Kurzbeschreibung:
Selim Özdogan bringt das Leben auf den Punkt: Nur schmal ist der Grat zwischen Sonnen- und Schattenseite, zwischen denen, die alles erreichen wollen, und denen, die nichts mehr zu verlieren haben. Özdogan begleitet sie auf ihren Wegen: den Vater, der statt seiner Liebe auf den ersten Blick die Frau seines Lebens heiratet. Den Lehrer, der freitagmittags doch eigentlich nur nach Hause will. Und die Jungen unter der Laterne, die den ersten Schluck jeder Flasche immer auf den Boden gießen, obwohl eigentlich keiner weiß warum. Was dabei entsteht, sind Geschichten, deren Rhythmus und Klang den Leser tragen wie eine Melodie. Es sind Geschichten von Menschen, die nach festem Grund unter ihren Füßen suchen, von Liebenden, die der Wahrheit hinter der Poesie nachspüren, von der Angst vor dem Tod und der Sehnsucht nach ihm, vom Leben im Takt der Musik und von Tagen im Paradies.
Zum Autor:
Selim Özdogan, geboren 1971, lebt in Köln. Verfasst Romane und Kurzgeschichten. Mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis (1999). Veröffentlichte u.a. die Romane Es ist so einsam im Sattel, seit das Pferd tot ist (1995) und Im Juli (2000), zuletzt Heimstraße 52 (2011).
Rezension:
Mit Der Klang der Blicke legt Autor Selim Özdogan ein Buch mit 26 Kurzgeschichten vor, die in allen Lebensbereichen spielen. Sei es der türkische Junge, der mit Rap-Musik berühmt werden möchte, ein Mann, der vor seinem krankheitsbedingten Tod noch einmal mit seiner Jugendliebe zusammen sein will, oder eine Gruppe von Jungs, die sich immer unter einer Laterne treffen und reden, aber erst durch einen älteren Mann erfahren, warum dies seit Jahren so Brauch ist.
Viele verschiedene Personen lernt der Leser in diesen Kurzgeschichten kennen, manche sind tragisch, andere komisch und auch skurril und überzeichnet. Doch jede von ihnen ist eine Art Getriebener, der ein bestimmtes Ziel vor Augen oder auch aus den Augen verloren hat, der Halt sucht, eine Aufgabe, die ihn erfüllt oder einfach nur aus seinem Leben plaudert.
Selim Özdogan versteht es gekonnt, in verschiedene Schreib- und Sprachstile einzutauchen. Keine einzige der Geschichten liest sich gleich, man könnte fast meinen, es hätten sich hier eine Menge verschiedener Autoren zu einer Anthologie zusammengefunden, was aber nicht der Fall ist.
Die Geschichten sind sehr unterschiedlich und konträr, so dass für jeden Leser etwas nach seinem Geschmack dabei sein dürfte. Viele haben mich sprachlos zurückgelassen, davon einige, an die ich noch länger denken musste, und mit manchen kam ich zugegebenermaßen auch gar nicht zurecht, sprich: Ich habe das Ende einfach nicht verstanden.
Doch im Großen und Ganzen kann ich diese Geschichtensammlung generell empfehlen. Selim Özdogan weiß, wie man Zeitgenössisches schreibt und viele seiner Geschichten haben mich zum Nachdenken angeregt. Wer sich für dieses Genre interessiert, wird mit Der Klang der Blicke sicherlich nichts falsch machen.
Fazit: Vielfältig, unterhaltsam, zum Nachdenken anregend - Selim Özdogans Kurzgeschichtensammlung Der Klang der Blicke vereint viele verschiedene Charaktere aus unterschiedlichen Schichten der Gesellschaft, die ihr großes Glück suchen oder es verloren haben. Empfehlenswert!