Ein Flüstern in der Nacht/ Let me whisper you my Story - Moya Simons

  • Inhalt:
    Als die Jüdin Rachel Schwarz zehn Jahre alt ist, wird ihre Familie deportiert. Wie durch ein Wunder können die Eltern Rachel verstecken, bevor sie abgeholt werden, doch das Trauma, dass das Mädchen erleidet, ist tief. Fortan spricht Rachel jahrelang kein einziges Wort mehr. Sie findet eine deutsche Familie, die sie vor den Nazis versteckt, und überlebt den zweiten Weltkrieg. Von den Eltern und der Schwester gibt es jedoch kein Lebenszeichen. Jeden Tag kämpft Rachel darum, die Schrecken des Krieges zu vergesse, ihre Sprache wiederzufinden und sich ein neues Leben aufzubauen. Und gerade, als sie sich damit abgefunden hat, ohne ihre geliebte Familie weiterleben zu müssen, erhält Rachel einen Brief.


    Meine Meinung:
    Hat man ein Buch über das dritte Reich vor sich, so ist es in den meisten Fällen von einem deutschen Autoren oder einer deutschen Autorin geschrieben. Oftmals haben diese die schreckliche Zeit des zweiten Weltkriegs selbst miterlebt, manchmal aber auch nicht. Ein Buch dieser Art von einer australischen Autorin zu lesen, ist eher ungewöhnlich. Zwar sind Moya Simons Eltern Immigranten, die während des zweiten Weltkriegs nach Australien kamen, jedoch sind sie keine Juden und Moya selbst kam erst 1942 auf die Welt, als der Krieg schon beinahe zu Ende war. Ihre Kindheit ist jedoch geprägt von den Geschichten ihrer jüdischen Mitschüler, die mit ihren Eltern nach Australien fliehen mussten oder Kriegsweisen waren und von australischen Menschen adoptiert wurden. Ihre beste Freundin Eva Thassim ist ebenfalls eine Leidtragende des Dritten Reiches, sie verbrachte einige Zeit im KZ Bergen- Belsen und verlor dort ihre Mutter. Moya Simons kam also seit ihrer frühesten Kindheit immer wieder mit dem Thema Holocaust in Berührung und entschloss sich irgendwann, ein Buch darüber zu schreiben.


    Rachels Geschichte erinnert ein wenig an die der Anne Frank, was aber vermutlich kein Wunder ist, waren jüdische Kinder damals doch alle vom mehr oder weniger gleichen Schicksal betroffen. Allerdings geht es dieses Mal nicht um die grausame Gefangenschaft in einem KZ, sondern um ein Kind, das sich vor der Deportation retten kann und fortan verstecken muss. Ein Blickwinkel, der ebenfalls etwas außergewöhnlich ist und den ich sehr spannend finde. Ebenso wie die Tatsache, dass das Buch 1938 beginnt und nicht mit Ende des Krieges aufhört, sondern Rachels Geschichte bis 1948 erzählt. Man erfährt dadurch nicht nur von ihren Erlebnissen während des Krieges, sondern auch, wie es mit ihr und anderen jüdischen Kriegswaisen nach dem Krieg weitergeht. Ich fand es spannend und auch berührend zu lesen, wie das Hilfsprogramm des DRK sich damals um Kinder, die ihre Familien verloren hatten, kümmerte. Davon liest man in anderen Büchern ja auch eher selten.


    Wenn eine Geschichte, die sich über zehn Jahre erstreckt, auf 300 Seiten erzählt wird, ist es nicht verwunderlich, dass manchmal etwas ein wenig kurz kommt. Stellenweise sind Dinge wirklich sehr kurz und knapp erzählt, wo ich mir mehr Ausführlichkeit gewünscht hätte. Man darf aber nicht vergessen, dass es sich bei "Ein Flüstern in der Nacht" um ein Kinderbuch handelt, das für Zehn- bis Zwölfjährige empfohlen wird. Für diese Altersgruppe finde ich die Menge der Informationen absolut in Ordnung.


    Rachel ist ein unglaublich tapferes Mädchen, das bei allem Leid, das ihr wiederfährt, nie mit ihrem Schicksal hadert oder ihre eigene Menschlichkeit vergisst. Sie ist ein Charakter, den man von der ersten Seite an ins Herz schließt und, trotz aller schlimmen Dinge, die ihr passieren, unglaublich gerne auf ihrem Weg begleitet. Ganz besonders eindrucksvoll sind jedoch zwei andere Figuren, nämlich Freddie, der Enkel der Familie, die Rachel bei sich aufnimmt, sowie Greta, Rachels beste Freundin nach dem Krieg. Diese beiden Figuren machen eine grandiose Entwicklung durch, die sehr herzergreifend ist. Hier kann jeder Leser, egal ob Kind, Jugendlicher oder Erwachsener, noch ganz viel lernen!


    Mit "Ein Flüstern in der Nacht" hat Moya Simons ein gut recherchiertes, herzerwärmendes Buch geschrieben, dass man trotz des traurigen Themas sehr gerne liest. Ihre Charaktere sind authentisch und liebenswert, die Geschichte interessant und durchaus spannend. Die Altersempfehlung von 10 - 12 Jahren halte ich für angemessen. "Ein Flüstern in der Nacht" ist in meinen Augen ein wertvoller Beitrag gegen das Vergessen.

  • Es gibt Dinge, die sollte man niemals vergessen, so schrecklich sie auch sind. Nicht weil man sie nicht verarbeiten und loslassen kann, sondern weil man sie einfach nicht vergessen darf. Weil sie wieder und wieder passieren sollen. Das klingt jetzt zugegebenermaßen auf den ersten Blick im Zusammenhang mit dem vor mir liegenden Jugendbuch nicht nur seltsam, sondern geradezu falsch. Allerdings nur, bis man sich vor Augen führt, was genau nicht vergessen werden darf und immer wieder passieren sollte.


    In Ein Flüstern in der Nacht geht es um die Geschichte von Rachel Schwarz. 1932 geboren, wächst die Tochter eines jüdischen Arztes zusammen mit ihrer sechs Jahre älteren Schwester Miri und ihrer Mutter in Leipzig direkt in eine Zeit hinein, die wohl das dunkelste Kapiteln der deutschen Geschichte ist. Von der zunehmenden Diskriminierung und Verfolgung, von Deportation und Mord an Unschuldigen, die einfach einem anderen Glauben oder einer Minderheit (wie etwa die Zigeuner) angehörten oder nicht ins Rassebild der Arier passten (neben Juden auch Behinderte und Kranke). Unzählige Filme und Bücher haben sich schon mit der Shoah beschäftigt, fiktiv und/oder reflektiv das damalige Geschehen wiedergebend. Spontan sind mir im Vorfeld Schrei nach Leben, Der Pianist, Schindlers Liste und natürlich Das Tagebuch der Anne Frank, Die Kinder von Blankenese, Die vergessenen Kinder von Strüth oder auch Heimat auf Zeit - Jüdische Kinder in Rosenheim 1946-47 eingefallen. Aus Letzterem ist mir ein Satz aus dem Vorwort von Lawrence Langer im Gedächtnis geblieben. „Sie hatten nicht überlebt, sie existierten einfach länger als die Konzentrationslager.“


    Wie kann man so ein Thema kindgerecht gestalten? Die Altersfreigabe ab 10 Jahren hat mir im Vorfeld doch einiges Kopfzerbrechen bereitet. Eine meiner Nichten ist in diesem Alter, teilweise noch sehr kindlich vom Denken her. Mit dem Thema 2. Weltkrieg oder gar Holocaust kam sie bislang allenfalls oberflächlich in Berührung.


    Moya Simons, bisher eher für lustigere Themen in ihren Kinder- und Jugendbüchern bekannt, wurde 1942 in Australien geboren. Sie beschreibt sich selbst als neugierig (was ich gut finde, denn Neugier bildet, noch dazu in der Regel umsonst, man muss nur immer wieder genau nachfragen) und trotz ihres Alters jung geblieben und mag diese Neugier an Kindern, ihre Art der Ehrlichkeit. Weshalb sie sich auf das Genre Kinder- und Jugendbuch spezialisiert hat. Sie selbst ist keine Jüdin, doch kam bereits früh selbst mit Kindern in Berührung, die den Holocaust überlebt und beispielsweise im Zuge einer Adoption nach Australien gekommen sind. Die Erzählungen dieser Kinder (sofern sie Worte dafür fanden), ihr Verhalten, all das hat die Autorin geprägt und mit zum Entstehen von Ein Flüstern in der Nacht beigetragen. Der Mutter ihrer besten Freundin, die im Konzentrationslager Bergen-Belsen starb, hat sie diesen Roman gewidmet, der so ganz anders ist als das, was sie sonst so schreibt. Aber auch anders als das, was man sonst so liest.


    Denn gleich vorab: Simons hat meine anfängliche Skepsis recht schnell niedergerungen. Ein Flüstern in der Nacht ist für die empfohlene Altersgruppe geeignet, hat mich tief berührt und ein weiteres Mal sehr nachdenklich über die darin enthaltene Grundthematik gemacht. Es geht darin weniger - obwohl natürlich omnipräsent vorhanden - um die entsetzlichen Vorgänge, um die Entmenschlichung und menschenverachtende Brutalität. Simons geht zwar sehr wohl auf die falschen Ideale, die beispielsweise Freddie, ein deutscher Junge, in sich aufgesogen hat, ein. Sie beschreibt auch anschaulich die Angst, die Rachel und ihre Familie befällt, die sukzessive Einschränkung ihres Lebens, die Verachtung, den Abtransport von Rachels Familie. Doch das ist es nicht alleine.


    Rachel erzählt ihre Geschichte selbst. Simons wählt dafür die Erzählweise großer Erzähler. Ein Satz geht fließend in den anderen über, große Zeitsprünge werden vermieden. Kleine Details weben eine dichte und lebensechte Atmosphäre, obwohl die Autorin über erschöpfende Schilderungen hinweggeht. Dies wirkt jedoch nicht flüchtig oder unvollkommen, sondern überaus passend angesichts der avisierten Zielgruppe. Leser/innen begleiten Rachel Jahr für Jahr von der Zeit vor dem Krieg bis hinüber nach Australien, wo sie letztlich einige Jahre nach dem Krieg landet. Einfühlsam baut die Autorin in die über 10 Jahre währende Geschichte ein, was sie von Opfern der damaligen Zeit hörte.


    Rachel selbst bleibt ein Konzentrationslager erspart. Sie kann den längsten Schal der Welt (von ihrer Mutter) und das Tagebuch ihrer Schwester über den Krieg hinweg retten. Anderen Kindern ist so ein Glück nicht vergönnt. Sie haben nichts mehr außer ihren Erinnerungen. Und viele davon werden von den grausamen Erlebnissen überdeckt, die sie durchmachen mussten. Ein Mädchen erfindet Geschichten, weil ihre eigenen Erfahrungen zu verstörend sind. Ein anderer schafft es lange nicht damit aufzuhören, Essen zu horten. Ein Junge will nicht mehr hören, weil er zu viel Schreckliches gehört hat. Und Rachel selbst kann lange Zeit nicht mehr sprechen. Nicht weil sie nichts zu sagen hat, sondern weil ihr Vater ihr im letzten Moment, bevor alle abgeholt wurden, nicht nur zuflüsterte, sie solle sich verstecken. Auch weil er dabei sagte, dass sie mucksmäuschenstill sein muss, keinen Ton von sich geben darf, um nicht entdeckt zu werden.


