Originaltitel: Odd one out
Klappentext:
Sylvie hat eine illustre Familie: Ihre Mutter ist Künstlerin, ihr Vater Poet, ihre Schwestern und ihr Bruder sind Designer. Nur Sylvie wurde nicht von der Muse geküsst und arbeitet als Mädchen für alles im Atelier ihrer Schwestern. Ein Tapetenwechsel muss her. Also lässt Sylvie alles stehen und liegen und besucht in Melbourne ihren Bruder, der ein ausgefallenes Kontrastprogramm für sie zusammengestellt hat. Und tatsächlich dauert es nicht lange, bis Sylvie einen außergewöhnlichen Mann kennenlernt... Quelle: Goldmann
Meine Meinung:
Das Buch hat einen ganz großen Nachteil - es ist viel zu kurz. Gerade mal 186 Seiten, dazu noch groß gedruckt enthalten eine wunderschöne Geschichte, in die man sich so richtig hineinfallen lassen konnte. Viele Sachen waren noch vertiefungswürdig, besonders das Leben einiger Protagonisten bedarf der genaueren Betrachtung. Dass die Autorin auch dicke Wälzer schreiben kann, hat sie ja bereits bewiesen, hier stellt sie alles Wesentliche kurz und knapp dar. Es gelingt ihr auch ganz gut, nur bleibt nach der Lektüre ein leichtes Gefühl der Leere zurück, dass man so einiges doch noch deutlicher hätte haben wollen. Und vor allem noch viel, viel mehr von Sylvie, Seb, Max und Großtante Mill. Selbst George, der Gärtner, hat leider nur einen Kurzauftritt, dabei ist er doch so ein interessanter Mann.
Die Figuren beweisen trotz der Kürze eine gewisse Tiefgründigkeit, Sylvie muss schmerzlich erlernen, dass es oft gar nicht so ist, wie es zu sein scheint. Dieser Prozess wird recht ausführlich behandelt, man kann sich gut in Sylvie hineinversetzen und fühlt mit ihr. Wobei man ihr auch ganz gerne den nötigen Tritt verpassen möchte, damit sie sich als den Menschen wahrnimmt, der sie auch ist. Wer kennt es nicht, wenn die eigene Leistung nicht gewürdigt wird, da sie hauptsächlich im Hintergrund spielt und nicht als kreativ anerkannt ist. Leisten die stillen Seelen im Hintergrund denn nicht auch Großartiges? Wo wären wir alle, wenn es die guten Geister nicht gäbe, die im Stillen die Fäden in der Hand halten. Ihr Bruder Seb ist einfach großartig, leider erfährt man nur Bruchstücke aus seinem Leben, aber die Art, wie er sich schon immer um Sylvie gekümmert hat, weckt wohl in jedem den Wunsch nach einem großen Bruder. Seine Schatzsuchen waren außergewöhnlich - auch da hätte man noch viel mehr in die Tiefe gehen können, denn die Rätsel hatten es in sich und vergangene Suchen wären bestimmt erwähnenswert gewesen. Ein weiterer toller Charakter war die Großtante Mill – ihre Bemerkungen und Haushalttipps sind gold wert. Sie hat die zündende Idee für Sylvies weiteren Berufsweg, sie hält immer zu ihr und bestärkt sie darin, sich endlich aus den Fängen von Mutter und Schwestern zu lösen. Das Verhältnis zu ihrem Vater ist sehr angespannt, seit er seine Familie verlassen hat. Seb ging damals mit seinem Vater, sein Verlust ist für Sylvie noch schwerer zu ertragen. Was sich damals wirklich zugetragen hat, erfährt sie in mühevoller Kleinarbeit, und muss entdecken, wieviel Schein doch in ihrer Familie aufrecht gehalten wird.
Eigentlich ist alles vorhanden - nur halt viel zu kurz. Sympathische Charaktere und eine mitfühlende Geschichte ergeben ein tolles Leseerlebnis, man taucht tief in die Geschichte ein. Zumindest lockt es den Leser, mehr von der Autorin zu lesen. Ihr Stil ist mitreißend, mitfühlend und alles andere als langatmig. In der Kürze liegt zwar die Würze - aber hier wäre fader besser gewesen. Dazu kommt noch ein stilvoll gestaltetes Cover, hier hat man sich viel Mühe gegeben. Lediglich der Preis ist etwas zu hoch für die paar Seiten.
Fazit
Die Befreiung einer Frau von ihren familiären Fesseln – manchmal geht es leichter, als man es selber wahrhaben möchte. Wird man deshalb weniger geschätzt? Ganz bestimmt nicht, so lange man einen großen Bruder wie Seb hat.
LG
Patty