Die Arche Noah von Kristine Lemke (ab 2 Jahre)

  • Eine merkwürdige Geschichte
    Die bekannte Geschichte von der Arche Noah wird gerne Kindern erzählt und so gibt es nun eine Ausgabe für Kinder ab 2 Jahre.
    Lange vor unserer Zeit war Gott mit den Menschen sehr unzufrieden bis auf die Ausnahme von Noah. Gott warnt Noah und sagt ihm, dass bald eine große Flut kommen wird, die alles vernichtet. Deshalb soll Noah ein Schiff bauen, auf dem die Tiere der Welt und die Familie von Noah Platz hat. Sofort beginnt Noah das Schiff zu bauen, sammelt Proviant und nimmt von allen Tieren jeweils ein Paar mit auf sein Schiff. Wie Gott verheißen hat, kommt die große Flut und alles wird zerstört. Noah und seine Familie müssen lange auf diesem Schiff ausharren aber irgendwann hört es endlich auf zu regnen und Noah sendet eine Taube aus. Als die Taube mit einem Zweig zurück kommt, weiß Noah, dass es in der Nähe Land geben muss. Als Noah nach längerer Suche das Land findet, gehen alle von Bord und können ein neues Leben beginnen. Als Zeichen schenkt Gott den Lebewesen einen Regenbogen.


    Wie ich schon in der Einleitung erwähnt habe, ist die Geschichte über Noah eine beliebte Geschichte, die immer und immer wieder, ja gebetsmühlenartig den Kindern berichtet wird. Für mich ist nicht ganz nachvollziehbar, warum man diese Geschichte – auch heute noch – nach sämtlichen Debatten über Erziehung, sämtlichen Kindern erzählen muss. Das Gott alle Menschen dieser Welt bestraft ist schon hahnebüchend, dass aber dann auch noch die gesamte Tierwelt, bis auf die jeweiligen Tierpaare vernichtet werden und zwangsläufig auch alle Pflanzen auf dem Land, kann einem bei klarem Verstand nur seltsam vorkommen: was können die Tiere und Pflanzen für das Verhalten der Menschen? Des Weiteren drängt sich einem die Frage auf: Laut Altem Testament stammen wir Menschen von Eva und Adam ab und somit wird automatisch allen Menschen die sogenannte Erbsünde auf ihre Schultern gelegt. Wenn aber Noah so ein guter Mensch war und wir damit zwangsläufig von ihm und seiner Frau abstammen, dann müsste die Sünde zumindest stark minimiert bei allen Nachkommen sein. Dann klappt das mit der Erbsünde nicht mehr ganz so gut.
    Mal abgesehen davon, dass man diese vermeintliche Strafe Gottes und die daraus resultierenden theologischen Probleme in Frage stellen kann, ist es schon sehr schwer, das Phänomen der Sintflut naturwissenschaftlich zu erklären: ich möchte gerne mal das Schiff sehen, dass so groß ist, um alle Tierpaare dieser Welt aufnehmen zu können und dieses Schiff muss auch über Wasser bleiben können. Viel Spaß beim bauen . Außerdem würde ich gerne mal wissen, wie Noah das Problem gelöst hat, mit den Tierarten, die nicht in seiner unmittelbaren Nähe waren oder hat Noah etwa die Tiere aus Australien eingesammelt? Zudem stelle ich mir die Frage, wie Noah das Problem gelöst hat, mit den Tieren, die zum Fressen Frischfleisch benötigen? Wie hat er die Tiere geschützt, die in der freien Natur von anderen Tieren gejagt werden? Es werden immer nur die Säugetiere dargestellt, aber was ist mit all den Insekten? Naja und wenn ich schon dabei bin: was ist mit den Tieren, die sich ohne Partner vermehren können, durften die nicht mit auf das Schiff? Was ist mit all den Bakterien und Viren? Wie hoch soll denn der Wasserspiegel gewesen sein, bis er den höchsten Punkt der Erde erreicht hatte, also mehr als 8.000 Meter? Bis heute gibt es keinen ernstzunehmenden wissenschaftlichen Hinweis darauf, dass diese Sintflut tatsächlich den ganzen Erdball betroffen hat.
    Wir leben im 21. Jahrhundert und erheben uns gerne über die Denkweise des Mittelalters, aber wenn ich mir anschaue, in welcher Art und Weise die Geschichte von der Sintflut den Kindern erzählt wird, komme ich mir vor, als würden wir noch im Mittelalter leben. Wenn man Kindern von Gott erzählen möchte, gibt es wesentlich bessere und anschaulichere Geschichten als die von Noah. Ganz schauderhaft wird es, wenn auch noch behauptet wird, dass diese Geschichte ein tatsächlich historisches Ereignis war.
    Interessant finde ich, dass am Ende der Geschichte immer der Regenbogen als einen Bund mit Gott dargestellt wird. In gewisser Weise amüsiere ich mich darüber, denn gerade viele Christen, die diese Geschichte als ein wahres Ereignis betrachten sind auch genau jene, die bestimmte Vorstellungen ablehnen. Das Zeichen des Regenbogens kommt doch nicht von ungefähr, sondern ist ein uraltes Symbol für Schlange und die Schlange gilt in den alten Mythen als die „totale ambivalente Gottheit“ (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Sintflut) und ist damit auch ein Zeichen für gelebte Sexualität.


    Die Illustrationen von Susanne Göhlich sind sehr einfach gestaltet. Die Tiere sind überwiegend realistisch dargestellt, aber ich frage mich, warum die Schlangen in blauer fast türkiser Farbe dargestellt sind.