Wenn die Agentur das Manuskript nicht unterbringen kann…

  • Hallo!


    In den Foren der Büchereule kann man zu einigen Themen wirklich viel entdecken.
    Hoffentlich finden meine Fragen Antworten in diesen Thread - es ist nicht einfach im Internet Erfahrungsberichte zu meinem Anliegen zu finden:
    Im März dieses Jahres habe ich für mein erstes Manuskript einen Agenten gefunden. Ich wurde ihm von einer Freundin empfohlen und vermute, dass seine Sympathie ihr gegenüber und die Meinungen von zwei veröffentlichten Autoren, deren Werke er respektiert und die ihm ebenfalls mein Buch empfohlen haben, seine Entscheidung mich zu vertreten ein wenig begünstigt haben. Die Agentur gibt es seit einigen Jahren und ein paar Bestseller hat sie schon auf den Markt gebracht („Seit dem nehmen sie uns ernst“).
    Mein Agent war anfangs sehr enthusiastisch und antwortete auf jede Mail von mir (in den ersten sechs Wochen waren es drei) und betonte – ich solle ihn bei jeder Frage die ich hätte, kontaktieren, bei Bedarf auch in seinem Büro vorbeikommen (wir wohnen in der gleichen Stadt). Ich schrieb ihm erst drei Monate später wieder, um mich nach dem Zwischenstand zu erkundigen. Er antwortete – „Es wird gelesen“. Seit Juni habe ich ihm zwei weitere Mails geschrieben – für jeweilige Antwort hat er einen Monat gebraucht. Und er ignoriert immer noch meine Fragen - welche Verlage er kontaktiert hat, wie viele Absagen es bis dato gab und ob sich in den Absagen ein Hauptgrund herauskristallisiert hat, womöglich irgendeine konstruktive Kritik (was mir eventuell beim nächsten Korrektur-Lesen oder während der Arbeit am nächsten Manuskript helfen würde).
    Inzwischen bin ich mir ziemlich sicher, dass er mir ausweicht. Und erst jetzt beginne ich, es ungewöhnlich zu finden, dass er mit mir gar nicht über mein Manuskript gesprochen hat (außer – „Ich finde es gut.“). Ich war damals einfach nur begeistert - die Tatsache, dass ich mir die Internet-Recherche und die Verlagssuche sparen kann, weil es jemand anderer für mich übernimmt, hat mich sehr glücklich gemacht, und ich habe nicht daran gedacht, mit ihm über mein Manuskript zu reden (Ein Bekannter von mir, ein Autor, dessen zweites Buch dieses Jahr von einem renommierten Verlag herausgebracht wird, sagt dass es nicht verwunderlich sei und eigentlich erst der eventuelle Lektor meines Buches sich damit inhaltlich näher auseinander setzen würde. Hauptsache das Werk im Ganzen weist genug Stärke auf, um veröffentlicht werden zu können).
    Vor ein paar Tagen kam ein Update - das Buch hat einige Absagen bekommen, ein paar Lektoren lesen es gerade noch und er wird schauen, ob er auf der Frankfurter Messe noch etwas machen kann. Er klingt inzwischen alles andere als enthusiastisch. Wie es aussieht, hat er keine Möglichkeit gefunden mein Buch in einem Verlag unterzubringen.
    Das Problem ist nicht das Warten an sich das ich als Autor hinnehmen muss, sondern die Mitteilung – „Langsam mache ich mir Sorgen - ob ich Dein Manuskript noch unterbringen kann?“
    Ich habe mich in ein paar Foren ein wenig umgeschaut und einige der Autoren waren der Meinung, dass wenn ein Manuskript nach ungefähr sechs bis neun Monaten nicht „das Herz eines Lektors erobert“ hat, ist das ein sehr schlechtes Zeichen was die Marktchancen betrifft und es wird eine „Schubladenleiche, die man eigentlich begraben müsste“ (Ähnliches gilt für ein veröffentlichtes Buch, das es im gleichem Zeitraum nicht schafft, sich zu „behaupten“).


    Ich will nicht, dass mein Manuskript bis zum Ablauf des Vertrags in der Schublade liegt.
    Meine Frage lautet – macht es einen Sinn, sich um eine andere Agentur zu bemühen (wenn unser Vertrag im März ausläuft) oder ist ein Manuskript vielmehr „schubladenreif“, nachdem ein Agent es schon fast ein Jahr (oder ungefähr acht Monate) herumgeschickt hat? Hat jemand von Euch Erfahrung mit solchen Situationen gemacht?
    Vielleicht wäre es vernünftiger - wenn man als Autor den Eindruck hat, dass das Manuskript seitens des Agenten „aufgegeben“ wurde - vor dem Ablauf des Vertrags über das Beenden des Arbeitsverhältnisses zu sprechen?


