Die Tore des Himmels - Sabine Weigand

  • Ich lese nicht sehr oft historische Romane, aber dieser hier hat mich besonders angesprochen, weil er von Elisabeth von Thüringen handelt. Meiner Namenspatronin.
    In meiner Gegend wird der Namenstag noch gefeiert und man bekommt auch Geschenke. Deshalb ist der 19.11 immer ein toller Tag.
    Aber nach diesem Buch bin ich mir nicht so sicher, ob ich das Feiern so beibehalten werde.
    Elisabeth war mir als Kind noch recht sympathisch, sobald sie dann aber erwachsen wird, könnte ich sie ohrfeigen!
    Wenn das Buch die wirkliche Elisabeth realistisch schildert und davon gehe ich mal aus, dann war die Frau psychisch krank. Die sich einzig und allein in ihren Wunsch heilig zu sein verrannt hat und zusammen mit diesem Konrad von Marburg war sie unerträglich.


    Gisa war meine Lieblingsfigur. Eine mutige Frau mit Prinzipien, aber auch nicht auf eine unrealistische Art Emanzen mäßig.
    Sie und Primus haben mein Herz im Sturm erobert.
    Die kleinen Liebesgeschichten wurden stimmig in die Geschichte eingewebt, haben aber nicht das ganze Geschehen bestimmt, was mir sehr gut gefallen hat.


    Das Buch hat mich sehr zum Nachdenken gebracht. Von Elisabeths Leben war mir bisher nur die Rosengeschichte bekannt und die ist an sich ja sehr schön. Ich habe die Motive Elisabeths und die heutige Darstellung der Kirche während des Lesens stark hinterfragt. Wie viele von den „Heiligen“ haben aus Scheinheiligen Motiven heraus agiert? Haben die in der Schule im Religionsunterricht gelehrten Geschichten überhaupt etwas mit der tatsächlichen Realität zu tun? Fragen über die jeder selbst sich Gedanken machen muss.


    Die Tore des Himmels werden mir auf jeden Fall in Erinnerung bleiben und an jedem meiner Namenstage werde ich daran zurück denken.

    Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat. - Marie von Ebner-Eschenbach

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Lili_Morinstal ()

  • Sabine Weigand ist mit "Die Tore des Himmels " ein sehr guter historischer Roman gelungen.
    Durch die verschiedenen Erzählperspektiven wird das Leben von Elisabeth aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Ihre Zofe Gisa ist hautnah dabei, während Primus noch eine gänzlich andere Sichtweise und auch eine ganz andere Welt, die der Armen und Ärmsten, in die Geschichte einbringt.
    Die Abschnitte rund um primus und seine Familie haben mir besonders gut gefallen. In anderen historischen Romanen hatte ich oft das Gefühl, dass das Leben der Bauern und die harten Lebensumstände nicht realistisch dargestellt werden, das war hier nicht der Fall.
    Auch von mir gibt es volle 10 Punkte.

  • Der historische Roman "Die Tore des Himmels" von Sabine Weigand beschreibt das Leben und Werken von Elisabeth von Thüringen.
    Dieses wird anhand zweier erfundener Personen erzählt. Da ist auf der einen Seite Gisa, ein Mädchen, das zusammen mit Elisabeth am Hofe zu Thüringen aufwächst. Auf der anderen Seite wird das Leben von Primus beschrieben, dessen Eltern ihren Hof und alles Hab' und Gut über die Zeit verlieren...


    Ich habe dieses Buch auch im Rahmen der LR gelesen. Auch wenn mir Elisabeth bis zum Ende unsympathisch blieb, ist das Buch doch ein Lesehighlight dieses Jahres geworden! Die Darstellungen der Zeit, das Leben der Armen aber auch das feudale Hofleben werden hier sehr realistisch dargestellt. Die Geschichte der Elisabeth ist gut recherchiert und glaubhaft beschrieben, sodaß man ihren Werdegang einfach nachvollziehen kann. Besonders Gisa's Geschichte hatte es mir angetan.


    Für mich 10 von 10 Punkte!

  • Wer historische Romane mag, ist mit einem Buch von Sabine Weigand immer gut beraten.


