch hier so schlecht wegkommt.

  • Zitat

    Original von Büchersally
    25 Testleser können doch nicht so einen anderen Geschmack haben wie diejenigen, die täglich damit zu tun haben.


    Maximal 24, denn mir gefällt das Buch. :grin


    Ja, was soll ich sagen. Ein durchaus realistisches Kapitel. Im 18. Jahrhundert dauerte eine Überfahrt nach Amerika nun einmal knapp 4 Wochen und so viele Schiffe fuhren damals nicht, ich halte es also nicht für so weit hergeholt, dass sich William und Roscoe auf dem Schiff begegnen. Im Prinzip ist es auch egal, denn früher oder später wären sie sich sowieso wieder über den Weg gelaufen.


    Andererseits kann ich verstehen, dass hier viele enttäuscht sind. Die Inhaltsbeschreibung des Buches lässt nicht unbedingt vermuten, dass die Geschichte über mehrere Kontinente hinweg angesiedelt ist.

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    wobei der Kreole als Paria-Passagier im Unterdeck reist, während Spence als First-Class Passagier mit Steward und Captain's Dinner logiert. (Gut zu wissen, dass es solche Annehmlichkeiten auch schon vor über 200 Jahren gab.)


    Natürlich, damals sogar noch weit häufiger als heute. Selbst zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte auf solchen Überfahrten noch eine strenge Klassentrennung, die erst mit dem Untergang der Titanic so langsam aber sicher in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rückte.


    Zitat

    Original von Alice Thierry
    Ehe das Schiff endlich anlegt, gewinnt Spence seinen Widersacher noch schnell beim Glücksspiel, lässt ihn gesund pflegen (!) und macht ihn zu seinem Kammerdiener. (Seine Motivation hierfür entzieht sich mir gänzlich, wie vieles andere auch.)


    Naja, er möchte sich damit an Reed rächen, wurde doch mehrmals erwähnt.


    Zitat

    Original von Alice Thierry
    Dieser Abschnitt war für mich wahnsinnig zäh: Da reiht sich eine endlose Kartenspiel-Szene an die andere, gefüllt mit gestelzten Dialogen und politischen Diskussionen, in denen es zum x-ten Mal um die Rechtfertigung von Kriegshandlungen geht. Fast 60 - in Worten: sechzig! - Seiten geht das so!


    Siehst Du, so verschieden sind die Geschmäcker. Ich liebe solche Diskussionen. :-)


    Zitat

    Original von Alice Thierry
    Erstaunlich nur, dass das dauernde Gestampfe und Geschrei der submarinen Männer das Schiff nicht zum Kentern bringt oder die Passagiere in den besseren Klassen stört; Holz ist doch ein ziemlich guter Geräuschleiter.


    Nope, das Schiff wurde als Brigg beschrieben. Ich glaube der Tiefgang wurde mit 4 Metern angegeben, wodurch das Schiff wohl gut und gerne auf 200 Tonnen Gewicht kam. Die bekannte "Lady Washington" vom gleichen Typ war etwas leichter und sah so aus (Modell), da konnte man schon den einen oder anderen Tanz im Bug vollführen ohne gleich zu kentern:



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  • Zitat

    Original von Seinfeld
    Selbst zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschte auf solchen Überfahrten noch eine strenge Klassentrennung, die erst mit dem Untergang der Titanic so langsam aber sicher in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rückte.


    Die Klassentrennung habe ich nicht gemeint, die gab's schon bei den Römern. Ich amüsiere mich viel mehr über die sehr zeitgemäßen Zerstreuungen an Bord.



    Zitat

    Original von Seinfeld


    Siehst Du, so verschieden sind die Geschmäcker. Ich liebe solche Diskussionen.


    Wenn sie richtig gut geschrieben sind... ;-)


    Ich finde es meist wenig spannend, strategische Armeebewegungen oder sonstiges Kriegs- oder Poltikzeug in Büchern zu lesen, aber Margaret Mitchell gelingt es zum Beispiel bravourös, dem Leser die Hintergründe des Sezessionskriegs nahe zu bringen, von Orten und Geschehnissen als auch politischen Dingen zu erzählen, ohne dass es je langweilig oder -atmig oder irgendwie in die Handlung hineingepresst wirkt. Sie bleibt viel am Individuum und schildert sehr lebendig.


    Was die "Herren" hier fabrizieren ist im Gegensatz dazu einfach nur Füllsel mit wenig Unterhaltungs- und bestenfalls Informationswert für special interest-Leser.
    Ein spannender Dialog sieht für mich jedenfalls anders aus. Die Figuren können sich meinetwegen über das Paarungsverhalten der afrikanischen Waldameise unterhalten, solange der Dialog nur irgendwie packt oder man einen Funken Anteil an den Figuren nehmen kann.
    Aber diese Heinis - und das ist auch ein wesentlicher Punkt - sind einem einfach egal. :-(

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    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers