"Donnerstags im Fetten Hecht" von Stefan Nink

  • Haben Sie Lust auf zwar weitgehend sinnfreie, dafür aber gekonnt gemachte und profund recherchierte Unterhaltung? Wollen Sie eine Weltreise der anderen Art erleben, die vor Katastrophen nur so strotzt? Wollen Sie aber gleichzeitig in die Atmosphäre der bereisten Orte eintauchen, so als wären Sie selber da? Dann ist dies das richtige Buch für Sie!


    Nein, man sollte sich wahrhaftig nicht fragen, ob all das so passieren könnte. Oder ob Menschen, sprich: insbesondere der Protagonist, so etwas tatsächlich mitmachen würden. Der Lokaljournalist Siebeneisen, dessen Vornamen man übrigens nie erfährt, wird von seinem "Freund" O'Shady, genannt Schatten, auf eine Weltreise geschickt: er soll sieben Miterben suchen, da Schatten sonst die ungeheure Summe von 50 Millionen Euro nicht ausgezahlt würde.


    Das Buch wäre nur halb so lustig, wenn auf diesem Himmelfahrtskommando nicht allerlei schief gehen würde. Siebeneisen erhält von Schatten nämlich immer nur äußerst nebulöse Hinweise zum jeweils nächsten zu findenden Erben - per Fax und Internet. Hinzu kommt, dass Schatten ausgesprochen geizig ist, und so entpuppen sich manche im Voraus gebuchten Details als - nun ja - wenig erbaulich...


    Doch das wirkliche Sahnehäubchen an diesem Buch sind die gekonnt recherchierten Hintergründe. Der Autor Stefan Nink hat bereits zahlreiche Reisebücher veröffentlicht, und seine Expertise in diesem Bereich trieft aus jeder Seite. Er versteht es auf unnachahmliche Weise, den jeweils bereisten Flecken Erde gleichzeitig in den Fokus zu nehmen, aber auch so dezent bis mitteldezent zu veralbern, dass man als Leser seine helle Freude hat. Boxende Känguruhs in Australien, Geierangriffe in Nepal, grölende Chinesen auf einem Oktoberfest, ein tobendes Nashorn in der afrikanischen Steppe... die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Zu keinem Zeitpunkt jedoch hat man als Leser das Gefühl, die Witze würden nur um ihrer selbst willen gerissen. Nein, der Witz nimmt den Leser mit ins Boot, und weckt - letzten Endes - Verständnis für Siebeneisens Zwangslage, und für so manche menschliche Schwäche.


    Durch dieses Buch bin ich nur so geflogen, und war beinahe traurig, als es zu Ende war. Obwohl - ein Ende ist es auch wieder nur halb, weil... Nein! Das werde ich nicht verraten. Lesen Sie selbst. Begleiten Sie Siebeneisen auf seinem irrwitzigen Trip. Fluchen Sie über Schatten, wundern Sie sich über so manchen Einheimischen. Und freuen Sie sich auf eine eventuelle Fortsetzung.

  • Der Inhalt:


    Siebeneisens Leben ist nichts besonderes. Er geht einer regelmäßigen Arbeit nach und trifft sich Donnerstags immer mit seinen Freunden Schatten und Wipperfürth im Fetten Hecht. Eines Donnerstags kommt Schatten völlig außer Atem in den Hecht getürmt und berichtet seinen Freunden das er geerbt hat – und zwar 50 Millionen. Damit das Erbe aber ausgezahlt wird, müssen erst alle 7 Miterben gefunden werden. Dies erweist sich schwieriger als gedacht, den sie sind auf der ganzen Welt verstreut. Siebeneisen wird auserkoren auf die große Reise zu gehen um die Miterben zu finden und dies erweist sich schwieriger als gedacht und Siebeneisen gerät in ein Abenteuer nach dem nächsten.


    Meine Meinung:


    Wer träumt nicht von einem Road-Trip um die ganze Welt. Sicherlich auch Siebeneisen, aber dieser erweist sich anders als erwartet. Den seine Freunde buchen von Oer-Erkenschwick aus seine Flüge, Unterkünfte und Safaris. Das diese nicht immer erster Klasse sind und Siebeneisen sich manchmal fragt wo sie diese “Schnäppchen” gefunden haben, trägt nicht gerade zur guten Laune bei. Dies wird glaubhaft und witzig dargestellt und ich musste mehrmals schmunzeln oder herzhaft lachen.


    Stefan Nink nimmt seine Leser mit auf eine Reise nach Australien, Amerika, in die Antarktis, China und anderen Ländern dieser Welt. Da der Autor selbst schon über 30 Reisebücher veröffentlicht hat, kommen die Gegebenheiten in den einzelnen Ländern nicht zu kurz. Sehr schnell findet man sich in dem neuen Land zurecht und kann es sich, dank der ausführlichen und bildlichen Sprache, sehr gut vorstellen.


