Winter der Welt - Ken Follett

  • Der Autor


    Ken Follett, geboren 1949 in Wales, von Beruf Journalist, wurde mit seinem Thriller 'Die Nadel' weltberühmt. Brillante Erzählkunst verbindet sich in seinen Büchern mit fundierter Sachkenntnis.


    Das Buch



    Nach langer Wartezeit ist nun endlich der mit großer Spannung erwartete zweite Teil der Jahrhundertsaga von Ken Follett erschienen. Schon „Sturz der Titanen“ konnte mich sehr begeistern, aber mit „Winter der Welt“ ist es dem Autor meiner Ansicht nach gelungen noch einmal ganz neue Maßstäbe im Bereich der historischen Literatur zu setzen. Wie keinem anderen gelingt es Ken Follett geschichtliche Begebenheiten in einen großen Unterhaltungsroman einzuflechten. Seine Detailgenauigkeit verlangt dem Leser dabei zwar auch eine gewisse Aufmerksamkeit und Konzentration ab, aber wer geschichtlich interessiert ist und sich auf die Charaktere einlässt, wird mit einem grandiosen Leseerlebnis belohnt.


    Der 1. Weltkrieg ist vorüber. Die junge Demokratie in Deutschland hat es allerdings schwer, sich inmitten von verletztem Vaterlandsstolz und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu behaupten. Da kommt den Menschen die nationalsozialistische Bewegung gerade recht, die verspricht, dass Deutschland seinen rechtmäßigen Platz in der Weltspitze bald wieder einnehmen kann. Obwohl schon recht schnell klar wird, dass es für diese Politik den hohen Preis der Freiheit zu zahlen gilt, gelingt es Adolf Hitler 1933 trotzdem zum Reichskanzler ernannt zu werden. Hier steigt Ken Follett nun wieder in die Ereignisse ein und begleitet die bereits bekannten Familien aus „Sturz der Titanen“ bis hin zur Währungsreform im Jahr 1948. Man erfährt wie es der deutschen Familie von Ulrich ergeht. Auch die russisch-amerikanische Familien Peshkov und Dewar spielen wieder eine große Rolle, ebenso wie die britische Bergarbeiterfamilie Williams. Sie alle müssen sich der dunkelsten Zeit in der Geschichte des 20. Jahrhunderts stellen – dem „Winter der Welt“.


    Ken Follett hat die außergewöhnliche Begabung, dass man sich bei der Lektüre seiner Bücher fühlt, als wäre man selbst am Ort des Geschehens. Dies führt gerade bei „Winter der Welt“ häufig zu blankem Entsetzen, da der Autor sich nicht scheut auch die grausamsten Kapitel der faschistischen europäischen Regimezeit ausführlich darzulegen und sie mit persönlichen Schicksalen zu verbinden.


    Fast nebenbei begibt sich der Autor aber auch auf bekanntes Terrain aus seinen früheren Romanen, wie z.B. in „Die Nadel“ und lädt den Leser ein, sich näher mit der Historie der Spionage im 20. Jahrhundert zu befassen, was er durchaus auch interessant und aufschlussreich aufbereitet.


    Fazit: Dieses Buch bietet einfach alles, was es für gelungene Lesestunden braucht und ist daher mein Lesehighlight 2012.

  • Meine Erwartungen an "Winter of the Worlds" waren sehr hoch, aber im Gegensatz zu seinem Vorgänger war bei diesem Buch lediglich der Sturz der Enttäuschung gigantisch.


    Im ersten Buch habe ich sehr vieles über den ersten Weltkrieg gelernt und darüber wie es dazu kommen konnte. In diesem Buch scheint der einzige Grund des Weltkrieges die Bösartigkeit vom damaligen Deutschland zu sein. Auf einmal werden Zeitungsverlage gestürmt, und die Polizei schaut lachend zu. Wie es zu dieser Situation kommen konnte, wird nirgends erklärt.


    Alle Hauptpersonen des ersten Buches treten in den Hintergrund. Aus ihrer Sicht wird nicht mehr erzählt, und sie scheinen sich auch nicht mehr weiterzuentwickeln. Fitz bleibt der sture britische Lord, Ethel eine perfekte Politikerin, Grigori, der vorher mitgedacht hat und für ein besseres Russland gekämpft hat, nimmt jetzt Greueltaten hin, weil jemand ihm eingetrichtert hat, dass sie eben sein müssen. In den Mittelpunkt treten die Kinder, die erwachsen geworden sind und aus deren Sicht die verschiedenen Kapitel erzählt werden. Leider konnten diese Personen keine Spannung aufbauen. Sie sind zu flach, zu vorhersehbar um mit ihnen mitzufiebern.
    Vorhersehbar waren auch die zufälligen Begegungen von Personen. Länder scheinen wie kleine Dörfer, in denen es selbstverständlich ist, dass zwei Menschen die beide in ein Land ziehen auch aufeinandertreffen werden.


    Manchmal habe ich das Gefühl, dass verschiedenes vergessen wurde. Zum Beispiel Erik, der stolz mit der Hitlerjugenduniform nach Hause kommt, aber auch Angst hat, was seine Eltern dazu sagen werden. Auch wenn der Leser sich das Resultat denken kann, eine Antwort darauf bekommt er nie.


    Stellenweise habe ich mich durch dieses Buch geschleppt, und konnte und kann immer noch nicht glauben, wie ein Autor nach einem genialen Buch das Folgebuch so in den Sand setzen kann. Fünf Punkte vergebe ich trotzdem, weil es nicht schlecht ist, nur eben entäuschender Durchschnitt.

  • Zitat

    Original von xania
    [QUOTE]In diesem Buch scheint der einzige Grund des Weltkrieges die Bösartigkeit vom damaligen Deutschland zu sein. Auf einmal werden Zeitungsverlage gestürmt, und die Polizei schaut lachend zu. Wie es zu dieser Situation kommen konnte, wird nirgends erklärt.



    Ich sehe das anders. Erfreulicherweise hat Ken Follett nicht allein "die Deutschen" für alles verantwortlich gemacht, sondern viele verschiedene Einflüsse aufgegriffen. Ich denke dabei nur an andere faschistische Regime innerhalb Europas, die der Autor sehr schön erläutert hat. Auch das Thema Imperialismus wird nochmals kurz angerissen. Hinzu kommt, dass die Widerstandsbewegung gegen Hitler und die Nazis ausreichend in die Handlung eingebunden wurde.

  • Ich kann mich Quasselstrippe anschließen, ein großartiges Buch, das meine Erwartungen voll erfüllt hat.
    Natürlich sind die Charaktere zum Teil eindimesional, aber das ist der Geschichte geschuldet.
    Im Vergleich zum ersten Teil musste Ken Follett sehr viel mehr Ereignissen in den Buch verarbeiten.


    Ich freue mich schon auf den dritten Teil.

    ************************************************
    Bookworms will rule the world! As soon, as we finish one more chapter...

  • Zitat

    Original von Quasselstrippe



    Ich sehe das anders. Erfreulicherweise hat Ken Follett nicht allein "die Deutschen" für alles verantwortlich gemacht, sondern viele verschiedene Einflüsse aufgegriffen. Ich denke dabei nur an andere faschistische Regime innerhalb Europas, die der Autor sehr schön erläutert hat. Auch das Thema Imperialismus wird nochmals kurz angerissen. Hinzu kommt, dass die Widerstandsbewegung gegen Hitler und die Nazis ausreichend in die Handlung eingebunden wurde.


    Das ging mir beim ungekürzten Hörbuch auch so, es gab kurze aber deutliche Einblicke in die Darstellung anderer faschistischer Regime und ähnliche Bewegungen in Großbritannien. Auch der Einschub über die Zeitung für russische Soldaten war sehr interessant.


    P.S. Manches hätte sicherlich ausführlicher dargestellt werden können, irgendwo musste aber vermutlich gekürzt werden, bei dem Umfang an möglichen Themen/Schwerpunkten...

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von ottifanta ()

  • :wave


    Auch ich genieße gerade das Buch und bin auf den letzen 60 Seiten.


    Was mir, wie auch im 'Sturz der Titanen' gefallen hat, sind die Einblicke in die anderen Länder. Der Sturz der Erwartungen unserer Protagonisten ist eindrucksvoll beschrieben.


    Nicht allein der Blick auf Deutschland, der mir ziemlich bekannt ist, sondern eben auch in andere Länder.


    Der Blick nach Spanien, die eindrucksvolle Demo in London - und eben die Kinder, die nun eine Rolle spielen lassen mich ganz erwartungsvoll auf die Enkel im NachkriegsEuropa und der Welt warten.


    Zitat

    von Xania: Manchmal habe ich das Gefühl, dass verschiedenes vergessen wurde. Zum Beispiel Erik, der stolz mit der Hitlerjugenduniform nach Hause kommt, aber auch Angst hat, was seine Eltern dazu sagen werden. Auch wenn der Leser sich das Resultat denken kann, eine Antwort darauf bekommt er nie.


    xania , ist es keine Antwort, wenn Erik seine Mutter und Schwester zur Spionage auffordert, damit sein Kriegseinsatz wenigstens einen Sinn hat und er auf die Erschießungskommitees hinweist, die er nicht für möglich gehalten hat?


    edit: (Buch heute Morgen beendet) Am Ende beschreibt Carla doch noch, wie Erik zu den Kommunisten steht und in welcher Versammlung er auftaucht, das ist für mich dann auch eine deutliche Sprache.


    Natürlich bekommen wir von allen Figuren nur Entwicklungsbausteine präsentiert, ist Dir das zu wenig, dann kann ich das gut verstehen.


    Kennt hier jemand Marge Piercy: Menschen im Krieg?


    Vielleicht liebe Xania ist das Buch für Dich spannender? Ich habe das in berührender Erinnerung

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von binchen ()

  • Ich habe das Buch auch innerhalb von 4 Tage gelesen.
    Positiv fand ich, dass man auf den 2. Weltkrieg aus mehreren Blickwinkeln kennen gelernt hat und über den weiteren Verlauf der aus Buch 1 bekannten Personen lesen konnte.


