'Die göttliche Komödie' - Fegefeuer - 17. - 33. Gesang

  • 20. Gesang
    Irgendwie macht es mir zur Zeit keinen Spaß. Es ist doch überwiegend eine Aneinanderreihung von mir zum größten Teil unbekannten Personen, die als Beispiele oder Gegenbeispiele für die jeweilige Sünde genannt werden. Dazu werden die Sünden oft nur angedeutet, indem Parallelen zu Bibelstellen oder zur antiken Mytholgie hergestellt werden. Ich habe jetzt auch keine große Lust mehr, die Erläuterungen zu lesen. Irgendwie langweilt es mich zur Zeit.

  • Zitat

    Original von made
    22. Gesang
    Schon seltsam, dass man zum Büßen der Schwelgerei sich dort aufhalten muss, wo andere ihren Geiz beweinen.


    Das hat System. Sünden, die auf dieselbe Ursache zurückgehen (hier: Maßlosigkeit im Umgang mit Geld), werden immer gemeinsam gebüßt. Das war ja auch unten in der Hölle schon so: die Trägen und die Jähzornigen gemeinsam im Sumpf, die Verschwender und die Geizigen in einem gemeinsamen Höllenkreis, wo sie Lasten schleppen und dabei ständig aufeinander prallen.


    Was mir am gesamten Fegefeuer am besten gefallen hat, war das Aufeinandertreffen der beiden Dichter: Statius (bei Dante ein heimlicher Christ und deshalb im Fegfeuer) trifft, ohne daß ihm das klar ist, auf sein großes Idol und Vorbild Vergil. Von Vergil fliegt ein äußerst sprechender Blick ("Schnauze!") zu Dante, und der kann sich das Grinsen nicht verkneifen. So daß Statius erst recht aufmerksam wird und ein peinlich berührter Vergil sich nun doch huldigen lassen muß.


    Leider verläßt Vergil uns kurz darauf, denn jetzt zieht mit Pauken und Trompeten die lang Ersehnte und Erwartete ein: Beatrice. Bei ihrem Einmarsch in den Garten Eden mußte ich an die Szenen denken, wenn in den Asterix-Comics Kleopatra auftrat ("Laßt euch nicht stören, ich bin ganz inkognito hier".) Vor der Verschleierten tanzen, marschieren und psalmodieren die sieben Tugenden (vier weltliche, drei geistliche), die vierundzwanzig Bücher des Alten Testaments, die vier Evangelisten in Tiergestalt, und der Greif, der ihren Wagen zieht, ist das Sinnbild für Christus selbst. - Feuerwerk und Konfetti-Parade waren noch nicht so weit vebreitet, sonst hätten wir das bestimmt auch gekriegt.


    Dante im Garten Eden guckt erst mal genauso verdattert wie ich beim Lesen, schaut hilfesuchend zu Vergil und stellt fest, daß der weg ist. Ohne ein Wort des Abschieds. Das Letzte, was wir von ihm gesehen haben, war das wehmütige Lächeln, als Matelda erklärt, in ihren Beschreibungen von Elysium und Olymp hätten die antiken Dichter eine Ahnung von der Existenz des göttlichen Paradieses erhalten.


    Dante heult. Ich heule mit. Ich mochte Vergil. Und die Tussi da oben auf dem Wagen ist kein adäquater Ersatz!


    Als Erstes wird Dante erst mal zusammengestaucht, weil er Vergil vermißt, anschließend muß er seine Sünden bekennen, insbesondere seine Untreue ihr gegenüber. Meine Begeisterung für Fräulein Beatrice ist abgekühlt auf ein Temperaturniveau, bei dem Luzifer ganz schön mit den Flügeln flattern muß.


    Okay, mal wieder ernsthaft. Sooo doof bin ich gar nicht. Mir ist schon klar, daß "Beatrice" hier (u.a.) symbolisch steht für die Liebe zu Gott, daß hier also, in wohl typisch mittelalterlicher Art und Weise, das Motiv des Minnedienstes übertragen wird auf die Verehrung Gottes. Mit dieser Übertragung habe ich allerdings gewaltige Schwierigkeiten. Wahrscheinlich habe ich dafür einfach das falsche Geschlecht.


    Tut mir auch leid, daß ich so lange schweigsam war und dich deinem einsamen Selbstgespräch überlassen habe, made. Aber unter der Woche komme ich oft nicht dazu, längere Texte zu posten. Nächste Woche fange ich mit dem Paradies an.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • "Besser" oder "schlechter" ... das sind eigentlich Wertungen, die ich mir nicht anmaßen will. Ich vermute, es gab auch damals Leute, die ein (subjektiv) glückliches, und andere, die ein unglückliches Leben geführt haben. Und damals wie heute dürfte die Chance auf ein Glücklichsein (oder "Seligsein"), also auf den irdischen "Garten Eden", nur bis zu einem gewissen Grad abhängig gewesen sein von den äußeren Umständen.


    Daß die äußeren Umstände zur Zeit Dantes in Oberitalien aus unserer Sicht wenig zum Glücklichsein beitrugen, das unterschreibe ich allerdings.


    Was ich oben vergessen habe: warum Vergil verschwindet. Auch das erklärt mein Kommentar: Vergil symbolisiert für Dante die menschliche Vernunft (wie sie sich in den Vorbildern der Antike darstellt), die eigentlich ganz allein zu einem tugendhaften Leben führen müßte. Von ihr geführt, durch ihr Beispiel geleitet, gelangt Dante bis zum "irdischen Paradies", dem Garten Eden.
    Das göttliche Paradies, die ewige Seligkeit, der "Himmel" ist der menschlichen Vernuft allein verschlossen. Dazu baucht es die Offenbarung, die Gottesliebe und den Glauben. Und das symbolisiert eben Beatrice für Dante.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Das ganze Buch steckt voller Symbole. Das macht es so schwierig.
    Leider habe ich die anstrengende Eigenschaft, auch die Kommentare anzuzweifeln und zu fragen, woher die ihre Erkenntnisse haben. Auf die Art komme ich natürlich nicht weiter. Aber das, was du, Josefa, zur Rolle Vergils als Vernunft und Beatrices als Offenbarung gesagt hast, klingt absolut plausibel.

  • Zitat

    Original von made
    Leider habe ich die anstrengende Eigenschaft, auch die Kommentare anzuzweifeln und zu fragen, woher die ihre Erkenntnisse haben.


    Sehr lobenswerte Eigenschaft ;-). Die Philosophie, die hinter Dantes Werk steckt, ist wohl die des Thomas von Aquin, also letztlich die Scholastik. (Sagt zumindest Falkenhausen ^_^). Die Scholastik unternahm den Versuch, mit den philosophisch-logischen Methoden der Antike, das christliche Glaubensdogma zu begründen.
    Ich erinnere mich dunkel, davon mal im Religionsunterricht gehört zu haben, aber das ist über zwanzig Jahre her ...

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.