Brächte ich so etwas über mich? Etwas wie die Suche nach dem Partner oder das Leben mit Selbigem in Form eines Blogs und/oder Buches zu veröffentlichen? Vermutlich eher nicht. Die Autorin Juli Rautenberg, die nach ihrem Studium als freie Lektorin arbeitet, hat es jedenfalls getan. Sie gerät nach eigenen Angaben schon mal bei warmem Schokoladenpudding in Versuchung und ist vom inzwischen leider verstorbenen Loriot fasziniert. Persönlich steht sie eher auf Krimis und Thriller.
Darum handelt es sich bei Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil allerdings nicht. Um einen Direktangriff auf diverse Lachmuskeln allerdings schon. Es ist die Fortsetzung von Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (2011 erschienen über Eichborn Verlag). Der Titel verrät es schon, darin beschäftigt sie sich mit der Suche nach dem Traummann. Bereits damit hatte die Autorin die Lacher auf ihrer Seite. Aber all das war vollkommen nebensächlich und es ist mir, während die diverse Lachsalven mein Zwerchfell erschütterten, nicht einmal andeutungsweise aufgefallen.
Möglich, dass Rautenberg nicht alle Leser querbeet zum Lachen animieren kann. Aber wer kann das schon von sich behaupten. Bei den Leuten, mit denen ich zwischenzeitlich über Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil gesprochen habe, ist ihr das jedoch durchweg und spielend gelungen.
Das Buch liest sich sehr leicht. Man kann es in einem Rutsch durchlesen oder es in Häppchen genießen, da es in handliche Kapitel die wiederum zu einem von zwölf Monaten zusammengefasst sind, geschrieben ist. Jedes der Kapitel ist auch mit überaus passenden Überschriften versehen.
Man merkt schnell, das Juli, die sich manchmal wie der berühmte Elefant im Prozellanladen verhält, absolut nicht perfekt und selbstsicher ist, dafür aber sehr authentisch. Spritzig und freimütig, mit einer mehr als guten Prise Selbstironie, berichtet die Autorin von allem, was in einer neuen Beziehung so alles passieren kann. Was Verdauung und Verliebtsein über das V am Wortanfang hinaus miteinander zu tun haben, etwa. Von Eifersüchteleien und Minderwertigkeitsgefühlen. Von Fettnäpfchen und ersten Gewitterwölkchen. Bösen Schwiegermonstern und peinlichen Eltern. Von im ungünstigsten Moment auftauchenden Expartnern, von falschen Verdächtigungen und infantil-anmutenden Folgeaktionen bis hin zur Angst vor der vermeintlichen Endgültigkeit. Von inneren Schweinehunden und der eigenen anderen bösen, teils missgünstigen Seite. Von Verletzen und Verletztsein. Von allen Gefühlen, die es so zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt eben so gibt.
Nicht immer hat es Konrad, ihre bessere Hälfte, einfach mit ihr und man kann ihm getrost Sinn für Humor und vor allem Durchhaltevermögen attestieren, weil er mit so ziemlich allem fertig wird. Nicht immer erfüllt er alle Erwartungen, die Juli an ihn stellt und doch begreift sie sukzessive, dass es manchmal besser ist, etwas zurückzustecken, um nicht alles kaputtzumachen. Und nicht alles, was Rautenberg so mitzuteilen hat, ist bei all der spielerischen Leichtigkeit, mit der sie davon berichtet, auch wirklich nur humorig, sie macht sich durchaus auch ernsthafte Gedanken darüber, dass sie sich selbst am meisten im Weg steht.
Fazit:
Genauso leicht und locker zu lesen, wie es geschrieben ist. Für alle die mal wieder lachen wollen und auch über sich selbst lachen können. Denn so sehr man sich manchmal an den Kopf fassen möchte, das Buch wirkt stellenweise wie ein Spiegel. Herrlich lebendig und mitten aus dem Leben bekommt es fünf von fünf Punkten von mir.
Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)