Titel: Zeitpuzzle
Autor: Kai Beisswenger
Verlag: Web-Site-Verlag
Erschienen: 2002
Seitenzahl: 147
ISBN-10: 3935982240
ISBN-13: 978-3935982245
Preis: ab 3.00 EUR (Kindle-Edition: 2.05 EUR)
Der Autor:
Kai Beisswenger wurde 1961 in Seesen am Harz geboren und lebt heute im Kreis Heinsberg. Neben seiner Schreibtätigkeit arbeitet der studierte Betriebswirt und gelernte Außenhandelskaufmann im internationalen Vertrieb - zurzeit in einem japanischen Unternehmen in Düsseldorf. Die Erlebnisse einer einjährigen Reise, die ihn zwischen 1986 und 1987 nach Griechenland, in die Türkei, nach Ägypten, nach Israel und schließlich bis Indien führte, weckten sein Interesse für Mythen, Religionen, Philosophie und Sprachen.
Zum Buch:
Dieses Buch von Kai Beisswenger ist sehr schwer zu packen. Immer dann wenn man meint nun hätte man es fest in Händen, entgleitet es wieder – und wendet sich dabei grinsend zu seinem Leser um, so als wollte es sagen: „Ätsch!“.
Denn was an der erzählten Geschichte ist Realität? Was an der Geschichte ist Fiktion? Und was ist mit diesem Graf? Unsterblich oder immer nur wiedergeboren? Will er dem Erzähler die Welt erklären oder will er (der Graf) den Erzähler nur zum Nachdenken anregen? Und wann spielt diese Geschichte? Aus welchem Jahr heraus wird sie erzählt?
Der Inhalt dieses Buches ist nicht so leicht zu erzählen. Da ist zum einen der Erzähler dem der Leser zum ersten Mal im Jahr 2132 begegnet. Und dann ist da dieser mysteriöse Graf, der anscheinend ohne große Mühe durch die Zeit reisen kann und immer wieder den Lebensweg des Erzählers kreuzt. Der Graf berichtet von vielen Dingen, von Klon-Verfahren, von merkwürdigen Bergkristallen, von irgendwelchen Sekten und noch vielen anderen Dingen mehr. Ist das jetzt alles nur erdacht oder kann alles irgendwie belegt werden? Der Erzähler scheint verunsichert, sieht er doch nicht den roten Faden, den es vielleicht auch gar nicht gibt. Oder wird hier einfach nur der Beweis oder der eventuelle Nachweis darüber erbracht, dass alles im Fluss ist, dass alles miteinander verbunden ist? Der Graf erzählt und interpretiert vergangene und auch zukünftige Ereignisse und nimmt dabei keine Rücksicht auf die Gefühle seiner Zuhörer. Es ist ein Parforce-Ritt durch die Zeit mit all ihren Mythen, Sagen und tatsächlichen Begebenheiten. Ein Parforce-Ritt der dem Leser wirklich eine Menge abfordert und der bei diesem Ritt ganz sicher das und andere Mal vom Pferd fällt.
Das Buch entführt den Leser dann noch in die Jahre 1985, 1993, 2001 und 2009. In diesem Zusammenhang sei auf die sehr interessante Literaturliste am Ende des Buches hingewiesen. Und nie wird dem Leser aber genau klar, in welchem Jahr der Erzähler denn nun real steht, welches Jahr quasi die Basis seiner Erzählung ist.
Der Titel dieses Buches ist wirklich ausgezeichnet gewählt. Es ist wahrlich ein „Puzzle“. Aus vielen Einzelteilen scheint sich irgendwann ein kompaktes Ganzes zu ergeben. Die einzelnen Puzzleteile aber scheinen auf den ersten Blick nichts weiter zu sein als ein ganz schlimmes Durcheinander – doch dann wird irgendwann klar (aber weiß man es wirklich so genau?) dass alles und jedes mit sich zusammenhängt, dass alles vielleicht in einem globalen Bewusstsein mündet.
Dieses Buch ist eigentlich eine Einladung zum Nachdenken, zum Philosophieren – ein Buch das auch nach 20 Flaschen trocknem Rotwein immer noch unglaublich viel Diskussions- und Gesprächsstoff bietet. Und dieses Buch wird unter Garantie auch kein Bestseller werden – dazu ist einfach zu intelligent geschrieben und dazu schont es auch seine Leser einfach zu wenig. Denn wer nicht nach- und mitdenken will, der sollte von diesem Buch lieber die Hände lassen. Vielleicht macht es aber auch Sinn, dass man dieses Buch nicht in einem Zug liest – sondern eventuell nur Stück für Stück. Was da besser ist, wird jede/jeder für sich ganz allein herausfinden müssen.
Dieses Buch ist ganz gewiss nicht alltäglich. Es orientiert sich nicht an irgendwelchen Science-Fiction-Klischees, es geht seinen individuellen Weg ganz allein, ohne Hilfe und ohne Bevormundung. 145 Seiten die es wirklich in sich haben. Dazu in einem mehr als ansprechenden Stil geschrieben. Faszinierende Lektüre die sich so wunderbar vom oberflächlichen Mainstream-Geschreibsel so vieler anderer Druckwerke abhebt.
Man sollte dieses Buch lesen, dann darüber nachdenken – begeistert sein oder vielleicht auch unglaublich sauer werden. Aber Nachdenken – egal zu welchem Ergebnis man dann kommt – hat wohl noch nie geschadet. Dieses Buch kann polarisieren. Und wird es wohl auch.
Fazit: Nicht alltäglich, wahrscheinlich polarisierend – in jedem Falle aber mal was anderes – von mir daher eine unbedingte Leseempfehlung. Dazu gut geschrieben. Science-Fiction der anderen Art aus der Güteklasse A.
9 Eulenpunkte