'Die Insel der Orchideen' - Seiten 079 - 182

  • Ich bewundere Land und Menschen, so wie sie mir mir viel Herz beschrieben werden und bekenne, dass das absolut keine Umgebung für mich wäre; heiß und mit hoher Luftfeuchte...


    Absolut unvorstellbar für uns, die wir gewohnt sind, alles immer gleich zu wissen oder überprüfen zu können, dass ein Schiff damals Wochen brauchte für die entsprechenden Reisen und dass die Wartenden auch keine Möglichkeit hatten, Nachricht zu erhalten. Diese Ungewissheit...


    Zweiter Abschnitt,und schon ist die Handlung an Turbulenz kaum zu überbieten.
    Ich gehe mal wieder, wie im ersten Abschnitt, auf Friedrich ein. Es könnte gar nicht schlimmer kommen, aber er wird auf der Rückreise zu seiner Verlobten Johanna [SIZE=7](die sich lieber einen anderen gesucht hätte)[/SIZE] von Piraten gefangen genommen. Und diese Piraten haben nichts mit den etwas schmuddligen Smarties a'la Fluch der Karibik zu tun...Aber so schlimm alles auch ist, was er erlebt, ich möchte beim Lesen trotzdem nicht, dass er es zurück nach Hause schafft. Er könnte mir Leid tun, tut er aber nicht, weil ihn die Ereignisse von Johanna fern halten. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm... :gruebel


    Leha entwickelt sich zu einer mutigen jungen Frau, aber ein wenig hat ihr Drang nach Autonomie immer etwas von Egoismus. Das liegt wohl in der Natur der Sache. Als sie von dem "schönen Chinesen" gerettet wird, dachte ich nur: "Hach, wie schön!"


    Ich konnte das Buch gar nicht aus der Hand legen, und das will etwas heißen... :-]

  • Wenn Leah sich als Kuli verkleidet und ins chinesen Viertel geht, :schlaeger
    Eine Tracht Prügel - jawoll! :schlaeger Auch wenn sie sich dort verliebt, es ist sehr sehr unvernünftig.


    Friedrich kann nicht schwimmen. Dieser Verdacht hat sich beim Fluchtversuch bestätigt. Aber scheinbar liebt er Johanna. :gruebel Er will für sie weiterleben.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Och ... ich glaube, ich hätte mich an Leahs Stelle auch davongemacht. Aber ich habe auch noch nie mit Vernunft geglänzt, wenn's um sowas geht.


    Ich bin im Übrigen völlig platt, wie die Figuren bei euch ankommen. Clares Analysen und auch die anderen Anmerkungen entsprechen so sehr dem, wie ich die Figuren angelegt habe und wie ich gehofft habe, dass sie bei euch ankommen, dass es mir fast unheimlich ist.

    Ship me somewhere's east of Suez,
    where the best is like the worst,
    where there aren't no ten commandments
    an' a man can raise a thirst


    Kipling

  • Ich schreib jetzt mal was aus zwei unterschiedlichen Betrachtungsweisen. Nämlich was mein Kopf sagt und was mein Bauch sagt.


    Bauch: Es macht einen heiden Spass das Buch zu lesen und den Menschen und ihren Erlebnissen/Abenteuern zu folgen. Es geschieht was, da herrscht Ramba Zamba und es ist gehörig Pfeffer in der Geschichte und es geht, wie Clare schon treffend formulierte, turbulent zu und her und man mag das Buch nur für nötigsten körperlichen Bedürfnisse weglegen. Sehr sehr kurzweilig.


    Kopf: Es passierte mir auf diesen knapp hundert Seiten einfach zu vieles. Ein Ereignis jagt das Nächste und es geht in einem schweinsgalopp durch die Geschichte. Mal etwas höh halten, das Tempo drosseln und etwas mehr "drumherum" für mehr lokale Ambiance hätte mir gefallen. Auch wenn Du, Steffi meine ich, viele lokale Begriffe für allerlei Dinge verwendest bleibt doch die politische/wirtschaftliche Gesamtsituation etwas auf der Strecke.


    Zwei kleine Textstellen die ich mir notiert habe und dich anders formuliert hätte. (Ich glaub es gab noch ein zwei andere)


    Seite 148/149 Musste das mit dem Überfall sein? :gruebel Es geschah schon so vieles und die beiden hätten sich ja auch irgendwie anders treffen können. Ausserdem glaube ich das sich eher die Dienerschaft und Leibwächter in den Überfall eingemischt hätte als der jung Chee höchstselbst.


    Seite 155 etwas unterhalb der Mitte "... er war ein schöner Mann, mit ebenmässigen..." Warum dieser überflüssige Satz? OK die Zielgruppe sind primär Frauen... *schmacht* :grin Aber in dieser Szene ist es sowas von unangebracht. (Meine Meinung)

  • Lieber sapperlot,
    tja, da ist so allerlei Politisches auf der Strecke geblieben – dem Genre geschuldet. Und für das, was drin ist, habe ich gekämpft wie eine Tigerin.


    Was das Drama anbelangt: scheint reine Geschmackssache zu sein. Der Leitsatz meiner Lektorin ist "Mehr Drama!", also habe ich Gas gegeben :grin Da das Buch nicht dicker werden durfte, sind die ruhigeren Passagen auf der Strecke geblieben – oder fanden von vornherein nur in meinem Kopf statt.


    Was den Überfall anbelangt: Ich wollte zeigen, dass das chinesische Viertel insbesondere nach Einbruch der Dunkelheit wirklich ein gefährliches Pflaster war. Das war mir nämlich bis dahin etwas zu kurz gekommen.


    Tja, und den schönen Mann finde ich überhaupt nicht überflüssig. Ich wollte nicht das Bild der hässlichen Wilden heraufbeschwören, denn die Bewohner jener Weltregion sind tatsächlich oft ausgesprochen schön in ihrer Grazilität. Das der schöne Mann ein blutrünstiger und -besudelter Pirat ist, erscheint mir als reizvoller Kontrast. Der Teufel in Engelsgestalt, wenn du es so willst.



    Aber willst du nicht sowieso lieber auf deinen Bauch hören, hehe? :chen

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    Kipling

  • Was mich in diesem Abschnitt etwas stutzig macht, die plötzliche Aktivität von Friedrich. Bislang hatte ich ihn eher als Assistinen von Henry gehalten - mal überspitzt formuliert. Und jetzt kommt er krank an Seele und Körper zurück und ist gleich der flotte Kaufmann, der schon mit den Chinesen um Stauraum verhandelt und Henry schickt schon Ware? Woher weiß Henry, dass Friedrich wieder da ist? :gruebel

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    Wendy Wasserstein

  • Naja, Friedrich hat ja durchaus in England sein Handwerk gelernt. Er versteht was vom Kaufmannswesen, auch wenn Henry vielleicht der bessere Kaufmann ist ...


    Und Henry weiß durch Briefe von Friedrichs Rückkehr; Johanna dürfte ihm geschrieben haben, oder sogar Friedrich selbst. Das dampfbetriebene Postschiff brauchte laut Fahrplan nur eine Woche von Singapur nach Hongkong, zumindest außerhalb der Taifunzeit.

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    Kipling

  • Zitat

    Original von Lesebiene
    Was mich in diesem Abschnitt etwas stutzig macht, die plötzliche Aktivität von Friedrich. Bislang hatte ich ihn eher als Assistinen von Henry gehalten - mal überspitzt formuliert. Und jetzt kommt er krank an Seele und Körper zurück und ist gleich der flotte Kaufmann, der schon mit den Chinesen um Stauraum verhandelt und Henry schickt schon Ware? Woher weiß Henry, dass Friedrich wieder da ist? :gruebel


    Ich habe diese unerwartete Aktivität seiner neuen, glücklichen Situation zugeschrieben. Vielleicht wollte er sich auch nur vor Johanna beweisen oder einfach schnell alles hinter sich lassen.

  • In dem Abschnitt schlägt das Schicksal schwer zu. Der Vater ermordet und Friedrich vergiftet. Mit der Trauer um den Mann/Vater haben die Hinterbliebenen mächtig zu kämpfen.


    Leah gefällt mir einfach, leiht sich von Lim Kleidung, um alleine nochmal in das chinesische Viertel zu gehen. Naja, nicht so toll ist, daß sie überfallen wird, aber von Boon Lee gerettet wird. Sie verliebt sich prompt, aber das kann vermutlich nicht so glatt laufen :gruebel


    Das Schifff von Friedrich wurde überfallen und ich gönne ihm auch, daß er heimkehrt. Böse wie ich bin, freue ich mich, daß Johanna im Brautkleid vor ihm steht :chen aber diese (jetzt fehlt mir das passende Schimpfwort) Kuh, Ziege oder was auch immer, trennt sich von Bowie und heiratet diesen Luschi :yikes

  • Im zweiten Abschnitt wurde es sehr dramatisch. Sehr viel Schlimmes lässt Steffi geschehen und berichtet davon: Hermann-Otto Uhldorf wird auf der Schiffsreise zurück nach Singapur ermordet, um Johannas Verlobten lässt Steffi uns auch lange bangen und zwischenzeitlich ließ sie mich auch doch glauben, dass auch er den Tod gefunden hat.


    Leah nimmt uns mit in die die spannende fremde chinesische Welt. Sie ist toll und ich wünsche ihr und uns, dass Boon Leee noch weiter eine Rolle im Buch spielt. Leah ist interessiert am Fremdem, erkundet heimlichen im fremden Land, pflegt ihre Interessen und Neigungen und macht so gegensätzliche Erfahrungen zu dem Rest der Uhldorffs.


    Inzwischen hat sich auch bestätigt: Friedrich ist Nichtschwimmer. :write

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Zitat

    Original von Clare


    Ich habe diese unerwartete Aktivität seiner neuen, glücklichen Situation zugeschrieben. Vielleicht wollte er sich auch nur vor Johanna beweisen oder einfach schnell alles hinter sich lassen.


    Womit du in allen Punkten richtig liegen dürftest, Clare. Man darf ja nicht vergessen, dass Männern in jener Zeit verwundete Seelen definitiv nicht zugestanden wurden – ein Mann hatte stark zu sein. Und was liegt näher, seine seelischen Verletzungen zu übertünchen, als hektische Aktivität? Ein Verhalten, das ich von mir selbst auch gut kenne. (Freud wurde 1856 geboren – seine Erkenntnisse liegen also noch in weiter Ferne.)
    Sich Johanna zu beweisen dürfte ebenfalls eine starke Triebfeder sein. Friedrich ist kein starker Mensch, aber er versucht es immerhin. Ich habe während des Schreibens viel Mitleid mit ihm empfunden, ein Kompliment ist das allerdings nicht für ihn.

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  • Zitat

    Original von Richie
    aber diese (jetzt fehlt mir das passende Schimpfwort) Kuh, Ziege oder was auch immer, trennt sich von Bowie und heiratet diesen Luschi :yikes


    Nun, sie hat ihr Herz entscheiden lassen. Johanna ist über beide Ohren verliebt und sie wählt den Mann den sie liebt. Üblicherweise müssten die Eulendamen an dieser Stelle juchzen und jubilieren... :tanz :taenzchen


    So Luschi ist er auch wieder nicht. Wer diese lange Zeit in Gefangenschaft bei den Piraten und die Torturen überlebt hat, ist definitiv kein Luschi. Er hat viel eingesteckt, etliches das hier nicht geschrieben steht, und er beweist einen gehörigen Überlebenswillen.

  • Zitat

    Original von Richie
    ...
    Das Schifff von Friedrich wurde überfallen und ich gönne ihm auch, daß er heimkehrt. Böse wie ich bin, freue ich mich, daß Johanna im Brautkleid vor ihm steht :chen aber diese (jetzt fehlt mir das passende Schimpfwort) Kuh, Ziege oder was auch immer, trennt sich von Bowie und heiratet diesen Luschi :yikes


    Du bist gemein, das weißt du schon ,oder? :chen
    Ich hatte ja vom ersten Antreffen im Buch gleich etwas für Bowie übrig, aber Johanna hat sich anders entschieden.
    Was das dir fehlende Schimpfwort für Johanna betrifft:
    Warum gibt es eigentlich in unserer Sprache kein entsprechendes, weibliches Gegenstück zu "Dummkopf", "Dämlack" oder "Blödmann"? :schnellweg

  • Die Ermordung der Passagiere auf dem Perlfluss ist übrigens an ein historisches Ereignis angelehnt. Ich habe Hermann-Otto noch dazugedichtet und dem Schiff einen anderen Namen gegeben.


    @ Edit sagt, frei nach Alfred Tetzlaff: Dusselige Kuh.

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  • Zitat

    Original von sapperlot


    Nun, sie hat ihr Herz entscheiden lassen. Johanna ist über beide Ohren verliebt und sie wählt den Mann den sie liebt. Üblicherweise müssten die Eulendamen an dieser Stelle juchzen und jubilieren... :tanz :taenzchen


    Da siehst du mal, dass man uns mit Romantik und solchem Zuckerguss nicht ködern kann... ;-)


    Zitat

    So Luschi ist er auch wieder nicht. Wer diese lange Zeit in Gefangenschaft bei den Piraten und die Torturen überlebt hat, ist definitiv kein Luschi. Er hat viel eingesteckt, etliches das hier nicht geschrieben steht, und er beweist einen gehörigen Überlebenswillen.


    Na ja, was weißt du denn, was ich nicht weiß?
    Und wie hat er denn überlebt? Mit nicht auffallen, was sicher auch das Klügste war. Ich will jetzt seine Leiden nicht klein reden, aber der Held war er definitiv nicht. Sein Mitgefangener da schon eher, wie hieß er? Collins oder so? Sorry! Als der tot war, wollte er sich eigentlich aus dem Boot ins Wasser stürzen und seinem Leiden ein Ende machen.
    Aber du hast Recht, ein "Luschi" ist er für mich auch nicht, nur einfach nicht ehrlich, und das hasse ich.

  • Ich mag Friedrich, gerade weil er kein Held und Draufgänger ist. Dass er nicht ganz ehrlich ist und seine Geschichten ausschmückt finde ich nicht schlimm, er macht vor Verzweiflung alles um Johanna zu beeindrucken. Er wird sicher noch alles beichten.
    Bowie ist mir viel weniger sympatisch. Er will Johanna, so wie er auch eine schöne Kutsche will. Dabei ist es ihm egal, was die Kutsche oder Johanna denken. Ich glaube mit Friedrich ist Johanna besser dran.
    Henry ist wahrscheinlich der unbemerkte Verliebte aus der Kurzbeschreibung.


    Ich liebe Leahs Ausflüge ins chinesische Viertel. Dabei habe ich selbst den Eindruck da zu sein und das ganze Abenteuer zu erleben.

  • Zitat

    Original von Clare
    Da siehst du mal, dass man uns mit Romantik und solchem Zuckerguss nicht ködern kann... ;-)


    Als Leser/-in hat man den Gesamtüberblick und weiss bedeutend mehr als die einzelnen Protagonisten. Aus der Sicht von Johanna gab es keinen Grund an Friedrich zu zweifeln. So körperlich malträtiert wie er zurückgekommen ist dürfte Johannas Bewunderung für ihn eher noch noch zugenommen haben. Ich versteh ihre Entscheidung zu 100 %.


    Zitat

    Original von Clare
    ...wollte er sich eigentlich aus dem Boot ins Wasser stürzen und seinem Leiden ein Ende machen.


    Nach so einem Ereignis und in Gefangenschaft mit den Bedingungen von anno dazumals gestehe ich jeder Person ein oder mehrere schwache 5 Minuten mit Selbstmordgedanken zu.

  • Zitat

    Original von xania
    Ich mag Friedrich, gerade weil er kein Held und Draufgänger ist. Dass er nicht ganz ehrlich ist und seine Geschichten ausschmückt finde ich nicht schlimm, er macht vor Verzweiflung alles um Johanna zu beeindrucken. Er wird sicher noch alles beichten.
    Bowie ist mir viel weniger sympatisch. Er will Johanna, so wie er auch eine schöne Kutsche will. Dabei ist es ihm egal, was die Kutsche oder Johanna denken. Ich glaube mit Friedrich ist Johanna besser dran.
    Henry ist wahrscheinlich der unbemerkte Verliebte aus der Kurzbeschreibung.


    Ich liebe Leahs Ausflüge ins chinesische Viertel. Dabei habe ich selbst den Eindruck da zu sein und das ganze Abenteuer zu erleben.


    Ha! So kann man es nämlich auch sehen, aber ihr habt euch ja alle schon auf den bedauernswerten Friedrich eingeschossen! ;-)

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