Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall von Volker Kutscher
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Gebundene Ausgabe, 563 Seiten
Original erschienen auf deutsch im August 2012
Es ist ein historischer Krimi und für mich persönlich mehr historisch als Krimi, da der Roman neben dem Kriminalfall viel Zeitgeist vermittelt und erlebbar macht. Da aber auch die drei Vorgängerbände im Bereich "Krimi/Thriller" zu finden sind, werde ich mich anschließen.
Zum Inhalt (Ausschnitte aus amazon):
Juli 1932, die Berliner Polizei steht vor einem Rätsel: Ein Mann liegt tot im Lastenaufzug von "Haus Vaterland", dem legendären Vergnügungstempel am Potsdamer Platz, und alles deutet darauf hin, dass er dort ertrunken ist. Kommissar Gereon Rath ist wenig erfreut über den neuen Fall, denn er hat schon genug Ärger. Seine Ermittlungen gegen einen mysteriösen Auftragsmörder, der die Stadt in Atem hält, treten seit Wochen auf der Stelle, seine große Liebe Charlotte "Charly" Ritter kehrt von einem Studienjahr in Paris zurück und fängt als Kommissaranwärterin am Alex an ausgerechnet in der Mordkommission, was die Dinge nicht einfacher macht. Der Tote vom Potsdamer Platz scheint Teil einer Mordserie zu sein, deren Spur weit nach Osten führt. Während Charly als Küchenhilfe ins Haus Vaterland eingeschleust wird, ermittelt Rath in einer masurischen Kleinstadt nahe der polnischen Grenze und gerät in eine fremde Welt.
Volker Kutscher entwirft erneut eine packende und komplexe Geschichte vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse. Während Straßenschlachten zwischen Nazis und Kommunisten immer mehr Todesopfer fordern, putscht Reichskanzler von Papen die demokratische Regierung Preußens aus dem Amt und mit ihr die Spitze der Berliner Polizei.
Zum Autor (Ausschnitte aus amazon):
Volker Kutscher, Jahrgang 1962, arbeitete zunächst als Tageszeitungsredakteur und veröffentlichte mehrere Regionalkrimis, bevor er sich voll und ganz dem Romanschreiben widmete. Kutscher lebt mit seiner Familie in Köln.
Mit dem Roman "Der nasse Fisch", dem Auftakt einer Reihe um den Kölner Kriminalkommissar Gereon Rath im Berlin der dreißiger Jahre, gelang Volker Kutscher der Durchbruch als Krimiautor. Auf "Der nasse Fisch" (2007) folgten "Der stumme Tod" (2009), "Goldstein" (2010) und "Die Akte Vaterland" (2012). Weitere Rath-Romane sind in Planung.
Meine Meinung:
Seit einiger Zeit habe ich die Krimis des Kiwi-Verlages schätzen gelernt. Genau meine Leserichtung und so wurde ich auch von diesem Band der Reihe um Kommissar Gereon Rath im Berlin der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts überhaupt nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil – der atmosphärische, spannende und zugleich sehr unterhaltsame Roman hat mich überzeugt.
Die Akte Vaterland war mein erster Rath-Krimi (wird aber sicher nicht der letzte bleiben) und durch die allmähliche Einführung der Personen und Gegebenheiten kam ich auch ohne Kenntnisse der Vorgängerbände ganz gut klar. Einzig die zahlreichen Namen und Amtsbezeichnungen haben mich anfangs etwas durcheinandergebracht (ist jetzt der Kriminalassistent höher oder der Kriminalsekretär?), doch spätestens nachdem ich die Personenbeschreibungen auf der dazugehörigen und sehr empfehlenswerten Homepage gelesen hatte, konnte ich die einzelnen Herren (die auftauchenden Damen waren sehr überschaubar) gut zuordnen.
Die Kommissare decken weit mehr als ein Verbrechen auf und was mir im Verlauf des Buches auch große Freude bereitet hat, wurde auf den letzten Seiten unübersichtlich und verwirrend (wer mordet jetzt warum?) Doch vor allem im Mittelteil konnte mich der Krimi begeistern. Voller Tempo, spannend und in einer (gerade zur damaligen Zeit) sehr interessanten Lokalität ermittelt dort Gereon Rath in einer heute untergegangenen Kultur.
Die Krimihandlung stand bei diesem Buch eindeutig im Vordergrund, wobei das Privatleben des Ermittlers genau im richtigen Verhältnis eingeflochten wird. Nicht vordergründig, aber vorhanden, auch wenn es am Schluss etwas ins Hintertreffen geriet. Da bleiben etliche Fragen offen, zu deren Beantwortung ich mich bis zum nächsten Band gedulden muss.
Fazit: Gelungene Krimiunterhaltung, die zugleich das Lebensgefühl vergangener Zeit vermittelt – große Klasse! Trotz des etwas chaotischen Schlusses bleibe ich bei 9 Punkten.
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