Weihnachten mit Mama - Alex Thanner

  • Alex Thanner: Weihnachten mit Mama
    Blanvalet
    ISBN13: 9783764504472
    ISBN10: 376450447
    Belletristik
    1. Auflage, 10/2012
    Hardcover mit Schutzumschlag
    [D] 14,99 €


    Verlagsseite


    Alle, die mich kennen, wissen, dass es Geschäfte bzw. Abteilungen darin gibt, die ich zu bestimmten Zeiten regelrecht boykottiere; Weihnachtsplätzchen werden erst ab einem gewissen Zeitpunkt gebacken und überhaupt stelle ich mich der von kommerzieller Seite in meinen Augen regelmäßig viel zu früh gestarteten Weihnachtsoffensive mal tapfer, mal frustriert oder auch schon mal missmutig entgegen. Seltsamerweise kann ich Bücher, deren Inhalt von Weihnachten handelt, jedoch ganzjährig lesen. Keine Ahnung, woran das liegt, aber es ist so.


    Dieses Jahr landete Weihnachten mit Mama vor einigen Tagen auf meinem SuB. Nach dem Auspacken lag Alex Thanners Roman tatsächlich ganze vier Stunden dort, bevor ich mich damit auf mein Sofa verzog.


    Das gemalte Cover zeigt einen schwer bepackten Mann und eine Frau, die - wenn man dem erhobenen Zeigefinger Glauben schenken darf - das Kommando führt, ein wenig weihnachtliche Deko und einen Straßenzug. Die Inhaltsangabe beginnt mit „Hilfe, es weihnachtet sehr“ und lässt bereits erkennen, dass es neben dem Thema Weihnachten an sich vor allem um eins geht: um den Wahnsinn, der für viele mit diesem Fest verbunden ist. Dem Fest der Liebe, das jedoch oftmals in Streit und Unfrieden endet, weil die Personen, die daran teilnehmen, sich sonst teils ganzjährig aus dem Weg gehen. Etwa, weil sie alte Animositäten nicht völlig ad acta legen können.


    Johannes Siebenschön, die erzählende Hauptfigur, eilt nach einem Hilferuf seines Vaters als pflichtbewusster Sohn von Münster nach München, um Weihnachten zu retten. Nicht indem er den Weihnachtsmann spielt. Doch seine Mutter, die am 24. Dezember zudem ihren 65. Geburtstag feiern möchte, steht planungstechnisch eindeutig neben sich, sein Vater rundweg hilflos daneben. Wenige Tage vor dem großen Fest, zu dem zum ersten Mal seit längerer Zeit die ganze Familie erwartet wird, ist nichts vorbereitet, dem Chaos scheint der Weg perfekt bereitet.


    Johannes tut, was er kann, und das ist einiges. Als LeserIn kann man seiner Geduld nur Respekt zollen. Als der große Tag mitsamt den geladenen Gästen da ist, geht dennoch trotzdem einiges schief. Daran sind nicht nur der überaktive Jack Russel oder die beiden Neffen von Johannes schuld, die sich unter allen Erwachsenen einfach nur langweilen und auf die Bescherung warten. Nein, vielmehr schaffen sich latent vorhandene und schwelende Zwistigkeiten Raum. Schließlich kommt es noch zu einem schrecklichen Streit, der der friedlichen Stimmung, die an einem solchen Tag herrschen sollte, den Rest zu geben scheint. Dabei sollte doch wenigstens an diesem Tag alles perfekt sein.


    Mit Wortwitz, stellenweise spöttisch, neckisch und durchaus selbstironisch, schildert Johannes seine Erlebnisse im Zuge der Vorbereitung aber auch während der Feier an Heiligabend. Er schlittert von einer niveauvoll erzählten und dennoch fast klamaukartigen Besorgung in die nächste. Beschreibt den Stress, ohne den Spaß beiseitezulassen. Egal ob es sich um die verzweifelte Suche nach dem passenden Tischtuch, dem Christbaumständer oder auch das Plätzchenbacken mit seiner Mutter handelt.


