Der Schmerz der Engel - Jón Kalman Stefánsson

  • Erschienen im September 2011 beim Piper-Verlag, 352 Seiten
    Übersetzt vom isländischen Origignal ("Harmur Englanna") von Karl-Ludwig Wetzig


    Klappentext:

    Zitat

    In den Wintern sind die Nächte dunkel und still, wir hören die Fische auf dem Meeresgrund atmen. Der Schnee fällt so dicht, dass er Himmel und Erde miteinander verbindet. Während der Junge den anderen bei Schnaps und heißem Kaffee in der Gaststube aus William Shakespeares »Hamlet« vorliest, entrinnt Jens, der Postmann, knapp dem Tod: Festgefroren auf seinem Pferd, erreicht er unterkühlt und mit letzter Kraft die Herberge, im Gepäck zwei Leichen und die wohlbehaltene Postkiste. Auf seine nächste Reise in die weiten Fjorde wird der Junge ihn begleiten. Und beide müssen für ein ungewöhnliches Poststück ihr Leben aufs Spiel setzen


    Meinung:
    Der "Junge" wohnt seit einigen Wochen bei einer Familie, die eine Gaststube in einem kleinen isländischen Dorf führt - fernab von jeglicher Zivilisation, eingeschneit in schneidender Kälte, da der Frühling noch auf sich warten lässt. Dort erfährt er zum ersten Mal, was es heißt ein zu Hause zu haben. Er liest abends für den blinden Kapitän aus Hamlet vor, der vor seinem ersten Morgenkaffee unausstehlich ist. Sogar Englisch soll er lernen.
    Dazwischen platzt jedoch die Ankunft von Jens, dem Postmann, der auf seinem Pferd festgefroren im Dorf ankommt. Jens, ein wortkarger stämmiger Mann, der schon vielen Stürmen ein Schnippchen geschlagen hat, lässt sich kurz darauf breitschlagen eine weitere Tour als Postmann zu noch entlegeneren Gebieten an der Winterküste zu übernehmen, sowohl aus einer Mischung als Stolz und Trotz als auch um sich einige Münzen zusätzlich zu verdienen. Als Unterstützung kommt der Junge mit. Die beiden verbindet keineswegs von Anfang an Freundschaft, dafür sind die Unterschiede zu groß. Während Jens nur spricht, wenn es unbedingt notwendig ist, liebt der Junge es, mit Worten zu spielen - seien es Gespräche, Gedichte oder Lieder. Erst nach und nach schweißt sie die Eiseskälte, die ständig nach ihrem Leben trachtet, zusammen....


    Jón Kalman Stefánsson gelingt es dabei wunderbar die Atmosphäre sowie die Landschaft zu beschreiben und den Leser so mit mit nach Island zu nehmen, in die Kälte, zusammen mit den beiden, die ihr Leben für's Austragen der Post aufs Spiel setzen. Und das alles gänzlich ohne überflüssig übertriebene Dramatik. So ist es in Island eben: Wenn man sich im Schneesturm zu weit vom Hof entfernt, wird man schon bald tot sein, falls man es nicht schafft, sich selbst zurück ins Warme zu retten. Gleichzeitig zeigt Jón Kalman aber, dass es trotz dieser harten Lebensbedingungen durchaus auch Glück und Liebe geben kann.


    Mich hat das Buch schon nach wenigen Seiten in den Bann gezogen, die Figuren wachsen einem nach kurzer Zeit ans Herz (insbesondere der Junge) und sind wunderbar authentisch. Ein toller Roman. Möge er noch viele Leser finden. :wave


    Das Buch ist der zweite Teil einer Trilogie (der erste Teil, