'Kains Erben' - Seiten 447 - Ende

  • Danke, ein so schönes Ende wie es besser nicht hätte sein können. Ich liebe es, wenn einiges offen und der Phantasie des Lesers überlassen bleibt und auch Google hat gerade noch jede Menge Traffic.


    Entsetzt hat mich, bei Eduard die Vertreibung der Juden von der Insel im Wikipediaeintrag als Halbsatz erwähnt zu finden.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Entsetzt hat mich, bei Eduard die Vertreibung der Juden von der Insel im Wikipediaeintrag als Halbsatz erwähnt zu finden.


    Diese Erfahrung habe ich leider waehrend der gesamten Recherche machen muessen. Das Thema ist kein Thema mehr. Quellen, die ausfuehrlich genug waren, um sie zu verwenden, stammten fast ausschliesslich von juedischen Autoren. Edward I., in meinen Augen auch in Bezug auf Wales und Schottland ein hochproblematischer Monarch (gemessen an Vergleichs-Monarchen des Mittelalters, NICHT an modernen Friedensnobelpreistraegern), wird aufgrund seines beachtlichen Erfolges als Super-Monarch seiner Epoche gefeiert und basta.
    Der Sohn, den er zu seinem Nachfolger aufzog und der auf ganzer Linie versagte, erscheint wie der klassische Scheiterer-Sohn eines ueberstrengen Despoten-Vaters aus dem Kuechenpsychologie-Lehrbuch ...


    Dir vielen Dank fuers Lesen! Und dass Dir das Ende gefaellt, macht mich froh. Es war NICHT das Ende meiner ersten Wahl. Ich hatte zwar ein "Happy Ending" geplant, hatte aber fuer Matthew den Weg in den Zisterzienser Orden vorgesehen. In einem hochinteressanten (schriftlichen) Gespraech mit Kollegen (darunter Ulf Schiewe und Julia Kroehn, die ja viele von Euch auch sehr gern lesen) ueber das Thema "Schreiben vom Glueck" habe ich aber davon erzaehlt und erklaert, dass das in meinen Augen ein "glueckliches" bzw. hoffnungsvolles (UND schluessiges) Ende fuer die Figur darstellt. Meine Kollegen machten mir sehr ueberzeugend klar, dass hier eine Quelle fuer mein Problem liegen koennte, dass Leser meine Romane als duester und hoffnungslos wahrnehmen, obwohl ich sie gar nicht so meine: Dieses Glueck vermittelt sich den meisten Lesern nicht.
    Ich habe mir also gedacht: Ich bin ja kein Profi-Autor, sondern ein Profi-Uebersetzer. Ich werde das jetzt also mal uebersetzen.


    Und das ist dabei herausgekommen.
    Entscheiden muesst ihr ...


    Ein besonders schoenes Adventswochenende wuenscht Charlie

  • Danke, liebe Charlie, dass Du über dieses Thema geschrieben hast. Mit diesem Edward und seiner Zeit habe ich mich bisher noch nicht beschäftigt, aber ich finde es nun wichtig, darüber Bescheid zu wissen.
    Und zum Ende: dieser schöne, starke Kerl in einem Kloster :yikes was für eine Verschwendung! Es ist gut so, wie es ist. Vyves konnte loslassen, ich bin mir sicher, er wird auch noch glücklich. Ich fand es übrigens schön, dass Du Deborah ihr eigenes Glück gegönnt hast und sie sich nicht nach Vyves hast verzehren lassen.
    Amicia und Matthew schaffen das, da bin ich mir ganz sicher.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Das war so eine der Nebenfiguren, die ich mochte, Deborah. Und von der ich mir komischerweise ganz genau ausgedacht habe, was aus ihr und ihren Lieben wird ...


    Freut mich, wenn Du das Thema mochtest.
    Als ich jetzt - ohne darauf vorbereitet zu sein (ich war mir wirklich nicht bewusst, wie viel das da reinhaengt, ich dachte, das Thema wage ich im Leben nie anzufassen ...) - ueber das Thema in Jahrhundert Zwanzig und in Deutschland schreiben musste (damit vollgequatscht hab ich Dich ja gerade genug), war ich froh, zumindest Jahrundert Dreizehn und England vorher gemacht zu haben, auch wenn ich trotzdem nicht abgehaertet war. Und auch nie sein werde.
    Trotzdem bin ich jetzt froh ueber die beiden Buecher. Mehr als bei jedem anderen Thema.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Nachtgedanken
    Ich fand es übrigens schön, dass Du Deborah ihr eigenes Glück gegönnt hast und sie sich nicht nach Vyves hast verzehren lassen.


    Das ist mir auch sehr positiv aufgefallen.
    Und die ausgelassene Folterszene. Solche mag ich in den seltensten Fällen (nicht, weil ich empfindlich bin, Sterbeszenen mag ich gerne, aber meist sind sie mir irgendwie peinlich), dankeschön, dass du in diesem Fall drauf verzichtet hast.


