Stern von Algier – Aziz Chouaki

  • Verlag: Kinzelbach, 2009
    Broschiert: 198 Seiten


    Originaltitel: L'Étoile d'Algers
    Übersetzt von Barbara Gantner


    Kurzbeschreibung:
    Während das Algerien zu Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts in Chaos versinkt, träumt der Musiker Moussa von internationalem Erfolg. Sein Ziel? Der Michael Jackson von Algier zu werden! Mit Talent und Einsatz verfolgt er seine verrückte Idee zwischen zweifelhaften Nachtclubs und betrügerischen Produzenten. Der neue Stern von Algier, das ist er, davon ist er überzeugt, er, der Erbe von Rock und dem Gesang seiner Heimat, der Kabylei. Die globale Welt der Clips, der Werbung und des Scotch treffen auf einen von Raubtieren vereinnahmten Islam. Moussa ist Gefangener dieses Widerspruchs, unter dem er leidet. Vom täglichen Elend eingeholt, von seiner Verlobten fallen gelassen, bleibt ihm als einzige Lösung, um dem langsamen Selbstmord zu entgehen: der Sprung in die Hölle …


    Über den Autor:
    Aziz Chouaki wurde 1951 in der Kabylei/Algerien geboren. Von Jugend an ist er Musiker, der arabo-andalusische Klassik mit Jazz verbinden will. Bis 1991 betrieb er einen Musik-Club in Oran. Studium der englischen Literatur in Algier. Lebt seit 1991 in Frankreich, wo er als Schriftsteller, Theaterautor und Musiker arbeitet. Er ist ein erbitterter Kritiker der Zustände in seinem Heimatland: Machtmissbrauch, Korruption, Fundamentalismus, Perspektivlosigkeit der Jugend. Der Autor besticht durch Sprachgewalt und Ideenreichtum. Man darf ihn zu den kreativsten Autoren der frankophonen Gegenwartsliteratur zählen.


    Mein Eindruck:
    Dieser Roman ist in einem sehr lebendigen Stil geschrieben. Er behandelt eine Zeit in Algerien kurz bevor die islamitischen Fundamentalisten an die Macht kamen und die anschließende Zeit, die bekanntermaßen von offener Gewalt und Intoleranz geprägt war.


    Es beginnt noch ganz locker mit dem hoffnungsvollen jungen Musiker Moussa, der fest von seiner Karriere als Sänger träumt. Seine Vorbilder sind Prince und Michael Jackson sowie die Jazzmusik von Miles Davis.
    Tatsächlich sieht es zunächst ganz gut aus für ihn, seine Karriere ist kurz vor dem großen Durchbruch. Auftritte bei Hochzeiten und in Discotheken sind erfolgreich, eine erste Veröffentlichung scheint greifbar.
    Auch Moussa großköpfige Familie wird vorgestellt. Er hat eine Freundin und gute Freunde, mit denen er ausdauernd feiert.


    Doch diese gute Zeit endet mit der Machtergreifung der FIS. Jetzt sind alle Vergnügungen, Musik, Tanz und Feiern verpönt. Moussas Schwestern droht die Verschleierung.
    Eine allumfassende Bedrohung bestimmt die Atmosphäre des Landes, denn die bärtigen gehen aggressiv vor.


    Für Moussa schwinden die Chancen, seine Freundin verlässt ihn, Aufnahmen seiner Musik scheitern, seine Freunde verlassen nach und nach das Land Richtung Paris.


    Doch Moussa will die Situation noch nicht wahrhaben, mit viel Alkohol und Drogen flüchtet er sich ins Vergessen, aber sein Niedergang ist unvermeidlich. Das wird ihn verändern.


    Wie Aziz Chouaki den Wandel des Landes beschreibt, was das mit den Menschen anrichtet und wie sich die Atmosphäre verdüstert, habe ich sonst kaum mal so gelesen. Manches erinnert mich an Yasmina Khadras düsterste Romane.


    Der Roman wird immer härter, teilweise schockierend. Keine leichte Kost, aber der Stil hat mich sehr überzeugt. Ein schlüssiges Buch, das zeigt, wie die Hoffnung in den schlimmen 90ziger Jahren in Algerien schwand.