'Die Tore des Himmels' - Seiten 125 - 208

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    Original von hollyhollunder
    Na die finde ich jetzt noch nicht so böse. Ich glaube, da kommt noch was. :-(


    In der damaligen Zeit, war das eine große Sünde und gehört sicherlich zu den bösen Dingen dazu, die er tun muß. Allerdings glaube ich auch, dass er, um seine Familie zu ernähern und sich selbst am Leben zu erhalten, noch weitaus schlimmere Dinge tun wird.

  • Zitat

    Original von hollyhollunder


    Ja, ich finde diese Briefe passen sehr gut rein, machen das Ganze wirklich so authentisch wie Du sagst, Sabine. Als würde Raimund direkt zu uns sprechen. Einen ganzen Roman könnte man so vielleicht nicht lesen - durch die veränderte Rechtschreibung wird das Tempo bei mir ziemlich gedrosselt - aber man fühlt sich den Personen noch näher, wenn man trotz aller Unterschiede erkennt, wie ähnlich die Empfindungen und Gedanken den unseren heute doch sind.


    :write
    Ich finde die Briefe auch sehr passend. Sie geben der Geschichte einen ganz anderen Wert und bringen mir die Zeit noch näher.

  • Für mich werten die historischen Briefe das Geschichte auch auf und es wirkt irgendwie plausibler und passender.


    Die Diskrepanz zwischen der Erzählung von Gisa und Primus ist sehr gut herausgearbeitet. Ich glaube ich habe bisher noch in keinem Buch derart drastisch die Armut und das Elend der Menschen so geschildert bekommen.


    Die Freundschaft zwischen Primus und Ortwin kann hoffentlich auch nicht lange gutgehen (hoffe ich für Primus)


    Den Schwindel der Eheleute in der Hochzeitsnacht fand ich gut. Ich meine jetzt nicht, daß es bei Ludwig nicht so klappte, sondern, daß sie zusammengehalten haben und die anderen gemeinsam getäuscht haben. Und dann kommt wieder mal ein altes Rezept, diesmal von Isentrud, damit es im Bett klappt :chen

  • In diesem Teil kommt man den Protagonisten Gisa und Primus um einiges näher und auch die eventuellen Verwirruengen bezüglich der vielen Figuren haben sich nun vollständig bei mir gelöst.


    Obwohl ich schon viele historische Romane gelesen habe bin ich stellenweise doch immer wieder entsetzt, wie es im Mittelalter wohl so zu ging. Dabei werden auch kleinere Vorfällle sehr authentisch beschrieben.


    Außerdem liebe ich es, wenn Minnesänger in Romanen vorkommen und hier taucht ja immer mal wieder jemand auf. Sehr schön!


    Ich bin sehr gespannt, wie es noch für Gisa und Primus weitergehen mag und lese mal schnell weiter.


  • :write


    Stellenweise geht mir Primus' Schicksal auch ziemlich nah. Vor allem durch die beiden Erzählstränge - welche wohl gegensätzlicher nicht sein könnten - wird dem Leser das ganze Ausmaß der Armut viel bewusster.
    Ich bin nun vor allem gespannt darauf, was Primus noch alles tun muss um seine Familie weiter ernähren zu können.


    Die Hochzeit und alles drumherum hat mir auch sehr gut gefallen... und dieses alte Rezept... da wurde mir schon allein vom Lesen schlecht von :grin

  • Ich bin im Moment etwas langsamer im Lesetempo als sonst, da ich einfach zu viel um die Ohren habe. Nun hinke ich hier etwas hinterher.
    Die Geschichte um Primus ist wirklich sehr berührend und genau so scheint es in der Zeit ja zugegangen zu sein.


    Sabine - gab es denn eigentlich auch eine Art Mittelschicht, oder nur die Armen und den Adel? :gruebel
    Gibt es Berichte über die hygienischen Verhältnisse aus der Zeit? :wave


    Ich freue mich gleich auf meine Pause in der ich weiter lesen kann.

  • Die Geschichten um Gisa, Primus und Co. begeistern mich nach wie vor, was man heute auch an meinen kleinen Augen sehen kann. Ich konnte das Buch gestern Abend einfach nicht weg legen… ;-)


    Auch in diesem Abschnitt lernt man als Leser so ganz nebenbei viel Wissenswertes und Interessantes aus dieser recht dunklen Zeit, z.B. was das „blau machen“ betrifft oder auch die Rezepte für Aphrodisiaka. Überrascht hat mich auch die Tatsache, dass bereits damals in den Kirchen während der Fastenzeit ein Hungertuch hing. Kann ich mir diese in der gleichen Art wie die heutigen „Hungertücher“ vorstellen?