    Nicht nur Johannes selbst, sondern auch die übrigen Figuren Thanners sind herrlich menschlich dargestellt. Johannes macht sich während seiner Rettungsaktion nicht immer nur nette Gedanken um seine Familie, dennoch wird er nie bösartig. Herrlich lebendig, liebevoll und kratzbürstig, tolerant und engstirnig, edelmütig und missgünstig, so lernt man Thanners Figuren in Weihnachten mit Mama kennen. Erfährt, wie schwer es sein kann, über den eigenen Schatten zu springen oder dass man sich manchmal einfach selbst im Weg steht.


    Thanner macht es seinen LeserInnen leicht, sich in die Geschichte hineinziehen zu lassen. Man fühlt sich fast, als würde man neben Johannes stehen und gehen. Man leidet mit ihm, man lacht mit ihm. Man versteht sein Dilemma, weil er irgendwie zwischen den Stühlen sitzt und eigentlich stets um Harmonie und Friedfertigkeit bemüht ist. Die seinen Handlungen innewohnende Liebeserklärung an seine Mutter ist anrührend und lebensecht. Und sie bestätigt einmal mehr, was ich immer wieder erlebt habe. Liebe besteht aus vielen schönen Momenten, aus spaßigen, aus ernsten. Vor allem aber besteht sie trotz Fehlern, Schwächen oder auch starrköpfigem Eigensinn der Person, die man liebt.


    Fazit


    Ein herrliches Buch zum Entspannen und durchaus auch zum Nachdenken. Thanners eloquent unterhaltsamer Schreibstil liest sich sehr flüssig. An zahlreichen Stellen konnte ich mir mein Lachen nicht mehr verkneifen. An anderen fühlte ich mich an meine eigene Familie und vergangene Feste erinnert. Eine wundervolle Geschichte über Familie, den ganz alltäglichen Wahnsinn und das Fest, das vielen von uns demnächst wieder bevorsteht. Perfekt um daran zu erinnern, das rechtzeitige Planung Chaos verhindert und wir uns selbst nicht immer so wichtig nehmen müssen. Schließlich haben nicht alle von uns einen Johannes, der alles wieder ins Lot bringt.


    Copyright © 2012 by Antje Jürgens (AJ)

    Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe Unterschied wie zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.
    Mark Twain

  • Danke, Ati, für die Vorstellung. Mich interessiert das Buch auch, mal sehen wann und ob es bei mir Station macht. Aufgrund der Verlagswerbung "Für alle Leserinnen von Dora Heldt und Kerstin Gier" wird die Erfolgslatte nicht gerade niedrig gehängt und die Lesererwartung in bestimmte Richtung gelenkt.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Gern geschehen, das Buch hat mich wirklich gut unterhalten.


    Allerdings kann ich ehrlich gesagt nicht beurteilen, ob Thanner sich jetzt direkt mit den beiden von dir genannten Autorinnen vergleichen lässt, einfach weil ich wenig bzw. keine Bücher von ihnen gelesen habe. Ich glaube von Kerstin Gier war es so aus dem Stehgreif erinnert gerade mal die Laufmasche. Aber wie gesagt, Thanner hat mich gut unterhalten und ich habe stellenweise für komische Blicke gesorgt, weil ich losgekichert habe.

    Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe Unterschied wie zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.
    Mark Twain

  • Also, ich fand das Buch auch super, aber mit Kerstin Gier oder Dora Heldt würde ich es nicht unbedingt vergleichen. Trotzdem ist es sehr lesenswert! :)


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    Pünktlich zum ersten Advent bekam ich Alex Thanners "Weihnachten mit Mama" und freute mich auf einen schönen weihnachtlichen Wohlfühl-Roman.
    Johannes Siebenschön ist der Verleger eines kleinen Verlags, der hauptsächlich kitschige Geschenkbüchlein verlegt. Kurz vor Weihnachten und dem gleichzeitigen 65jährigen Geburtstag seiner Mutter, zu dem nach vielen Jahren mal wieder die ganze Familie zusammen kommen soll, ruft sein Vater an: "Hilfe, deine Mutter dreht durch, du musst sofort kommen!" Umgehend macht sich der Erstgeborene auf den Weg in die 600 km entfernte Heimat und versucht seiner Mutter bei den Vorbereitungen für das perfekte Fest beizustehen. Dass dabei nicht alles so glatt läuft wie gewünscht ist klar...