    Vielen Dank im Voraus für Eure Zeit.


    Viele Grüße


    Lasar

  • Rede Klartext mit ihm, um exakt herauszufinden, woran es hängt. Dann handle entsprechend. Weicht er aus, bleib dran und zwinge ihn zur klaren Aussage.

  • Soweit ich weiss, ich das nichts Unuebliches. Es ist zwar bedauerlich, passiert aber, und auch wenn Dir das jetzt wenig glaubhaft erscheint: Dass Du einen renommierten Agenten von Dir und Deinem Projekt ueberzeugt hast, ist trotzdem ein toller Erfolg, auf den Du stolz sein kannst.
    Und nicht nur das (vom Stolzsein kann man sich schliesslich nichts kaufen).
    Der Agent sollte jetzt eigentlich daran interessiert sein, recht schnell mit Dir eine Lagebesprechung durchzufuehren und zu planen, mit was fuer neuen Projekten ihr jetzt auf die Verlagswelt losgeht. Dabei koennen die Ablehnungsbegruendungen sehr hilfreich sein. (Mein erstes Projekt bekam z.B. sehr haeufig die Begruendung: "Thema verkauft sich nicht". Wir haben es daraufhin im Paket mit einem gaengigeren Thema neu angeboten, und es war kurz darauf vermittelt. Verkauft hat es sich allerdings tatsaechlich nicht ...) Ich wuerde deshalb ueber eine Beendigung des Vertragsverhaeltnisses derzeit ganz und gar nicht nachdenken, sondern erst einmal sehen, was der Agent jetzt an Strategien anzubieten hat. Dass er Dir ausweicht, denke ich nach dem, was Du berichtest eigentlich nicht. Vermehrter Kontakt am Anfang, der spaeter ausduennt, ist m.E. ganz normal. Und momentan ist Messevorereitungszeit. Da ist mein Agent auch praktisch nicht an die Strippe zu bekommen.


    Wenn Dir das, was der Agent Dir vorschlaegt, nicht passt, kannst Du immer noch ueber einen Wechsel nachdenken. Auf gar keinen Fall wuerde ich zum jetzigen Zeitpunkt das Projekt neu anbieten/neu anbieten lassen. So schwer der Gedanke fallen mag, fuer den Moment ist es ein bisschen "verbrannt". Es hat viel bessere Chancen, wenn es z.B. im Windschatten einer gaengigeren neuen Sache oder nach einer ersten Veroeffentlichung noch einmal ins Spiel gebracht wird.


    Ich wuensche Dir viel Erfolg.
    Herzlich,
    Charlie

  • Vielen Dank für Eure prompten und ermutigenden Antworten und Tipps! (auch Dir Wolke - habe mich wieder problemlos anmelden können : )
    Charlie – Du hast recht, es ist gut, dass mein Manuskript ernst genommen wird, aber ich möchte auch, dass mein Agent mir die einfachsten Fragen beantwortet, die ich ihm lange vor der Messe-Vorbereitungszeit, während der Sommerpause, gestellt habe – welche Verlage er kontaktiert hat usw. Das hat er mir ohnehin am Anfang selbst vorgeschlagen. Ich habe ihm in den sieben Monaten nur fünf Mails geschrieben und ihn einmal angerufen. Er hat damals gesagt, dass er mich regelmäßig am Laufenden halten würde, dass dadurch für einen Autor viel einfacher ist das Warten zu ertragen; einfacher als mit einem „schweigenden“ Agenten.
    Und die Aussage, dass er schon nach sechs Monaten langsam keine Möglichkeit mehr sieht, hat mich ein wenig beunruhigt. Aber ich kenne mich im Bereich nicht gut aus und daher weiß ich auch nicht was üblich ist und was nicht. Deswegen habe ich mit ihm einen Termin für die letzte Oktoberwoche vereinbart – nach der Messe. Unnötig stressen möchte ich ihn auf keinen Fall; auch voreilig reagieren will ich nicht. Aber bald werde ich mit ihm alles besprechen und ihn „ihn zur klaren Aussage zwingen“. Ich hoffe, dass wir nach der Lagebesprechung neue Strategien entwickeln werden (ich arbeite gerade an meinem zweiten Manuskript – vielleicht können wir damit neustarten : ) Charlie – Neu-Anbieten („im Windschatten einer gängigeren neuen Sache“) und die Ermutigung zur Arbeit am neuen Projekt – das sind hilfreiche Tipps. Dadurch fühlt man sich nicht so hilflos, ist nicht passiv und gefangen im Warten, sondern unternimmt etwas und arbeitet weiter.