    Obwohl ich jeweils nur ungern zurück in die heutige Zeit zurück komme (und eine Lesepause einlege), ertappe ich mich immer wieder mit dem Gedanken: wie gut geht es mir doch im hier und jetzt. Die Beschreibungen von Primus‘ Lebenssituation berühren mich sehr und vor allem die Vorstellung des feuchten Kellerlochs mit all den Ratten liessen mich erschauern. Umso mehr bewundere ich Primus und seinen Bruder wie sie nicht aufgeben und tapfer weiter machen und irgendwie auch noch Hoffnung in sich tragen, es würde doch noch Mal ein Wunder geschehen.


    Elisabeth und Ludwig – irgendwie ein eigentümliches Paar. Sie scheinen einander wirklich zu mögen und die Heirat war bestimmt für beide die beste Lösung. Aber lieben sie sich wirklich wie ein Ehepaar oder doch eher wie Geschwister? :gruebel Alleine, dass sie sich Schwester und Bruder nennen, finde ich sehr bezeichnend. Auf jeden Fall hoffe ich sehr, dass mit der Schwangerschaft alles gut geht und der ersehnte Stammhalter gesund auf die Welt kommt. Elisabeth selber lässt mich sehr zwiespältig zurück. Ich mag ihre Art, an andere zu denken und auch wie sie es geschafft hat, Ludwig in der Hochzeitsnacht vor der öffentlichen Schmach zu bewahren. Zwischendurch kommt sie mir jedoch immer wieder als entrückte Person vor, ich denke da z.B. an die Szene, in der sie Jesus dankt, dass er sie die wahre Armut hat sehen lassen. Wie sie sich darüber freuen konnte, ist für mich nicht so nachvollziehbar.


    Um Gisa mache ich mir grosse Sorgen. Was findet sie nur an Heinrich Raspe? :gruebel Okay, er scheint ein sehr gut aussehender Bursche zu sein – aber mir ist er unheimlich und ich befürchte, dass er Gisa kein Glück bringen wird.


    Mein geheimer Held (na, ja, wenn ich es jetzt hier verrate ist es ja nicht mehr geheim… :grin) ist Raimund. :schuechtern ;-) Und ich hatte immer schon auf eine Chance für ihn und Gisa gehofft. Aber dass er zum Mörder wird, hat mich dann doch geschockt. :yikes Ich hoffe sehr, dass er gesund zurück kommt. Mann, warum habe ich heute das Gefühl, dass der Tag nicht rumgeht – ich muss doch heim und weiter lesen… :fetch

  • Zitat

    Original von Maharet
    Ich denke auch nicht das es nur die Diebstähle sind, das wäre mir doch zu harmlos. Daher befürchte ich auch das noch irgendwas kommt...


    Die Diebstähle sehe ich jetzt nicht wirklich als böse an - sie dienen ja dazu, das Überleben der Familie zu sichern. Daher hege ich die gleiche Befürchtung und hoffe aber gleichzeitig, dass sich Gisa dann tatsächlich als "Engel" erweist.

  • Zitat

    Sabine - gab es denn eigentlich auch eine Art Mittelschicht, oder nur die Armen und den Adel?


    Also ich empfinde ja die Handwerker und die Wirtsleute hier im Buch als die Mittelschicht. Sie müssen nicht hungern, da sie ja nicht direkt von schlechten Ernten abhängig sind und teilweise auch für den Adel arbeiten können. Die Bauern waren schon damals die, die es am schwersten hatten, obwohl sie doch die wichtigsten Sachen produzierten. Und bei ihnen schlugen schlechte Wetterverhältnisse immer am meisten zu Buche.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

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  • Die Geschichte geht interessant weiter.
    Immernoch finde ich es gut, das man einiges aus der Sicht von Gisa erfährt sowie von Primus und das es dann noch das allgemeine gibt.
    Die Einschübe der Briefe oder Aufzeichnungen mit der alten Sprache bringen mich etwas durcheinander, es fällt mir schwer mich daran zu gewöhnen.
    Wie es wohl mit Elisabeth und Ludwig weitergeht bleibt mal abzuwarten, die Zwei passen gut zusammen doch mit der Frömmigkeit von Elisabeth wird es schon noch große Probleme geben.
    Gisa wird auch noch Probleme bekommen mit ihrer Liebe zu Heinrich Raspe.
    Ob der Kreuzfahrer ihre Jugendliebe wohl wieder zurück nach Thüringen kommt. Für Gisa wäre das das beste.

  • Zitat

    Original von Ayasha


    Die Diebstähle sehe ich jetzt nicht wirklich als böse an - sie dienen ja dazu, das Überleben der Familie zu sichern. Daher hege ich die gleiche Befürchtung und hoffe aber gleichzeitig, dass sich Gisa dann tatsächlich als "Engel" erweist.



    Genau so denke ich mir das auch. Mundraub war zwar natürlich auch strafbar, aber ich denke das das "Schlimme" was Primus irgendwann tun wird schon eher in Richtung Mord oder ähnliches gehen wird...