    Was ich ein bisschen ... schade fand, ist, dass Matthew nicht für Abels Tod verantwortlich ist. Ich finde, er ist eine starke Figur, er hätte das tragen können.
    So wie es war empfand ich die Folgen als etwas unglücklich unnötig. Mann, er hätte ihr das doch sagen können! Ich musste mich da massiv daran erinnern, dass es nicht war wie heute und man damals prinzipiell Schuld an den Taten der Familie hatte.


    Interessant - aber kurzzeitig etwas verwirrend - waren die ganzen neu verratenen Familienkonstelationen, und die Auflösung, warum Isabel ihre Kinder als Findelkinder ausgegeben hat, war so einfach, dass ich nicht weiß, wie ich nicht drauf kommen konnte. Ich habe nur nicht ganz nachempfinden können, warum Adam Isabel nicht gesagt hat, dass Amicia lebt und/ oder dass Isabel, die Herrin der Insel, das nicht selbst bemerkt hat.


    Mit dem Ende bin ich richtig glücklich. Nein, Matthew im Kloster wäre wirklich nicht so leicht zu schlucken gewesen. Ich hätte es auch gemocht - aber ich steh auch total darauf, wenn Figuren in der absolut schlimmstmöglichen Situation allein gelassen werden.
    Ich mag aber vor allem auch das bittere am Ende. Die Judenvertreibung aus England macht einen richtig beklommen, vor allem, wenn man weiß, das dieses Volk noch alles durchmachen muss.

  • Vielen Dank, dass Du's zu Ende gelesen hast, auch wenn's Dich nicht vom Hocker gerissen hat.


    Ja, ich wuerde so etwas auch gern mal schreiben - eine Hauptfigur, die in der Tat mit einer solchen schuldhaften Toetung fertig werden muss. Ich glaube aber nicht, dass mir das jemals ein Verlag erlaubt. Darueber dass ich Matthew "feige sein" und dabeistehen lassen durfte, war ich schon froh genug. Und moralisch ist zumindest aus seiner Sicht der Unterschied nicht besonders gross.


    Noch ein Wort zu Juden in England - da ja viele von Euch London bereisen: Die Familie von Vyves habe ich natuerlich empfunden. Nicht aber die Familie Crespin, bei der Vyves gelebt und in die Deborah eingeheiratet hat. Die Ueberreste ihres Hauses sind waehrend Bauarbeiten entdeckt und geborgen worden, und ihr Mikveh ist im Jewish Museum London zu besichtigen. Einen Besuch kann ich nur sehr empfehlen, man wird hier beruehrt von einer Welt, die nicht versunken, sondern radikal ausgerissen wurde.


    Herzlich,
    Charlie

  • Zitat

    Original von Charlie
    Vielen Dank, dass Du's zu Ende gelesen hast, auch wenn's Dich nicht vom Hocker gerissen hat.


    :yikes
    Warum sagst du sowas?


    Denkst du das? Ehrlich?
    Das wollte ich nicht ?(
    Ich bin vielleicht knauserig mit Superlativen, aber ein Buch, das mich nicht vom Hocker reißt, lese ich nicht in 5 Tagen, in denen ich wie ein Pferd ackere und außerdem noch ständig sch... Schneematschschippen muss.


    Es hat mich vielleicht nicht auf allen Seiten komplett umgehauen, das zu erwarten, wäre aber auch echt eklig von mir, da du eines meiner ewigen Lieblingsbücher geschrieben hast und dich, obwohl ich es echt abzustellen versuche, wohl immer daran messen lassen musst.
    Auf anderen Seiten hat es mich dafür umso mehr fasziniert.


    Ich habe ja noch kein Fazit geschrieben, aber wenn ich das tue, lautet das vermutlich, dass ich Kains Erben als sehr spannend und süffig empfinde, perfekt ausgewogen was Liebe, Historie und Intrigen betrifft, und dass ich ihm vielleicht keine 10 Punkte, aber zumindest gute 9 geben würde.
    "Nicht vom Hocker" ist anders. :keks

  • Du, das war ueberhaupt nicht unfreundlich gemeint!
    Mich reissen auch nur wenige Buecher vom Hocker. Und zu Superlativen veranlassen mich auch nicht so viele. Das entwertet sich ja auch schnell.
    Ich freu mich, dass Du's gern gelesen hast.


    Und um Euren Schnee beneiden wir hier Euch trotzdem. (Meine Schwaegerin hat mir auch gerade von ihrer Schneeschipperei vorgeweint. Aber neidisch bin ich halt doch ...)


    Alles Liebe von Charlie

  • "Zu Ende gelesen, obwohl es nicht vom Hocker gehauen hat" klingt so nach: Naja, ich hatte gerade nichts besseres zu lesen da, also hab ich das genommen; man kann es lesen, muss aber nicht.


