Wenn die Agentur das Manuskript nicht unterbringen kann…

  • Tom - Bei meinem Agenten handelt es sich nicht um ein schwarzes Schaf – die Gewissheit habe ich aus den Gesprächen mit anderen Autoren und aus den Interviews mit seinen Klienten, die ich im Netz gefunden habe.


    Und bei meinem Manuskript handelt es sich nicht um einen Genre-Mix.


    Das was Du über das Vorgehen einer Agentur geschrieben hast, Tom (unter anderem über die Betriebsgeheimnisse usw.), war für mich sehr interessant und eigentlich einleuchtend!
    Die Einblicke in die Arbeit einer Agentur oder eines Verlags finde ich sehr spannend.


    Apropos Verlage – immer wieder habe ich gelesen, dass sich für einen Autor in den großen Verlagen (vor allem) beim ersten Buch der Erfolg schnell einstellen sollte, sonst ist man schnell weg vom Fenster, während die kleinen Verlage für ihre Autoren „mehr Geduld haben“. Wie sind Eure Erfahrungen/Meinungen diesbezüglich?


    p.s. Mir hat Toms letzter Satz auch sehr gefallen : )

  • Zitat

    immer wieder habe ich gelesen, dass sich für einen Autor in den großen Verlagen (vor allem) beim ersten Buch der Erfolg schnell einstellen sollte, sonst ist man schnell weg vom Fenster


    Das kommt darauf an, was man unter "Erfolg" versteht. Die Verlage wissen, dass neue Autoren in aller Regel nicht sofort in den Bestsellerlisten landen, und selbst Autoren, die schon das achte, neunte Buch vorgelegt haben, waren dort möglicherweise noch nie vertreten. Bestsellerlisten enthalten 100 Bücher und also auch maximal 100 Autoren, bei jährlichen (Belletristik-)Neuerscheinungen im hohen fünfstelligen Bereich. Würde jeder Verlag sofort jeden Autor kippen, der nicht im "Spiegel" auf der Liste steht, wären die meisten Debütanten sofort wieder verlagslos, aber auch Routiniers müssten jederzeit damit rechnen, keine weiteren Projekte unterzubringen. Das wäre sehr sinnlos und wird so auch nicht praktiziert.


    Fast jeder Debütant wird im Rahmen des Vertragsabschlusses die Frage hören, ob noch mehr von ihm zu erwarten wäre. Sie zielt darauf ab, dass neue Autoren meistens keine Produkte sind, die sich vom Start weg gut verkaufen - Ausnahmen bestätigen diese Regel nur. Man muss sie aufbauen, zu einer Marke werden lassen, und das kostet Zeit. Überraschungserfolge verkürzen sie natürlich, aber kaum ein Verlag wird einen Autor gleich wieder auf die Straße setzen, weil innerhalb des ersten Jahres keine 10.000 Exemplare verkauft wurden. Vielmehr setzt man zumeist auf Kontinuität, auf dass sich dann später auch die Backlist verkauft, wenn der Autor bekannter geworden ist und seine Fanbasis erschlossen hat.


    Krasse Flops, die auch noch von Presse und Öffentlichkeit zerrissen wurden, dürften demgegenüber durchaus dazu führen, dass Folgeprojekte eher zaghaft erwogen werden.


    Die meisten Autoren, die da draußen unterwegs sind, deren Namen man kennt und die schon einige Bücher vorgelegt haben, kommen nicht auf eine sechsstellige Gesamtauflage - oder auf eine nur sehr kleine sechsstellige. Bestseller sind die Ausnahme. Ein "Erfolg" ist schon da, wenn sich ein Buch rechnet, Fensterkreuz mal Pi ab 5.000 Exemplaren. Zehn-, zwanzigtausend markieren bereits einen kleinen Bestseller. Wie gesagt, meistens ist auf Verlagsseite der Willen vorhanden, mindestens zwei, drei Bücher durchzuhalten, wenn der Autor nicht absolute Ladenhüter liefert.



    Edit:
    Zwei Ergänzungen:
    1. All das lässt sich kaum generalisiert sagen; manch ein Verlag ist experimentierfreudiger und/oder hat mehr Durchhaltewillen, und manch ein Verlag orientiert sich ausschließlich am wirtschaftlichen Erfolg. Zudem gibt es x Abstufungen dazwischen. Allerdings ist zu erwarten, dass ein Verlag, der überhaupt unbekannte Neuautoren ins Programm nimmt (und das tun ja längst nicht alle), diese nicht sofort wieder abschießt, wenn das erste Buch nicht gleich durch die Decke geht.


    2. Kleinere Verlage operieren mit ganz anderen Zahlen. Was für einen kleineren Verlag schon einen Erfolg darstellt, etwa 500 Exemplare in den ersten drei Monaten, geht bei einem großen Publikumsverlag schon an Rezensionsexemplaren zu einem Titel raus. Kleinere Verlage arbeiten aber meistens auch mit deutlich schmaleren Kriegskassen; Autoren, die also mit ihren Büchern nicht einmal den Break-Even erreichen, kosten Geld, das nicht vorhanden ist. Es ist falsch, anzunehmen, dass ein kleinerer Verlag automatisch toleranter im Hinblick auf Verkaufserfolge ist; zwar ist der Umgang hier gelegentlich sehr viel persönlicher (sehr persönlichen Umgang gibt es aber auch bei Publikumsverlagen), aber die Schwelle zur Pleite ist auch sehr viel niedriger. Das Geld, um Autoren langfristig aufzubauen, an die man tatsächlich glaubt, ist hier meistens nicht vorhanden.

  • Wie eben schon erwähnt, bloß nicht aufgeben, analysieren, in sich gehen, und vor allem...weiterschreiben.


    Ich habe ebenso Erfahrungen mit einer kleinen Agentur gemacht. Manchmal klappt es mit der erhofften Vermittlung eben nicht (kein Wunder bei der unglaublichen Anzahl von Manuskripten, die auf Veröffentlichung wartend im deutsprachigen Raum herumschwirren). Es ist nun mal schwer, in eine große Agentur zu kommen, ebenso, wie einen großen Verlag zu finden. Aber auch dort kann es passieren, dass man trotz Veröffentlichung sang- und klanglos untergeht.


    Und in dieser Branche braucht alles eine ewig lange Zeit. Bei der Suche nach einer größeren Agentur erhielt ich nach einem halben Jahr Antwort auf meine Email-Anfrage!
    Und dort ist mittlerweile auch noch nichts entschieden. Wenn ich mir vorstelle, auf die nächste Antwort wieder ein halbes Jahr warten zu müssen! Seufz!


    Was mache ich, um die Wartezeit zu überbrücken? An meinem nächsten Roman schreiben, und dann wieder an einem nächsten, und ich werde dabei immer besser....ich denke eben positiv.


    Und während ich schreibe, liegt das eine Manuskript bei einer Agentur, das andere bei einem Verlag...und irgendwann ruft wer an, und schickt einen Vertrag, und wenns ein kleiner Verlag ist, freue ich mich in nobler Bescheidenheit ebenso.


    Hat irgendjemand gesagt, dass es leicht ist, Schriftsteller zu sein?


    Kopf hoch!
    Sayyida

  • Ich arbeite seit vielen Jahren mit Agenturen zusammen, und am wichtigsten war für mich immer, dass die Kommunikation klappt. Gerade dann, wenn ein Manuskript nicht vermittelbar ist - was bei mir mehrfach der Fall war - will ich erfahren, wer es angeboten bekam und aus welchem Grund es jeweils abgelehnt wurde. Nur so kann ich dazulernen und es evtl. später selbst anbieten. Das habe ich einige Mal mit Erfolg gemacht, aber dabei natürlich die Verlage ausgelassen, bei denen es die Agentur schon versucht hatte.


    Wenn ein Agent einen einfach im Regen stehen oder gar am ausgestreckten Arm verhungern lässt, ist das für mich ein unprofessionelles Verhalten. Das würde mich völlig ausbremsen und mir die Freude am Schreiben nehmen.


    Leider gibt es wohl einige Agenten, die sich so verhalten, denn ich habe schon von vielen befreundeten Autoren derartiges gehört. Meist versandete die Zusammenarbeit dann irgendwann und erst nach einem Agenturwechsel lief es wieder mit dem Schreiben und Veröffentlichen.


    Viel Glück, Lasar
    Nina

  • hef – Ich habe mich zwar in einem Moment bewusst für das Schriftsteller-Dasein entschieden, dennoch hatte ich schon immer die Zuversicht, irgendwo tief in mir, dass es ohnehin so sein muss und wird :-) Damit bin ich sonst bisher gut zu Recht gekommen, es war nur die Zusammenarbeit mit dem Agenten, die unerfreulich geworden ist.


    Sayyida - Mit dem Schreiben kommt es gut voran. Damit aufzuhören, trotz dem Frust, wäre unvorstellbar!


    Nina - „…will ich erfahren, wer es angeboten bekam und aus welchem Grund es jeweils abgelehnt wurde. Nur so kann ich dazulernen und es evtl. später selbst anbieten.“ Das will ich auch von meinem Agenten erfahren (was in ein paar Wochen hoffentlich auch passieren wird – wir haben einen Termin vereinbart). „…unprofessionelles Verhalten. Das würde mich völlig ausbremsen und mir die Freude am Schreiben nehmen.“ In meinem Fall ist genau das passiert, die Freude wurde für eine kurze Zeit ein wenig betrübt, aber der Elan ist inzwischen wieder da, ein kleines Dokumentartheater-Projekt bannt sich an und ich schreibe mit viel Freude.


    Vielen Dank für Eure Ermutigungen!

  • Eure Tipps sind prima. Ich habe noch nicht mit einer Agentur zusammengarbeitet, sondern es bei meinem Erstling privat versucht. Untergekommen bin ich dann bei einem kleinen Verlag, was man allerdings schon an den Marketingmöglichkeiten merkt. Allerdings habe ich einen super kurzen Draht zum Verleger und konnte auf die Art auch ein Kleinprojekt schnell in die Buchform bringen.
    Beim nächsten größeren Projekt werde ich mich auch mal auf die Suche nach einer Agentur machen.

  • Hallo Lasar, ich möchte kurz meine eigenen Agentur-Erfahrungen anführen, auch, um dir Hoffnung zu machen. Nachdem ich jahrelang vergeblich mit verschiedenen Romanen versucht hatte, Agentur und/oder Verlag zu finden, dachte ich, mit einem Krimi schaffe ich es sicherlich. Nach verschiedenen Absagen nahm mich dann eine neue Agentur unter Vertrag (ich schloss ihn vorsichtigerweise nur für 12 Monate und nur für diesen Krimi ab), die aber doch keinen Erfolg bei der Unterbringung hatte. Danach versuchte ich selbst, bekam einige positive Rückmeldungen von Agenturen und Verlagen, schließlich wollte es aber doch niemand.


    Jetzt ist eben dieser Krimi für den 1. Leipziger Krimipreis nominiert und zeitgleich interessiert sich ein mittelgroßer Regionalkrimiverlag dafür, dem ich es, sollte ich den Preis doch nicht gewinnen, noch einmal anbieten werde. Übrigens hat dieser Verlag 9 Monate gebraucht, um auf Grund der Leseprobe rückzumelden, dass er sich für das Manuskript interessiert und er hat es in 3 Monaten nicht geschafft, mir nach Erhalt des vollständigen Manuskripts eine abschließende Entscheidung mitzuteilen.


    Mittlerweile habe ich auch einen anderen Verlag gefunden, dem meine Schreibe gefällt, und mit dem ich einen Vertrag über 6 Projekte gemacht habe, weitere Projekte sind in der Pipeline.


    LG Cornelia

  • Cornelia,


    Dein Erfahrungsbericht macht mir auf jeden Fall Mut! Vielen Dank.
    Der Vertrag mit meiner Agentur läuft im März aus. Im November haben wir einen Termin, bei dem es eine Lagebesprechung geben wird, ich hoffe dass ich danach eine klare Entscheidung treffen kann wie es weiter gehen soll.
    Aber Aufgeben gibt es sowieso nicht. Nur neue Wege.


    Ja Kirsten - ein sehr langer Atem und Geduld sind die Kardinaltugenden eines Autors....

  • Hallo!


    Nach langer Zeit, ein kleines Update:


    Mein Agent und ich haben inzwischen einiges besprochen. Einmal musste ich das Treffen verschieben, einmal er, so dass wir letztendlich alles telefonisch und per E-Mail erörtert haben (wir waren beide viel unterwegs). Er hat mir mitgeteilt, welche Verlage er angesprochen hat – bis jetzt einige größere, die kleineren „hebt er sich für später auf“. Und er ist immer noch guter Hoffnung.
    Ein Lektor eines Publikumsverlags, der mein Manuskript zwei Mal gelesen hat, wollte mich im Dezember treffen (aber das wurde aus Zeitmangel seinerseits doch auf Januar verschoben).
    Eine sehr gute Nachricht, wie mein Agent betont – „die sich aber immer noch zerschlagen kann, das muss man leider bei aller guten Hoffnung immer dazusagen“.
    Er hat sich entschuldigt, dass er sich so selten gemeldet hat – seiner Meinung nach macht das Sinn nur wenn es etwas zu berichten gibt.


    Ich übe mich also weiterhin in Geduld, bin aber auch fleißig und habe inzwischen ein neues Manuskript geschrieben (erste Fassung)… :huhn

  • Auch von mir ein kleines update. Wie auch an anderer Stelle zu lesen, habe ich nun tatsächlich mit dem Krimi den 1. Leipziger Krimipreis gewonnen und der Krimi erscheint im März zur Buchmesse. Dann schreibe ich auch am 2. Teil weiter.


    Mein E-Book-Verlag dotbooks hat mir heute gerade mitgeteilt, dass er meinen historischen Jugendroman haben will, weil er ihn gut findet. Für diesen Roman habe ich seinerzeit auch vergeblich nach einer Agentur und später einem Verlag gesucht. Mittlerweile habe ich 9 Projekte bei dotbooks, von denen 2 erschienen sind und der Rest nächstes Jahr erscheint.


    Euch allen viel Erfolg bei Agentur- und Verlagssuche!


    LG Cornelia


  • Lasar . Der Verlagsbranche geht es momentan nicht so ganz rosig. Sie steckt im Umbruch, ebook und Amazon sind auf dem Vormarsch. Ich höre immer wieder, dass die Programme der Verlage eher zusammengestrichen als erweitert werden. Und der Mut wurde auch nicht in den Verlagshäusern erfunden. Soll heißen: es ist nicht leicht einen Verlag zu finden, der einen unbekannten Autoren unter Vertrag nimmt, zumal dann, wenn er nicht die Sparten bedient, die aktuell en vogue sind: Krimis, Vampirgeschichten oder historische Romane. Ob das bei Dir zutrifft weiß ich leider nicht. Das hast Du nicht geschrieben.


    Es hört sich so an, als ob Dein Agent momentan genau das erlebt. Ich habe übrigens im letzten Jahr eine ähnliche Erfahrung gemacht. Frag doch Deinen Agenten einfach, bis wann er meint, dass er von allen in Frage kommenden Verlagen eine Antwort hat.


    Viel Glück & LG Helmut

  • helmutp
    „Und der Mut wurde auch nicht in den Verlagshäusern erfunden.“
    Der Satz hat mich zum Lachen gebracht! Vielen Dank :-) Gut formuliert.
    Das Gleiche gilt auch für deutsche Filmproduktionsfirmen…


    In einem meiner späteren Einträge habe ich kurz geschildert, worum es in meinem Manuskript geht:
    „Die Geschichte dreht sich um einen ambitionierten jungen Regisseur der während des Jugoslawien-Krieges desertiert, nach Deutschland flieht und in den engen Räumen eines Asylheims surreale Drehbuchszenen erschafft, in denen sein schwer erträglicher Alltag kubistisch zerlegt und neu zusammengesetzt wird.“
    Also, es bedient eindeutig nicht die Sparten die Du erwähnt hast :-)
    Im Januar werde ich mich wieder mit meinem Agenten treffen, dann schaue ich, wie es weiter geht.
    LG
    Denijen