Calexico in "Huxley's Neue Welt" - Berlin 23.09.2012

  • Ich mache mal ein neues Thema auf, um meine Eindrücke wiederzugeben, ohne den CD-Thread zu stören.


    Calexico ist eine Band, mit der ich bis dato noch nicht eine so intensive Beziehung aufgebaut hatte, die mir aber in Form von Empfehlungen immer wieder über den Weg gelaufen ist. Aufgrund dieser Empfehlungen hatte ich in der Vergangenheit zwei Versuche unternommen, mich den Wüstenrockern (musikexpress) zu nähern. Zum einen das frühe Album "The Black Light", das hauptsächlich aus instrumentalen, teilweise experimentellen Stücken besteht, das konnte mich nicht so erreichen. Dann habe ich mal auf einem Trödelmarkt "Toolbox" erstanden, die gab es wohl nur auf einer Tour, ebenfalls eine rein intrumentale Platte mit ruhigen Stücken, sehr geeignet zum chillen als Hintergrundmusik, nicht mehr - aber schön. Dann kenne ich ein paar sehr schöne Stücke aus der letzten (2008er) "Carried To Dust". Die Musik von Calexico zu beschreiben ist gar nicht so einfach, insbesondere auch deshalb weil sie sehr unterschiedlich ist. Es gibt ganz normale Pop-Song, Singer-Songwiter-Stücke, merkwürdige experimentelle Klangexperimente, bekannt sind sie eher für Folk-Rock mit sattem Trompetensound im Americana-Stil, wobei manchmal völlig ungeniert die Grenze zu reinrassiger mexikanischen Folklore überschritten wird.


    Deshalb habe ich die neue Scheibe "Algiers" durchaus mit Neugier erwartet. Vorher aber kam mir über dieses Forum die Kunde über das Konzert im Huxley's. Da ich gestern Abend ganz überraschend "frei" hatte, habe ich mich dann auf Verdacht aufgemacht, in der Hoffnung, dass nicht ausverkauft ist, oder dass jemand eine überzählige Karte loswerden will. Natürlich war ausverkauft, aber ich hatte Glück, dass zwei Leute, die draußen auf den Dritten wartend eine kurzfristige Absage erhielten, meinen gierigen Blick auf die überzählige karte richtig interpretierten und ich so schon nach 2 Minuten vor dem Eingang Rumlungerns im Besitz einer Karte zum Schnäppchenpreis war ;-)


    Als ich eintraf war das Vorprogramm im vollen Gange. Laura Gibson eine Folk-Singer-Songwriterin mit einer durchaus beeindruckenden Stimme präsentierte gerade ihre letzten Stücke und wurde besonders nach ihrem finalen Song zurecht mit recht frenetischem Applaus belohnt. Sie durfte dann später auch ein Duett mit Joy Burns präsentieren, was beim Publikum auch sehr gut ankam.


    Das Konzert begann erst mit zwei schönen ruhigen, verträumten Stücken - ich glaube vom aktuellen Album - die schonmal die richtige Grudnstimmung erzeugten. Joey Burns begrüßte das Publikum mit ein paar Worten auf deutsch und versuchte es davon zu überzeugen, dass es nicht etwa Sonntag sondern Freitag Abend sei, worauf wir uns - ich glaube geschlossen - berweitwillig einließen. Mit dem dritten Song durften dann die Trompeten mit ihrem satten Americana-Sound zum Einsatz kommen und spätestens da war der Saal komplett eingefangen. Ich konnte eigentlich keinen ausmachen, der gelangweilt dagestanden hätte. Die mexikanischen Rythmen animierten eigentlich Jeden mehr oder weniger zum Mitwippen oder Mittanzen und Mitklatschen.


