Die Hure Babylon - Ulf Schiewe

  • Da über den Inhalt schon berichtet wurde, werde auch ich mich auf meine eigene Meinung beschränken.



    Anfangs konnte ich mich nur sehr schwer mit dem Buch "anfreunden" Es ging schleppend dahin und ich legte es mehrmals weg. Doch als ich mir mehr Zeit und Ruhe nahm, konnte ich nicht mer aufhören zu lesen.
    Es ist mein erstes Buch von Ulf Schiewe und auch das erste Buch über diese Zeit. Mir haben der Schreibstil und die Erzählperspektiven sehr gut gefallen. Ich finde es gut, dass zu Beginn jeden Kapitels eine "Ich-Erzählung" von Ermengarda kam. Somit blieb man im Bild was in Narbona gerade so passierte.


    Wärhend der Handlung des Kreuzzuges und vor allem während der Schlachten, wurde es mir manchmal fast zu viel. Es ist für mich unglaublich was in der damaligen Zeit alles passiert ist. Ich hatte eine ungefähre Vorstellung, dass es eine "dunkle Zeit" war, aber genauer habe ich mich damit nie auseinander gesetzt.



    Zitat

    Original von Ulf Schiewe


    Ich freue mich, dass das Buch ein so positives Echo gefunden hat, denn es ist wahrlich kein einfaches Buch, nicht, was man gemeinhin unter einem historischen Unterhaltungsroman erwartet. Es ist eben ein Anti-Kriegsbuch. Und man kann ein solches Buch nicht schreiben, indem man beschönigt. Deshalb nehme ich den Leser mit in den Dreck, den Hunger und in die Schlachten, die Tausenden das Leben gekostet haben.



    Genau das hat mir daran so gut gefallen. Ich fühlte mich Mitten in das Geschehen hineinversetzt. Es hat mir deutlich vor Augen gebracht, dass dies alleskein Spaziergang war, das die Menschen jeden Moment damit rechnen mussten zu sterben. Ich denke bei solch einem Thema sollte auch nichts beschönigt werden. Es gibt genug Filme und Bücher in denen vieles beschönigt wird. Genau deshalb ist es gut, dass es in diesem Buch anders ist.



    Was mir ebenfalls gefallen hat war, dass es immer wieder Menschen gab, bei denen plötzlich ein Umdenken eingesetzt hat. Sinngemäß: "Wenn wir Christen sind...warum machen wir das? Es ist doch nicht christlich Menschen zu töten."
    Diese Gedanken sprechen mir aus der Seele. Es ist keine christliche Tat andere Menschen wegen ihres Glaubens zu töten. Wenn man diese Eingebung allerdings während des Kreuzzuges hatte, war es für eine Umkehr zu spät.



    Mich hat dieses Buch bis zum Ende hin immer mehr gefesselt und zugleich fasziniert. Ich habe richtig Lust bekommen, auch die beiden Vorgänger zu lesen.



    Von mir 9 Punkte, trotz meiner anfänglichen Startschwierigkeiten. Die sind schon wieder voll und ganz vergessen :-)

  • Auch in seinem dritten historischen Roman gelingt es Ulf Schiewe wieder, den Schrecken und die Faszination des Mittelalters erlebbar zu machen.
    Wie schon in Der Bastard von Tolosa und Die Comtessa steht eines der Mitglieder der Familie Montalban im Mittelpunkt der Geschichte. Hier ist es wieder Arnaut, der mittlerweile mit Ermengarda in wilder Ehe lebt. Nach einem Schicksalschlag kommen Arnaut Zweifel an seinem Lebensstil. Als er quasi gezwungen wird, am zweiten Kreuzzug unter König Louis von Frankreich teilzunehmen, sieht er das als willkommene Chance, sich von seinen “Sünden” reinzuwaschen. Dies wurden denen, die das Kreuz nahmen, von Predigern wie Bernard von Clairvaux in Aussicht gestellt.In immer neuen Situationen muss er sich bewähren, gewinnt und verliert Kameraden und geliebte Menschen und will am Ende doch nur zu seiner Ermengarda zurück. Dass Ulf Schiewe hier auf ein klassisches Happy End verzichtet hat, macht die Handlung umso glaubwürdiger.
    Er erzählt seine Geschichte mit gewaltigen Bildern und ist dabei immer nah am Menschen. Wir schauen zusammen mit Arnaut in nicht nur einer Schlacht dem Tod ins Auge, spüren seine immer größer werdende Verzweiflung. Dabei lässt Ulf Schiewe seine Leser in menschliche Abgründe blicken, er beschönigt nichts, überfordert seine Leser aber auch nicht mit allzu detaillierten Beschreibungen. Ich bin eher zartbesaitet und hatte mit seinen Schlachtenbeschreibungen keine Probleme. Er erfindet hier nichts, sondern kleidet die verbriefte Geschichte in ein neues Gewand. Sein Erzählstil ist einzigartig, er verpackt in klaren Sätzen viele Details und Differenziertheiten. Die Handlung wird stringent erzählt, ich konnte so richtig eintauchen und und Arnaut und Ermengarda auf ihrem Weg begleiten.
    Wer gut recherchierte, gut geschriebene Romane mit interessantem und detailreichen geschichtlichen Hintergrund mag, wird an Die Hure Babylon nicht vorbeikommen.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Kurzbeschreibung:


    Sie sprachen vom himmlischen Frieden – und riefen zum Kreuzzug auf. Sie mahnten zu Mäßigung und Keuschheit – und führten ein Leben in Verworfenheit. Rom war die biblische Hure Babylon … Südfrankreich im 12. Jahrhundert: Der junge Edelmann Arnaut ist verzweifelt, denn wieder hat seine heimliche Geliebte, die Vizegräfin Ermengarda von Narbonne, ihr Kind verloren – ein Fingerzeig des Himmels? Arnaut will Buße tun und sich dem Kreuzzug ins Heilige Land anschließen. Mit dem fränkischen Heer zieht er gen Osten und muss doch bald erkennen, dass es weniger um Erlösung als um Macht und Eitelkeit der Herrschenden geht, dass im Namen Gottes Verrat und unvorstellbare Greueltaten begangen werden. Gefährliche Abenteuer warten auf ihn, Kampf, Intrigen – und so manche Versuchung …


    Zum Autor:


    Ulf Schiewe wurde 1947 geboren. Eigentlich wollte er Kunstmaler werden, doch statt der “brotlosen Kunst” widmete er sich der Technik und wurde Software-Entwickler und später Marketingmanager für Softwareprodukte.
    Seit frühester Jugend war Ulf Schiewe eine Leseratte, den spannende Geschichten in exotischer Umgebung faszinierten. Im Lauf der Jahre erwuchs aus der Lust am Lesen der Wunsch, selbst einen großen historischen Roman zu schreiben, der in den “Bastard von Tolosa” , seinen ersten Roman, mündete.
    Ulf Schiewe ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt in München.



    Aus der Offenbarung des Johannes, 17,3 und die Hure Babylon:


    "Und er brachte mich im Geist in die Wüste. Und ich sah ein Weib sitzen auf einem scharlachfarbenen Tier, das war voll Namen der Lästerung und hatte sieben Häupter und zehn Hörner.
    ...
    Und das Weib war bekleidet mit Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und edlen Steinen und Perlen und hatte einen goldenen Becher in der Hand, voll Greuel und Unsauberkeit ihrer Hurerei, und an ihrer Stirn geschrieben einen Namen, ein Geheimnis:
    Die große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Greuel auf Erden.
    ...
    Und er sprach zu mir: Die Wasser, die du gesehen hast, da die Hure sitzt, sind Völker und Scharen und Heiden und Sprachen.
    ...
    Und das Weib, das du gesehen hast, ist die große Stadt, die das Reich hat über die Könige auf Erden."


    Meinung:


    Mitte des 12. Jahrhunderts ruft Papst Eugen III. zum zweiten Kreuzzug auf. Auch der französische König Ludwig VII. mit seiner Frau Eleonore folgen dem Ruf des Papstes.


    Der junge Edelmann Arnaut ist zunächst nicht erbaut von dem Gedanken, dem König auf dem Kreuzzug zu folgen. Weiß er doch von seinem Großvater Jaufré und seinem Freund Hamid um die Schrecken, wenn auch abgeschwächt, die ein Kreuzzug mitbringt.