  • Hi Lasar,


    mir scheint, eure Kommunikation stimmt nicht. Wenn die Agentur schon in der selben Stadt ist, dann rücke ich der permanten persönlich auf die Pelle.


    Weiterhin sind sechs Wochen vor und sechs nach der Buchmesse die schlechteste Zeit für eine Entscheidung.


    Ich würde also ab November ein persönliches Gespräch suchen.


    Noch eine persönliche Erfahrung, Agenten haben es nur unwesentlich leichter, als wenn mann es selbst versucht.
    Ausnahme: du kommst bei den beiden größten Agenturen unter: Schlück und Meller.
    Aber die sagen dir knochenhart, dass sie es mit dir erst garnicht versuchen weil...


    viel Glück

  • Das halte ich fuer eine SEHR persoenliche, d.h. eine Einzelerfahrung, die die meisten Kollegen, die ich kenne, so nicht bestaetigen koennen.
    Ich bin nicht bei Schlueck oder Meller, sondern bei der AVA, die seit 2005 mit zwei Ausnahmen (einmal Thema tot, einmal nicht erwuenschter Genrewechsel) jedes meiner Projekte erfolgreich vermittelt hat. Allein hatte ich kein einziges vermittelt. In wie vielen Jahren sage ich lieber nicht, das waere allzu peinlich.


    Ich kann die AVA empfehlen (wobei das immer auch ein bisschen aufs Genre ankommt!), hoere aber auch sehr gutes z.B. von Schmidt&Abraham, Liane Kolf, Michael Gaeb, Mohrbooks und Piper&Poppenhusen (wie gesagt, immer ein bisschen vom Genre abhaengig).


    Was ich bei der Agentursuche hilfreich finde: Als Neuling auf alle Faelle eine Agentur suchen, die Vermittlungserfolge bei Publikumsverlagen vorweisen kann. Eine Agentur, die sich ihre Kontakte erst aufbauen muss, bringt fuer einen Neueinsteiger m.E. zu wenig. Und dann wuerde ich versuchen, Kollegen zu kontaktieren, die von diesen Agenturen vertreten werden und nach ihren Erfahrungen fragen (z.B.: "Mein Projekt ist genrefrei - hat deine Agentur da gute Kontakte? etc.)


    Fuer Autoren, die eine Vermittlung in den Publikumsverlag erstmalig anstreben, ist eine Agentur meines Wissens der sinnvollste Weg. Dass sich mehr und mehr etablierte Autoren entschliessen, von einem bestimmten Punkt an allein weiterzugehen, besagt dagegen gar nichts.


    Dass der Agent Dir Deine Fragen beantworten und durchsichtig darlegen muss, welche Verlage er kontaktiert hat, ist aber selbstredend dein gutes Recht. Warum er das nicht tut, verstehe ich eigentlich nicht.


    Viel Erfolg wuenscht Charlie

  • Charlie, ich tendiere eher zu hefs Meinung, die sich auch mit meiner Erfahrung deckt. Meiner Meinung nach gilt folgende Gleichung: je weniger "mainstream" im Manuskript, umso geringer der Erfolg mit einer Agentur und umgekehrt. Die Agenturen suchen zwar die eierlegende Wollmilchsau, meiden aber das Risiko. Wäre ich ein Agent, handelte ich ebenso!

  • Daran ist sicher etwas Wahres.
    Wer z.B. kleinere Verlage anvisiert, ist mit einer Agentur schlecht beraten. Die verhandeln - vor allem aus finanziellen Gruenden - natuerlich lieber mit den Autoren selbst. Und die grossen Agenturen bedienen die auch nicht gerne, weil ihnen das nichts einbringt.
    "Kein Mainstream" finde ich als Begriff hingegen zu wenig aussagekraeftig. Wer etwas schreibt, was sich derzeit extrem schlecht verkauft, z.B. Sci-Fi wird vermutlich weder bei grossen Verlagen noch bei Agenturen Glueck haben und sieht alleine auf der Suche nach Nischen besser aus. Wer hingegen eher literarisch und genrefrei schreibt, kann mit einer entsprechenden Agentur gut fahren. Mohrbooks und Piper und Poppenhausen sind da gute Adressen, es gibt aber sicherlich noch mehr.


