Carl Nixon: Rocking Horse Road
Weidle Verlag 2012. 240 Seiten
ISBN-13: 978-3938803509. 19,90€
Originaltitel: Rocking Horse Road (2007)
Übersetzer: Stefan Weidle [der Verleger ist zugleich Übersetzer]
Verlagstext
Kurz vor Weihnachten 1980 wird die Leiche der 17jährigen Lucy Asher frühmorgens am Strand von The Spit gefunden . In der Mitte dieser schmalen Landzunge vor Christchurch verläuft die Rocking Horse Road. Lucys Eltern haben ein Milchgeschäft an dieser Straße, und Lucy arbeitete oft dort, angeschwärmt von einer Gruppe 15jähriger Jungen. Einer von ihnen findet die Leiche, die anderen sind bald ebenfalls zur Stelle. Lucy wurde erwürgt. Für die Jungen ist damit ihre Kindheit zu einem traumatischen Ende gekommen. Die Suche nach dem Mörder schweißt sie zusammen – über 25 Jahre später sind sie ihm noch immer auf der Spur. Im Jahr nach dem Mord, 1981, macht der Staat Neuseeland eine traumatische Erfahrung: Die Springboks, das südafrikanische Rugby-Team, touren durch das Land. Protest gegen das Apartheidsregime erhebt sich. Es kommt zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei, zum ersten Mal in der Geschichte des Landes. Die Jungen sind Rugby-Fans und erleben das Geschehen hautnah mit: »Wir hatten das Gefühl, daß da vor unseren Augen etwas sehr Wichtiges zerbrach. Wir konnten es nicht benennen, es war etwas, das uns zuvor selbstverständlich gewesen war und das, wie wir instinktiv wußten, niemals würde repariert werden können.«
Der Autor
Carl Nixon (1967 in Christchurch geboren) verknüpft diese beiden Geschehnisse und webt sie in die Biographien seiner Protagonisten ein. Der sehr spannende Roman wird durchgehend in der Wir-Form erzählt, also von der Gemeinschaft der Jungen. Er ist Nixons erster Roman . Die Short Story, aus der er hervorging, gewann 2007 den renommierten »Katherine Mansfield Short Story Contest«, und im selben Jahr erschien der Roman in Neuseeland. Derzeit wird er verfilmt.
Inhalt
Die Rocking Horse Road, so wie sie noch auf dem Luftbild am Ende des Romans die Landzunge The Spit durchschneidet, gibt es nicht mehr. Als Folge der Erdbeben 2010/2011 in Neuseeland musste die Hälfte der Häuser abgerissen werden. Farbfotos am Beginn des Buches vermitteln das Lebensgefühl des an drei Seiten vom Meer umgebenen Ortes. Die Bäume stemmen sich gegen den ständigen Wind und wachsen dabei schräg und gedrungen. Wer auf einer Nehrung lebt, baut besser eine Garage für sein Auto; denn Wind, Sand und Salz würden den Autolack bis auf die Karosserie abschmirgeln. Carl Nixon verknüpft in seinem Roman zwei reale Ereignisse miteinander, den Mordfall des Jahres 1980 und die Antiapartheids-Demonstration, die sich am Besuch eines südafrikanischen Rugby-Teams entzündete. Das Mordopfer, Lucy Asher, hatten alle auf The Spit gekannt; Lucy arbeitete nach der Schule im Milchgeschäft ihrer Eltern. Für die Gruppe von Jungen, die aus der Wir-Perspektive erzählen, markiert der Mord an Lucy ungewollt das Ende ihrer Kindheit. "Wir sind es Lucy schuldig." Anfangs ist die Suche nach Lucys Mörder ein von Erwachsenen weitgehend unbehelligtes grandioses Detektiv-Abenteuer. Tätigkeit hilft der Clique, mit der Trauer der Angehörigen umzugehen. Zwischen dem großen Unbekannten oder einer nahestehenden Person als Täter pendeln Verdächtigungen der Hobby-Detektive hin und her. Inzwischen sind die Jungs Anfang vierzig und halten noch immer ihr Archiv auf dem Laufenden, das sie damals zum Fall Lucy angelegt haben. Äußerlich sind die Männer zwar gealtert, doch der ungelöste Mordfall hält sie in ihrer Rolle als Teenager fest.
Das Handwerkliche
Der Weidle Verlag steuert mit diesem Roman auffällig gegen den Trend, mit immer dünneren und softeren Buchdeckeln gebundene Bücher im Kleid edler Softcover auf den Markt zu bringen. Die Erlebnisse von Eric und den Jungs sind von stabilen Deckeln umschlossen und außen mit kräftig gerasterten Pressefotos illustriert. Der Schutzumschlag vermittelt in Blautönen maritime Stimmung, gedruckt wurde in Newzald, den Lettern eines neuseeländischen Schriftschneiders.
Fazit
Für einen Kriminalroman mäandern die Ideen der Jungen und ihre Ermittlungen sehr spontan hin und her. Faszinierend als Tatort finde ich die Landzunge, die einen beinahe geschlossenen Raum darstellt. Die Ermittler (ob professionell oder laienhaft) müssten nur herausfinden, wer in der Tatnacht im Ort war. Als Krimi-Plus verbindet Nixons Romans die Entwicklung einer Jungen-Clique mit einem gelungenen Stimmungsbild der 80er Jahre in Neuseeland, das ich gern gelesen habe.
7 von 10 Punkten