    Als seine Geliebte Ermengarda von Narbonne dann aber eine Fehlgeburt erleidet, verrennt sich Arnaut in den Gedanken, dass ihre Verbindung eine Sünde sei und Gott sie straft. Um wieder die Gnade Gottes zu erlangen, lässt Arnaut sich, wie viele andere, von Abt Bernhard von Clairvaux anwerben.


    Aber kann er auf dem Kreuzzug wirklich die Gnade Gottes erlangen? Wird er heil zurückkehren? Und welche Schrecken muss er überstehen?


    Mit diesem Buch legt Ulf Schiewe seinen dritten Roman vor. Auch wenn die Bücher aufeinander aufbauen, kann man es doch ohne Kenntnis der beiden vorangegangenen Bände lesen. Alle wichtigen Details werden geschickt in die Handlung integriert und man bekommt als Leser nicht das Gefühl, dass man die ersten beiden Bücher gelesen haben muss, um dieses verstehen zu können.


    Erzählt wird die Geschichte von Ermengarda und Arnaut. Während Ermengarda selbst berichtet, begleitet der Leser Arnaut als stiller Beobachter.


    Die Protagonisten Arnaut und Ermengarda sind auch in diesem Buch wieder sehr farbig. Kennt man sie schon aus dem zweiten Band, so freut an sich, alte Bekannte wieder zu treffen. Aber auch Leser, die die beiden noch nicht kennen, erhalten schnell einen bleiben Eindruck.


    Neben der eigentlichen Geschichte, versucht der Autor den politischen Hintergrund dem Leser nahezubringen und das Verhalten von König Ludwig VII. und seiner Frau Eleonore zu beleuchten. Dabei beschönigt der Autor nichts, sondern geht sogar sehr kritisch mit der Thematik Kreuzzug um. Arnaut geht ihm hierbei zur Hand, immerhin erlebt dieser den Kreuzzeug mit all seinen Facetten am eigen Leib und macht sich dann dementsprechend seine Gedanken dazu.


    Man merkt der Geschichte deutlich an, dass sich der Autor intensiv mit der Thematik beschäftigt hat. Dass es bereits der dritte Band ist, geht ebenfalls nicht spurlos am Autor vorüber. Wie der Leser aller Bücher, hat auch er seine Protagonisten gern gewonnen und man merkt dies nicht zuletzt an der detaillierten Beschreibung der Personen, ihrer Beziehungen zueinander und ihrer Umgebung.


    Wie auch schon bei den beiden ersten Bänden, fiel mir auch hier ein Abschied nehmen sehr schwer. Zwar hat der Autor mit dem offenen Ende Platz gelassen für eine Fortsetzung, doch wird diese auch kommen? Ich hoffe zumindest auf ein Wiedersehen mit Ermengarda und Arnaut.


    Arnauts Reise wird spannend, nachvollziehbar und logisch beschrieben. Für mich war manche Entscheidung Arnauts zwar nachvollziehbar, auch wenn ich anders gehandelt hätte. Anhand einer Karte vorne und hinten im Buch, lässt sich seine Reise an den wichtigsten Punkten nachverfolgen. Auch die einzelnen Schlachten wurden markiert.


    Das Buch teilt sich im fünf Bücher auf. Zu jedem Buch gibt es eine Zeitangabe sowie ein kurzer Vers. Ein Zitat aus der Offenbarung des Johannes läutet das Buch in Summe ein.


    Im umfangreichen Anhang findet man zunächst ein Nachwort des Autors zum geschichtlichen Hintergrund. Es folgt ein Glossar mit den Übersetzungen der fremdsprachlichen Begriffen, sei es lateinisch, französisch oder Okzitan.


    Im Personenverzeichnis findet man die wichtigsten historischen Personen. Dabei wird nicht nur der Name angeben, sondern auch ihre Stellung, Lebensdaten sowie eine kleine Erläuterung zur Person.
    Weitere historische Nebenfiguren werden nur benannt und mit Lebensdaten aufgeführt.
    Auch die fiktiven Personen dürfen in dieser Auflistung nicht fehlen und bilden den Abschluss des Verzeichnisses.


    Mit einer Danksagung des Autors endet dann schließlich auch der Anhang.


