'Die göttliche Komödie' - Paradies - 01. - 14. Gesang

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    Original von Clare


    made, was ich mit meinem übertragenen Zitat eigentlich verdeutlichen wollte ist, dass die Lesbarkeit, obwohl man Parallelen wohl erkennen kann, doch enorm unterschiedlich ist. Ich bin ganz ehrlich, das ganze Werk in meiner Ausgabe könnte ich nicht lesen.


    Aber gelegentlich macht es auch mal richtig Spaß über verschiedene Lesarten zu diskutieren, gerade wenn es um so eine interessante Stelle wie die Erschaffung der Erde geht. Aber das ganze Werk so zu zerpflücken wäre mir auch viel zu anstrengend. Jetzt versuche ich auch wieder etwas lockerer weiter zu lesen, sonst nimmt das hier ja nie ein Ende.

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Hallo made,


    danke für den Link. Ich habe da mal reingelesen; trotz der sehr altertümlichen Sprache komme ich damit deutlichst besser zurecht. Gedruckt gibt es davon, soweit ich gefunden habe, nur die Hölle, antiquarisch habe ich jetzt auf die Schnelle nix gefunden. Vielleicht schaffe ich es die nächsten Tage, da am Bildschirm mal reinzulesen.
    :wave


    Ich frage mich mittlerweile, ob es möglicherweise sinnvoller gewesen wäre, nur ausgewählte Ausschnitte zu lesen, die dann dafür aber gründlicher.

  • Zitat

    Original von made


    Aber gelegentlich macht es auch mal richtig Spaß über verschiedene Lesarten zu diskutieren, gerade wenn es um so eine interessante Stelle wie die Erschaffung der Erde geht. Aber das ganze Werk so zu zerpflücken wäre mir auch viel zu anstrengend. Jetzt versuche ich auch wieder etwas lockerer weiter zu lesen, sonst nimmt das hier ja nie ein Ende.


    Dann picke mal wieder so eine Stelle raus! Bis dahin!

  • Ich habe gerade wieder einen Durchhänger und frage mich, welche Gewinn ich bisher aus diesem Buch gezogen habe. Denn deshalb lese ich ja ein Buch, entweder zur Entspannung oder Unterhaltung oder um etwas zu lernen.
    Sprachlich ist es für mich wegen der häufigen Verwendung von Bildern und Vergleichen nicht immer einfach zu lesen, wenn ich es auch phasenweise genossen habe.
    Inhaltlich habe ich oft Verständnisprobleme, weil ich Bezüge auf die Geschichte und auf die antike Mythologie nicht kenne.
    Über die Eingruppierung der Sünder und Seeligen in die verschiedenen Ebenen kann man natürlich diskutieren. Aber genau das zeigt doch wieder einmal, dass es so gut wie keine allgemeingültigen Wahrheiten gibt. Die Beurteilung von Verfehlungen hängt doch maßgeblich von den gerade herrschenden Umständen ab. Es kann nicht ein Gesetz für alle Umstände und Zeiten gelten. Man muss einfach der Situation entsprechend handeln.

  • Mein Fehler war, dass ich mich nicht gleich zu Anfang fest entschlossen habe, das Buch richtig zu lesen,und dazu mir auch einen ordentlichen Kommentar zu besorgen. Ich dachte, ich fang halt mal an, dann seh ich schon, ob ich durchhalte. Einen Kommentar kann ich mir dann immer noch besorgen.Aber zunächst einmal habe ich mir im Internet zusätzliche Informationen geholt. Aber das hat bei weitem nicht gereicht.
    Beim nächsten Mal mach ich das besser.

  • Zitat

    Original von made
    13. Gesang
    Ich habe jetzt nicht verstanden, warum Dante ausgerechnet Adam so viel Weisheit zuschreibt.


    Ich sage es mal so, wie ich es verstanden habe.
    Adam steht genau wie Jesus Christus in der direkten Abfolge von GOTT, der Eine direkt geschaffen, der Andere eingeborener Sohn. Daher erhielten beide den Geist direkt von GOTT. Alle anderen großen Geister wie Salomon oder Aristoteles haben ihren Verstand, aber er ist Produkt einer Entwicklung über Zeiten, wie vorher schon mal bei der Schaffung der Materie ausgeführt: Gott gab den Anstoß, der Rest ist Entwicklung.


    Konnte man das jetzt verstehen? :wave

  • Ja, Clare, das konnte ich nachvollziehen. Danke!


    Dass man aus der Aussage, dass Adam direkt von Gott geschaffen wurde, daraus schließen kann, dass er deshalb auch mit größter Weisheit ausgestattet wurde, war mir entgangen.


    Ich habe nur in meinen Gedächtnis nichts über Adam gefunden, wodurch er sich mit großer Weisheit ausgezeichnet hätte. Schließlich hat er sich von Eva ganz schön reinlegen lassen.

  • Dante hat hier wohl im Paradies Schwierigkeiten, mit Worten die Steigerung der Schönheit der immer höheren Regionen auszudrücken. Immer wieder sagt er, dass er es nicht in Worte fassen kann. Aber das ist ja wohl normal. Wenn man Übernatürliches ausdrücken will, reichen halt menschliche Worte nicht aus.
    Allerdings in der Hölle hatte er keine Sorge (soweit ich mich erinnere), nicht die richtigen Worte oder Vergleiche zu finden.

  • Zitat

    Original von made
    14. Gesang
    Hab ich das jetzt richtig verstanden, dass die Seelen ihren Körper wieder bekommen?


    Das kann ich so dem Text nicht entnehmen, was bei meiner Uraltübersetzung auch kein Wunder ist. Mir scheint aber eher, dass sich Dante da auch nicht sicher ist, weil er nicht sicher ist, ob die Leiber nach der Auferstehung im gleichen Licht leuchten werden wie die Scheinleiber der Seelen.

  • Zitat

    Original von made
    14. Gesang
    Hab ich das jetzt richtig verstanden, dass die Seelen ihren Körper wieder bekommen?


    Ja. Ich hätte beinahe gesagt: natürlich :-). Die "Auferstehung des Fleisches" ist bis heute zentraler Glaubenssatz der katholischen Kirche. Allerdings geht Dante (wie wohl schon die Kirchenväter vor ihm) von einem rundumerneuerten und optimierten Body aus ^_^. Ich hoffe mal, das betrifft dann auch die typisch weiblichen Problemzonen ...


    Tja. Also, ich bin jetzt auch so weit, daß ich diesen Teil durch habe. Ich find's nach wie vor durchaus interessant, an etlichen Stellen wurde ich ärgerlich und an anderen schüttelte ich nur noch den Kopf. In Summe wurde der Text aber seit der Hölle immer schwieriger zu lesen. Jetzt im Paradies gibt Dante ja sogar die Warnung aus, daß, was er schreibt, eh' nur noch ein Bruchteil seiner Leser verstehen wird. Danke vielmals, die Vorhersage hat sich erfüllt.


    Die Spache gewinnt noch einmal deutlich an Pathos. Daß beim Aufstieg ins christliche Paradies der heidnische Sängergott Apollon um Unterstützung angerufen wird, fand ich schon etwas pikant :lache. Und ich war ziemlich erleichtert, daß Dante zunächst auch nicht begreift, daß er im Begriff ist, zu fliegen - ich hab's jedenfalls beim ersten Lesen überhaupt nicht verstanden.


    Faszinierend, wie vollkommen man die Lehren der Antike in das eigene, christliche Weltbild einbaut - und zwar Astrologie und Philosophie gleichermaßen. Die ganzen Abhandlungen über Detailprobleme der "thomistischen" Welt- und Heilslehre (so nennt das mein Kommentar) sind für mich nur sehr schwer nachzuvollziehen. Immerhin finde ich es schon interessant, daß etliche Grundfragen, die sich uns heute stellen, auch für Dante schon problematisch waren.


    Wirklich genervt war und bin ich allerdings von der permanenten, strahlenden Liebe und Freundlichkeit der verklärten Seelen. Ich fühle mich momentan ein bißchen wie der "Münchner im Himmel" beim Anblick des "Hosianna" lispelnden Engels ... ;-)

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Zitat

    Original von Josefa


    Wirklich genervt war und bin ich allerdings von der permanenten, strahlenden Liebe und Freundlichkeit der verklärten Seelen. Ich fühle mich momentan ein bißchen wie der "Münchner im Himmel" beim Anblick des "Hosianna" lispelnden Engels ... ;-)


    Im Vergleich zur Hölle finde ich das Paradies auch etwas eintönig. Während in der Hölle die verschiedensten Formen von Qualen beschrieben werden, bleibt für das Paradies nur ein Licht oder Glanz, das immer stärker, klarer, wie auch immer, wird, und für das Dante sehr schnell die Worte fehlen. Woran liegt das? Hat die menschliche Fantasie viel mehr Facetten, was das Böse betrifft? Das glaube ich nicht, schließlich gibt es viele Situationen, die die Menschen als "himmlisch" bezeichnen. Die aber wollte Dante für seine Komödie nicht verwenden.

  • Ich dachte zum Beispiel an die Szene mit den Nonnen, die man gezwungen hatte, entgegen ihrem Gelübde zu heiraten. Da scheint sich ja auch für Dante zunächst mal die Frage zu stellen, wie "sündhaft" ist das denn gewesen, also: wieviel persönliche Schuld muß man den Frauen beimessen, und inwieweit ist ihr Verhalten durch die Umstände entschuldbar? Dieselbe Frage muß sich in jedem Gerichtsprozeß der vorsitzende Richter stellen. Beatrice beantwortet die Frage sehr radikal, mit dem Verweis auf den freien Willen des Menschen.


    Das wäre auch gleich noch so ein Thema, das immer wieder angeschnitten wird und anscheinend die Leute damals beschäftigt hat: freier Wille gegenüber Determinismus (zum Beispiel durch den Einfluß der Sterne, aber auch durch die Vererbung). Ich kenne mich da viel zu wenig aus, aber meines Wissens ist doch genau diese Frage (gibt es so etwas wie einen "freien Willen", oder ist das eine Illusion? Könnte man die Zukunft, entsprechend genaue Daten vorausgesetzt, exakt voraussagen?) bis heute unter diversen philosophischen Schulen, unter Biologen und Naturwissenschaftlern umstritten.


    Und was implizit behandelt wurde, eigentlich nur ganz "leise": die Frage nach der göttlichen Vergebung. Gleich in zwei Himmeln finden sich Personen, die nach "irdischer Einschätzung" wohl in die Hölle gehört hätten: In der Venus Cunizza da Romano, eine berühmte Lebedame ihrer Zeit, und in der Sonne Siger von Brabant, dessen Lehre von der Kirche als ketzerisch verurteilt worden war.


    Womit ich furchtbare Probleme habe, jedesmal wieder, wenn's aufs Tapet kommt, ist Dantes politisches Programm. Wenn nur endlich der richtige "Macher" auf den Kaiserthron käme, der alles wieder gerade rückt.
    Ja, ja.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Zitat

    Original von Josefa
    Ich dachte zum Beispiel an die Szene mit den Nonnen, die man gezwungen hatte, entgegen ihrem Gelübde zu heiraten. Da scheint sich ja auch für Dante zunächst mal die Frage zu stellen, wie "sündhaft" ist das denn gewesen, also: wieviel persönliche Schuld muß man den Frauen beimessen, und inwieweit ist ihr Verhalten durch die Umstände entschuldbar? Dieselbe Frage muß sich in jedem Gerichtsprozeß der vorsitzende Richter stellen. Beatrice beantwortet die Frage sehr radikal, mit dem Verweis auf den freien Willen des Menschen.


    Bei den Nonnen habe ich mich auch gefragt, wie weit man in der Verwirklichung seines Glaubens gehen muss, ob man sogar sein Leben aufs Spiel setzen muss (indem man sich gegen andere Mächtige stellt), um sich nicht zu "versündigen".
    Es ist mir auch spontan die Situation einer Vergewaltigung eingefallen, wo danach dem Opfer vorgeworfen wird, sich nicht genügend gewehrt zu haben.

  • Genau auf das Beispiel hatte ich eigentlich auch im Text gewartet. Würde mich wirklich interessieren, wie schwer oder leicht die damalige Zeit eine Vergewaltigung einschätzte und wie die Rolle des Opfers.
    Bei den Nonnen lag der Fall aber wohl anders. Da scheint es sich um Angehörige vornehmer Familien gehandelt zu haben, die ihrer Verheiratung unter dem Druck der Verwandtschaft zustimmten, aber womöglich - hätten sie den unweigerlichen Skandal und womöglich harte Bestrafung riskiert - sich dagegen hätten zur Wehr setzen können. Und eben daß sie das nicht getan haben, wird ihnen ziemlich unbarmherzig zum Vorwurf gemacht.
    (Detail am Rande: laut Kommentar gab es von der Nonne Piccarda eine Legende, nach der sie so inständig um Bewahrung ihrer Jungfräulichkeit gebetet habe, daß sie kurz nach ihrer Heirat bereits erkrankt und - noch immer jungfräulich - verstorben sei. Diese Entführung scheint damals etlichen Aufruhr verursacht zu haben.)

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Zitat

    Original von Josefa
    Genau auf das Beispiel hatte ich eigentlich auch im Text gewartet. Würde mich wirklich interessieren, wie schwer oder leicht die damalige Zeit eine Vergewaltigung einschätzte und wie die Rolle des Opfers.


    Das Thema sexuelle Gewalt habe ich auch vermisst, war aber wohl kaum zu erwarten, dass Dante das anspricht.

  • Zitat

    Original von Josefa


    freier Wille gegenüber Determinismus (zum Beispiel durch den Einfluß der Sterne, aber auch durch die Vererbung)... gibt es so etwas wie einen "freien Willen", oder ist das eine Illusion?


    Je weiter die Wissenschaft fortschreitet, desto weiter wird der Einflußbereich Gottes "zurückgedrängt". Der freie Wille wird immer mehr als biochemischer Prozess entlarvt. Doch letztendlich wird für den Menschen, denke ich, immer ein unerklärbaren Bereich bleiben, wo er Gott "ansiedeln" kann. Wobei das "wo" natürlich nicht wörtlich zu nehmen ist, denn für Gott, das wusste schon Dante, gibt es kein wann und wo.