Zustimmung magali:
"Pompöses, Wortgeklingel, Sprachschludereien, Sentimentalitäten, verbale Kraftmeierei, Phrasendreschen" haben in Büchern nichts verloren, sind aber ausgezeichnetete Stilmittel gerngelesener Kommentare.
Zustimmung magali:
"Pompöses, Wortgeklingel, Sprachschludereien, Sentimentalitäten, verbale Kraftmeierei, Phrasendreschen" haben in Büchern nichts verloren, sind aber ausgezeichnetete Stilmittel gerngelesener Kommentare.
Na, wenn Du so etwas 'gern' liest, sind wir im Bereich der Geschmacksfragen.
Darüber läßt sich nichts aussagen.
EOD.
Wenn ich sage, daß ich stilitisch nichts 'Pompöses' lesen möchte, bedeutet das im Rahmen einer Stildiskussion, daß das, was eine Autorin aussagen will, sich mit dem, was sie tatsächlich sagt, reibt. Eine Unangemessenheit der Mittel vorliegt. Daß ein Mißklang entsteht.
Pomp ist grundsätzlich ein legitimes Stilmittel, allein die Verwendung entscheidet, ob es sinnvoll eingesetzt wird. Das reicht dann bis in Fragen des Handwerks. Warum sechs Adjektive, wenn eins genügt hätte? Warum ein 'wie'-Vergleich?
'Die Sonne glühte wie ein funkelndes Juwel'.
'Die Sonne glühte wie ein funkelndes Juwel in Aschurtis Schwertgriff'. Fantasy. Völlig okay.
Hier wurde z.B. zweimal die Schriftstellerin Dorothy Dunnett genannt. Ich lese ihre Bücher gern, ausgesprochen gern sogar.
Aber ihren Stil halte ich für nicht besonders gut. Sie schreibt übermäßig pointiert, bewußt verrätselt und enorm elitär. Sie läßt sich durch nichts zurückhalten, ihre Bildung und ihr Wissen auszuschütten. Sie führt sich vor. Sie gibt schamlos an. Ihr Englisch ist im Grund recht einfach, sie streckt die Suppe mit Akademischem. Im Grund herkömmlich bis altmodisch.
Zugleich ist sie eine tolle Geschichtenerfinderin, von enormer Vorstellungskraft und mit einem scharfen Blick auf Menschen. Das macht den Reiz ihrer Romane aus.
Stilistisch gibt sie wenig her, was z.B. die Möglichkeiten der Sprache angeht.
magali
edit: Kaffee getrunken, Genus von 'Juwel' ausgebessert.
edit2: Kommaregel des 19. Jahrhunderts getilgt und durch Regel des 21. Jahrhunderts ersetzt.
Hey, Magali.
Jetzt noch die überflüssigen Kommas raus, und die Stilkunde ist rund.
ZitatOriginal von Tom
Mmh. Welchen besonderen oder wenigstens markanten "Schreibstil" hat die hier mehrfach genannte Joanne K. Rowling eigentlich?Ich gebe zu, noch nicht viel von ihr gelesen zu haben (um genau zu sein: einen halben "Harry Potter"-Band), aber ich kann da nichts Eigenständiges bezogen auf den Schreibstil (!) erkennen. Das gleiche gilt für einige andere Autoren, die hier genannt wurden. Fraglos tolle Erzähler usw., aber die Frage wird wie immer als eine nach den Lieblingsautoren verstanden. Dabei ging es eigentlich um den Stil. Der nicht immer leicht zu erkennen ist.
Ich hab ja auch schon meine Zweifel angemeldet, dass diese Frage wie die nach Lieblingsautoren missverstanden wird. Es ist wirklich nicht leicht zu unterscheiden. Bis ich mir ueberlegte, dass es durchaus einige Autoren gibt, denen ich bei einer Bewertung extra Punkte nur fuer die Schreibe gebe. Und dass ich durchaus Lieblingsautoren haben, die begnadetet Erzaehler sind, aber keinen Schreibstil haben, der mir in Erinnerung bleiben wuerde.
Und ja, JK Rowling gehoert m.M. zu den besonderen Autoren, die wunderbare Erzaehler sind und zudem wunderschoen schreiben. In ihrem Fall ist es ein Stil, dessen Sprache klares Verstaendnis und Fantasie in einzigartiger Weise vereinen. Und das ist ihr zumindest bei Harry Potter so gut gelungen, dass es auch Baende gab, die ich erzaehlerisch vielleicht nicht sooo gut fand, aber dennoch mit Vergnuegen las ohne wirklich Enttaeuschung zu fuehlen (Bd. 6 faellt mir da ein).