    Mir persönlich haben die Stücke am besten gefallen, wenn Joey Burns (dessen Stimme in meinen Augen manchmal etwas sehr viel Schmalz verbrät) das Mikrofon an Martin Wenk übergab, der dann auf spanisch mindestens so kraftvoll aus den Stimmbändern schmettern konnte wie aus der Trompete - manchmal sogar im Wechsel. So war für mich ein Höhepunkt des Abends der Mexiko-Mitschunkler "Inspiracion" (auch das einzige Stück, das ich namentlich identifizieren konnte). Insgesamt ein sehr schönes Konzert, leider gab es nur eine Zugabe und ich wartete vergeblich auf meinen Calexico-Lieblingssong "House Of Valparaiso". Habe mir natürlich gleich nach der Heimkehr "Algier" geladen, um noch etwas von der Stimmung in den Arbeitstag zu nehmen.


    rienchen , neben mir gestanden? Das wäre ja ein unglaublicher Zufall bei der dichtgedrängten Menschnemenge ;-) Aber Flamenco Mitklatschen, Füße bewegen und Angrinsen könnte hinhauen, wobei... ich weiß nicht wie viele Hundert das noch getan haben ;-). Warst du zufällig mit einer Freundin da und hast irgendwann eine Brille aufgesetzt?

  • Schöner Bericht, arter! :-)


    Ich muss sagen, von Laura Gibson habe ich nur die letzten vier Stücke mitbekommen, die haben mir aber auch gereicht. Ich fand die Frau schön anzusehen, aber Musik und vor allem die Stimme waren überhaupt gar nicht mein Fall.


    Anders Joey Burns, hach! Ich mag dieses Stimme und ganz besonders die verträumten, düsteren, groovigen Songs, einfach grandios! :anbet :anbet Aber auch die mexikanisch/americano Songs hatten was, vor allen Dingen gute Laune, hat einfach Spaß gemacht und den Abend zu etwas Besonderem.


    Zitat

    Warst du zufällig mit einer Freundin da und hast irgendwann eine Brille aufgesetzt?


    :rofl

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Du achtest also auf Freundinnen ( Arbeitskollegin / notdürftige Bekannte/ ungeliebte Schwägerin) und auf Brillen? :lache


    Edit:


    Zitat

    Das Konzert begann erst mit zwei schönen ruhigen, verträumten Stücken


    Ich glaube, die erste Nummer war "Epic", ist auch der erste Song auf dem neuen Albumnee, es war "Fortune Teller", jetzt weiß ichs wieder. hach, toll! :anbet Das Highlight des Abends war für mich "Splitter", das zweite Stück auf "Algiers". Übrigens ist das so ein wunderbares Album, es wird immerimmer besser, mit jedem Hören und zählt bereits zu meinen Jahreshighlights.


    *rienchen macht arter den Editierkönig streitig* :lache

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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  • Zitat

    Original von rienchen
    Du achtest also auf Freundinnen ( Arbeitskollegin / notdürftige Bekannte/ ungeliebte Schwägerin) und auf Brillen? :lache


    Auf das und auf einiges andere in meiner Umgebung. Links vor mir war ein Pärchen, bei dem sich der Herr von seiner Dame zweimal Bier hat bringen lassen. Sie strahlte ihn immer an wie ein Hündchen, das dem Herrchen Stöckchen apportiert hat. Bei dem Paar rechts vor mir hatte der junge Mann ein scharz-weiß gestreiftes Hemd an und er konnte fast jedes Lied mitsummen. Dafür wurde er zur Belohnung von seiner Freundin immer wieder leidenschaftlich abgeknutscht. Links neben mir stand ein Glatzkopf, der offensichtlich mit einem Arbeitskollegen da war, ich habe da vor dem Konzert irgendwelche Lästereien über Kollegen aufgeschnappt, die sie austauschten. Direkt hinter mir war eine Dame, die offenbar auch allein da war. Sie rempelte mich ein paar Mal unabsichtlich an und lächelte mir dann immer zu, wenn ich mich umdrehte. Sie war aber nicht mein Typ, außerdem war ich ja wegen Calexico da. :grin Rechts etwas schräg hinter mir befand sich die erwähnte Person, mit der ich ebenfalls ein Grinsen ausgetauscht hatte, die sich mit ihrer dunkelhaarigen weiblichen Begleitung vor dem Konzert unterhielt, dann zu Beginn eine schwarze Brille aufsetzte und irgendwann während des Konzertes verschwand um sich später in respektvollem Abstand von mir zu platzieren. Sie hatte aber kaum Ähnlichkeit mit dem Bild von rienchen, das ich von der Eulengalerie kenne. Ansonsten habe ich mich von der Musik nur noch durch das filigrane Fingerspiel der Lichttechnikerin ablenken lassen, das mich sehr beeindruckt hat.


    Übrigens bin ich am Samstag in der Wuhlheide bei Radiohead. Es gibt auch noch Karten. Vieleicht kommst du ja wieder mit deiner ungeliebten Schwägerin vorbei. Du erkennst mich dann wieder am Flamenco klatschen, das sollte auffällig genug sein ;-)


    Ja, die "Algiers" wächst auch bei mir auch immer noch. :-] Obwohl "Babel" von Mumford und seinen Söhnen schon mit den Hufen scharrt.

  • Zitat

    Obwohl "Babel" von Mumford und seinen Söhnen schon mit den Hufen scharrt.


    Die ist auch wirklich schön, momentan bin ich aber noch im Post- melancholischen- Konzertefieber. :)


    Zitat

    Links vor mir war ein Pärchen, bei dem sich der Herr von seiner Dame zweimal Bier hat bringen lassen. Sie strahlte ihn immer an wie ein Hündchen, das dem Herrchen Stöckchen apportiert hat.


    DAS war ich GANZ SICHER nicht! :lache Sähe auch komisch aus, wenn ich den einen Kopp kleineren Herrn rienchen auch noch anhimmeln würde! :rofl


    Zitat

    Übrigens bin ich am Samstag in der Wuhlheide bei Radiohead. Es gibt auch noch Karten. Vieleicht kommst du ja wieder mit deiner ungeliebten Schwägerin vorbei.


    Nee, mit Radiohead konnte ich noch nie wirklich viel anfangen, der Gesang bereitet mir auch irgendwie echt Brechreiz. Viel Hype um nix, aber das ist ja Jeschmacksach.


    Freue mich aber wie bekloppt auf Archive! :hop Viel Spaß! :-) :wave

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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  • Zitat

    Original von rienchen


    Die ist auch wirklich schön, momentan bin ich aber noch im Post- melancholischen- Konzertefieber. :)


    Ich kann jetzt auch noch nicht wirklich abschalten. Das Album macht sich bei jedem Hören immer noch unentbehrlicher. Ich versuche hier Songs herauszuheben, aber auf irgendeine Art hat jeder einzelne etwas ganz Besonderes.



    "Epic" legt sich mit seinen wunderbaren Harmonien gleich in die Gehörgänge.


    "Splitter" mit dieser kraftvoll vom Schlagzeug dominierten absteigenden Keyboard-Formel, zu der sich ein Bläsersatz und Harmoniegesänge gesellen macht einfach nur Spaß.


    Dann dieses "Sinner in the Sea" (das übrigens im Text den fortune teller vorwegnimmt), das mit Latino-Rythmen verzerrter Gitarre auf einem Bläserteppich und einer Hammond-Orgel dahinschwebt, bevor es sich in einem wahnsinnigen Crescendo entlädt, bevor es nochmal mit der Strophe die Ohren verwöhnt.


    "Fortune Teller" ein Ohrwurm zum mitsummen, der einem nicht so schnell aus dem Sinn gehen will


    "Para" ein düsterer Song in Moll mit tiefen Emotionen und gruseligen Pseudo-Strings am Ende.


    "Algiers" das obligatorische lässige Instrumental mit einer hinreißenden Melodie, die zum Fingerschnipsen einlädt, einfach herrlich.


    "Maybe on Monday", ein Song. Einfach ein guter Song.


    "Puerto" hier wieder Schwerpunkt Latino, aber wie! Gänsehaut!! Typisch Calexico so verstehe ich die Band. Vielleicht der charakteristischste Song, der in der Tradition von 15 Jahren Calexico steht.


    "Better And Better" eine herzzerreißende Ballade zum melancholischen Träumen.


    "No te Vayas" Was soll ich sagen. Calexico erreichen mich sogar wieder mit diesem mexikanischen Foloklorekitsch. Und wie! Ich kann nicht anders, als diese Schmachtschnulze toll zu finden. Vielleicht sogar mein geheimer Favorit auf der Platte.


    "Hush" fällt jetzt gar nicht ab, macht eine groovige Stimmung mit treibenden Gitarren-Rythmen und überrascht kurz vor Schluss mit Falsett-Gejodel


    "The Vanashing Mind" na ja, nach 11 tollen Songs darf auch noch einer kommen, der etwas langweilt. Aber nur ein wenig.


    Edit: Ich will jetzt nochmal das Konzert erleben, wo ich die Songs in- und auswendig kenne :grin

  • Zitat

    "Splitter" mit dieser kraftvoll vom Schlagzeug dominierten absteigenden Keyboard-Formel, zu der sich ein Bläsersatz und Harmoniegesänge gesellen macht einfach nur Spaß.


    ..und es macht wie fast kein anderer Song auf diesem Album deutlich, dass Spaß nur mit ein bisschen Traurigkeit zu haben ist. Ich wiederhole mich, aber "Algiers" ist ein großartiges Werk, vollkommen und rund. :anbet


    Ach, arter. :knuddel


    * Dein rienchen, soeben weggeschmolzen. * :lache


    Edit: heißt es nicht IM Huxley' s?

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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  • Zitat

    Original von rienchen


    ..und es macht wie fast kein anderer Song auf diesem Album deutlich, dass Spaß nur mit ein bisschen Traurigkeit zu haben ist. Ich wiederhole mich, aber "Algiers" ist ein großartiges Werk, vollkommen und rund. :anbet


    Also ich denke ich kann auch Spaß ohne Traurigkeit habe. Es geht aber auch mit ganz gut, da gebe ich dir recht. Ich finde auch, dass "Splitter" eines der seltenen weniger melancholischen Stücke auf "Algiers" ist. Aber das empfindet möglicherweise jeder ein wenig anders.


    Zitat

    Ach, arter. :knuddel


    * Dein rienchen, soeben weggeschmolzen. * :lache


    Na endlich :lache


    Zitat

    Edit: heißt es nicht IM Huxley' s?


    Keine Ahnung. Wäre eine Frage für den Deutsch-Thread. Wahrscheinlich hast du recht. Da wollte die "Welt" einen weiblichen Artikel provozieren. "Im Huxley's neue Welt" hört sich komisch an. Und ich kann ja nicht schreiben: "In Huxley's neuer Welt". Besser wohl man lässt die Welt einfach weg^^ :wave

  • Zitat

    Edit: Ich will jetzt nochmal das Konzert erleben, wo ich die Songs in- und auswendig kenne


    Und mir fällt jetzt erst auf, dass die aus Tucson kommen. Da waren wir auch und ich habe mir dort ein Shirt gekauft, auf dem Tucson/Arizona steht. ( Es ist sehr schön. ) Mist, das hätte ich anziehen und mich damit in die erste Reihe stellen sollen. :lache

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

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  • Huhu, arter.


    Zitat

    Übrigens bin ich am Samstag in der Wuhlheide bei Radiohead.


    Da freue ich mich auch schon sehr drauf, denn die letzte Show war wirklich äußerst schön, zudem sind wohl einige sehr überraschende Arrangements und viele Songs von "Amnesiac" und "Kid A" zu erwarten. Allerdings würde ich mich noch mehr freuen, wenn am Samstag Anfang Juli wäre - und nicht Ende September. ;-)