    Negativ fand, dass die Personen aus Buch 2 nicht so Persönlichkeits stark war, wie die aus Buch 1, denn ich habe mehr mit den Personen aus Buch 1 gefiebert und gelitten habe.


    Nicht destotrotz war dies ein sehr gute Buch und ich freue mich auf Teil 3

  • Auch der zweite Teil war wieder ein hervorragendes Buch. Gute Mischung aus Kriegsgeschehen und Persönlichem. Alte Bekannte plus neue liebenswürdige Personen. Sehr gelungen.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Mit "Winter der Welt" setzt Follet seine Jahrhundert-Saga fort. Konsequent bleibt er seiner im ersten Band gesetzten Richtlinie treu, Geschichtsunterricht in unterhaltsamer Form zu präsentieren. Wieder stehen die inzwischen teilweise miteinander verwobenen Familien, die wir schon im ersten Band kennen gelernt haben, im Mittelpunkt und der Handlungsschwerpunkt wandert mit ihnen von Deutschland über die USA und Großbritannien bis in die Sowjetunion. Somit werden wir Zeuge wesentlicher Entwicklungen der Geschichte, bei denen natürlich unsere Protagonisten maßgeblichen Anteil haben.


    Follets Projekt ist ambitioniert, dem offenbar auch eine sehr fundierte Recherche zugrunde liegt. Man erfährt auch das eine oder andere Detail, das der Geschichtsunterricht nicht erzählt hat, erklärt Zusammenhänge aus seiner politischen Weltsicht, die er dabei aber überparteilich zu positionieren versucht. Nicht immer ist für mich diese Überparteilichkeit gewährleistet, was natürlich bei der Vielfalt der behandelten Themen gar nicht möglich ist.


    Natürlich nimmt Follet auch seine üblichen Zutaten zu Hilfe, ein wenig Herzschmerz, ein wenig Sex und außerordentlich viele unwahrscheinliche Zufälle. Für mich hatten die gut 1000 Seiten auch ihre Längen, ich hätte auf so manche Liebesaffäre verzichten können, aber das mag der Zielgruppenschwerpunkt anders sehen und schließlich mussste er ja auch für Nachwuchs für den dritten Teil sorgen.


    Der sprachliche Stil Follets ist üblicherweise und auch dieses Mal nicht herausragend, aber Follets Bücher leben in erster Linie durch die Geschichten, die sie erzählen.


    Ich habe den Wälzer im Fazit ganz gern gelesen und werde mir sicher dann auch Teil drei reinziehen. Empfehlung für alle die Teil eins gelesen haben und unterhaltsamen Geschichtsunterricht erfahren wollen. Ich vergebe dafür 7,5 Eulenpunkte.

  • Mir hat das Buch sehr gut gefallen, 1000 Seiten finde ich eigentlich immer besser als 200 Seiten, da hat man etwas fürs Geld ;)


    Im Vergleich zum ersten Buch hat es mir ein bisschen besser gefallen, aber ein paar Schwächen muss ich dich erwähnen:


    1. Es ist viel mehr schwarz-weiss als Buch 1: Gerade die Deutschen sind entweder elende Nazis (Macke...) oder Widerständler (Carla, Werner,...), dazwischen gibt es nichts. Im ersten Buch gab es zB Walter, der eigentlich gegen den Krieg war, aber dann halt doch gegangen ist, einfach aus Pflichtbewusstsein. Solche Typen haben im zweiten Buch gefehlt, leider. Ich persönlich hätte gerne einen "sympathischen Nazi" im Buch gesehen, er hätte keine Hauptrolle gebraucht, aber einfach vorkommen hätte er sollen.


    2. Auch wenn es zT stimmen mag, schien mir die ganze Sache zu einseitig Anti-Deutsch (und ein bisschen Anti-japanisch) zu sein: Es wird nur von Spionageringen in Deutschland erzählt, die immer gerade zum perfekten Zeitpunkt das perfekte Dokument gekriegt haben... und alle bis am Schluss gut überlebt haben. Deutsche Spionage in England oder Russland wird in keinem einzigen Nebensatz auch nur erwähnt, das fand ich etwas schade, hängt aber auch ein bisschen mit Punkt 1 zusammen: "Der Deutsche" war entweder ein Nazi oder ein Widerständler, etwas dazwischen gibt es nicht.


    Abgesehen von diesen Schwächen habe ich es sehr schnell gelesen, dabei einiges gelernt (speziell über Russland) und mich auch prächtig unterhalten.


    Darum gibt es 9 von 10 Punkten.

  • Mir hat der erste Teil schon sehr gut gefallen, aber diese Fortsetzung hat den Ersten tatsächlich übertroffen. Nie war Geschichtsunterricht spannender...!!! :-)
    Von mir 10 von 10 Punkten.
    Wovon handelt geschichtlich eigentlich der dritte Teil?

    :lesend"Labyrinth - Elixier des Todes: Agent Pendergast 14" von Douglas Preston & Lincoln Child


    "Wenn man liebt, sind Pockennarben so hübsch wie Grübchen."