Irgendwie finde ich es nach wie vor stilvoller, den Plural "Kommata" zu verwenden
ZitatIrgendwie finde ich es nach wie vor stilvoller, den Plural "Kommata" zu verwenden
Mit Verlaub, beide Pluralformen sind zulässig und richtig. Ich verwende "Kommas", wenn es um die (konkrete) Anzahl bzw. Menge geht ("Der Text enthält zwei Kommas"), und "Kommata", wenn es um eine diffuse Bezeichnung geht, etwa "Deine Verwendung der Kommata ist originell."
ZitatOriginal von Tom
Mit Verlaub, beide Pluralformen sind zulässig und richtig. Ich verwende "Kommas", wenn es um die (konkrete) Anzahl bzw. Menge geht ("Der Text enthält zwei Kommas"), und "Kommata", wenn es um eine diffuse Bezeichnung geht, etwa "Deine Verwendung der Kommata ist originell."
Das ist mir durchaus bewusst
Deshalb schrieb ich auch nicht "richtig" sondern "stilvoll"
Hallo Stoff,
manchmal, aber nur manchmal, schätze ich besonders einen Stil, der betont lyrisch ist.
Das trifft man natürlich oft bei Lyrikern an, wenn sie Prosa schreiben.
Zuletzt habe ich das bei Anne Webers Tal der Herrlichkeiten gelesen.
Der Stil sollte möglich assoziativ wirken.
Ist der Stil sehr symbolhaft, kommt es immer darauf an. Mal mag ich es (Murakami), mal nicht.
Davon abgesehen, sollte ein Stil möglichst ungekünstelt sein, dafür umso exakter.
Absolutes No-Go ist bei mir Betroffenheitsprosa, egal wie ehrenwert die Absicht auch ist.
Was ich außerdem noch sehr schätze ist ein autobiographisch-Fiktionärer Stil, wie ihn Paul Nizon zum Extrem getrieben hat!
Außerdem:
Wenn jemand dialogbetont schreibt, sollte man das auch gut können.
Bei Fontane sind die Plaudereien meisterhaft. Manche Krimi/Thrillerautoren halte ich aber gerade bei diesem Detail für unglaublich schlecht.
Einen klagenden Ton kann ich etwas abgewinnen, allerdings muss man sagen, dass das nicht jeder so gut kann wie Thomas Benhard. Ein wenig (Selbst)Ironie sollte dabei sein.
Bei Klassikern sind diese Regeln teilweise außer Kraft gesetzt.
Thomas Manns Stil wirkt auf den ersten Blick altmodisch, ist jedoch so genau und informativ wie fesselnd. Das ist unerreicht.
ZitatOriginal von magali
Hier wurde z.B. zweimal die Schriftstellerin Dorothy Dunnett genannt. Ich lese ihre Bücher gern, ausgesprochen gern sogar.
...
Stilistisch gibt sie wenig her, was z.B. die Möglichkeiten der Sprache angeht.
Das sehe ich naturgemäß anders, denn laienhaft mache ich das eben daran fest, wie die Formulierungen auf mich wirken und ihre wirken extrem stark.
Aber ich mag ja auch Hesse.
ZitatOriginal von Grisel
Aber ich mag ja auch Hesse.
Ich denke, Hesse´s Stil wirkt besonders eindringlich. Deswegen mag ich ihn !
ZitatOriginal von Herr Palomar
Ich denke, Hesse´s Stil wirkt besonders eindringlich. Deswegen mag ich ihn !
Das war ein kleiner Insiderscherz bezogen auf Magalis "Abrechnung" im Hesse-Thread.
Ja, das war für Hesse-Leser ziemlich demütigend!
ZitatOriginal von magali
Hier wurde z.B. zweimal die Schriftstellerin Dorothy Dunnett genannt. Ich lese ihre Bücher gern, ausgesprochen gern sogar.
[...]
Stilistisch gibt sie wenig her, was z.B. die Möglichkeiten der Sprache angeht.
Ein weiterer Beweis dafür, dass jede Dunnett-Leserin ein anderes Buch bekommt. Das erklärt ja auch, warum manche Szenen nicht in jedem Buch vorkommen.
Das erklärt allerding nicht, warum manche Szenen beim zweiten Durchgang desselben Buches verschwunden sind.
Wo wir´s gerade von den polarisierenden Statements haben, die zwangsläufig den jeweils konkurrierenden Denker auf den Plan rufen:
Schopenhauer und Nietzsche find ich beide vom Schreibstil her unerreicht wuchtig...
Vom Inhalt her verehre ich den einen und verachte den anderen.
