"Gesund ohne Pillen" - Simon Singh/Edzard Ernst

  • Vollständiger deutscher Titel: "Gesund ohne Pillen: Was kann die Alternativmedizin?"


    Titel der englischen Originalausgabe: "Trick or Treatment? Alternative Medicine on Trial"


    Zum Buch (Klappentext)


    Die Alternativmedizin boomt. Immer mehr Menschen fürchten sich vor den schädlichen Nebenwirkungen der Schulmedizin und verlassen sich lieber auf die Kräfte sanfter Therapien. Das Angebot ist unüberschaubar geworden: von der klassischen Homöopathie über die Traditionelle Chinesische Medizin bis zu heilkräftigen Steinen und Oxygentherapien. Aber welcher Behandlung knn man sich wirklich anertrauen. Nun hat Bestsellerautor Simon Singh gemeinsam mit Edzard Ernst, dem weltweit ersten Professor für Alternativmedizin ein Standardwerk geschrieben hat, Endlich können sich auchauch Laien ein Urteil über die verschiedenen Wege, die zur Genesung führen sollen, ein Urteil bilden.Gbt es überhaupt eine medizinische Wahrheit? Wie lässt sich der Erfolg einer bestimmten Behandlung beweisen? Wem kann man vertrauen, wer will uns das Geld aus der Tasche ziehen? Singh und Ernst erklären objektiv und unvoreingenommen die grndsätzlichen Unterschiede zwischen der Schulmedizin und ihrer alternativer Konkurrenz. Ein Serviceteil am Ende des Buches präsentiert alle wirklich wichtigen Informationen über 37 alternative Heilverfahren. Dieses Buch ist ein unentbehrlicher Ratgeber für alle, die der Schulmedizin kritisch gegenüber stehen - und trotzdem nicht in die Hände von zweifelhaften Wunderheilern geraten wollen.


    Über die Autoren


    Simon Singh wurde 1964 in Wellington, Somerset (England) als Sohn indischer Vorfahren geboren. Heute lebt er in London. Er studierte Physik am Imperial College in London und später in Cambridge. 1988 gab er Wissenschaftsunterricht in der Doon Schule in Indien, 1990 unterrichtete er in Zulu Schulen in Südafrika. 1989 - 91 forschte er an dem Europäischen Institut für Teilchenphysik in Genf. 1991 - 97 war er als Produzent bei der Fernsehstation BBC tätig. Seit 1997 arbeitet er als Fernsehproduzent, Autor und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte Artikel in The Daily Telegraph, The Scotsman, The Guardian, New Scientist, Scientific American und Focus.


    Edzard Ernst, geboren 1948 in Wiesbaden, studierte Medizin und absolvierte Ausbildungen für verschiedene Verfahren der Alternativmedizin. Seine wissenschaftliche Karriere führte ihn über Hannover und Wien nach Exeter, wo er ab 1993 den weltweit ersten Lehrstuhl für Alternativmedizin aufbaute. Neben zahlreichen Aufsätzen hat er ein wissenschaftliches Standardwerk zur Homöopathie verfasst.


    Meine Meinung


    Ich finde den deutschen Titel irreführend, denn eigentlich geht es nicht darum, wie man ohne Pillen gesund wird, sondern wie man mit wissenschaftlichen Methoden den Nutzen der Alternativmedizin untersuchen kann und was in dieser Hinsicht der gegenwärtige Stand der Forschung ist.


    Das erste Kapitel bietet eine Einführung in die wissenschaftliche Methode. Anhand von Beispielen aus der Medizingeschichte beschreiben die Autoren die Entwicklung medizinische Forschung und führen dabei eine Reihe von Begriffen ein, die für das Verständnis des weiteren Buches wichtig sind (z.B. Doppelblindstudie, sytematische Übersichtsarbeit, Randomisierung). Es wird gezeigt, wie man klinische Studien durchführen kann, um die Wirksamkeit von Therapien zu überprüfen und auf welche Dinge man achten muss, um nicht zu Fehlschlüssen zu kommen.


    Kapitel 2 bis 5 zeigen, wie die wissenschaftliche Methode auf vier sehr beliebte und am häufigsten verwendeten alternativmedizinische Ansätze, nämlich die Akupunktur, die Homöopathie, die Chiropraktik und die Kräutermedizin angewandt werden kann und die Autoren präsentieren Ergebnisse von Metaanalysen zur Wirksamkeit dieser Therapien über einen Placeboeffek hinaus. Um die Spannung aufrecht zu erhalten, verrate ich hier mal nicht, wie die einzelnen Therapien abgeschnitten haben. Für jede Therapie wird auch die Entstehungsgeschichte und das Theoriengebäude dahinter vorgestellt sowie Risiken und Nebenwirkungen benannt. Auch in diesen Kapiteln wird anhand von Beispielen immer wieder wissenschaftliches Denken und Arbeiten erläutert und die einzelnen Argumentationsschritte nachvollziehbar gemacht.


    Im letzten Kapitel geht es um eine ethische Frage, nämlich ob eine Therapieform, deren Wirklung ausschließlich auf einem Placeboeffekt beruht, trotzdem angewandt werden solle, da sie ja offenbar den Patienten hilft. Also, mit Worten der Autoren (S. 115): "Spielt es eine Rolle, dass die Behandlung eine Täuschung ist, solange der Nutzen real ist?". Wenn es keine Rolle spielen würde, müsste man sich auf ein konspiratives Schweigen einigen, um den Glauben an die Therapie zu erhalten. Diskutiert wird auch, was die Gefahren eines solchen kollektiven Schweigens wären. Die Autoren setzen sich hier auch mit dem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient auseinander. Desweiteren wird im letzten Kapitel erläutert, warum sich der Glaube an die Wirklsamkeit mancher Therapie sich so hartnäckig hält und welche Rolle Prominente, Wissenschaftler, Behandler, Medien, Universitäten, Interessenverbände, Regierungen und Aufsichtsbehörden und der Prinz von Wales, dem das Buch gewidmet wurde, dabei spielen.


    Im Anhang werden 37 alternative Therapien jeweils auf einer kleiner gedruckten Seite vorgestellt, ihr Hintergrund erläutert und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft (das Buch erschien 2008) bewertet. Vorstellt wurden nur Therapieformen, bei denen überhaupt eine wissenschaftliche Untersuchungen gab. Dieser Teil fällt, meiner Meinung nach, etwas kurz auf und birgt daher Gefahr für Missverständnisse, wie einige Amazon-Rezensionen zeigen.


    Ich fand das Buch sehr gut, weil es sich mit Fragen auseindersetzt, mit denen ich in meinem (Arbeits-)alltag immer wieder konfrontiert werde und zu denen ich Stellung nehmen muss. Wer Simon Singh kennt, weiß außerdem, dass seine Bücher recht anschaulich und unterhaltsam geschrieben sind.


    Ich geb 9 von 10 Eulenpunken. Ein Punkt Abzug, weil mir die Kurzvorstellungen der 37 anderen Alternativtherapien zu kurz war und ich auch gerne ein umfangreicheres Literaturverzeichnis gehabt hätte.

    [edit: doppeltes Wort gestrichen und fehlende Worte ergänzt]

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