  • Das allerdings ist die Relativität in Hochpotenz. Ist es "böser" Konrad von Marburg Geld zu stehlen, das er im heiligen Auftrag für den Heiligen Krieg in Jerusalem gesammelt hat, oder einem reichen Kaufmann das Geld zu stehlen, mit dem er ein Pferd kaufen wollte um seine Waren in die nächste Stadt zu transportieren und weil er das nun nicht kann muss er mit Verlust verkaufen, kann die Mitgift für seine Tochter nicht aufbringen und die muss deswegen ins Kloster, oder ist es doch das Stückchen trockenes Brot, das dem Armen Nachbarn gekaut wird um das eigene Überleben zu sichern und dabei das des Nachbarn zu riskieren?

  • Ich weiss natürlich, was du meinst, beo. Und du hast mich da jetzt auch kalt erwischt... ;-)


    Aber auch die Justiz unterscheidet doch zwischen böse und böse, indem sie je nach dem ein milderes oder härteres Urteil fällt.

  • Es geht etwas langsamer voran. Die verschiedenen Erzähler, v.a. Raimund, bremsen den Lesefluss doch etwas ab. Trotzdem finde ich die Idee super und auch die Umsetzung gelungen. Gerade die unterschiedlichen Perspektiven und Erzählweisen machen das Buch zu etwas besonderem.


    Sehr schön herausgerarbeitet finde ich die Unterschiede zwischen Armen und Reich mit allen Facetten.


    Elisabeth hat mittlerweileLudwig geheiratet. Etwas verwirrend, dass sie sich nach wie vor mit Bruder und Schwester ansprechen, aber nachvollziehbar.


    Die Probleme im Ehebett werden durch einen "Liebeszauber" behoben, wobei ich eher der Meinung bin, dass es Elisabeth selbst war, die den Bann gebrochen hat. ;-)


    Mit Heinrich Raspe habe ich so meine Probleme... der ist nicht hinten wie vorne... :wow


    Raimund tat mir sehr Leid, wobei ich auch widerum Gisa nicht verstanden habe. Sie wusste von den Tächtelmechteln seiner Frau und hat nichts dagegen unternommen. Sicher, sie war eifersüchtig, dennoch könnte ich mir vorstellen, wenn die Landgräfin vorher davon gewusst hätte, hätte sie das liederliche Weib in ein Kloster gesteckt. Letzlich ist sie dort auch gelandet, nur wäre dann zuvor niemand zu Schaden bzw. ums Leben gekommen.


    Und Raimund hätte nicht wieder zurück zum Kreuzzug gemusst.

  • [quote]Original von Eskalina


    Sabine - gab es denn eigentlich auch eine Art Mittelschicht, oder nur die Armen und den Adel? :gruebel
    Gibt es Berichte über die hygienischen Verhältnisse aus der Zeit? :wave


    Ja, liebe Eskalina, es gab schon eine Mittelschicht, aber eine sehr dünne. Das waren hauptsächlich die Stadtbürger, also Handwerker, Kaufleute oder sonstige Gewerbetreibende. Und evtl. noch der niedere Klerus und ein paar reichere Freibauern. Aber die große Mehrheit der Bevölkerung waren einfach die Bauern auf dem Land. Im Übrigen haben wir auch in den Städten eine Armenquote von bis zu 30%. Menschen wie Primus und seine Familie also, die täglich um ihre Existenz kämpfen, Almosen empfangen oder Betteln gehen. Sie leben unter den Dächern, in Kellern, in Holzbuden, Mauerwinkeln. Stell Dir die Armen und Elenden heute in Indien vor - so ungefähr.
    Die hygienischen Verhältnisse kennen wir aus den Quellen. So wissen wir z.B., dass die Sickergruben unter den Häusern, die ein "heimliches Gemach" hatten (Plumpsklo), manchmal jahrzehntelang nicht gereinigt wurden und deshalb einen bestialischen Gestank verströmten. Und aus medizinischen Rezepten gegen Ungeziefer können wir schließen, dass Läuse und Krätze an der Tagesordnung waren. Wir wissen aber auch, dass im Mittelalter zumindest die Mittelschicht und der Adel regelmäßig gebadet haben. In jedem Ort gibt es eine öffentliche Badstube, in die man ging, sofern man sich den Eintritt leisten konnte. Solche Badstuben hatten nicht nur Zuber, sondern funktionierten tatsächlich oft wie eine Sauna. Ab dem Aufkommen der Syphilis wurden diese Badstuben wegen der Ansteckungsgefahr fast überall geschlossen, und die Menschen des Barock hatten tatsächlich Todesangst vor heißem Wasser. Im Übrigen kannte man im Mittelalter Seife - nicht so die alten Römer: Sie wuschen ihre Wäsche mit vergorenem Urin.