    Ich denke, es kommt darauf an, wo man hinwill, was man mit dem Schreiben machen will und wo man sich selbst am Markt realistisch sieht.

  • Hef – das mit den sechs Wochen nach der Messe klingt sehr plausibel, das haben mir noch ein paar Bekannte geraten.


    beisswenger – ich finde, dass die Entscheidung was zur Mainstream gehört und was nicht, nicht immer leicht zu treffen ist, aber ich würde sagen, dass mein Manuskript sich nicht unbedingt in den Mainstream-Gewässern bewegt. Dadurch hat es mein Agent nicht leicht : )


    Charlie – warum mein Agent sich plötzlich in Schweigen gehüllt hat, ist mir auch nicht klar – womöglich war er mit seinen sich gut verkaufenden Autoren sehr beschäftigt. Aber bei unserem nächsten Gespräch wird hoffentlich alles geklärt. Danach kann ich weitere Entscheidungen treffen. Bis dahin werde ich an meinem jetzigen Manuskript arbeiten.

  • Mir wird das Wort MAINSTREAM in diesem Zusammenhang zo oft genannt.


    Wer versucht mit demselben als Neuling zu schwimmen, hat es noch schwerer, einen Verlag zu finden. Es gibt zu viele STREAMS, die alle irgendwie besetzt sind.


    Man sollte das Gegenteil als unique point of sales herausstellen.


    ICH BIN NICHT WIE DIE KONKURRENZ!!! Also, leset es, bevor ihr urteilt.
    Vielleicht mache ich ja den neuen Lesetrend?


    Unter diesem Werbebanner schreibe und veröffentliche seit Jahren. Und das recht erfolgreich.


    Mich und meine Schreibe entzieht sich dem main...dingsda. Ein HEF ist ein HEF und nicht kopierbar.


    Also, ein wenig mehr Selbstbewußtsein, dann wird das schon :wave

  • Ergänzend zu hef's Ausführungen möchte ich noch auf eins hinweisen:


    Sicherlich ist jeder Schreiberling einzigartig, allerdings sollte sich jeder fragen, ob er mit seiner Einzigartigkeit auch eine vorhandene Zielgruppe bedienen kann. Falls nicht, wird's schwierig, denn dann muss er auch noch einen Markt generieren. Das führt schnell zur Frustration. Selbstbewusstsein ist nötig, Selbstwirksamkeit ist besser - erfolgreich ist der, der sich vorher folgende Fragen gestellt hat:


    1. Was kann ich richtig gut?
    2. Was kann ich noch nicht so gut?
    3. Was kann ich verbessern?
    4. Was fehlt, um richtig gut zu werden?
    5 Wie komme ich dahin?


    Anschließend einen Plan erstellen, die Ergebnisse kontrollieren, ggf. den Plan modifizieren, die einzelnen Schritte analysieren und bewerten, weiter an sich arbeiten ... und so weiter (PDCA - Kaizen)


    Danach kommt die Einschätzung des Marktes?


    1. Gibt es überhaupt einen Markt für meine Schreibe?
    2. Falls nicht, welche Möglichkeiten habe ich, einen Markt zu generieren?
    3. Was muss ich tun?
    4. Plan erstellen und konsequent abarbeiten wie oben


    Und so weiter und so fort. Erfolg fällt nicht vom Himmel! Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, ist wie ein Lottogewinn - dieses Glück haben Rowling, Gates, Zuckerberg, Jobs... Auch auch diese Glückspilze hatten etwas, was wir uns von ihnen abschauen können: Sie haben ihre (vielen) Misserfolge akzeptiert, nie aufgegeben und es immer wieder versucht!

  • Zitat

    Original von Charlie
    Das halte ich fuer eine SEHR persoenliche, d.h. eine Einzelerfahrung, die die meisten Kollegen, die ich kenne, so nicht bestaetigen koennen.
    Ich bin nicht bei Schlueck oder Meller, sondern bei der AVA, die seit 2005 mit zwei Ausnahmen (einmal Thema tot, einmal nicht erwuenschter Genrewechsel) jedes meiner Projekte erfolgreich vermittelt hat.