    Das Cover reiht sich in die der beiden anderen Hardcover-Ausgaben ein und macht optisch einen schönen Eindruck. Pergamentfarben mit einer mittelalterlichen Malerei verrät es nicht zuviel über die Geschichte selbst, sondern nur über den Zeitraum.


    Ein integriertes Lesebändchen rundet den positiven Eindruck der Ausgestaltung des Buches noch zusätzlich ab.


    Fazit:


    Eine spannende, farbenprächtige und emotionaler Einblick in die Facetten des zweiten Kreuzzuges. Hervorragend recherchiert und dem Leser problemlos nahegebracht. Meine Empfehlung für alle, die sich für die Thematik oder historische Romane allgemein interessieren.



    Weitere Bücher der Reihe:


    1. Der Bastard von Tolosa
    2. Die Comtessa
    3. Die Hure Babylon

  • Die Hure Babylon - Ulf Schiewe


    Mein Eindruck:
    Ich lese in letzter Zeit nur relativ wenig historische Romane, daher bin ich froh mit diesem Buch von 2012 mal wieder einen Volltreffer aus diesem Genre zur Hand genommen zu haben, der mich begeisterte


    Die Hure Babylon ist ein beeindruckender und wunderbar zu lesender historischer Roman, der sich dadurch auszeichnet, dass er dem Leser das Mittelalter auf glaubhafte Art beschreibt.
    Die Romanhandlung ist mit unterschiedlichen Erzählperspektiven und Wendungen geschickt und auf lebhafte Art und Weise durchkomponiert.


    Dem Kreuzzug wird jede romantische oder verklärende Seite genommen. Dafür ertrage ich als Leser auch gerne die Härten, die der Roman in rauen Mengen aufweist. Es wird geplündert, vergewaltigt, gefoltert und gemordet.
    Der Kreuzzug ist so geschildert, das ich als Leser glaubte, selbst dabei gewesen zu sein und das war überwiegend nicht angenehm. Ulf Schiewes Absicht, das Buch als Anti-Kriegsroman zu gestalten, funktionierte wirklich.


    Viele der Beteiligten befinden sich aus Gründen auf dem Kreuzzug, die praktisch Selbstbetrug ist, das gilt auch für Arnaut, den ich gerade wegen seiner vielen Schwächen und Irrtümer für eine interessante Romanfigur halte. Auch bei den Nebenfiguren gibt es überwiegend gelungene, einige wie Constansa und Severin sind mir ans Herz gewachsen.


    "Die Hure Babylon" gefällt mir im Prinzip genauso gut wie der überragende Erstling „Der Bastard von Tolosa".

  • Frankreich im 12. Jahrhundert: Die Fürstin Ermengarda und der Edelmann Arnaut lieben sich und sind ein Paar. Doch die Beziehung der beiden ist verboten, denn Ermengarda ist bereits verheiratet. Als sie schwanger ist und das Kind verliert, sieht Arnaut dieses als Aufforderung an, Buße zu tun. Er schließt sich dem Kreuzzug ins Heilige Land an.
    * Meine Meinung *
    Ich bin immer noch ganz gefangen in dieser Geschichte, die mich sehr bewegt hat!
    Ulf Schiewe schafft es wirklich, die Vergangenheit noch einmal lebendig werden zu lassen. Die Figuren haben so viel Tiefe, dass ich immer mitgefiebert, gebangt und gehofft habe. Auch wirkt die ganze Geschichte so authentisch, was sicherlich auch daran liegt, dass hier sehr gut recherchiert wurde!
    Bei den Beschreibungen der Foltermethoden und der Kampfszenen war ich mittendrin, was mir jedesmal eine Gänsehaut beschert hat.
    Aber auch bei den schönen Szenen, die es natürlich auch gab, konnte ich genau so mitfühlen.
    Somit hat mich der Roman insgesamt sehr bewegt und wird mich sicherlich noch lange beschäftigen!
    Ganz besonders gut hat mir auch am Ende noch der Anhang gefallen! Hier werden die letzten offenen Fragen geklärt und die Personen alle noch einmal aufgeführt und beschrieben.
    Ich muss hier nicht lange überlegen und gebe dem Buch fünf Sterne; es ist ausgezeichnet!