Kurzbeschreibung v. Droemer-Knaur:
Sie sprachen vom himmlischen Frieden – und riefen zum Kreuzzug auf. Sie mahnten zu Mäßigung und Keuschheit – und führten ein Leben in Verworfenheit. Rom war die biblische Hure Babylon …
Südfrankreich im 12. Jahrhundert: Der junge Edelmann Arnaut ist verzweifelt, denn wieder hat seine heimliche Geliebte, die Vizegräfin Ermengarda von Narbonne, ihr Kind verloren – ein Fingerzeig des Himmels? Arnaut will Buße tun und sich dem Kreuzzug ins Heilige Land anschließen. Mit dem fränkischen Heer zieht er gen Osten und muss doch bald erkennen, dass es weniger um Erlösung als um Macht und Eitelkeit der Herrschenden geht, dass im Namen Gottes Verrat und unvorstellbare Greueltaten begangen werden. Gefährliche Abenteuer warten auf ihn, Kampf, Intrigen – und so manche Versuchung …
Meine Meinung:
Als seine Geliebte, Ermengarda von Narbona, ihr Kind verliert, betrachtet dies der junge Edelmann Arnaut de Montalban als Strafe Gottes, für seine verbotene Liebe zu der schönen Vizegräfin. Als Abt Bernard de Clairvaux überall im Land zum Kreuzzug aufruft, beschließt Arnaut, sich diesem anzuschließen, als selbst auferlegte Buße. Er möchte Abbitte leisten, für seinen Ehebruch mit Ermengarda. Ein weiterer Beweggrund für sein Vorhaben ist sicher, dass er von seinem Großvater viel über dessen eigene Pilgerreise ins Heilige Land erfahren hat und dass sich das Grab seiner Großmutter in Outremer befindet.
Sie trennen sich im Streit, denn Ermengarda nimmt es Arnaut übel, dass er sie alleine zurücklassen will, gerade jetzt, wo sie ihn so dringend braucht. Schon bald nach dem Aufbruch der Kreuzfahrer tut es beiden leid, dass sie ohne Abschied auseinander gegangen sind.
Der Roman teilt sich in fünf große Abschnitte. Jedes dieser Bücher beginnt mit einem Kapitel, das aus der Sicht Ermengardas geschildert ist. Dann wechselt die Handlung jeweils zu den Ereignissen unterwegs. Mit Hilfe der Karte, welche die Innenseiten der beiden Buchdeckel ziert, kann man die Etappen der langen, beschwerlichen Reise mitverfolgen.
Während des Lesens sind farbenprächtige, sehr lebendige Bilder vor meinem geistigen Auge entstanden. Das gewaltige Heer der Kreuzfahrer, das starke Aufgebot an Personen und die ausdrucksvollen Schilderungen entfachen ein Kopfkino in der Größenordnung eines Monumentalfilms.
Aber ich konnte auch das Leid nachempfinden, das auf diesem Kreuzzug stetiger Begleiter war. Viele der Teilnehmer an dieser blutigen Wallfahrt hatten vorher sicher keinen blassen Schimmer davon, was sie unterwegs erwarten würde.
Es kommen in diesem Roman auch besorgte Stimmen zu Wort, die der ganzen Aktion von Anfang an skeptisch oder ablehnend gegenüberstanden. Sowohl Sinn als auch Ablauf dieses zweiten großen Kreuzzugs gen Jerusalem wird durchaus kritisch betrachtet und dabei nichts beschönigt.
Was die Menschen angetrieben hat, das Ausmaß der Strapazen und Entbehrungen dieser Pilgerreise, die Heftigkeit der Kämpfe, wenn man auf so genannte „Ungläubige“ traf, dies alles kommt gut zum Ausdruck. Uneinigkeit machte sich bei den Verantwortlichen breit, und für viele Teilnehmer führte dieser Pilgerzug ins Verderben. Manch einer hatte unterwegs den Eindruck, von Gott verlassen zu sein, und es kamen immer mehr Zweifel auf.
Der Autor verlangt seinen Protagonisten alles ab, mutet ihnen Schlimmes zu, geht aber andererseits sehr achtsam und respektvoll mit ihren Gefühlen um. Seine Charaktere gewinnen durch die gut ausgearbeiteten, profunden Beschreibungen zunehmend an Tiefe.
Es ist der dritte historische Roman des Autors. Die drei Bücher sind in gewisser Weise verbunden, sowohl durch die chronologische Reihenfolge als auch durch einige Personen, und obwohl ich die vorherigen Bände nicht kenne, ist es mir leicht gefallen, mich auf die Handlung einzulassen. Alles was man wissen muss, erfährt man durch kleine Rückblicke zur rechten Zeit. Der Schreibstil ist absolut fesselnd, und die Handlung hat mich, von der ersten Seite an, völlig gefangen genommen. Alles ist sehr gründlich und bis ins kleinste Detail korrekt recherchiert.
Dieses großartige Epos wirkt lange in Gedanken nach, sei es, weil man noch mehr über die Kreuzzüge und die Hintergründe erfahren möchte, aber auch, um Ungesagtes in der eigenen Fantasie zu ergänzen.