    Nun, ich bin bei Schlück und ich habe auch andere Erfahrungen.
    Meiner Erfahrung nach ist in große Verlage ohne Agentur und/ oder Kontakte heutzutage auf dem "ich biete mein MS selbst an"-Weg kein reikommen mehr, es sei denn, man hat bereits einen Namen.


    Und auch dann kann sich mal ein MS nicht verlaufen. Ja, auch bei Schlück kommt es vor, dass MSe dem Agenten gut gefallen, dann aber keinen Lektor von sich überzeugen können, auch von bereits veröffentlichten Autoren. Ist mir auch schon passiert.
    Das ist schade, aber nicht zu ändern, am besten arbeitet man längst am nächsten.


    Ob es mit diesem MS Sinn macht, sich nochmal anderweitig nach einem Agenten umzusehen, kommt sehr darauf an, was der jetzige Agent schon damit gemacht hat. Lass dir doch mal eine Aufstellung geben, wo das MS überall angeboten wurde. Dann vergleichst du mit allen infrage kommenden Verlagen.
    Möglicherweise sind noch viele Verlage offen, weil der Agent zu diesen keinen Kontakt hält - dann kann es natürlich durchaus nochmal irgendwo an den Start gehen (dem neuen Agenten dann aber bitte mitteilen, wo, wann und wem das MS schon angeboten wurde).
    Wenn es bei allen Publikumsverlagen schon lag, wird es vermutlich kein Agent mehr annehmen. Dann kannst du es immer noch selbst bei kleineren Verlagen versuchen, wenn du das möchtest.

  • Lasar, du sprichst an einer Stelle von deiner gefühlten Hilflosigkeit angesichts der für dich nicht mehr überschaubaren Aktivitäten deines Agenten und hinsichtlich des weiteren Vorgehens deinerseits. Ich kenne dieses Gefühl allzu gut. Über zwei Jahre lang hat eine Agentur erfolglos versucht, mein erstes Buch bei einem Publikumsverlag unterzubringen. Die ständigen Mainstream-Debatten, die du anführst, klingen mir noch heute in den Ohren.
    Als ich im Laufe der Zeit - der Verzweiflung immer näher kommend - merkte, dass dieses Manuskript zwar angeblich von den Verlagen überwiegend hinsichtlich der Schreibe gelobt wurde, aber seine Marktchancen eher gering eingeschätzt wurden, habe ich das getan, was hier einige Kollegen empfehlen: Ich habe das zweite Buch geschrieben.
    Das ist, besonders für einen Newcomer in dieser Phase, eine geradezu therapeutische Maßnahme, eine Art Befreiungsschlag! Und zudem der Beweis für dich und alle anderen, dass du als Autor keine Eintagsfliege bist.
    Als das Manuskript fertig und immer noch kein Vermittlungserfolg zu verzeichnen war, habe ich mich in gegenseitigem Einvernehmen von der Agentur getrennt. Das ist übrigens eine Maßnahme, die ich dir auch empfehle, sollte nach dem bevorstehenden Gespräch dein Gefühl nicht weichen, dort allenfalls routinemäßig, nicht aber mit Leidenschaft für deine Texte vertreten zu werden.
    Was hier in einem Beitrag schon anklang: Auch ich habe festgestellt, dass die Agentur nur über eine begrenzte Anzahl von Kontakten zu Verlagen verfügte, bei denen sie sich schon als Vermittler einen guten Namen hatte machen können. Da geht es Literaturagenten nicht viel anders als neuen Autoren: Wenn sie nicht schon jahrelang erfolgreich in diesem Zirkus turnen, müssen sie sich ihre Reputation äußerst mühsam erarbeiten. Das trifft natürlich auf die in diesem Thread teilweise namentlich genannten führenden Agenturen nicht zu. Die sind "drin", haben z. T. sehr enge, freundschaftliche Verbindungen zu den wichtigen Leuten in den Verlagen - bis in die Spitze der Hierarchien. Eine noch relativ junge Literaturagentur, zu denen deine offenbar ebenso zählt wie meine frühere, steht da oft auf verlorenem Posten. Ich habe z. B. festgestellt, dass Kontakte zu kleineren Verlagen, wenn überhaupt, nur lose bestanden.
    Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir gedacht: Wenn die meine Sachen zu vielen Verlagen einfach nur hinschicken würden, ohne dass sie als "Türöffner" für mich tätig werden könnten, kann ich das auch genauso gut selbst machen. Ich habe mich dann mit zwei fertigen Manuskripten und einem neuen Exposé selbst auf die Suche gemacht und nach relativ kurzer Zeit einen kleinen Verlag gefunden, der für beide Bücher einen ordentlichen Verlagsvertrag mit mir geschlossen hat. Das erste Buch ist vor zwei Monaten erschienen und beginnt, sich zu einem gewissen Achtungserfolg zu entwickeln. Das zweite Buch ist im Endlauf und wird auf der Leipziger Buchmesse 2013 vorgestellt.
    Ich behaupte nicht, dieses Vorgehen führe in anderen Fällen und bei anderen Autoren und ihren Texten ebenfalls zum Erfolg. Es sollte dies nur eine Schilderung dessen sein, was in meinem speziellen Fall gelaufen ist. Und dir zeigen, dass viele, auch ungewöhnliche Maßnahmen manchmal durchaus eine Option sind, sich als Newcomer in diesem Haifischbecken ein Plätzchen zu erobern. Ob es auch für dich der richtige Weg wäre, wage ich nicht zu beurteilen.
    Das Wichtigste aber bleibt: Nicht den Mut verlieren - und vor allem weiterschreiben! :wave