    Die Autorin lässt Rachel jedoch auch von dem Ehepaar erzählen, das sie schließlich findet und bei sich aufnimmt und versteckt. Oder von dem Soldaten, der Rachel bei der Hausdurchsuchung wissentlich übersieht. Sie berichtet auch von anderen Menschen, die ihren Verstand nicht abgegeben haben. Die Gefahr für das eigene Leben und das ihrer Familien riskierten, indem sie Verfolgten halfen. Sie alle waren nur kleine Inseln in einem tosenden Meer des Wahnsinns. Doch diese Inseln boten einen Platz zum Überleben. Einen Platz für Menschlichkeit. Für Hoffnung. Für das Gute. Für Zivilcourage. Das ist das, was ich eingangs meinte. Das sind die Dinge, die man nie vergessen darf, die sich wieder und wieder wiederholen sollen, egal in welchem Kontext. Dazu braucht es keinen Krieg, keinen Völkermord. Das geht auch auf dem Schulhof, wenn Mitschüler drangsaliert werden. In der Fußgängerzone, wenn man etwas Unrechtes sieht. Einfach überall dort, wo sich vermeintlich Stärkere über Schwächere hermachen.


    Die Geschichte führt schließlich über das Kriegsende hinaus nach England, wo die Kinder aufgepäppelt werden, während das Rote Kreuz überlebende Verwandte oder Adoptionsfamilien sucht. Und sie endet gut für Rachel, obwohl sie und die anderen Kinder Unsägliches erleben und schreckliche Verluste hinnehmen müssen. Trotzdem ist Platz für Hoffnung. Nicht nur, weil sie teilweise ihre Angehörigen wiederfindet, auch weil sie bestimmte Dinge nicht vergisst und weil die Freundschaft mit Freddie den Krieg überlebt.


    Das Kriegsgedicht, mit dem die Autorin Rachels Erzählung ausklingen lässt, soll ihrer Aussage nach der kindlichen Zielgruppe ihres Buches zwar verständlich machen, dass Krieg böse ist und neben Tod und Zerstörung noch viele negative Dinge mit sich bringt. Aber noch viel mehr, dass er einen Feind hat: Den, der nicht mitmacht, der Opfern hilft. Mir fiel spontan das Zitat „Selbst die größte Dunkelheit vermag das Licht einer einzelnen Kerze nicht zu löschen“ dazu ein, wobei ich nicht mehr weiß, wer das einmal in welchem Zusammenhang gesagt hat.


    Im Anschluss an das Gedicht folgt eine Zusammenfassung der zeitlichen Abläufe von 1919 bis zur Anerkennung des Staates Israel durch die Vereinten Nationen 1948, bevor das Buch mit einem Nachwort der Autorin endet.


    Fazit


    Ein schwieriges Thema gut und einfühlsam umgesetzt. Ohne die Opfer zu missachten und die damaligen Gräueltaten zu trivialisieren, kann man durchaus ein Buch schreiben, das nicht nur kindgerecht ist, sondern auch hoffnungsvoll endet. Simons hat es mit Ein Flüstern in der Nacht gerade gezeigt. Was die Autorin in ihrem Nachwort über den Holocaust, ihre Geschichte aus Wahrheit oder Fiktion aber auch über die Organisation Courage to Care schreibt, war das Einzige, was ich vorab und sofort als für 10jährige geeignet gehalten hätte. Doch jede sonstige Buchseite hat mich eindeutig eines Besseren belehrt. Ich werde es nochmals und gemeinsam mit meiner Nichte lesen. Nicht nur weil ich das in ihrem Sinn für wichtig halte. Auch weil Ein Flüstern in der Nacht uns Erwachsene an wichtige Werte wie Menschlichkeit erinnert. Eine gleichermaßen aufwühlende wie emphatische Geschichte, für die ich fünf von fünf Punkten vergeben möchte.


    Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)

    Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe Unterschied wie zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.
    Mark Twain

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  • KLAPPENTEXT:
    "Rachel, mach dich ganz klein! Versteck dich im Schrank unter der Spüle. Und egal was du hörst, ob Rufe oder Schreie - du darfst keinen Mucks von dir geben. Kein Wort, verstanden? Das ist ganz, ganz wichtig. Es geht um dein Leben."
    Das sind die letzten Worte, die die 10-jährige Rachel von ihrem Vater hört, als deutsche Soldaten das Judenhaus stürmen, in dem sie mit ihrer Familie lebt. Seitdem spricht Rachel nicht mehr. Kein Wort. Zu niemandem.
    Alle Hausbewohner werden deportiert und nur sie bleibt zurück. Ein deutsches Ehepaar erbarmt sich und nimmt Rachel bei sich auf. Erst nach dem Krieg begreift sie, dass es keine Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Vater, Mutter und der geliebten Schwester geben wird. Doch dann geschieht ein Wunder - und Rachel findet nicht nur ihre Sprache wieder ...
    AUTORIN:
    (Quelle: moyasimons.com)
    Moya Simons wurde in Moree geboren wohnt aber nun in einem östlichen Vorort von Sydney. Sie schreibt manchmal lustige und manchmal ernste Kinder- und Jugendbücher. Ihr Traum ist es Astronaut zu werden, weswegen sie oft über Aliens schreibt. Sie liebt es Kinder zum lachen zu bringen.
    EIGENE MEINUNG:
    Egal wie viele Bücher man über den zweiten Weltkrieg und Judenverfolgung liest, es ist und bleibt ein ernstes und schockierendes Thema, das mich immer wieder sehr berührt, bewegt und sauer macht.
    Rachel ist ein nettes jüdisches Mädchen, das gut behütet in der liebevollen Umgebung ihrer Familie aufwächst. Ihr Vater ist Arzt und ein angesehener Mann. Bis Juden auf einmal nichts mehr wert sind. Rachels Familie muss aus der bisherigen Wohnung raus in die Enge eines Judenhauses, in dem sie sich mit der Familie von Rachels Onkel zusammenquetschen müssen. Und nicht nur das. Ihr Vater darf nicht mehr als Arzt arbeiten, sie müssen sich als Juden kennzeichnen, werden beschimpft und bespuckt.
    Und eines Tages ereilt auch sie das Schicksal, das viele Juden erleiden mussten. Die Familie wird abtransportiert. Nur Rachel kann sich verstecken und bleibt allein zurück. Doch sie hat Glück im Unglück und wird von einer deutschen Familie aufgenommen. Und sie befolgt auch weiterhin die Anweisung des Vaters: zu schweigen.
    Moya Simons hat sehr eindrücklich und bewegend die Facetten des zweiten Weltkriegs dargestellt. Seine Unsinnigkeit, die ganze Familien zerstörte, ausrottete und auf einem Wahnsinn basiert, der unbegründet und nicht nachvollziehbar ist. Dies wird in "Ein Flüstern der Nacht" besonders eindringlich aufgezeigt, da Rachels Familie so liebevoll, sympathisch und herzlich ist, dass man sie so sehr lieb gewinnt. Es ist eine Farce der Nazis, das ausgerechnet ein Mensch wie Rachels Vater, der ein guter Mediziner und ein noch viel besserer Mensch ist, als Abschaum bezeichnet wird.
    Doch Moya Simons beleuchtet nicht nur das Elend, mit dem die Juden zu kämpfen hatten, sondern auch die Schwierigkeiten, denen das deutsche Volk teilweise ausgeliefert war: Entscheidungen zu treffen, ob man das eigene Leben schützen oder das der Juden retten wollte, Vegiftung der Gedanken durch Hitlers Parolen und konditionieren der jungen Deutschen in der Hitler Jugend.
    Sprachlich ist das Buch genau auf die Zielgruppe der jungen Leser abgestimmt. Es ist deutlich, klar verständlich, jedoch keineswegs flach. Ich könnte mir dieses Buch gut als Schullektüe vorstellen, da es viele DInge aufzeigt, aber Freiraum lässt sich Gedanken darüber zu machen welche Handlungen richtig oder falsch sind und auch oft die Frage aufwirft wie man selbst gehandelt hätte.
    FAZIT:
    "Ein Flüstern in der Nacht" ist ein sehr bewegendes und tiefgründiges Buch über den Nationalsozialismus im zweiten Weltkrieg, das nichts beschönigt und die Schrecken dieser Zeit eindringlich darstellt. Es hat mich zu Tränen gerührt und hinterlässt einen Schatten, der zum Nachdenken anregt und dafür sorgt die Augen zu öffnen und schlimme Zeiten wie diese so im Gedächtnis zu verankern, dass sich hoffentlich viele wünschen, dass diese nie wiederkehren.

  • Rezension:


    Moya Simons’ “Ein Flüstern in der Nacht” ist nicht das erste Buch über ein Kind, das den Holocaust erleben musste – dennoch kann es darüber, meiner Meinung nach, gar nicht genug Geschichten geben – vor allem dann nicht, wenn sie so toll geschrieben sind, wie diese hier.


    Die Autorin schreibt in der Ich-Perspektive der kleinen Rachel und als Leser wird man von dieser Art zu erzählen derart in den Bann gezogen, dass man denkt, das Kind würde einem gegenübersitzen. Aufgeteilt wurde das Buch in zwei Abschnitte – einen der in der Zeit spielt, in Juden massiv verfolgt werden und der andere, als die Alliierten endlich erfolgreich einschreiten und der Krieg vorbei ist.


    Es ist erschreckend, mitzuerleben, wie sich die Lage der einst angesehenen Arztfamilie Schwarz immer mehr zuspitzt. Von den anfänglichen beängstigenden Erzählungen des Vaters, über den Befehl in ein sogenanntes Judenhaus zu ziehen, wo sie sich die kleine heruntergekommene Wohnung noch mit Tante, Onkel und deren Kindern teilen müssen – bis hin zur letztendlichen Deportation, welcher nur Rachel entkommt, weil sie sich versteckt.


    Die Zeit danach ist für das Mädchen besonders schwer – zwar wird sie von einem älterem Ehepaar aufgenommen und versteckt, doch der Enkel der beiden macht es Rachel nicht leicht, da bei ihm die Zeit, die er mit der Hitler-Jugend verbringt Früchte trägt. Von den ständigen Bombenangriffen und den rationierten Lebensmitteln mal ganz zu schweigen.


    Obwohl es sich um ein Jugendbuch handelt, das vom Verlag ab 10 Jahren empfohlen wird, bekommt der Leser eine recht deutliches Bild vermittelt, wie man sich damals gefühlt haben muss. Allerdings sollten vor allem junge Jugendliche schon mit dem Thema in Berührung bekommen sein oder das Buch auch notfalls mit den Eltern lesen – denn selbst mir als Erwachsener lag die Geschichte schwer im Magen, weil Moya Simons sehr realitätsnah und eindringlich schreibt.


    Die Geschichte als positiv zu bezeichnen würde nicht ganz richtig klingen – ich möchte hingegen sagen, dass das Buch sehr gut ist. Tatsächlich positiv ist aber der Ausgang der Geschichte, denn es wird auch eine kurze Zeit nach dem Krieg noch beleuchtet, vor allem was jüdische Waisenkinder betrifft. Dass sich das damals aber wirklich so schön gestaltet hat, wie es dargestellt wird, wage ich zu bezweifeln.


    Im Anhang befindet sich noch über einige Seiten eine zeitliche Auflistung der wichtigsten Geschehnisse zwischen 1932 und 1949 und die Autorin schreibt noch ein paar persönliche Worte zum Thema.


    Fazit:


    Ein jüdisches Kind zu Zeiten des Holocaust. Versteckt. Ohne die geliebte Familie und sich an Erinnerungsstücke klammernd. Als Leser den Anfang und das Ende des Krieges aus der Sicht einer 10-jährigen miterleben und Gänsehaut bekommen.