MINI-LR "Messias-Maschine" von Chris Beckett ab 2.10.

  • Hallo!
    Bitte vor dem Posten den jeweiligen Abschnitt, über den ihr schreibt, erwähnen. Das erleichtert die Orientierung und vermeidet ärgerliche Spoiler. :wave


    Einteilung:


    Kapitel 1 - 17 (Anfang bis Seite 83)
    Kapitel 18 - 37 (Seite 84 bis Seite 166)
    Kapitel 38 - 56 (Seite 167 bis Seite 251)
    Kapitel 57 - 76 (Seite 251 bis Seite 332)


    Teilnehmer:


    dyke
    Clare
    Wiggli
    Rosha
    Herr Palomar(Zaungast)
    Siilas

  • Ich habe mit dem Buch gestern Abend angefangen und bin mit dem ersten Abschnitt schon durch. Das liegt vor allem daran, dass der Schreibstil sehr flüssig und einfach ist, so dass man förmlich durch die Zeilen rauschen kann.


    Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus Sicht des Protagonisten George Simling. Er berichtet rückwirkend, was er in einer Art Gespräch mit dem Leser gleich zu Anfang deutlich macht. Wir werden informiert, dass er mit seinem Bericht beginnt, als er 22 Jahre alt ist.


    Er lebt in Illyira-City, auch genannt die Stadt der Türme und scheint auf der ganzen Welt der einzige Staat zu sein, in dem keine Theokratie herrscht. Hier gilt als oberste Instanz die Wissenschaft, die Logik und die Vernunft.


    Illyria ist eine Bastion, bevölkert von Wissenschaftlern, die vor Verfolgung, Folter und Tod geflohen sind.


    Die Revolution der unteren, armen Klassen hat anscheinend weltweit stattgefunden. Im Buch wird es als "die Reaktion" bezeichnet. Hass, Verfolgung und Gewalt sind massiv ausgebrochen. Vergleiche zu Inquisition, Hitler, Stalin, Kulturrevolution in China unter Mao drängen sich mir auf.


    George arbeitet als Übersetzer, ist auf den ersten Blick recht sympathisch. Sehr schnell merkt man jedoch, dass er sozial verkrüppelt ist. Dies äußert sich in extremer Schüchternheit.
    Erschreckend finde ich den massiven Mangel an zwischenmenschlicher Zuwendung. Seine Mutter, mit der er zusammen in einer Wohnung lebt, ist dazu nicht fähig. Ihre Erfahrungen der Vergangenheit machen ihr das anscheinend unmöglich. Sie ist ziemlich egozentrisch.


    Georges Sehnsucht nach Liebe und Zärtlichkeit ist in ihrer drängenden Verzweiflung berührend. Dass er diese Bedürfnisse mit Lucy, einer Roboterfrau stillen will, irgendwie verständlich.


    Die Roboter, die zu Massen in Illyria Verwendung finden, sind eine interessante Note. Zumal sich Störungen häufen und Roboter entgegen ihrer Programmierung agieren.


    Zum Ende des ersten Abschnitts hin werden die Ereignisse dramatischer. Aufstände, verursacht durch gläubige Gastarbeiter in Illyria, setzen verschärfte Maßnahmen in Gang.


    Ich bin gespannt, wie es weiter geht.

  • Mein Eindruck des ersten Abschnittes ist, dass der Autor grundsätzlich Intoleranz und Extremismus aufzeigen will.


    Egal welcher "Glaubensrichtung" man verfallen ist, ob das nun die Wissenschaft oder eine Religion ist. Anscheinend ist die ganze Menschheit (wieder einmal) ihrer alten Kardinaluntugend aufgesessen, immer Recht haben zu wollen und die eigene Meinung anderen aufzwingen zu müssen. Scheint ein menschliches Phänomen zu sein.


    "Ich habe recht und wenn du das nicht einsiehst, ziehe ich dir eins über die Rübe." Das wäre so ungefähr eine bisherige Inhaltsangabe mit saloppen Worten in einem Satz ausgedrückt.


    Ich bin gespannt auf eure Eindrücke. :wave

  • Zitat

    Original von Rosha
    Mein Eindruck des ersten Abschnittes ist, dass der Autor grundsätzlich Intoleranz und Extremismus aufzeigen will.


    Absolut! Das glaube ich auch.


    Der Roman wird ziemlich durch die Scenerie und durch den protagonisten geprägt, der kein typischer Held ist, eher ein armer Tropf, ziemlich egoistisch und nicht immer lebenstauglich.
    Aber ich mag ihn dennoch!

  • Gestern nur noch kurz angelesen, aber eins ist mir aufgefallen, besonders nach Biokrieg:


    die sexuelle Verfügbarkeit von "Pseudo"-Frauen für Männer.


    Nachdem Sexualität in der SF in der Regel ein No Go ist, überrascht mich das doch sehr. Zudem es sich wohl auch hier um eine gewalttätige Sexualität von Männern handelt.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Ein wichtiges Thema in dem Roman ist m.E. nach, wie die Menschen in einer Gesellschaft miteinander umgehen.
    Da Chris Beckett auch Sozialarbeiter ist, glaube ich, dass er familiäre und gesellschaftlich schwierige Lebensumstände gut einschätzen kann.
    George erscheint mir talentiert und sprachbegabt, aber auch sehr isoliert und auch das Verhältnis mit seiner Mutter ist anscheinend problembehaftet. Eine echt gute Beziehung haben sie anscheinend nicht zueinander, dabei weist der Autor nicht offensichtlich Schuld zu. Auch die Mutter flüchtet sich anscheinend in eine Scheinwelt, die George auf andere, körperliche Art auch anstrebt.



    Den Autor Chris Beckett habe ich als niveauvollen Shortstory-Autor mit Geschichten voller wichtiger Themen und angenehmer Sprache in englischsprachigen Magazinen entdeckt. Als dieser Roman (OT: The Holy Machine) erschien habe ich mich aufgrund der Komplexität nicht an die englische Version rangetraut. Deswegen war ich begeistert, als er dieses Jahr im Juli dieses Jahres auf Deutsch erschien.
    Hoffentlich erscheint auch sein zweiter Roman Marcher noch auf Deutsch.

  • Ich habe noch nicht viel gelesen, weil ich eigentlich noch mitten in einer anderen LR stecke, die sich länger zieht als erwartet.


    Was ich sagen kann, ist dass ich an verschiedene Romane erinnert werde. Nicht im Sinne von zu ähnlich, eher sind es einzelne Handlungselemente. Biokrieg fiel mir auch sofort ein, als die ersten mechanischen Frauen genannt wurden zum Vergnügen geschaffen und vermeintlich ohne Seele.
    Das Versinken der Mutter in der virtuellen Realität wiederum erinnerte mich an "Otherland" von Williams.

  • Unter anderem läuft es auch darauf hinaus, ob Lucy, die Robotin menschliche Züge annehmen und damit mehr als nur eine Maschine sein,? Dieses Thema ist in der Science Fiction ein Klassiker von wissenschaftlichen Ansätzen eines Isaac Asimov, den ich literarisch überhaupt nicht schätze bis hin zum romantik- und sexuellbetonten von Tanith Lees Silver Metal Lover.
    Chris Beckett schafft es nach meiner Lesart das abgetakelte Thema auf neue Art modern zu behandeln.

  • Zitat

    Original von dyke
    Nachdem Sexualität in der SF in der Regel ein No Go ist, überrascht mich das doch sehr. Zudem es sich wohl auch hier um eine gewalttätige Sexualität von Männern handelt.


    Ist Sexualität in der SF für dich persönlich ein No Go oder siehst du das als üblichen Tenor?


    Ich persönlich finde, dass Sexualität nicht nur in der SF tabuisiert wird, sondern auch in anderen Genres ganz oft ausgeklammert wird. Trotz aller Aufklärung sind viele Menschen noch immer ziemlich verklemmt, wenn es um die körperliche Liebe geht.


    Was ich sehr schade finde, denn es ist ein zentrales, wichtiges Thema, das sehr viel über die Menschen und ihre Art miteinander umzugehen aussagt.


    Speziell hier in diesem Buch zeigt es Diskrepanzen auf. Trotz aller Fortschrittlichkeit und Aufklärung ist George ein zutiefst verschüchterter Mann, der nicht fähig scheint, eine emotionale Verbindung zu einem anderen Menschen einzugehen. So wie er geschildert wird, besteht sein hauptsächlicher zwischenmenschlicher Kontakt zu seiner Mutter. Und auch diese Verbindung macht auf mich keinen gesunden Eindruck.


    George scheint keine Freunde zu haben, unternimmt auch nichts mit Arbeitskollegen. Er ist 22 Jahre alt und erlebt seine erste Umarmung ausgerechnet von einer Roboterfrau. Das finde ich sehr erschreckend.


    Beckett stellt sich dem Thema Sexualität, aber es scheint nach wie vor eine männerlastige Angelegenheit zu sein. Was machen die Frauen, wenn sie Bedürfnisse haben? Gibt es für sie auch so praktische SenTecs?


    Oder ist es vielleicht auch eine heimliche, rein männliche Wunschvorstellung, eine Art Sexsklavin zu haben, die alles mitmacht, was man möchte?


    Ich empfinde diese Roboterfrauen eine gute Alternative zu menschlichen Prostituierten, denn nichts anderes sind sie. Und Freudenhäuser waren schon immer eine wichtige Institution in egal welcher Ära oder Gesellschaft. Das wird sich auch in einer möglichen Zukunft nicht großartig verändern.


  • Ich lese Sf seit den frühen 60er Jahren und habe mich Ende der 80er ziemlich davon zurückgezogen, als es fast nur Space Operas und Serien auf Deutsch veröffentlicht wurden Die ganze Zeit hat die SF immer eine Diskussion begleitet, warum Sexualität in der SF so gut wie nicht statt findet, ja ihre Erwähnung sogar schon fast einen Tabubruch bedeutet.


    Als Philip Josew Farmers „Die Liebenden“ (1978 auf Deutsch) meines Wissens erstmals Sex zwischen Menschen und „Aliens“ statt finden ließ, gab es in der SF-Gemeinde fast nur Verurteilungen .


    Da verwundert es mich doch, dass gleich in 2 neuen Romanen das Thema aufgegriffen wird und dann noch auf diese Art, die so gar nichts „aufgeklärtes“ hat.


    Der weibliche Körper wird nachgebildet und Mann kann alles damit tun, ohne Gefahr zu laufen an Grenzen zu stoßen.


    Besonders perfide fand ich in Biokrieg, dass das Aufzieh-Mädchen so „programmiert“ wurde, dass, egal was man ihm antat, sein Körper Lust empfand und zum Orgasmus kam.


    Und in diesem Fall ist wohl die Beschädigung die Grenze.


    Beide Romane erwecken den Anschein, dass ein männliches, aggressives, gewalttätiges Sexualverhalten in Ordnung ist, so lange es nicht mit „echten“ Frauen praktiziert wird.


    Das lässt mich doch leicht die Stirne runzeln, unabhängig von den Geschichten.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Original von dykeBeide Romane erwecken den Anschein, dass ein männliches, aggressives, gewalttätiges Sexualverhalten in Ordnung ist, so lange es nicht mit „echten“ Frauen praktiziert wird.


    Das lässt mich doch leicht die Stirne runzeln, unabhängig von den Geschichten.


