Titel der englischen Originalausgabe: "The Casual Vacancy"
Zum Buch (Kurzbeschreibung von Amazon
Als Barry Fairbrother mit Anfang vierzig plötzlich stirbt, sind die Einwohner von Pagford geschockt. Denn auf den ersten Blick ist die englische Kleinstadt mit ihrem hübschen Marktplatz und der alten Kirche ein verträumtes und friedliches Idyll, dem Aufregung fremd ist. Doch der Schein trügt. Hinter der malerischen Fassade liegt die Stadt im Krieg. Krieg zwischen arm und reich, zwischen Kindern und ihren Eltern, zwischen Frauen und ihren Ehemännern, zwischen Lehrern und Schülern. Und dass Barrys Sitz im Gemeinderat nun frei wird, schafft den Nährboden für den größten Krieg, den die Stadt je erlebt hat. Wer wird als Sieger aus der Wahl hervorgehen – einer Wahl, die voller Leidenschaft, Doppelzüngigkeit und unerwarteter Offenbarungen steckt? J.K. Rowlings erster Roman für Erwachsene ist aufwühlend, berührend und spannend. Ein großer Roman über eine kleine Stadt von einer der besten Erzählerinnen der Welt.
Über die Autorin
Joanne K. Rowling ist mittlerweile die weltweit wohl bekannteste Schriftstellerin. Ihre Harry-Potter-Bände wurden in 74 Sprachen übersetzt und über 450 Millionen mal verkauft. Joanne K. Rowling lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Schottland.
Meine Meinung
Ich habe dieses Buch nicht gern gelesen. Und ich war froh, als ich es durch hatte. Dabei denke ich noch nicht mal, dass es ein schlechtes Buch ist und ich lese eigentlich gerne Bücher über schrullige Bewohner englischer Kleinstädte. Allerdings liegen mir eher solche, in denen besagte schrullige Bewohner auf eine wohlwollende, warmherzige Weise betrachtet werden - mit einem Augenzwinkern und einem Schuss Selbstironie, so wie zum Beispiel in James Herriots "Der Doktor und das liebe Vieh". In Rowlings Pagford sind die vorherrschenden Gefühle Missgunst, Hass, Neid, Herablassung, Hoffnungslosigkeit. Ein Großteil der Leute ist kleingeistig und ätzend. Die erwachsenen Figuren scheinen fast schon Karrikaturen zu sein, die Jugendlichen sind ihr hingegen besser gelungen. Krystal, der Teenager aus dem sozialen Brennpunkt "The Fields" ist für mich eine der interessantesten und vielschichtigsten Figuren.
Fast interessanter fand ich allerdings eine Figur, über die man kaum etwas erfährt, nämlich den blendend aussehenden, perfekten pakistanischen Herzchirurgen. Vikram ist nämlich einer der wenigen, in dessen Kopf man nicht ständig steckt und dessen Gedanken man nicht komplett offengelegt und erklärt bekommt. Über Vikram liest man nur, was die anderen denken. Zum Beispiel erfährt man, dass es sich bei seiner Ehe wohl um eine arrangierte Ehe handelt und nimmt an Überlegungen teil, wie das wohl für seine Frau sein muss, so jemanden von den Eltern ausgesucht zu bekommen, immer mit den Blick auf den eigenen Loser von Ehemann, den man sich selbst ausgesucht hat. Da kommt so manche die Idee, dass eine arrangierte Ehe nicht immer das schlechteste ist. Interessanterweise erfährt man auch an einer der wenigen Stellen, an denen Vikram sich selbst zu Wort meldet, mehr über andere als über ihn, denn da sagt er (sinngemäß): "Andere Ehemänner würden wissen wollen, ob das wahr ist."
Ein Kritikpunkt für mich ist, dass die ganzen Geheimnisse im Buch für die Leser nicht wirklich geheim sind, da der allweissende Erzähler einfach alles weiss und man als Leserin das Geheimnis schon lange kennt, bevor es den Einwohnern von Pagford verraten wird. Die Offenlegung hat da fast schon etwas antiklimaktisches, es gibt keine wirklichen Aha-Erlebnisse, es wird aber die Erwartung erzeugt, dass es sie geben könnte, was mich dann eher enttäuscht zurück lässt.
Genervt haben mich die ständigen Diskussionen in der Presse um öbszöne Worte, Sexszenen und ähnliches. Die Leute unterscheiden sich je nach Schicht sehr in ihrer Sprache. Ich weiss nicht, wieviel da in der überhasteten Übersetzung mit gleich zwei deutschen Übersetzerinnen noch übrig gebliegen ist, ich bin froh, dass ich das Original gelesen habe, aber die Menschen sprechen unterschiedlich und einige benutzen halt F-Worte, andere nicht.
Und was mich besonders geärgert hat, sind Schnellschüsse, die ein völlig falsches Bild vermitteln. SPON schreibt zum Beispiel als Grund, warum man das Buch nicht lesen sollte:
"Joanne K. Rowling beweist mit "Ein plötzlicher Todesfall", dass schon eine einzige Sexszene zu viel sein kann. Besonders, wenn sie an einem Grab stattfindet."
Wirklich passiert folgendes (kein großer Spoiler)
Obwohl ich mich teilweise wirklich durch das Buch quälen musste, insbesondere wenn jeder längst bekannte Gedankengang mehrfach dargelegt und erklärt werden musste, hat das Buch insbesondere im letzten Drittel einen gewissen Sog auf mich ausgeübt. So als ob man mit offenen Augen auf einen Abgrund zu rast, von dem man weiss, dass er kommt und man weiss auch, dass es längst zu spät ist, das Steuer noch herumzureißen. Und trotzdem muss man weiter hingucken. Erlösung, ein großes Thema im Roman, kommt für einige Figuren erst post mortem - oder nie.
Mein Lieblingssatz ist:
"But who could bear to know which stars were already dead, she thought, blinking up at the night sky; could anybody stand to know that they all were."
Ich weiss gar nicht, wie ich das Buch in Eulenpunkten bewerten soll. Ich habe eine Art Hassliebe entwickelt. Ich bin froh, dass ich es gelesen habe, aber auch froh, dass es vorbei ist.
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