    Ich habe das Buch auch im Rahmen der Leserunde gelesen - und bin vermutlich als letzte damit fertig geworden. Das Buch hat mich über einen Zeitraum von gut 5 Wochen begleitet und ich habe das langsame Lesen genossen, jede Information in mich aufgesogen und auch viel Neues über Elisabeth von Thüringen und ihre Zeit erfahren. Die Geschichte wurde einfach nie langweilig und ich war auch nach längeren Pausen wieder schnell in der Handlung gefangen.


    Gut gefallen hat mir, dass die Geschichte nicht direkt aus Elisabeths Perspektive erzählt wird, sondern vielmehr aus der Sicht ihrer Zofe Gisa und auch ihrem übrigen Umfeld. Die Passagen um Elisabeth wechseln sich mit der Geschichte des Jungen Primus ab, der mit seiner Mutter und seinen Geschwistern unter den Ärmsten der Armen lebt und sich irgendwie durchschlagen muss. Diese gegensätzlichen Handlungsstränge sind jeder für sich spannend und interessant. Die anfänglichen Berührungspunkte zwischen Primus und Gisa werden nach und nach gefestigt, bis sie zum Schluss dann zusammenlaufen. Ich kann mich ehrlich gesagt nicht erinnern, schon einmal einen historischen Roman gelesen zu haben, in dem beide Welten so detailreich dargestellt werden - alleine deswegen lohnt sich die Lektüre dieses Buches bereits.


    Die Geschichte wird durch das umfangreiche Nachwort der Autorin noch abgerundet, das ich ebenfalls mit großem Interesse gelesen habe, da hier nochmals verschiedene Punkte aufgegriffen und näher erläutert oder die dramaturgischen Änderungen richtig gestellt werden. Das fand ich sehr gut, da Elisabeths Hintergrund auf diese Weise auch noch mal kompakt dargestellt wurde. Sabine Weigand erwähnt hierin auch, dass sie dem Leser mit ihrem Roman den Menschen Elisabeth von Thüringen näher bringen wollte, nicht die verklärten Legenden einer Heilgen. Ich muss sagen, das ist ihr rundum gelungen.


    Ich kann nicht anders: Es müssen einfach 10 von 10 Eulenpunkten sein. :-]

  • Elisabeth von Thüringen hat es sich zum Ziel gesetzt, einmal heilig gesprochen zu werden und betrachtet dies fast schon als eine Art Karriere. Ohne Rücksicht auf die eigene Person stürzt sie sich in Hilfsprojekte, zuerst unterstütz von ihrem Ehemann, dann später, nach seinem Tod, gegen den Willen des Schwagers, der sie wie die meisten Zeitgenossen, nicht verstehen kann. Sabine Weigand setzt sich mit dem Menschen Elisabeth auseinander und schafft es, ihren Charakter und ihr Wesen einzufangen, soweit man das aus historischer Perspektive überhaupt kann. Dabei wird auch klar, dass sie von ihrer Zeit geprägt war, genau wie ihre Mitmenschen, die sie damals sicher anders sahen als ein moderner Mensch es heute tut.


    Neben der Lebensgeschichte der historischen Person Elisabeth gibt es noch zwei weitere Personen, die uns aus ihrem Leben erzählen. Aus der Perspektive von Primus, dem uneheliche Sohn einer mittellosen Frau, und Gisa, einer der Zofen Elisabeths, erfahren wir, wie Leben und Schicksal im Mittelalter aussehen konnten. Der Leser bekommt Einblicke ins Alltagsleben des 13. Jahrhunderts, allerdings wie immer bei Sabine Weigands Büchern, ohne den belehrend erhobenen Zeigefinger, sondern spannend und mitreissend erzählt. Sie schafft es wieder, Geschichte greifbar zu machen und beschert einen Lesegenuss, kombiniert mit interessantem Wissen, wie nur sie es kann.


    Und wer irgendwie und irgendwann die Möglichkeit hat, eine Lesung von ihr zu besuchen, dem sei auch das wärmstens ans Herz gelegt

  • Als die Tochter des ungarischen Königs am Thüringischen Hof eintrifft, ist sie erst vier Jahre alt. Bereits in diesem Alter war sie dem ältesten Sohn des Landgrafen Hermann I. versprochen. Wegen ihrer Erscheinung wird sie nur „die Dunkle“ genannt. Lediglich die Waise Gisa freundet sich mit ihr an und wird sie zeit ihres Lebens nicht mehr verlassen. Das sorgsam geplante Leben von Elisabeth scheint jäh zu Ende, als Hermann bei einem Unfall stirbt. Nach langen Beratungen entschließt sich die Familie, dass es stattdessen eine Hochzeit mit seinem jüngeren Bruder Ludwig gibt. Trotz dieser arrangierten Zweckverbindung liebt sich das Paar und bekommt drei Kinder. Während dieser Zeit gerät Elisabeth in den Zwiespalt zwischen der Liebe zu ihrem Mann und dem Wunsch, gottgefällig zu leben. Um zu den Toren des Himmels zu gelangen richtet sie sich immer stärker nach den Vorgaben Franz von Assisis: Armut, Gehorsam und Keuschheit. Ihr Beichtvater und geistliche Berater Konrad von Marburg ist ihr auf diesem Weg nicht ganz uneigennützig behilflich.


    Die Historikerin Sabine Weigand führt ihre Leser erneut in eine vergangene Zeit. In ihrem sechsten Roman lässt sie die Welt der Heiligen Elisabeth von Thüringen lebendig werden. Historisch belegte Fakten werden gekonnt mit fiktiven Figuren und Handlungen vermischt, sodass ein buntes, aussagekräftiges Bild entsteht. Zeitgenössische Aufzeichnungen oder Briefe stimmen zusätzlich auf Umgangsformen oder Denkweisen der Hauptpersonen ein. Auch helfen die wechselnden Sichtweisen, die von der Zofe Gisa und dem Bauernsohn Primus erzählt werden. Diese beiden Charaktere sind geschickt ausgewählt, um die Lebensumstände der damaligen Zeit zu verdeutlichen. Während Primus das Leben der Armen verdeutlicht, die oftmals von der Hand in den Mund leben, berichtet die Zofe vom Hofleben, ohne direkt betroffen zu sein. Der Leser erfährt so von den unterschiedlichen Rollen, denen Elisabeth im Leben gerecht werden musste und bekommt eine Ahnung, wie wohl der Mensch dahinter empfunden haben muss.


    Die Person Elisabeth polarisiert damals wie heute. Auch beim Lesen schwankt man zwischen Zustimmung und verständnislosem Kopfschütteln. Manche Taten wirken widersprüchlich, sind sie doch immer im Namen der karikativen Arbeit zum Wohle der Armen und Bedürftigen erfolgt. Manches Mal hatte ich Mitleid mit ihren drei Kindern Hermann, Sophie und Gertrud, die nur bedingt eine warmherzige Mutter hatten. Ein anderes Mal hatte ich Mitleid mit Elisabeth, wenn sie gegen die Intrigen ihrer eigenen Verwandten schutzlos ausgesetzt war. Mit ihrer Art, ihr Leben zu gestalten, provozierte sie nicht nur ihren Schwager Heinrich Raspe.


    Die 600 Seiten über den wohl am gewissenhaftesten dokumentierten Lebensweg des 13. Jahrhunderts sind keineswegs leichte Kost und ließen mich öfter Pausen einlegen, um das Gelesene wirken zu lassen. Gerne blätterte ich auch an den Beginn und an das Ende des Buches, wo Personenregister, Glossar und ein erklärendes Nachwort den Eindruck der sorgfältigen Recherche noch verstärken. Der Roman erzählt mitsamt seiner Fülle an Informationen ein überaus tragisches, verheißungsvolles und sinnsuchendes Leben, gepaart mit höfischen Intrigen und etwas Abenteuer. Unterhaltsamer kann kein Leben einer Heiligen vermittelt werden.

  • In ihrem sechsten Roman Die Tore des Himmels zeichnet Sabine Weigand ein faszinierendes Porträt einer starken Frau im Kontext einer ganzen Epoche.


    Elisabeth kommt als Vierjährige an den Hof des Markgrafen von Thüringen. Sie ist mir Hermann verlobt, der später einmal Landgraf werden soll. Ihre einzige Vertraute ist Gisa, eine Waise aus dem niederen Landadel. Nach dem Tod von Hermann heiratet sie seinen Bruder Ludwig, der ihr schon immer nahe stand. Elisabeth ist sehr religiös und sieht ihre Aufgabe in karitativen Handeln. Doch die Almosen stoßen nicht überall auf Gegenliebe und mit ihrem kompromisslosen Handeln macht sie sich nicht nur Freunde. Gisa versucht sie zu beschützen und muss bald selbst um ihr Leben fürchten.


    Das ist eines der wenigen Bücher, wo ich die Hauptfigur zwar faszinierend finde, sie aber nicht mag. Freundinnen wären wir sicher nie geworden. Dazu ist sie mir zu hart, gegen sich selbst und auch gegen andere. Sicher versucht sie nur Gutes zu tun, aber hier bewahrheitet sich mal wieder der alte Spruch "gut gemeint ist nicht gut gemacht". Sie vernachlässigt sogar ihre Kinder, um sich ganz ihren vermeintlichen oder realen Aufgaben zu widmen. Sabine Weigand zeichnet sie aber trotzdem menschlich, sonst hätte ich das Buch vermutlich irgendwann entnervt in die Ecke geworfen. Vor allem die Sichtweise von Gisa, ihrer Vertrauten, trägt dazu bei. Der Gegenpol dazu ist die Sichtweise von Primus, einem Bettlerjungen, der seine Familie irgendwie durchbringen möchte. Durch ihn erfährt der Leser die Armut und den Hunger, der zu Lebzeiten Elisabeths herrschte, die sie zu bekämpfen versuchte und damit vielleicht sogar noch verschlimmerte. Ein interessanter Aspekt des Romans ist auch das Aufkommen der Katharer, die man ja eher von ihrem Niedergang her kennt.


    Sabine Weigand erweckt sowohl die historischen wie auch die fiktiven zum Leben, vermischt beides so lange, bis man es nicht mehr unterscheiden kann. Sie beschreibt so plastisch, dass man die Gerüche in der Nase hat und die Bilder vor dem geistigen Auge entstehen. Sie hat sich nach Die Seelen im Feuer und Die silberne Burg wieder eines schwierigen Themas brillant angenommen.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Zitat

    Original von Lili_Morinstal


    Elisabeth war mir als Kind noch recht sympathisch, sobald sie dann aber erwachsen wird, könnte ich sie ohrfeigen!
    Wenn das Buch die wirkliche Elisabeth realistisch schildert und davon gehe ich mal aus, dann war die Frau psychisch krank. Die sich einzig und allein in ihren Wunsch heilig zu sein verrannt hat und zusammen mit diesem Konrad von Marburg war sie unerträglich.


    Stimmt, sie ist unerträglich allerdings schreibe ich diesen Umstand ihrem sogenannten Führer in Glaubensfragen, Konrad von Marburg zu. Hätte diese Frau einen weniger besessenen Berater gehabt, wäre es soweit nicht gekommen.



    So kurz nach "Salz der Erde" wollte ich eigentlich nicht wieder ins MA abtauchen. Die Zeit damals war einfach brutal und schrecklich.
    Nach dem ich allerdings mit dem Buch angefangen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören so intensiv und fesselnd ist es geschrieben.
    Alles ist stimmig, jede Person ins kleinste Detail geformt und Geschichte so spannend aufbereitet, dass das Lesen reinste Freude ist.
    Diesem Buch gebe ich mal wirklich 10 Punkte auch wenn die Handlung und manche Personen zum Haare raufen sind.

  • Ich habe das Buch abgebrochen.

    Irgendwie hatte ich eine zu lange Lesepause und habe keinen Draht mehr zum Buch gefunden. :-(

    Mir waren es teilweise auch zu viele Fakten und zu wenig Dialog. :|

    Auch die Sicht von Primus war mir teilweise zu primitiv.


    Schade, da ich die Story an sich nicht schlecht finde und denke, dass Elisabeth eine sehr starke Frau war.