    Solche Bücher gibt es für mich auch - aber zwischen denen und Knut liegen Welten, Charlie.


    Dafür war es viel zu schön und viel zu spannend. Mir ist im Nachhinein noch aufgefallen, dass dieses Buch überhaupt keine Längen hat. (Längen in dem Sinne von Passagen, die einfach mal nicht so interessant sind.) Und das ist bei dem Umfang echt beeindruckend.
    Nein, es hat mir wirklich gut gefallen, ich tue mich nur immer schwer, das zu vermitteln.


    Und der Schnee - der leider eben gar kein Schnee war sondern nur grauer, nasser, gefrierender Matsch - ist leider schon wieder weg.

  • Bei dem Umfang?


    Mein Mann hat sich darueber totgelacht, dass ich ihm gesimst habe: "Unser kleiner Roman ist jetzt fertig."
    Tatsaechlich war aber "Kains Erben" unser bis dahin kuerzester Roman. Und darueber freue ich mich unheimlich. Von den ganz ganz langen Waelzern moecht' ich gern weg. Habe mir fest vorgenommen: Der Trend geht zum Schlankbuch ...


    Schnee fuer uns alle!


    Charlie

  • Schau dir deine Übersetzerkollegin mit dem Pseudonym Gablé an, schreibt die schlanke Bücher. Charlotte Thomas, Ulf Schiewe, Titus Müller, alle schreiben ordentliche 800 Seiten. Protest gegen den Diätwahn, wir wollen pralle Geschichten lesen.

  • Wenn die Alternative entweder kein Buch von Charlotte Lyne oder ein schlankeres Buch von Charlotte Lyne lautet beißt man als Leser hält in den Säuren Apfel- nicht ohne zu bemerken, das Charlotte Lyne zusammen mit einem gewissen Alan Walter Lyne schon schöne kleine Kabinettstückchen abgeliefert hat.

  • Ich mag schlanke Bücher, aber für mich ist alles über 400 Seiten ein dickes Buch und alles über 500 Seiten ein sehr dickes.
    Und ab 600 Seiten überlege ich meist schon, ob ich das überhaupt lesen soll, denn die *meisten* der sehr, sehr dicken Bücher stellen sich für mich als zu dick heraus.


    Alles eine Frage der Betrachtungsweise.


    Über 500 Seiten durchgehend spannend ist in jedem Fall mal eine Leistung, finde ich.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Wenn die Alternative entweder kein Buch von Charlotte Lyne oder ein schlankeres Buch von Charlotte Lyne lautet beißt man als Leser hält in den Säuren Apfel-


    Das ist zwar extrem nett von Dir geschrieben - aber ich meinte wirklich nur: Lieber 500 als 800. 400 wuerde ich zwar gern, aber dass ich das draufhabe, bezweifle ich. Die meisten meiner Geschichten eignen sich ja auch nicht dazu, weil sie zu episch angelegt sind und einen zu langen Atem haben. Grundsaetzlich moechte ich einfach, dass jede Geschichte die Seitenzahl bekommt, die sie braucht, keine einzige mehr. Und wenn ich meine Romane anschaue, dann moechte ich ihnen allen hundert Seiten schneiden (ausser Twelfthnight). Oder auch mehr.


    Ich moechte nicht gern jetzt als der Autor in die Eulen-Geschichte eingehen, der nur noch an Geld denkt. Aber dass ich in Zukunft noch weit mehr an Geld denken muss als bisher schon, spielt selbstredend auch eine Rolle. Und da man fuer 800 Seiten dasselbe Geld bekommt wie fuer 300 (bei anderen mag das anders sein, bei mir ist es so), ist das natuerlich auch ein Thema.


    Vor allem aber moecht' ich gern gegen das Ausgemehre kaempfen. Ich mag Buecher, die keinen Satz zu viel haben. Einerlei ob auf 100 oder auf 1000 Seiten.


    Und ich hab mich an diesem hier, das mich mit seiner Schnittigkeit ueberrascht hat, gefreut. Es lag mir nicht so klopsig im Magen wie die anderen. Es passte zum Olympiajahr.


    Alles Liebe von Charlie

  • Fuer mich auf gar keinen Fall. Ich habe eine einzige Fortsetzung geschrieben und bei der bleibt's auch. Der Typ bin ich nicht. Ich moechte eine Geschichte von Anfang bis Ende erzaehlen, in einem Buch, und dann eine neue suchen.


    Ich lese auch nicht gern Romane mit Fortsetzungen, wobei es natuerlich ein paar Ausnahmen (Iris Kammerers Cinna-Trilogie zum Beispiel) gibt.


    Das ist selbstredend kein Werturteil! Nur eine Aussage ueber das, was ich machen moechte.
    Schlankere Buecher schreiben ... Ich habe daran wirklich meine Freude.


    Herzlich,
    Charlie