Jonathan Schnitt - Foxtrott 4

  • Klappentext:
    »Zehn Jahre Afghanistankrieg – ein unangenehmes, peinliches Datum«, schrieb die »Zeit« im Herbst 2011 und nannte diesen Krieg eine »schwer erträgliche Last« für den Westen. Diese Last tragen seit zehn Jahren auch deutsche Soldaten. Der Journalist Jonathan Schnitt wollte sehen, hören, spüren, was das, aus der Nähe betrachtet, bedeutet – jeden Tag, jede Nacht.


    Er lebte ein halbes Jahr mit einem deutschen Bataillon nahe Kundus, das »an vorderster Front« Dienst tat, teilte mit den jungen Frauen und Männern Hitze, Dreck, Flöhe, Anstrengung, Angst. Er sprach mit ihnen über ihre Erlebnisse, Gefühle, Wünsche und über die Gefahr, dem Tod zu begegnen. Und er sah, wie der Krieg sie veränderte. Jonathan Schnitt rückt aus der Innenperspektive endlich die Soldaten in den Mittelpunkt und zeigt das ungeschminkte deutsche Gesicht des Afghanistankrieges – hautnah, illusionslos, berührend.



    Rezension:
    Im Oktober 2010 ist es soweit. Jonathan Schnitt erhält die Zusage, dass er einen Trupp deutscher Soldaten 6 Monate in Afghanistan begleiten darf. Seit mehr als 10 Jahren herrscht Krieg in Afghanistan, ein Land, von dem die Meisten noch nicht einmal wissen, wo es liegt und ein Einsehen der Bevölkerung nicht vorhanden ist, warum ausgerechnet Deutschland seine Soldaten dahinschickt. Doch wie wir erfahren, alle in Afghanistan stationierten Soldaten haben sich freiwillig für einen Auslandseinsatz gemeldet oder sind mit ihren Kameraden mitgegangen.


    Im Juli 2011 ist es soweit, die Reise in ein unwirkliches Land beginnt, ein Land, in dem ein "kriegsähnlicher Zustand" herrscht, wie die Politik es den Bürgern verkauft. Jonathan Schnitt wird einer Einheit der Task Force Kunduz zugeteilt, genauer gesagt der Besatzung eines Dingo-Radpanzers, bestehend aus dem Gruppenführer und 4 Soldaten. Der Funkname des Fahrzeugs lautet Foxtrott 4. Doch wie hart die Realität, aber auch die Verbundenheit unter den Soldaten zueinander ist, konnte sich der junge Journalist, der selber Zivildienst geleistet hat, nicht vorstellen. Doch mitten in der Einöde, in einem vom Krieg zerstörten Land, lernt er die Welt dieser 5 Männer, mit denen er wochenlang am Stück zusammen ist, besser kennen und verstehen. In eindrucksvollen Interviews erzählt ein jeder Foxtrott-4-Soldat seinen Beweggrund für den Auslandseinsatz und auch, wie es privat, in dem Menschen, nicht dem Soldaten, aussieht.


    Während dieser 6 Monate ist Jonathan Schnitt lediglich zweimal für einige Wochen in Deutschland, um zu Schreiben, zu Recherchieren und seine weitere Arbeit im Feld vorzubereiten, doch die Ereignisse im Kunduz, die ständige Gefahr, das Misstrauen gegenüber allem und jedem, der nicht in seiner Einheit ist, lassen auch ihn nicht unberührt.



    Was für eine Reportage! Jonathan Schnitt hat das Unmögliche möglich gemacht und dem Leser die Welt Afghanistans näher gebracht, die Ursachen des Krieges vor Augen geführt und sowohl die politischen Hintergründe erläutert, wie auch die persönlichen Hintergründe der Soldaten, die mit ihrem Einsatz in diesem kriegsgebeutelten Land jeden Tag ihr Lebens aufs Spiel setzen. Den Schreibstil empfand ich als sehr tiefgründig und fesselnd, sodass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe.