Wolfgang Kaes - Das Gesetz der Gier

  • Klappentext:
    In Istanbul sterben unzählige junge Arbeiter an Staublunge. Sie alle waren mit der Produktion von Designer-Jeans beschäftigt. Ein türkischer Mediziner macht sich nach Köln auf, um mit dem Auftraggeber zu sprechen. Vierundzwanzig Stunden später ist er tot. Kriminalhauptkommissarin Antonia Dix wird bald klar: Auch in der Modebranche gilt das Gesetz der Gier. Es geht um Profit, die Ware muss billig produziert werden. Das Textilunternehmen plant deshalb, die gesamte Produktion ins Ausland zu verlagern. Ein gefundenes Fressen für militante Globalisierungsgegner; doch auch die sind keineswegs resistent gegen die Versuchung des Geldes. Ein alter Buchhalter mit seinem Sinn für Gerechtigkeit macht jedoch allen einen Strich durch die Rechnung.


    Rezension:
    Erol Ümit arbeitet in der Türkei in der Textilindustrie. Er stammt aus einem kleinen Dorf, doch um das Mädchen heiraten zu können, da er liebt, hat er sich mit 18 Jahren entschlossen, sein Glück in Istanbul zu suchen, dort einen Job zu finden und soviel Geld zu verdienen, dass er zurück in sein Heimatdorf kann um sie dort endlich zu heiraten. Doch diesen Traum muss Erol mit nur 21 Jahren begraben, als ihm Professor Zeki Kilicaslan, Chefarzt und Leiter der pneumologischen Abteilung des Universitätsklinikums mitteilt, dass er binnen kürzester Zeit sterben wird, denn Erol hat Staublunge, eine Krankheit, die eigentlich nur bei Bergleuten vorkommt.


    Professor Kilicaslan ist besorgt, denn diese Diagnose hat er nicht nur Erol gestellt, sondern annähernd 700 jungen Männern in den letzten Jahren und diese hatten nur eines gemeinsam: Ihre Arbeit in der Textilindustrie, in den Kellerfabriken, wo sie 14 bis 16 Stunden täglich arbeiteten. Doch diese 700 sind nur die bestätigten Fälle, diejenigen Männer, die einen Arzt aufgesucht haben. Er schätzt, dass es in Wahrheit um die 5.000 Betroffene gibt. Als Erol stirbt, wendet sich die Frau eines Cousins, die Frau, die Erol selbst liebte, an den Professor und informiert ihn über Erols Tod. Professor Kilicaslan beschließt, zu Erols Beerdigung zu gehen und dort übergibt ihm die junge Frau einen Lieferschein, den Erol seinerzeit gedankenverloren aus der Fabrik mitgenommen hat - darauf vermerkt Hellberg-Moden mit Firmensitz in Deutschland. Kilicaslan beschließt in der Firmenzentrale direkt Erklärungen und Entschädigungen für die Arbeiter zu verlangen.


    Derweil tritt Bernd Oschatz, Chefbuchhalter bei Hellberg-Moden, endlich in den wohlverdienten Ruhestand ein. Doch anstatt sein Leben nun in vollen Zügen zu genießen, beschließt Oschatz zum ersten Mal in seinem Leben auf sein Gewissen zu hören. Er weiß, wie Hellberg-Moden zu seinen überdurchschnittlich guten Umsätzen gekommen ist und will diese mit Hilfe der REBMOB (einer im Internet tätigen Aktionsplattform) öffentlich machen und in der Tat gerät Hellberg-Moden in ernste Erklärungsnot. Doch Otto Hellberg, Geschäftsführer und Inhaber von Hellberg-Moden, ist nicht gewillt, klein bei zu geben und beauftragt seinen Sicherheitschef Rolf Detmers, einen ehemaligen Polizisten, sich dieser Angelegenheit anzunehmen, koste es was es wolle. Detmers ist alles andere als zimperlich mit seinen Methoden, was als erstes Zeki Kilicaslan zu spüren bekommt, der auf offener Straße überfahren wird. Aber die Enthüllungen gegen Hellberg-Moden lassen sich nicht aufhalten, immer höher schlagen die Wellen, doch Detmers ist bereit weiter über Leichen zu gehen, um seinen Arbeitgeber zu schützen ...


    Ein ausgesprochen realistischer und erschütternder Krimi! Der Plot wurde sehr detailliert und informativ ausgearbeitet, ohne jedoch dabei trocken oder gar langweilig zu sein. Dieser Roman weist eine Vielzahl von wichtigen handelnden Personen auf, die jedoch jeweils einzigartig und facettenreich erarbeitet wurden, sodass es problemlos war, sich in die jeweiligen Figuren hineinzuversetzen und die Gründe ihres Handels zu verstehen. Der Schreibstil ist sowohl spannend wie auch informativ gehalten, sodass ich als Leser durchaus viele Informationen über die Textilindustrie in der Türkei und in Deutschland und die Arbeitsbedingungen erhalten, diese aber, auf Grund des überaus fesselnden Schreibstils eher hintergründig aufnahm, da mich die gesamte Geschichte mit allen Aspekten einfach in ihren Bann geschlagen hat. Als Fazit kann ich nur sagen, dass es sich hierbei eher um eine ungewöhnliche Thematik für einen Krimi handelt, diese aber informativ und fesselnd zugleich umgesetzt wurde und der Autor es, dank seines einnehmenden Schreibstils, bereits nach 10 Seiten geschafft hat, mich an dieses Buch zu fesseln, sodass an Aufhören gar nicht zu denken war.

  • Zitat

    Original von Kerry
    dank seines einnehmenden Schreibstils, bereits nach 10 Seiten geschafft hat, mich an dieses Buch zu fesseln, sodass an Aufhören gar nicht zu denken war.


    Kann ich nach 40 Seiten nur zustimmen. Schon lange habe ich keinen Krimi/Thriller mehr gelesen, der mich von Anfang an so packt.


    Und dazu hier eine dickes Dankeschön an meinen Buchhändler, der mir das Lesexexempalt "Bitter Lemon" dieses Autors letztes Jahrt schenkte, ohne das ich dieses Buch wohl so schnell nicht gekauft hätte - wäre ein herber Verlust an Lesegenuß gewesen.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson