Ein anderes Land. Short Storys aus Neuseeland. Hrsg. Bill Manhire

  • Ein anderes Land. Short Storys aus Neuseeland
    Hrsg. Bill Manhire
    dtv 2012. 320 Seiten
    ISBN-13: 978-3423141550. 9,90€
    Originaltitel: Some Other Country. New Zealand's Best Short Stories


    Verlagstext
    Typisch Kiwi? Mehr Schafe als Einwohner, putzige Vögel, coole Surfer - das sind gängige Klischees über das »Land der Langen Weißen Wolke«. Doch Neuseeland hat mehr zu bieten: So vielfältig wie die Natur, so vielstimmig ist auch die Literatur des Inselstaates. Short Storys aus den letzten fünfzig Jahren gewähren Einblicke in ein anderes Land: Die Themen reichen vom neuinterpretierten Gründungsmythos der Maori über familiäre Spannungen, heikle Liebesbeziehungen und unerschütterliche Freundschaften bis hin zu aktuellen gesellschaftlichen Phänomenen.


    Der Herausgeber
    Bill Manhire, 1946 in Invercargill auf der neuseeländischen Südinsel geboren, studierte an der Universität von Otago und am University College London. Seit 1973 lehrt er an der Victoria University in Wellington Englisch und Creative Writing. Bill Manhire ist ein vielfach ausgezeichneter Lyriker und Autor von Short Storys. Allein fünf Mal wurde er mit dem New Zealand Book Awards Poetry Prize geehrt, 2006 erhielt er für seinen Lyrikband ›Lifted‹ den renommierten Montana New Zealand Book Awards Prize. Bill Manhire setzt sich sehr für neuseeländische Lyrik und Prosa ein, nicht zuletzt durch Herausgabe der längst zum Standardwerk avancierten Anthologie mit Short Stories, ›Some Other Country‹ (Erstveröffentlichung 1984, seitdem mehrere aktualisierte Auflagen).


    Inhalt und Fazit
    Kurzgeschichtensammlungen können wie Probierpackungen wirken, die Appetit auf die Originalpackung machen. Mit seinem Klassiker, der unter dem Titel "Some Other Country: New Zealand's Best Short Stories" auf der südlichen Seite der Erdkugel erstmals 1984 erschien, ist das dem Herausgeber und mehrfach ausgezeichneten Autor Bill Manhire gelungen. Er versammelt Kurzgeschichten aus über 50 Jahren von weltweit bekannten Autoren wie Keri Hulme (*1947, Unter dem Tagmond) und Witi Ihimaera (*1944) bis zur jüngsten aufgenommenen Autorin Eleanor Catton (*1985, Die Anatomie des Erwachens). Weitere Autoren/innen sind Pip Adam (*1970), William Brandt (*1961), Craig Cliff (*1983), Joy Cowley (*1936), Tim Corballis (1971), Fiona Farrell (*1947), Maurice Gee (*1931), Tina Makereti (*1973), Owen Marshall (*1941), Kirsten McDougall (*1974), Vincent O' Sullivan (*1937), C.K. Stead (*1932), Anna Taylor (*1982), Alice Tawhai und Damien Wilkins (*1963). Einige der Autoren sind keine gebürtigen Neuseeländer, sondern Einwanderer, einige sind Maori, ein großer Teil von ihnen hat bisher nur Kurzprosa veröffentlicht. Erklärt wird die hohe Anzahl der Autoren von Kurzprosa damit, dass viele Autoren neben einem Brotberuf schreiben und weil Kurse in Kreativem Schreiben in Neuseeland wachsenden Zulauf hätten.


    Die thematische Klammer, die diese Sammlung zusammenhält, ist die hier nicht enthaltene Geschichte von Dan Davis "The Quiet One", in der es um die Sehnsucht nach dem idealen Ich geht, laut einer der Übersetzerinnen, S. Bontjes van Beek, bezeichnend für jüngere neuseeländische Texte. Schnappschussartig zeigen uns die Autoren Alltagsszenen, in denen es um das Familienleben, Erinnerungen, Trauer, Ängste und Rollenbilder geht. In "Kopien" vermittelt Craig Cliff einen direkten Blick auf das Vater-Sohn-Verhältnis und die Bedeutung von Bildern; der Icherzähler "liest" das Tattoo seines Vaters, ehe er Buchstaben lesen kann. In meiner Lieblingsgeschichte "Zwei Gezeiten" geht es um Aberglauben, Erwartungen an die weibliche Rolle und Beziehungsknatsch. Die Handlung findet an Bord eines Schiffes statt und gefällt mir aufgrund der geheimnisvollen Atmosphäre und des üppigen maritimen Wortschatzes. "Der Kuss" führt uns zurück in den militärischen Einsatz in Ottimor; er erzählt von einem Soldaten, der die Kriegsbilder seiner Alpträume nicht mehr von der Gegenwart unterscheiden kann. "Eine Geschichte über Skinny Louie" zeigt aus mehreren Blickwinkeln den Tag des Jahres 1954, als Elizabeth II. Neuseeland besuchte. Weitere Stories stellen die Maori, Krankheit, Alter und Schuld in den Mittelpukt.


    Ein biografischer und bibliografischer Anhang informiert über die Autoren.


    9 von 10 Punkten