Klappentext:
Ende des 19. Jahrhunderts wird China von einander widerstrebenden Kräften zerrissen. Hilflos sieht eine schwache Herrscherdynastie zu, wie die Länder des Westens versuchen, die Macht in ihrem Reich auszubauen. Doch dann verbreiten sich Gerüchte, dass eine chinesische Geheimgesellschaft die Fremden für immer aus dem Land jagen wird. Helen Frances, frisch aus Schottland angereist, ahnt von all dem nichts. Sie ist neugierig auf dieses Land, in dem ihr Vater arbeitet und das sie sich aufmacht zu entdecken. Als die junge Britin dem attraktiven Henry Manners begegnet, dem Spionagetätigkeit und allerlei zwielichtige Kontakte nachgesagt werden, ist es um sie geschehen: Sie verfällt dem dunklen Charme des ehemaligen Offiziers. Als die Unruhen beginnen, die als „Boxeraufstand“ in die Geschichte eingegangen sind, haben sich die beiden in eine leidenschaftliche Affäre gestürzt, die sie das Leben kosten kann...
Autor:
Adam Williams, dessen Familie seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in China lebt, wurde in Hongkong geboren und erzogen. In den letzten zwanzig Jahren hat er in führender Position für ein bedeutendes Handelsunternehmen in Beijing gearbeitet. Adam Williams ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der Palast der himmlischen Freuden ist sein erster Roman. Mit der Figur des Missionsarztes Edward Airton setzt er einem seiner Vorfahren ein Denkmal.
Meine Meinung:
Dieser Roman hat bei mir Vakuum gezogen. Obwohl ich keinen Urlaub hatte, waren die 761 Seiten nach einer Woche gelesen, wobei sicherlich aber die neue fremde Welt, die sich da auftat, eine wesentliche Ursache war.
Adam Williams Roman „Der Palast der himmlischen Freuden“ stellt weniger die politischen und militärischen Ereignisse des Boxer-Aufstands dar, sondern beleuchtet vor allem das Aufkommen und Handeln der Geheimbünde. Handlungsort ist nicht eine real existierende Stadt sondern die fiktive Stadt Shishan, die einen Schmelztiegel für eifernde Missionsbemühungen von Christen, Armut und Aberglaube des einfachen Volkes, Korruption, Gesetzlosigkeit und gnadenlose Machtausübung bildet. Getragen wird die Erzählung von einer Gruppe westlicher Missionare und Geschäftsleute, dem mächtigen Mandarin Liu Daguang, seinen Untergebenen und ihren Beziehungen zueinander sowie der Besitzerin des titelgebenden luxuriösen Bordells, wo die Fäden der Handlung immer wieder zusammen laufen.
Adam Williams Roman ist meines Erachtens eher ein Sittengemälde als historischer Roman. Historische Ereignisse, die ich recherchiert habe, sind zwar korrekt wiedergegeben, allerdings bilden diese eher den Hintergrund für die Geschehnisse in der fiktiven Stadt Shishan. Es gelingt dem Autor aber über diesen Weg Verständnis zu wecken für die historische Entwicklung, die durch das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Kulturen und Fehlverhalten auf beiden Seiten hervorgerufen wird. Da ich kein Kenner der chinesischen Kultur bin, kann ich leider nicht beurteilen, wie gut es dem Autor gelingt, die kulturellen Eigenheiten zu treffen. Für mich eröffnete sich jedoch eine fremde Welt, die mich schnell in Ihren Bann gezogen hat.
Interessant ist, dass es in diesem Sittengemälde keinen eigentlichen Hauptdarsteller / -in gibt, auch wenn der Klappentext darauf hinweist, sondern die Ausländergruppe im Vordergrund steht, d.h. wer eine Identifikationsfigur erwartet, wird enttäuscht. Die Sprache des Romans ist flüssig und erlaubt, dass Bilder im Kopf entstehen, aber nicht von besonderer literarischer Qualität.
Historisches, Dramatik, Exotik, Erotik – alles drin. Kein literarisches Highlight, aber es hat Spaß gemacht, diesen Roman zu lesen.
Bye
Pelican
P.S.: Der Autor hat übrigens in einem Nachwort angegeben, welche Anleihen er aus seiner persönlichen Familiengeschichte gemacht hat, an welchen Stellen er Verfremdungen vorgenommen hat und welche Literatur er selbst aus seinen Recherchen empfiehlt.