Gebundene Ausgabe: 742 Seiten
Verlag: Klett-Cotta
2004
Aus dem Arabischen von Leila Chammaa
Kurzbeschreibung:
Khalil, der Erzähler, sitzt am Bett seines Ziehvaters und politischen Idols, Junus, einem »Kämpfer der ersten Stunde«. Junus liegt im Koma. Wird Khalil das System der Seele zur Reanimation des Körpers zwingen können, indem er dem Kranken dessen Lebensgeschichte erzählt? Wird er selbst zu einem schlüssigen Verständnis der palästinensischen Geschichte gelangen, obwohl Großmutters Geschichten ihn bald wie bunte Flecken umschwirren? Aus dem Geflecht unzähliger Handlungsfäden wird irgendwann ein Muster sichtbar, der Gobelin einer Liebesgeschichte. Es ist die Geschichte von Nahila und Junus, der armen Palästinenserin und ihrem Mann, die sich immer nur für wenige Tage und Nächte im Jahr sehen können. Sie harrt aus in dem alten Dorf, er, von den Israelis gesucht, kann nur selten zu ihr gelangen. Dass Khoury in seinem Epos um »An-Naqba« »die Katastrophe«, wie die Palästineser ihre Situation nennen, dem Leser nicht ohne weiteres eine klare und einmütige Sicht verschafft, ist ein Verdienst dieses Romans. Historiographisch wurde die Flucht hunderttausender Palästinenser in Folge des Krieges, mit dem die arabischen Staaten die Gründung des Staates Israel 1948 beantworteten, nur schwach beleuchtet. Khoury setzt diesem Desiderat ein Panorama aus unzähligen Erinnerungen und Lebensbruchstücken entgegen.
Über den Autor:
Elias Khoury, geboren 1948 in Beirut, Studium der Geschichte und Soziologie und Unterricht an zahlreichen Universitäten im Libanon und an der Columbia University in New York. Er ist Kulturredakteur der Beiruter Tageszeitung An-Nahar, zahlreiche Romanveröffentlichungen.
Über die Übersetzerin:
Leila Chammaa wurde 1965 in Beirut/Libanon geboren. Sie studierte Islamwissenschaft, Arabistik und Politologie an der FU Berlin und Deutsch als Fremdsprache an der HU Berlin. Seit 1990 übersetzt Leila Chammaa arabische Prosa und Lyrik ins Deutsche.
Ihre Übersetzung von Elias Khourys Das Tor zur Sonne wurde mit einem Arbeitsstipendium des Deutschen Übersetzerfonds gefördert.
Mein Eindruck:
Das Tor der Sonne ist ein umfangreiches Buch über die Geschichte der Palästinenser im 20.Jahrhundert.
Der Protagonist Khalil sitzt im Krankenhaus am Bett eines Freundes, Yunus Ibrahim, der im Koma liegt. In einem langen, wechselreichen Monolog spricht er auf ihn ein. Es ist sehr reflektierendes Selbstgespräch, in dem der Leser die Geschichte des Freundes erfährt, der aktiv im Kampf der Palästinenser aktiv war.
Es gibt einige wichtige Zeitpunkte: 1948, 1965, 1982.
Auch Yunus Frau Nahila ist eine besondere Figur, deren Geschichte sehr wichtig ist.
Auch Khalils Leben wird beleuchtet. Er gilt im Flüchtlingslager im Libanon als Arzt, dabei hat er nur eine dreimonatige medizinische Ausbildung. Auch das macht deutlich, wie schwer das Leben im Flüchtlingslager ist.
Dann wird noch viel von Khalils Freundin Schams erzählt.
Khoury erzählt viel, sehr viel. Dadurch bekommt der lange Roman etwas episches.
Seine Sprache ist klar, manchmal melancholisch, sehr reflektierend mit poetischen Momenten. Dabei steckt im Hintergrund viel kluges, der Konflikt wird nicht auf der Oberfläche ausgetragen. Daher gibt es kein Pathos.
Es gibt zwar Ansätze davon, aber ich halte Elias Khourys Stil nicht für übermäßig orientalisch, im Gegenteil spart er eher überflüssiges aus. Schon sein Protagonist im Roman bemerkt bei Übersetzungen ins Englisch, dass viele Wörter in arabischen Sätzen überflüssig seinen und gewöhnt sich einen knappen Stil an.
Ich habe auch den starken Eindruck, dass die deutsche Übersetzung des Buches sehr gelungen ist. Deswegen möchte ich das besonders betonen, denn gerade bei so einem Text ist die Leistung der Übersetzer mit entscheidend.
Ein wichtiges Buch, das den Palästinapreis gewann und heute schon fast als Klassiker gilt.
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ASIN/ISBN: 3423135646 |