  • Es ist natürlich wichtig an sich zu arbeiten und sich mit der Einschätzung des Markts zu beschäftigen. Dabei kann starkes Selbstbewusstsein auf jeden Fall nicht schaden : )Und solange man nicht versucht beim Schreiben etwas zu sein was man nicht ist, wird das Einzigartige automatisch stark zum Ausdruck kommen.
    Bestimmten „Streams“ hinterher zu hecheln macht meistens keinen Sinn, weil schnell zu erkennen ist, wenn dem Werk die Authentizität fehlt. Nach meinem Jahr in der Drehbuchwerkstatt München hatte ich die Möglichkeit, eventuell bei „Dahoam is dahoam“ (bayerische Seifenoper) mitzumachen; abgesehen davon, dass ich für so ein Format nicht schreiben wollte, war es mir unter anderem nach den Gesprächen mit zwei erfahrenen Drehbuchautoren auch schnell klar, dass man solche Geschichten nur schreiben kann, wenn ein gewisses Maß an Affinität vorzubringen ist. Man muss irgendeinen Bezug dazu haben, irgendeine Verbindung fühlen und dazu stehen.
    Jedes Thema kann wahrscheinlich ein, egal wie kleines Publikum finden, aber es gibt auf jeden Fall Themen die mehr und Themen die weniger Interesse wecken. In meinem Manuskripts dreht sich die Geschichte um einen ambitionierten jungen Regisseur der während des Jugoslawien-Krieges desertiert, nach Deutschland flieht und in den engen Räumen eines Asylheims surreale Drehbuchszenen erschafft, in denen sein schwer erträglicher Alltag kubistisch zerlegt und neu zusammengesetzt wird – ich habe den Eindruck, dass dieses Thema das Buch eher nicht zu einem Verkaufsschlager machen würde.
    Nach der Lagebesprechung mit meinem Agenten (voraussichtlich) Anfang November, kann ich entscheiden, ob wir mit meinem zweiten Manuskript (an dem ich zur Zeit intensiv arbeite) weiter fahren oder ich eventuell mit einem neuen Agenten (nachdem ich von dem ersten erfahren habe wem er das Werk angeboten hat) versuche das erste Manuskript unterzubringen – wobei mir auf jeden Fall die Veröffentlichung bei einem kleinen Verlag lieber wäre als gar keine Veröffentlichung.
    Im Moment bleibt mir in Bezug auf mein erstes Manuskript nicht viel anderes übrig als noch eine Weile zu warten. Aber wie Dieter sagt: „Das Wichtigste aber bleibt: Nicht den Mut verlieren - und vor allem weiterschreiben!“

  • Huhu.


    "Mainstream" ist kein Ort, den man aufsucht, sondern einer, den man entstehen lässt. Wenn sog. "Profis" davon sprechen, meinen sie das aktuelle Käuferverhalten, aber das ändert sich andauernd: Der Hauptstrom schwimmt/fließt derzeit in diese Richtung.


