Die Statisten - Kiran Nagarkar

  • Erschienen beim A1-Verlag, August 2012. 630 Seiten.
    Übersetzt aus dem Englischen ("The Extras") von Giovanni und Ditte Bandini


    Klappentext:

    Zitat

    Das Bombay der 60er- und 70er-Jahre ist der Schauplatz von Kiran Nagarkars neuem Roman "Die Statisten", einem satirischen Heldenroman im Rabelais schen Sinne.
    Ravan arbeitet als Taxifahrer, Eddie in einer illegalen Kneipe. Aufgewachsen in den Chawls, den vier- bis fünfstöckigen Mietskasernen Bombays, sind beide elektrisiert von der Glitzer- und Glamourwelt Bollywoods und der westlichen Rockmusik.
    Während Ravan mit seiner Hochzeitsband regelmäßig um die Gage geprellt wird, ist Eddie, der gemeinsam mit seiner hinreißenden angloindischen Freundin Belle die "Bandra Bombshells" gründet, nicht wesentlich erfolgreicher. Ihre Versuche, der Enge ihrer hinduistischen und katholischen Familien zu entfliehen und im Musik- und schließlich im Filmbusiness Fuß zu fassen, sind von Rückschlägen und Scheitern begleitet, doch sind sie unbezähmbar in der Zuversicht, ihre Träume zu verwirklichen.


    Meinung:
    Die beiden Jugendlichen Ravan und Eddie (aus dem gleichnamigen Buch Ravan & Eddie - Kiran Nagarkar) wohnen noch immer im selben Haus (einer Art Plattenbau, auf indische Art) und sind sich noch kein Stück näher gekommen, obwohl sie nur eine Etage trennt. Neben religiösen Abgründen liegt dies auch in der Tatsache begründet, dass Eddie's Familie Ravan für den Tod von Eddie's Vater verantwortlich macht.
    Eines haben die beiden aber auf alle Fälle gemeinsam: Ihre Mütter sind der Meinung, dass sie nun alt genug sind, um für sich selbst zu sorgen. Während Eddie deshalb hinter dem Rücken seiner Mutter anfängt in einer illegalen Schnaps-Kneipe zu kellnern, versucht Ravan sein Glück als Taxifahrer. Doch beide haben ihren Glauben an ihren großen Traum noch nicht aufgegeben: ein (Film)Star zu werden. Als ersten Schritt engagieren sie daher in kleinen Bands, die am finanziellen Abgrund stehen. Entsprechend gehen die ersten Versuche natürlich schief und Ravan und Eddie müssen nach und nach erkennen, dass die Welt in der Realität nicht so läuft wie sie es gern hätten. Auch mit der Liebe machen sie die ersten Erfahrungen, vor allem ihre Verlockungen, ihre Unbeständigkeit und Vergänglichkeit. Und nach vielen Jahren erkennen sie schließlich als sich ihr Schicksal kreuzt, dass sie so verschieden doch gar nicht sind...


    Alles in allem hat mir das Buch wieder gut gefallen. Am Anfang ist das Buch abwechselnd aus der Sicht von Ravan bzw. Eddie geschrieben, aber mit zunehmender Zeit vermischt sich beides immer mehr. Insbesondere Ravan ist mir schnell ans Herz gewachsen. Wie auch schon bei "Ravan & Eddie" sind die Personen zwar glaubhaft, aber alle ein wenig überzeichnet. Zusammen mit der recht lockeren Erzählweise machte das aber für mich aber gerade den Reiz des Buches aus.


    Bemerkenswert finde ich immernoch wieviele Kulturen und Religionen in Bombay in einem einzigen Haus Platz finden - und teilweise nicht mal eine gemeinsame Sprache sprechen, sich dementsprechend auch kaum kennen, obwohl sie doch alle ähnliche Sorgen plagen. Folglich hält sich jeder für etwas besseres. (Sehr hilfreich fand ich beim Lesen übrigens das Glossar, das die verwendeten indischen Wörter erklärt.)


    Neben diesen gesellschaftlichen Aspekt hat Kiran Nagarkar diesmal wieder einige bizarre Einfälle eingebaut, die mir teilweise schon fast etwas zu weit gingen, weil das Buch dadurch auf mich irgendwie überladen gewirkt hat. Nichtsdestotrotz hat mich das Buch gut unterhalten und


    Es ist nicht notwendig, den Vorgänger "Ravan & Eddie" zu kennen, aber kann sicherlich nicht schaden, um die zwei besser nachvollziehen zu können. Der Grund der besonders starken Entzweiung der beiden Familien (nämlich der Tod von Eddie's Vater) wird am Anfang nochmal beschrieben.


    Edit: Ganz vergessen, von mir gibt's 8 Punkte. & Noch was eingefügt.

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

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  • Interessanterweise hat Kiran Nagarkar letzten Monat das Bundesverdienstkreuz erhalten.


    Zitat

    Deutschen Vertretungen in Indien:
    Für sein literarisches Werk, das auf einmalige Weise deutschen Lesern den Subkontinent nahe bringt und damit den interkulturellen Dialog anregt und bereichert, wird Kiran Nagarkar am 7. November in Mumbai mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.


    Zitat

    In der Pressemitteilung der Deutschen Botschaft in Indien heißt es: „Kiran Nagarkar ist einer der bekanntesten indischen Autoren in Deutschland. Sein Werk macht eine bunte, vielschichtige und in vielerlei Hinsicht komplexe Gesellschaft für uns greifbar.

  • Dieses Buch stach mir bei der Buchmesse buchstäblich ins Auge, und wäre ich zu dem Zeitpunkt nicht schon pleite gewesen, hätte ich es mir sicherlich sofort gekauft.


    Irgendwie hab ich's ja geahnt, dass saz das Buch schon vorgestellt hat :grin
    Scheint ja ein Musthave zu sein, aber da werde ich wohl doch zuerst zum Vorgänger greifen.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)