    Dyke, ich stimme dir vollkommen zu. Das ist ein Rollenbild, das eigentlich völlig unakzeptabel ist. Der Mann der agressive Täter, die Frau das hilflose Opfer.


    Allerdings habe ich in der "Messias Maschine" nicht vorrangig die männliche Sexualtität als aggressiv empfunden. Auch George hat ja nichts "Verwerfliches" mit Lucy angestellt. Er hatte ganz normalen Sex, aber eben mit einer Maschine.


    Es ist hier die Entkoppelung von Liebe und Sexualität, die ich dargestellt sehe. Aber auch das ist nichts Neues. Ich glaube kaum, dass der herkömmliche Bordellbesucher Liebe sucht bei einer Prostituierten.

  • Hier wird aus der Perspektive von Lucy erzählt. Das hat mir außerordentlich gut gefallen. Beckett ist die Darstellung der Roboterfrau sehr gut gelungen. Man erlebt die Subroutinen mit, die im Prozessor von Lucy ablaufen.


    Ein wenig erinnert mich das an "Terminator". :grin


    Man erlebt den Grenzgang mit. Das erste zögerliche Erwachen von Bewusstsein bei Lucy. Ein spannendes Thema.


    Was ich persönlich besonders gruselig empfinde und ich mich wundere, dass die Kundschaft sich augenscheinlich überhaupt keine Gedanken darüber macht: Das Datensammeln.


    Die Roboterfrauen melden alles, was sie mit dem Klienten erleben, an die Hauszentrale. Für jeden Kunden wird ein Profil erstellt. Ich als Mann wäre alles andere erpicht darauf, dass irgendwo auf einem Server diese Daten über mich gespeichert sind. Das ist facebook hoch zehn und jagt mir Schauer über den Rücken. Ein einziges Big brother is watching you.

  • Dank Feiertag bin ich mit dem 2. Teil durch.


    Bisher überzeugt mich der Roman nicht.


    Wie schon Clare sagte – alles irgendwo schon einmal dagewesen – gelesen. Irgendwie die x-te Auflage von Romeo und Julia


    Die Handlung bietet nichts überraschendes.


    Am gelungensten fand ich noch die kleine Diskussion in der AMG-Zelle über den liebenden und strafenden Gott – diese ewige, für mich nicht zu klärende Diskrepanz im christlichen Glauben.


    George Simling kann ich nicht greifen – eine Art Nerd – in einer Sache gut, aber sonst des Lebens untauglich. In einem Thriller die besten Voraussetzungen für einen Psychopathen.


    Seine Handlungen sind in ihrer Naivität voraussehbar.


    Einzig das Umfeld, verursacht durch die „Reaktion“, finde ich interessant.
    Es zeigt wie wenig sich die Menschen in den letzten Jahrhunderten weiter entwickelt haben und wohl zukünftig werden.
    Sicher, es gibt wieder Menschen mit Visionen – nur sie erreichen keine wirkliche Veränderung.
    Wir sind halt immer noch in unserem, vor Jahrtausenden entwickeltem Gehirn gefangen.
    Wir suchen Schutz und Sicherheit und folgen dem, von dem, der es uns verspricht und wir glauben, dass er sein Versprechen hält.


    Ihr sagt, der Roman zeige Intoleranz und Extremismus auf. Aber was nützt Toleranz und Freiheit wenn eines fehlt: der gegenseitige Respekt und die Einsicht, dass es mehrere richtige Wege gibt und nicht nur der eigene.


    Für mich steht eine andere Komponente im Vordergrund: was ist menschliches Leben?
    Wo ist wirklich der Unterschied zwischen einem Menschen und eine Roboterfrau, außer in der Zeugung (und bei beiden sind Menschen maßgeblich beteiligt). Beide sind mit Grundprogrammen ausgestattet und im Laufe des Lebens werden diese selbstständig weiterentwickelt.


    Mal sehen, was der Roman in der 2. Hälfte noch aufbietet.

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

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  • Zitat

    Original von Rosha
    Hier wird aus der Perspektive von Lucy erzählt. Das hat mir außerordentlich gut gefallen. Beckett ist die Darstellung der Roboterfrau sehr gut gelungen. Man erlebt die Subroutinen mit, die im Prozessor von Lucy ablaufen.
    ...Man erlebt den Grenzgang mit. Das erste zögerliche Erwachen von Bewusstsein bei Lucy. Ein spannendes Thema.
    ...Was ich persönlich besonders gruselig empfinde und ich mich wundere, dass die Kundschaft sich augenscheinlich überhaupt keine Gedanken darüber macht: Das Datensammeln.


    Die Roboterfrauen melden alles, was sie mit dem Klienten erleben, an die Hauszentrale. Für jeden Kunden wird ein Profil erstellt. Ich als Mann wäre alles andere erpicht darauf, dass irgendwo auf einem Server diese Daten über mich gespeichert sind. Das ist facebook hoch zehn und jagt mir Schauer über den Rücken. Ein einziges Big brother is watching you.


    Lucys Gedanken - erst dachte ich, dass das eine interessante Idee ist, muss allerdings jetzt sagen, dass, oder es kommt vielleicht noch, zu wenig aus diesem Ansatz gemacht wird oder nicht das Richtige...Das ist momentan mein Empfinden.
    Ich habe starke Bedenken, dass sich dieser Aspekt der Geschichte vorhersehbar entwickeln könnte, die unterdrückten Roboter, die ein Bewusstsein entwickeln und tragisch enden, fast menschlicher als die Menschen selbst. Ich hoffe, dass ich mich irre.


    Dass keiner bemerkt, was an Daten die Syntecs aufzeichnen, hat mich auch gewundert. Wobei das auch kein Wunder ist, denn die Klienten, außer George, gehen im Roten Raum herum wie Zombies, völlig neben sich stehend, geistesabwesend, entseelt.

  • Zitat

    Original von dyke
    Bisher überzeugt mich der Roman nicht.
    Wie schon Clare sagte – alles irgendwo schon einmal dagewesen – gelesen. Irgendwie die x-te Auflage von Romeo und Julia
    Die Handlung bietet nichts überraschendes.


    Nun habe ich ja seit der Bemerkung ein wenig weiter gelesen, aber meine Meinung ändern konnte ich bisher noch nicht.
    Vielleicht muss es ja auch nicht immer etwas Neues sein. Es wurde ja schon so viel geschrieben.
    Ich erwarte trotzdem gespannt Neues in jedem Buch, sonst müsste ich ja auch nicht lesen. Hier habe ich noch nichts gefunden, was mich ködert.


    Das Buch liest sich aber zu meinem derzeitigen Leserundenbuch im Vergleich sehr erfrischend, das muss ich schon sagen... :grin


    Zitat

    ...
    George Simling kann ich nicht greifen – eine Art Nerd – in einer Sache gut, aber sonst des Lebens untauglich. In einem Thriller die besten Voraussetzungen für einen Psychopathen.


    Ich glaube, dass George Simling noch aus seinem eng geschnürten Panzer ausbrechen wird, in die eine oder andere Richtung. Vielleicht wird er ja auch zum Mörder, wer weiß...Vielleicht zerstört er ja noch seine Roboterfrau, zu der er eine Obsession entwickeln wird, mutmaße ich mal...

  • Auch mich konnte das Buch noch nicht wirklich in seinen Bann schlagen. Es liest sich zwar schnell, aber ich habe eine Art Mangelgefühl. Mir ist, als fehlten elementare Seiten des Manuskriptes.


    Das Umkippen der Gesellschaft Illyriens kommt mir zu glatt, zu schnell, zu einfach. Nicht dass ich es grundsätzlich nicht für möglich halten würde, aber so wie der Autor es darstellt, ist es für mich nicht glaubwürdig.


    Auch finde ich es mehr als merkwürdig, dass sich George so rasch auf die AMG einlässt. Im Prinzip ist er ja recht leidenschaftslos und ich kann keine hinreichende Motivation erkennen, warum er jetzt dieses große, persönliche Riskio eingeht, sich der Untergrundvereinigung anzuschließen.


    Die Szene mit Janina und Yussef fand ich ebenfalls gelungen und bezeichnend. So unterschiedlich wie diese drei sind, mit den Diskrepanzen die sich aufgrund ihrer persönlichen Entwicklungsstufen ergeben, sind sie das reinste Pulverfass.


    Komplett absurd sich vorzustellen, mit so einer "Mannschaft" eine bessere Welt erschaffen zu wollen. Das führt doch von vornherein nur zu Gewaltexzessen, Uneinigkeit und Grabenkämpfen innerhalb der eigenen Reihen.


    Georges "Liebe" zu Lucy sehe ich ebenfalls nicht ausreichend erklärt. Im Prinzip ist er doch nur auf ihre optischen Reize angesprungen. Jetzt versucht er sie, zu einem "Mensch" zu machen. Doch auch das ist zum Scheitern verurteilt und müsste ihm eigentlich klar sein.


    Besonders naiv empfand ich seine Klagelitanei, die er Lucy anvertraut: Wenn ihn die Doppel-Os nicht erwischen, dann erledigt ihn die AMG. :yikes Ist der Kerl lebensmüde? Da kann er sich ja gleich ein Schild umhängen.


    Wenn die Menschen der Zukunft in Bezug auf Datenschutz wirklich nicht mehr gelernt haben, dann haben sie intelligenzmäßig meiner Meinung nach einen Rückschritt gemacht. :wow

  • Zitat

    Original von ClareVielleicht muss es ja auch nicht immer etwas Neues sein. Es wurde ja schon so viel geschrieben.
    Ich erwarte trotzdem gespannt Neues in jedem Buch, sonst müsste ich ja auch nicht lesen. Hier habe ich noch nichts gefunden, was mich ködert.


    :write Alle Themen sind mehr oder weniger schon mal bearbeitet worden. Aber es gibt immer wieder neue Variationen zu den gleichen Themen und genau das ist die Triebfeder zum Lesen.


    Ich hoffe ja auch noch auf eine (plausible) Entwicklung von George. Mal sehen, was in Kombination mit Lucy noch möglich ist.

  • Ich greife mir mal Ruth heraus, Georgs Mutter, die "kleine Rose". Sie ist ein typisches Beispiel für einen einsamen Menschen in so einer schnellen, hochtechnisierten Welt.
    Als zum ersten Mal Georges und ihr Nachname genannt wurde, hatte ich eine Assoziation zu "SIMS", dem Computerspiel. Auch dort bewegen sich Figuren in einer virtuellen Welt, bewohnen Häuser, leben ein Leben, auch wenn die zu unserer Zeit existierenden Versionen natürlich noch nicht zulassen, dass man sich selber in der virtuellen Welt bewegt.
    Die Szene, in der Ruth gefunden wird, allein und seit 5 Tagen leblos in der Gurten ihres SenSpace hängend, malt ein wirklich trostloses Bild davon, was sie sich noch als ihren Weg vorstellt. Ihre Verstümmlung ist ihre Eintrittskarte in das "Leben", das sie sich noch wünscht. Nun wo George weg ist, ist sie sozial gänzlich verarmt. Traurig.
    Es ist ja nicht so, als hätte das keinen realen Bezug. Man denke an die vielen Menschen, die heute Stunden über Stunden im Netz bewegen und nicht mehr am wirklichen Leben teilnehmen, die virtuelle Freunde mit wirklichen verwechseln...
    Der Autor ist Sozialarbeiten? Nun, auf das, was er anprangern und kritisieren will, stößt er uns ja beinahe mit der Nase... :rolleyes Mir ein bisschen zu direkt...