Taschenbuch: 122 Seiten
Suhrkamp Verlag, 2000
Kurzbeschreibung:
Eine Nacht im April 1933. Aus mysteriösen Gründen begehen zwei junge Eheleute in ihrer Pariser Wohnung Selbstmord. In dieser Nacht haben sie die Bekanntschaft zweier Frauen und zweier Männer gemacht, ein Tanzlokal und später ein Haus mit einem roten Aufzug besucht. Jahrzehnte später denkt der Erzähler über diese Geschichte nach, an der - so scheint es - auch Weggefährten seines Lebens beteiligt waren. Er begibt sich auf die Spur jener aus seinem Leben verschwundenen Gestalten, stößt auf unvermutete Zusammenhänge, vertauschte Realitäten.
Über den Autor:
Patrick Modiano, 1945 geboren, ist einer der bedeutendsten französischen Schriftsteller der Gegenwart. Er erhielt zahlreiche Auszeichungen, darunter den großen Romanpreis der Académie française und den Prix Goncourt.
Über die Übersetzerin:
Andrea Spingler, geboren 1949 in Stuttgart, ist seit 1980 als freie Übersetzerin tätig. Sie hat unter anderem Werke von Marguerite Duras, Alain Robbe-Grillet, Patrick Modiano, Jean-Paul Sartre, André Gide ins Deutsche übertragen. 2007 wurde sie mit dem Eugen-Helmlé-Preis für herausragende deutsch-französische Übersetzungen ausgezeichnet, 2012 mit dem Prix lémanique de la traduction. Sie lebt in Oldenburg und Südfrankreich.
Mein Eindruck:
Dieser Roman aus dem Jahr 1991 (im Original) gehört zu den prolematischsten aus Modianos Gesamtwerk. Das Schwierigkeit für den Leser ist, dass die Motivation des Protagonisten nicht erklärt wird. Warum forscht er, der in den 60zigern aufgewachsen ist, über den angeblichen Doppeltselbstmord eines jungen Paares 1933?
So werden dann die Streifzüge durch Paris und Umgebung zunächst zum Selbstzweck, zum sinnlosen Ablaufen von Orten.
Doch mit der Zeit kristallisiert sich heraus, dass aus der Distanz von fast 25 Jahren erzählt wird. Dabei überwiegt die wehmütige Erkenntnis des Verlustes, die zur berühmten Modiano-Melancholie gehört.
Es ist der überwiegend hoffnungslose Versuch, Geschehnisse, Dinge und Orte, die verloren gegangen sind, dem Verschwinden zu entreißen.
Und Modianos stilistische Brillanz beim Beschreiben von Details und Stimmungen ist voll da.
Er erfasst alles, auch Geräusche, wie das Rollen eines Weinfasses, das sich allmählich entfernt, oder die Kühle des Weinkellers, aber auch das Sommerlicht, das den Boulevard überflutet und die Schatten.
Gut gefallen mir auch die Szenen, die in der Erinnerung des Mannes entstehen, die nicht zum Hauptplot gehören. Beispielsweise die Erinnerung, wie er als 14jähriger aus dem College ausgerissen ist oder seine Zeit mit Jacquiline.
Wichtig wird später die Begegnung mit einem Mann, der zunächst wie Clochard wirkt, dann aber sogar Student an der Universität wird. Die Identität dieses Mannes ist unklar, selbst sein Alter scheint zwischen 30 und 50 zu schwanken.
Dennoch, der kurze Roman leidet an der zu komplizierten Struktur. Dazu trägt auch das fast nicht wahrnehmbare Schweben von einer Zeit zur anderen bei. Der Text spielt mit seiner Rätselhaftigkeit. Eine Auflösung erfolgt nicht.
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ASIN/ISBN: 3518466232 |