"Die Wissenschaftslüge: Wie uns Pseudo-Wissenschaftler das Leben schwer machen" - Ben Goldacre

  • Titel der englischen Originalausgabe: "Bad Science"


    Kurzbeschreibung (laut Amazon)


    Der große Sachbuch-Bestseller aus Großbritannien: Endlich wird entlarvt, wie uns Pseudo-Wissenschaftler belügen, um uns Medizin- und Kosmetikprodukte zu verkaufen "Von Zahnärzten empfohlen". "Von Dermatologen getestet". Doch mit welchem Ergebnis? Woher wissen wir, ob uns eine medizinische Behandlung hilft? Wie können wir überprüfen, was uns alternative Heilmethoden wie zum Beispiel die Homöopathie versprechen? Und warum glauben kluge, kritische Menschen hanebüchene Dinge, nur weil »die Wissenschaft« sie angeblich bewiesen hat? Ben Goldacre entlarvt mit so viel Witz wie Wissen die zweifelhafte Wissenschaft hinter vermeintlich geprüften und bewiesenen Fakten und zeigt uns, wie wir mit eigenen Mitteln schlechte von guter Wissenschaft unterscheiden können.


    Über den Autor


    Ben Goldacre (* 1974) ist ein britischer Arzt und Journalist. Bekannt ist er vor allem durch seine Kolumne Bad Science in der Tageszeitung The Guardian. Er arbeitet Vollzeit für den National Health Service und ist zugelassener Psychiater. Goldacres Buch Bad Science erschien im September 2008.Die deutsche Übersetzung folgte im Jahre 2010 unter dem Titel Die Wissenschaftslüge: Wie uns Pseudo-Wissenschaftler das Leben schwer machen. Es enthält erweiterte und überarbeitete Versionen vieler seiner Kolumnen aus dem Guardian. "Bad Science" war 2009 auf der Shortlist für den BBC Samuel-Johnson Prize for Non-Fiction.


    Meine Meinung


    Deutsche Verlage und ihre Titel. :rolleyes Ich finde den deutschen Titel mal wieder irreführend, denn es geht in Ben Goldacres Buch nicht darum, dass "die Wissenschaft" lügen würde, sondern darum, dass im Namen der Wissenschaft jede Menge Unsinn verbreitet wird. Es geht auch nicht darum, irgendwelche Verschwörungstheorien aufzudecken. Das Ziel des Buches ist, den Lesern zu ermöglichen, gute und schlechte wissenschaftliche Studien und gute und schlechte Berichterstattungen über Studien voneinander zu unterscheiden und Berichte kritisch zu hinterfragen. Der Autor möchte gute Wissenschaft lehren, indem er schlechte Wissenschaft auseinanderpflückt. Hierzu analysiert er eine Reihe von Negativbeispielen aus verscheidenen Bereichen der Alternativmedizin, Ernährungswissenschaften, aber auch Schulmediziner, die Pharmaindustrie und die Medien bekommen ihr Fett weg. Es geht ihm weniger darum, einzelne Behandlungsmethoden zu diskreditieren und auch nicht um eine Diskussion Alternativmedizin vs. Schulmedizin, sondern die ausgewählten Beispiele dienen als Unterrichtsmaterial, und die Leser erhalten einen Crashkurs - auf recht hohem Niveau wie ich meine - über kritisches Denken im Allgemeinen und über das Testen von Hypothesen, statistischen Fallstricken, das Denken in Wahrscheinlichkeiten und der Interpretation von Ergebnissen im Besonderen. Das Ganze wird humorvoll und zum Teil auch recht provokativ vermittelt. So hat der Autor zum Beispiel kein Problem damit, die Entscheidung von Konsumenten, ihr Geld für irgendeine Quacksalberei auszugeben, als freiwillige Steuer auf Leute zu sehen, die Wissenschaft nicht verstehen wollen. ;-) Es geht ihm mehr um die Gefahren der Verbreitung von pseudowissenschaftlichem Denken auf die Gesellschaft als Ganzes.


    Im letzen Drittel des Buches geht es insbesondere darum, wie die Medien das öffentliche Missverständnis von Wissenschaft fördern und eine Parodie der Wissenschaft erzeugen. Wissenschafts-Artikel in den Medien fallen nach Goldace in drei Kategorien: an den Haaren herbeigezogener Unsinn, Durchbruchsgeschichten ("Heilmittel gegen Krebs gefunden!") und Panikmacherei. Insbesondere wehrt er sich auch gegen die Tendenz der Medien, Artikel mit wissenschaftlichen Themen stark vereinfacht zu schreiben und so zur Volksverdummung beizutragen. Anhand einiger Beispiele aus dem Bereich "Unsinn" zeigt er, dass die Formulierung "Wissenschaftler fanden heraus..." in einer Zeitschrift selten bedeutet, dass man tatsächlich erfährt, was Wissenschaftler herausfanden. Das Kapitel "Bad Stats" (schlechte Statistik) beschäftigt sich unter anderem damit, wie richtige Zahlen so berichtet werden, dass sie einen falschen Eindruck vermitteln. Zum Beispiel in dem die viel höheren relativen Risiken statt der weniger spektakulären absoluten Risiken oder (noch besser) gut verständliche einfache Zahlen berichtet werden. Als Beispiel für Panikmacherei durch die Medien hat er sich zwei sehr britische Geschichten herausgesucht und zwar den MRSA-und den MMR-Hoax (dass die Masern-Mumps-Röteln-Impfung Autismus verursacht).


    Ich hatte kurz vor diesem Buch "Gesund ohne Pillen" von Simon Singh und Edzard Ernst gelesen, das sich mit einer ähnlichen Thematik beschäftigt. Dieses Buch hier ist anspruchsvoller, provokativer und macht aber auch mehr Spaß. Goldacre scheut sich nicht, Quatsch, den er findet, auch Quatsch zu nennen. Das Buch von Singh und Ernst ist sicher das sanftere, weniger polemische Buch, das vermutlich seltener in die Ecke fliegen wird und leichter verständlich ist.


    Ich bin mir nicht sicher, ob für jemanden der gar keine Vorbildung in Statistik und Methodik hat, alles sofort eingängig ist. Zum Beispiel weiss ich nicht, ob es für jemanden gänzlich ohne Statistik-Kenntnisse unmittelbar nachvollziehbar ist, dass bei multiplen Mittelwertsvergleichen einige Ergebnisse per Zufall signifikant werden müssen. Insgesamt ist das Buch aber ein gut verständliches, für Laien gedachtes populärwissenschaftliches Buch, das Spaß machen soll - aber eben auch eins mit einem gewissen Anspruch.


    Ich bin schon gespannt auf sein nächstes Buch "Bad Pharma", in dem die Pharmaindustrie kritisch beleuchtet wird. :chen


    Ich gebe 9 von 10 Eulenpunkten.
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  • Tja, was schreib ich als Resumee? So richtig gefallen hat mir das Buch nicht. Teilweise finde ich Goldacres sehr ironischen Ton unangebracht. Teilweise hat aber auch gerade dieser Ton dazu beigetragen, Spaß an dem Buch zu haben.
    Das Anliegen des Autors ist löblich, aber ich finde, teilweise muß er sich an seine eigene Nase packen: mir fehlten manchmal genau die Angaben, über deren Fehlen oder Verdrehen er sich bei Journalisten o.a. beschwert.
    Er stellt Behauptungen auf und ich habe teilweise Angaben darüber vermißt, wie seine Aussagen zu überprüfen wären.
    Insgesamt ein Buch, was ein wichtiges Zeichen setzt, aber vielleicht hatte ich mehr erwartet? :gruebel


    Von mir: 5 Punkte

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

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