(Der letzte Satz ist bewusst provozierend geschrieben und entspricht weder im Lob noch im Tadel meiner tatsächlichen Meinung. Aber Karikaturisten müssen halt übertreiben, wir können nicht aus unserer Haut).
ZitatOriginal von Herr Palomar
Ja, das war für Hesse-Leser ziemlich demütigend!
Wieso? Ich schätze Magali und ihre Ansichten außerordentlich, aber die Stimme des Literaturgottes ist sie trotzdem nicht.
a) Göttin.
Und nein, bin ich NICHT.
b) es geht NICHT um Geschmacksfragen. Es geht um Stil. Darüber kann man lange und gründlich streiten. Trotzdem ist es keine moralische noch eine persönliche Frage.
Stil ist von Zeit, Kontext und davon abhängig, was es AutorInnen bedeutet, sich sprachlich wiederzugeben.
Nichts anderes tun sie.
Stil hat viel mit einer idealen Vorstellungen vom Gebrauch von Sprache zu tun. Aber auch mit dem Denken, das hinter dem Geschriebenen steht. Da wird es heikel. Da muß man scharf unterscheiden.
Nun gibt es eben AutorInnen, die der Überzeugung anhängen, daß sie Großes tun, leider schreiben sie im Ergebnis Kleines. Hier kommt auch die Frage von 'Talent' ins Spiel.
Das hat wiederum nicht direkt etwas mit der LeserInnenschaft zu tun. Lesen ist eine stark emotionale Angelegenheit. Niemand ist dumm, wenn sie einen Text mag, der sprachlich nicht gelungen ist. Ebensowenig wie jemand besonders gescheit ist, weil sie stilistich ausgefeilte Texte mag.
Mögen ist doch kein Kriterium.
Jemand mag Schokolade, eine andere Gummibärchen.
So what?
Einen Text möglichst umfassend einzuschätzen, sollte keine rein emotionale Angelegenheit sein.
Es geht darum, festzustellen, was die Autorin sagen will, welche Mittel sie wählt, was in ihrer Zeit möglich war und inwieweit ihre Fähigkeit im Umgang mit dem gewählten Werkstoff sie getragen hat.
Und dabei kommen eben manche AutorInnen von A nach B, andere von A bis M und andere umrunden die ganze Welt. Noch andere kommen nicht mal von A nach A.
Ob jemand das gerne liest, es ihr gefällt, hat nichts damit zu tun. NICHTS
Ich lese gern Dunnett. Ihre sprachliche Verarbeitung läßt zu wünschen übrig. Deswegen ist sie keine Virginia Woolf, sondern eben Autorin von Unterhaltungsromanen geworden.
Ich lese auch gern Georgette Heyer und ihr Stil ist einfach nur grauenhaft.
Hesses Talent hat ihn nicht weit getragen. Ja, und? Trotzdem kann er LeserInnen ansprechen.
Persönliche Gefühle und Kritik sind doch zwei paar Stiefel.
Echt, manchmal habe ich den Eindruck, daß Ihr viel zuviel Feuilletons lest. Tu ich nie.
Ach so, fast vergessen:
Kommas? Kommata?
Pfft.
Beistrich
magali
Stil, was ist das? Kann man ihn abseits vom persönlichen Geschmack bewerten, bzw. bis zu welchem Maß gelingt das?
Müsste man nicht mindestens Literaturwissenschaften studiert haben, um bei so einem gewaltigen Thema mitreden zu können? Oder sich wenigstens von Berufs wegen (sprich als Journalist oder Autor) mit dem Schreiben beschäftigen, um eine Ahnung zu haben?
Ich glaube, die wenigsten Autoren haben einen so ausgeprägten Stil, dass man sie durche eine Blindprobe erkennen würde. Aber wenn man das kann, finde ich es spannend. Wie bei Birgit Vanderbeke etwa. Ihr Stil ist außergewöhnlich, weil er "anders" ist. Unverwechselbar.
Stil ist für mich kein Äquivalent zu gutem Deutsch. Sie gehen nicht zwangsläufig Hand in Hand.
Gerne lese ich schnörkellose, klare, kraftvolle Sprache. Aber die macht sich nicht unbedingt an einem bestimmten Autor fest.
Adjektivlastige Schreibweisen empfinde ich für mich persönlich als "schlechten Stil". Das lese ich auch nicht gerne.
Redundanzen sind "schlechter Stil".
Hui die Meinungsfreude treibt ja wieder Blüten
Ich nenn mal ein paar ganz willkürlich ...
Friedrich Schiller
Heinrich Heine
Theodor Fontane
Franz Kafka
Thomas Mann
Umberto Eco
Michelle Houellebecq
Patrick Süskind
Daniel Kehlmann
Zoran Drvenkar