    Alex Thanner hat hier einen wirklich amüsanten Roman abgeliefert, der mit Wortwitz und viel subtilen und intelligenten Humor daher kommt. Erzählt wird der Roman aus der Sicht des Ich-Erzählers Johannes Siebenschön, der liebevoll von den zahlreichen Macken seiner Familie erzählt. Angefangen bei seiner Mutter, für die alles immer perfekt sein muss, die keinen Sinn für Humor hat und das Zepter nie aus der Hand geben will, über seine Schwester, ein bildhübsches Modell, die sich in den Metropolen der Welt zu Hause fühlt und die er öfter auf Plakaten sieht, als im wahren Leben, bis hin zu seiner Tante, die sich vom Leben sehr gebeutelt sieht, kein gutes Wort an den anderen lassen kann und gerne mal einen Streit vom Zaun bricht. Das geschieht so lebensecht und authentisch, dass man sich die unterschiedlichen Figuren als Leser so richtig vorstellen kann und vor sich sieht. Und ehrlich, auch ich habe mich in so manchen Situationen durchaus wieder erkannt, so plastisch erzählt der Autor hier die Geschichte der Familie Siebenschön.
    Johannes, der sich kurz vor Weihnachten durch etliche Geschäfte kämpfen muss, nur um seiner Mutter alles Recht zu machen, seinem Vater einen passenden Weihnachtsbaumständer zu besorgen und die ideale goldfarbene Tischdecke, passend zum goldenen Service zu finden, könnte einem wirklich leid tun, wenn man nicht aus jeder seiner zahlreichen Beschwerden die liebevolle Hingabe heraus lesen würde, die er seinen Eltern und speziell seiner Mama angedeihen lässt. Und davon ab, wer schon einmal ein Familienfest organisiert hat, der wird diese ganze Geschichte als den üblichen Weihnachtsstress erkennen. Untermalt und geschmückt mit viel Sarkasmus und Ironie. So macht Weihnachten wirklichen Spaß!


    Zu Beginn dieses Buches steht die Widmung "Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an Mama. Aber es kann sein, dass Mama es nicht merkt." Eine Liebeserklärung ist es wirklich, nicht nur an Mama, sondern an die gesamte Familie, auch wenn es hier und da tatsächlich mal ein wenig untergeht in dem ganzen weihnachten Trouble und den offenen und ehrlichen, aber niemals verletztenden und beleidigenden Worten und Beschreibungen.


    Ich habe diesen Roman sehr genossen, er hat mich in die richtige weihnachtliche Stimmung versetzt und gewappnet für das Weihnachtsessen, was auch ich in diesem Jahr wieder organisieren muss. Ich denke, dass ich diesen Roman auch im nächsten Jahr pünktlich zum Advent wieder zur Hand nehmen werde um in die richtige Stimmung für den alljährlichen Weihnachtswahnsinn zu kommen. Ein wirklich toller Roman, den Alex Thanner da abgeliefert hat!

  • Ich habe am zweiten Adventswochenende nun endlich auch diesen Roman gelesen. Endlich, nicht weil ich ihn schon viele Jahre auf dem SUB liegen hatte, ich habe meine Sammlung Weihnachtsbücher ohnehin in einem Karton J und diesen fand ich irgendwann im Sommer 2017 im Öffentl. Bücherschrank, sondern weil ich hier vor fünf Jahren schon einmal einen Beitrag dazu kommentierte. Dies habe ich auch gerade erst beim Nachlesen entdeckt.


    „Weihnachten mit Mama“ hat mich ausgesprochen gut unterhalten. Die Leser vor mir haben sehr gut und ausführlich auch mein Empfinden beschrieben. Diesen Leserstimmen kann ich nichts mehr hinzufügen. Es ist ein gelungenes Weihnachtsbuch, was ich gern weiterempfehle.


    Noch kurz auf die damalige Verlagswerbung zum ET eingegangen "Für alle Leserinnen von Dora Heldt und Kerstin Gier". Ich habe lange keine Kerstin Gier Bücher mehr gelesen. Von früher weiß ich aber, die Personen und Handlungen in den Frauenromanen von Kerstin Gier sind sehr amüsant geschildert und auch Dora Heldts Werke liest man schmunzelnd, laut auflachend und kann sich durch die bildhafte Sprache manche Szene gut vorstellen. Ich glaube auch, dass Leser von Dora Heldt auch gern dieses Weihnachtsbuch lesen.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)