    Der Charakter Siebeneisen war mir von Anfang an sympatisch. Er hat das große “Glück” auf die Reise um die Welt zu gehen um Schattens Miterben zu finden. Da er sowieso nichts besseres zu tun hat und mit seinem Leben unzufrieden ist, lässt er sich darauf ein. Von Schatten und Wipperfürth bin ich allerdings etwas enttäuscht. Sie wurden nur oberflächlich dargestellt und haben es nicht geschafft mir sympatisch zu werden. Aber diese drei sind natürlich nicht alle Charaktere aus dem Buch. Da gibt es dann noch die 7 Miterben und die anderen Personen die Siebeneisen so auf seiner Reise kennen lernt. Viele fand ich interessant, andere witzig und manche einfach nur nervig. Trotz allem waren sie sehr gut dargestellt und haben gut in die Geschichte gepasst.


    Der Schreibstil ist locker und lässt sich zügig lesen. Auch den Spannungsbogen konnte Stefan Nink konsequent aufrecht erhalten und ich habe richtig mitgefiebert auf Siebeneisens Reise zum nächsten Verwanden und Miterben. Sehr gefallen haben mir auch die Facebook-Nachrichten. Siebeneisens Freunde haben eigens für die Reise ein Fanseite eingerichtet, auf der sich alle möglichen Personen, die Siebeneisen auf seiner Reise trifft, verewigen und Nachrichten hinterlassen.


    Mein Fazit:


    Ein super Debüt von Stefan Nink. Es ist witzig und unterhaltsam. Sehr gerne würde ich mehr über Siebeneisen lesen.

  • Zitat

    Original von Suzann
    danke für die beiden informativen rezis. klingt, als wäre das was für mich. gibt es das auch als hörbuch?


    Ja gibt es auch und komischerweise ist das Hörbuch günstiger als das Buch

  • Der Weg ist das Ziel


    In der titelgebenden Kneipe in Oer-Erkenschwick treffen sich die mitteljungalten Herren Siebeneisen, Wipperfürth und Schatten donnerstags zum Tipp-Kick. Sonst ist in dem etwas ranzigen Laden, in dem es nicht einmal Fassbier gibt, nicht viel los. Bis Schatten, der eigentlich O'Shady heißt, von einer Beerdigung in Dublin zurückkehrt und den beiden Bekannten mitteilt, von der klassischen entfernten Verwandten - einer Großtante - 50 Millionen Euro geerbt zu haben.
    Vorausgesetzt, die sieben anderen O'Shadys, die die gleiche Summe geerbt haben, werden aufgefunden. Leider leben diese Iren über den gesamten Planeten verstreut und sind sehr reiselustig, im Gegensatz zu Schatten, der für derlei ohnehin zu dick ist. Also übernimmt der knauserige Wipperfürth die Organisation und der Journalist Siebeneisen wird auf die Suche geschickt - immerhin hat der ja fast alle Ausgaben der "National Geographic" zu Hause und ist deshalb total qualifiziert. Es geht ins Outback nach Australien, an den Südpol, in die afrikanische Savanne, in die Mongolei und an zwei, drei ähnliche, von der Zivilisation ähnlich entfernte Orte, von New Orleans vielleicht abgesehen, wo es aber auf andere Weise weltfremd zugeht. Wipperfürth sorgt dafür, dass die Reisen besonders abenteuerlich sind, denn er wählt ausnahmslos die billigsten Carrier, die schlechtesten Hotels und die beschwerlichsten Transfers.


    Und trotzdem findet Siebeneisen nach und nach Gefallen an der Sache - nicht zuletzt, weil er sich unterwegs recht intensiv verliebt. Er wird von Nashörnern gejagt und von Wilderern entführt, von Extremtouristinnen genervt, von stoisch singenden Fahrern in klapprigen Autos durch die Mongolei kutschiert und von oktoberfestfeierenden Chinesen mit lauwarmem Bier abgefüllt. Er hat einen Unfall mit einem Motorschlitten und entdeckt ein nationales Heiligtum. Und, und, und.


    "Donnerstags im Fetten Hecht" ist ein Abenteuerroman und ein Reisebuch, und übrigens ein sehr lustiges, ohne sich je auf Schenkelklopferniveau zu begeben. Okay, der Plot ist ein bisschen dünn, das letztlich offene Ende etwas unbefriedigend und die ganze Geschichte ziemlich vorhersehbar, aber man fährt ja auch nicht mit dem Ziel los, wieder nach Hause zu kommen, obwohl das am Ende meistens passiert. Stefan Nink ist ein kluger, stilsicherer, sehr reiseerfahrener Erzähler, der hier wahrscheinlich die Highlights seiner persönlichen Erlebnisse in ein paar Episoden gegossen hat, die mit dem "Fetten Hecht" locker zu einer Romanhandlung verbunden wurden. Doch das ist in Ordnung, weil es einfach Spaß macht und Lust aufs Reisen weckt. Der Cliffhanger, mit dem man gelockt werden soll, die Fortsetzung zu lesen, wäre allerdings nicht nötig gewesen, weil ich das sowieso getan hätte. Also tun werde.