Ohne den Thread jetzt komplett gelesen zu haben (bin nur beim Überfliegen auf einige der typischen Cliches gestoßen), möchte hier auch noch mal kurz meine Meinung zum Besten geben.
Ich bin jetzt seit knapp 1,5 Jahren Veganer. Wobei... eigentlich stimmt das nicht so ganz, denn das wäre eine Beleidigung für jeden echten Veganer. Sagen wir es lieber so: ich versuche, mich vegan zu ernähren. Darüber hinaus werden - mit Ausnahme von Schuhen - auch keinerlei Lederprodukte mehr angeschafft. Auch Wolle, Filz etc. sind tabu. Nichtsdestotrotz mache ich (noch) Ausnahmen bei Medikamenten oder Produkten zur Körperpflege. Auch bei der Arbeit muss ich von meinen rein veganen Ernährungsvorsätzen gelegentlich abweichen, da es keine hauseigene Kantine mit Salatbar gibt und die Auswahl hier im städtischen Umfeld, gelinde gesagt, "dürftig" ist. Ich könnte mir natürlich abends etwas vorkochen, dafür fehlt mir aber leider die Zeit (meistens jedenfalls). Das bedeutet natürlich nicht, dass ich mir mittags auch mal ein Kotelett gönne oder ne fette Käsesuppe, sondern lediglich, dass ich auch mal ein Produkt esse, bei dem z.B. Ei enthalten ist (z.B. Reibeplätzchen) oder etwas Honig (z.B. auf der Müslistange).
Ich würde mal schätzen, dass meine Ernährung zu mehr als 95 % rein vegan ist. Mit Ausnahme meiner Arbeitsstelle ist das auch wirklich überhaupt kein Problem. Selbst in Restaurants oder Kneipen, die wirklich so gar kein veganes Menü im Angebot haben, findet sich trotzdem immer etwas, das man essen kann. Und seien es nur zwei von den Beilagen-Salaten... Auch auf Partys ist es völlig unproblematisch, da es auch hier immer z.B. einen Reissalat gibt, der "erlaubt" ist, einen Obstsalat oder schlicht und einfach Brot! Mir persönlich bereitet das jedenfalls überhaupt keine Probleme. Es stellt auch für mich in keinster Weise einen Verzicht dar, da so gut wie alles, was ich früher gegessen habe, sehr schmackhaft durch Ersatzprodukte kompensiert werden kann.
Schokolade? Überhaupt kein Problem. Es gibt sehr leckere Reismilchschokoladen, die den Vollmilchschokoladen sehr nahe kommen. Darüber hinaus sind z.B Ritter Sport Marzipan oder Pfefferminz vegan. Eis? Es gibt mittlerweile selbst in regulären Supermärkten Soja-Eis, das vielleicht nicht ganz so toll schmeckt wie eine Packung Macademia Nut von Hägen Daasz, aber trotzdem gut als Ersatz herhalten kann. Döner? Wer mal den veganen Döner mit Seitan als Fleischersatz probiert hat, wird vermutlich nie wieder einen normalen Döner bestellen, denn die vegane Variante schmeckt schlicht und einfach besser. Käse oder Wurst zum Frühstück? Kann super ersetzt werden durch unzählige und extrem leckere Brotauftstriche. Müsli mit Milch? Einfach durch Sojamilch ersetzen (und wer es partout nicht mag, der soll halt Sojamilch mit z.B. Bananengeschmack mal probieren...).
Fazit: Ernährungstechnisch für mich überhaupt kein Problem (mit Ausnahme eben der Arbeit).
Früher habe ich - wie die meisten hier - übrigens alles gegessen, auch wenn ich nie ein großer Fleischesser war. Das macht es mir sicher etwas leichter als denen, für die das tägliche Steak schon zum festen Bestandteil der täglichen Nahrungsaufnahme gehört. Im Übrigen habe ich auch den Schritt zum Vegetarier übersprungen, sondern bin gleich von einer ungesunden omnivoren Ernährung zur gesunden veganen Ernährung übergegangen. Woher kam der plötzliche Sinneswandel? Ich habe damals - ausgelöst durch eine Diskussion mit einer rein vegan lebenden Freundin - eine Menge Bücher zum Thema gelesen und mir auch den ein oder anderen Film angesehen. Da stand für mich ganz schnell fest, dass es für mich keinerlei Alternative zur veganen Lebensweise gibt. Ich habe mir nämlich schlicht die Frage gestellt: Bin ich der Ansicht, dass Tiere weniger wert sind als der Mensch? Die Antwort lautet ganz klar "NEIN", ergo konnte und wollte ich fortan nicht länger Bestandteil des täglichen Tier-Treblinkas sein. Ich halte nicht nur Massentierhaltung für moralisch und ethisch verwerflich, sondern Tierhaltung generell. Auch das Bio-Fleisch stammt nämlich keinesfalls von "glücklichen" Rindern, Schweinen oder Hühnern. Da darf man sich keinerlei falschen Illusionen hingeben!
Nur ganz kurz zu einigen Cliches, auf die ich beim Überfliegen gestoßen bin:
- eine ausgewogene vegane Ernährung führt zu keinerlei Mängelerscheinungen. Ganz im Gegenteil: Vegetarier leben im Schnitt 3 Jahre länger als der "Allesesser", bei Veganer sind es sogar 7 Jahre! Da spielt natürlich mit rein, dass sich Vegetarier oder Veganer schlicht intensiver mit der Ernährung beschäftigen, als jemand, der sich in seinem ganzen Leben noch nie dafür interessiert hat, was er eigentlich isst und sich weiterhin hauptsächlich von Fast Food oder Fertiggerichten ernährt.
Im Übrigen habe ich meine Blutwerte bereits zum zweiten Mal prüfen lassen (da ich dem "Braten" selber nicht ganz getraut habe :-)): Die sind besser als jemals zuvor. Auch der leicht erhöhte Cholsterinspiegel ist mittlerweile Geschichte.
- Vitamin B12: ist nur deshalb in Fleischprodukten enthalten, weil es bei der Mast künstlich hinzugeführt wird. Bedingt durch Schadstoffe, Dünger und Pestizide nehmen nämlich selbst "artgerecht" gehaltene Masttiere dieses Vitamin nicht mehr in ausreichender Menge auf. Sollte also supplementiert werden.
- Vitamin D: da man davon ausgehen kann, dass die Mehrheit der Deutschen (insbesondere in den Wintermonaten) unter einem Vitamin-Mangel leidet, betrifft dieses Problem nicht nur Veganer, sondern auch Vegetarier und Fleischesser
- Milch ist nicht nur "nicht gesund", Milch ist schlicht und einfach in höchstem Maße ungesund. Das ist unzähligen Studien mittlerweile zweifelsfrei nachgewiesen (die bekannteste ist sicher die "China Study").
- die Kuh isst ganz sicher nicht so viel Getreide weg, dass für manche Menschen nicht mehr genug da ist Zur Produktion einer tierischen Kalorie werden - je nach Fleischart - 5-30 pflanzliche Kalorien verfüttert...
- nicht alle Veganer/Vegetarier möchten permanent missionieren Ich kenne mittlerweile eine ganze Reihe und nicht ein einziger von denen schmeißt ständig mit klugen Ratschlägen um sich. Ganz im Gegenteil, man hält sich eher noch mehr zurück, da man aus eigener Erfahrung weiß, dass man durch ständige Belehrungen gar nichts erreicht (ist ähnlich wie beim Rauchen).
- Veganer/Vegetarier haben auch nicht auf alle ernährungsbezogenen Fragen eine Antwort. Wie steht man z.B. zu Mücken? Ehrlich? Die klatsche ich noch genauso tot wie früher, wenn sie mich nachts nicht schlafen lassen. Was ist mit Haustieren? Ich habe übrigens selber einen Hund... Sollte man Kleinkinder vegan ernähren? Weiß ich nicht! usw.
Es gibt ne ganze Reihe von Leuten, die das hier alles wesentlich besser erklären können als ich. Wer sich also näher mit der ganzen Materie beschäftigen möchte, dem kann ich z.B. folgende Bücher/Filme ans Herz legen:
Bücher:
John Robbins, Food Revolution
John Robbins, Letzer Ausweg vegan - Wie die Nahrungsmittelindustrie unsere Zukunft verspielt [...]
T. Colin Campbell, China Study. Die wissenschaftliche Begründung für eine vegane Ernährungsweise
Maria Rollinger, Milch besser nicht
Rüdiger Dahlke, Peace Food - Wie der Verzicht auf Fleisch und Milch Körper und Seele heilt
Karen Duve - Anständig essen
Jonathan Safran Foer - Tiere essen
Filme:
Gabel statt Skalpell
Food Inc. - Was essen wir wirklich
Meet your Meat (Vorsicht: nichts für Kinder)
Earthlings (Vorsicht: nichts für Kinder)