Kurzbeschreibung (Amazon):
Wie Kinder sich entwickeln – die (R)Evolution im Kinderzimmer
Hinter vielen typischen Familienschwierigkeiten stecken keine Erziehungsfehler. Vielmehr passt das evolutionäre Gepäck, mit dem Kinder auf die Welt kommen, nicht mehr zu den veränderten Lebensbedingungen unserer modernen Welt. Mit einem neuen Verständnis für kindliche Entwicklung können wir Wege finden, um den Bedürfnissen von Eltern UND Kindern gerecht zu werden.
In der Erziehung blicken Eltern in die Zukunft. Sie wollen ihren Kindern ja einen Weg weisen. Dabei vergessen sie leicht die Vergangenheit. Kinder treten aber mit einer Geschichte ins Leben – mit einer von der Evolution geschriebenen Geschichte. Wenn wir diese Geschichte kennen, können wir unsere Kinder besser verstehen.
Denn Kinder entwickeln sich so, wie sie sich entwickeln, weil es einmal gut für ihr Überleben war. Ihr Verhalten war eine Stärke, kein Defekt. Hätten Kleinkinder früherer Jahrhunderte auf der Wiese wahllos grüne Blätter in den Mund gesteckt, hätten sie nicht lange überlebt. Kein Wunder, dass Kinder auch heute noch Gemüse skeptisch beäugen! Und dass kleine Kinder nicht gerne alleine einschlafen, war früher eine Art Lebensversicherung: Wer gerne alleine im Wald geschlafen hätte, wäre bald schon tot gewesen. Das Buch Kinder verstehen betrachtet die Entwicklung der Kinder konsequent aus evolutionsbiologischer Sicht. Denn wer den „Sinn“ hinter dem kindlichen Verhalten versteht, wird ihre Entwicklung auch heute gelassener begleiten können.
Meine Meinung:
Für mich ist das der beste "Ratgeber" überhaupt zum ersten Jahr. Weil er erklärt, warum sich Säuglinge und Kinder auf bestimmte Weise verhalten. Es ist sehr entspannend, zu lesen, dass das eigene Kind nicht unnormal ist, weil es die ersten 8 Monate nonstop auf Mamas Arm sein will, nachts nicht durchschläft und wenn überhaupt, dann nur im elterlichen Bett! Oder warum Kleinkinder kein Gemüse essen und Trotzanfälle wichtig sind. Renz-Polster wertet in diesem Buch wenig, sondern erklärt, welche evolutionären Gründe so ein Verhalten hat und warum es quasi eine Lebensversicherung war zu früheren Zeiten. Ein Säugling könne schließlich nicht wissen, dass er in der "sichersten aller Welten" lebt und nicht vom Säbelzahntiger aufgefressen wird, wenn er allein herumliegt.
Renz-Polster hält sich mit seiner persönlichen Meinung, wie Eltern mit ihren Kindern umzugehen haben zurück - im Gegenteil, immer wieder zeigt er auf, wie unterschiedlich auf die Bedürfnisse von Kindern zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Kulturen reagiert wurde und dass diese Flexibilität, die abwechselnd Zumutungen für Eltern und Kinder bereithält, die eigentliche Konstante von Menscheneltern und -babys ist.
Was ich zudem sehr spannend fand, ist der Fokus, den er mit zunehmendem Alter auf die Kindergruppe setzt. So sehr er in den ersten Jahren implizit doch die Eltern-Kind-Bindung unterstützt und Argumente für (längeres) Stillen, Familienbett und Tragen liefert, so sehr fordert er von den Eltern, dass sie loslassen, wenn das Kind die Welt entdeckt und eigene Erfahrungen machen will. Absolute "Verwöhnung" zu Beginn des Lebens als Grundlage dafür, dass die Kinder selbstbewusst und selbständig sich die Welt zu eigen machen - zumindest finde ich den Ansatz sehr sympathisch.
Zusammenfassung:
Renz-Polster hat ein sehr angenehm lesbares Buch geschrieben, in dem man viel über Entwicklungspsychologie lernt und das hilft, sein Kind besser zu verstehen.