    Ein Agenturvertrag ist kein Garant dafür, dass ein Manuskript auch verkauft wird. Zudem ist es nicht ungewöhnlich, dass sich ein Agent im Hinblick darauf, welche Verlage er kontaktiert, bedeckt hält, gerade seinen Neuautoren gegenüber. Zum einen gehören die guten Kontakte und die Reihenfolge ihrer Nutzung oft zu den Betriebsgeheimnissen (auch die Verlagslektoren sollen möglichst nicht erfahren, an welcher Stelle sie aus Sicht der Agenturen stehen), und außerdem wäre natürlich unschön, wenn der ungeduldige Autor selbst beim Verlag nachfragt. Irgendwann allerdings sollte die Agentur durchaus damit herausrücken, wer abgelehnt hat - spätestens, wenn sich abzeichnet, dass das Projekt derzeit völlig unverkäuflich ist.


    Außerdem gibt es sone und solche Agenturen. Graue und schwarze Schafe halten ihre Autoren hin, um dann den Partner-Zuschussverlag wie den Hasen aus dem Zylinder zu zaubern, was ohnehin Ziel der ganzen Angelegenheit war. Es hilft, sich in den diversen Autorenforen und bei ähnlichen Angeboten über die Agentur(en) zu informieren. Der Begriff "Literaturagent" ist genauso wenig geschützt wie "Verlag", und einen solchen Laden kann jeder aufmachen. Andererseits: Wenn ein namhafter Agent verlautbaren lässt, dass er das Manuskript verkaufen wird, dann wird das auch geschehen.


    Kleine(re) Verlage lohnen sich in diesem Szenario für beide Seiten nicht, das ist richtig. Die Umsätze sind zu niedrig, Vorschüsse gibt es häufig nicht, und 15 Prozent von wenig Geld sind noch weniger Geld. Agenturen wählen diesen Weg höchstens, um die Autoren ruhig zu stellen, und weil sie darauf hoffen, dass das zweite Buch leichter loszuschlagen ist. Meistens jedoch überhaupt nicht. Ein seriöser Agent wird dem Klienten anbieten, diesen Weg allein zu gehen.


    Wer das Gefühl hat, doch nicht so richtig gut vertreten zu sein, sollte das persönliche Gespräch suchen. Und auch darüber nachdenken, den Agenturvertrag wieder aufzulösen. Aber man sollte auch nicht erwarten, dass alles sofort passiert. Der Buchmarkt ist im Wandel, viele Protagonisten sind vorsichtiger geworden, die Verlage greifen nicht mehr so schnell zu, erst recht nicht bei potentiellen Debütanten.


    Und außerdem sollte man weiterschreiben - und nicht die Zeit damit vertändeln, auf Dinge zu warten, die nicht früher geschehen, wenn man intensiver wartet.

  • Zitat

    Original von Tom
    ... und nicht die Zeit damit vertändeln, auf Dinge zu warten, die nicht früher geschehen, wenn man intensiver wartet.


    Hallo Tom, was für ein großartiger Satz :anbet. Darf ich den irgendwo mal verwenden?!?


    Ansonsten möchte ich zu eurer Diskussion gern folgendes beitrage: Sicher ist das mit dem Mainstream schwierig und vielleicht auch langweilig, aber glaubt ihr allen Ernstes, dass sich ein Verlag heute in der ganzen Panik zwischen e-Book und sich auflösendem Buchmarkt auf einen unbekannten Autor einlässt UND auf ein Projekt, das jenseits aller Streams läuft und bei dem sich der Erfolg nicht im Geringsten kalkulieren lässt? Verlage sind Wirtschaftsunternehmen, die zum Beispiel gern einen Haufen Geld für im Ausland bereits erfolgreiche Titel ausgeben, weil sie damit gefühlt ein geringeres Risiko eingehen.
    Natürlich sollte man als Autor in erster Linie für sich selbst schreiben und sich mit Themen befassen, die einen selbst bewegen und bei der Konzeptionierung eines neuen Projektes nicht in erster Linie auf den Markt schielen, der sich bis zur Fertigstellung desselben längst verändert haben kann. Aber ein paar Dinge sollte man schon beachten, vor allem, sollte man sich davor hüten eine Genremix zu fabrizieren, zumindest mit dem Erstling. Ist man erst einmal einigermaßen erfolgreich im Geschäft, werden die Freiheiten größer.

  • Zitat

    Original von AlexBerg
    ... Natürlich sollte man als Autor in erster Linie für sich selbst schreiben und sich mit Themen befassen, die einen selbst bewegen und bei der Konzeptionierung eines neuen Projektes nicht in erster Linie auf den Markt schielen, der sich bis zur Fertigstellung desselben längst verändert haben kann. Aber ein paar Dinge sollte man schon beachten, vor allem, sollte man sich davor hüten eine Genremix zu fabrizieren, zumindest mit dem Erstling. ...


    Das liegt klar auf der Hand, Alex. Und weil das so ist, gibt es die schlimmsten Probleme eben am Anfang, also dann, wenn man das erste Manuskript scheinbar "fertig" hat und damit am liebsten sofort auf die Buchmesse will. Es ist für den, der das alles erlebt hat (und das sind doch wohl die meisten von uns) nur ein schwacher Trost, dass diese Mainstream-Debatten, diese Forderungen nach etwas, was angeblich verkaufbar ist, allzu normal sind. Er verteidigt natürlich seine Idee, sein Manuskript, die viele Arbeit, die er investiert hat, mit Klauen und Zähnen und steht dennoch in den meisten Fällen auf verlorenem Posten. Und meistens sicher nicht mal ganz zu Unrecht.
    Deswegen habe ich mich schon oft gefragt, ob das Arbeitsmodell, das in der Zusammenarbeit zwischen Autor und Agent / Lektor / Verlag dann ganz normal wird, wenn man "drin" ist, nicht auch schon beim ersten Buch funktionieren könnte. Ich stelle mir vor, dass dann rechtzeitig erkannt würde (Schreibqualität einmal vorausgesetzt), ob ein Stoff und seine jeweilige Art der Aufarbeitung auch Chancen auf Vermarktung bietet. Aber wahrscheinlich ist das zu aufwändig für Agenten und Verlage.
    Und damit bleibt Newcomern nur übrig, erst mal etwas "fertig" zu schreiben, bevor die vielen Fachleute, die alles besser wissen, ihnen eröffnen, dass damit kein Blumentopf zu gewinnen ist. :cry
    Aber schließlich wird ja auch niemand dazu gezwungen, in dieses Haifischbecken zu springen ...

  • Hallo,


    ich habe meinen allerersten Kleinverlag ohne Agentur gefunden. Es ging bei mir für eine Newcomerin sogar einigermaßen gut los, da mir gleich zwei (kleine) Verlage beim ersten MS mitgeteilt hatten, dass ihnen der Text zwar gefiel, aber wegen seiner Länge (wären so 800 Buchseiten geworden) für sie nicht in Frage käme. Ich hatte mich gleichzeitig bei Agenturen beworben, da ich damals noch keine Ahnung hatte, wie das so läuft (genau das, also beides parallel, soll man nämlich NICHT machen.) Auch hier bekam ich von einer (Schmidt&Abrahams) positives Feedback: der Text sei gut geschrieben - aber aus diversen Gründen bei Publikumsverlagen absolut unverkäuflich. (Hier war es natürlich weniger die Länge, sondern die "unkonventionelle Figurenkonstellation" - also das mit dem berühmten Mainstream. :-)).
    In der Zwischenzeit hatte ich schon den nächsten Roman so gut wie fertig. Der kam dann bei einem der Kleinverlage unter (denn ich hatte ihn bewusst kürzer gehalten). Fast gleichzeitig einigte ich mich mit der Agentin auf eine andere Geschichte, die dann als Exposé mit ca. 50 Seiten Leseprobe blitzschnell an Ullstein vermittelt wurde.
    Also wie schon gesagt wurde: das mit den Kleinverlagen geht auch ohne Agentur, sie sehen sich die Texte genauer an und wenn sie in dem Autor Potential sehen, verhandeln sie auch selbst mit ihm. Einen Vertrag bei einem Publikumsverlag bekommt man als Newcomer nur in absoluten Ausnahmefällen, wenn man einfach sehr großes Glück hat. Es ist umstritten, wie genau sie sich unverlangt eingesandte Manuskripte überhaupt ansehen.


    Ich würde Newcomern zu folgendem Vorgehen raten:


    - zuerst eine Agentur suchen. Wenn diese den Text nicht vermitteln kann, Problemanalyse betreiben. Ist der Agent nicht sehr optimistisch und an einer weiteren Zusammenarbeit kaum interessiert, kann man sich anderweitig umsehen.


    - wenn es mit Agent nicht klappt, kann man es immer noch selbst versuchen, doch sind hier Kleinverlage erfolgversprechender.


    - klappt es nirgendwo, nicht einmal beim allerkleinsten Verlag, sollte man sich ernsthaft fragen, woran das wohl liegt. Man hat ja in der Zwischenzeit schon ein wenig Feedback bekommen. Eventuell auch schon den nächsten Text fertig geschrieben - sodass die Runde von vorne losgehen kann.:-)


    Viele Grüße


    Tereza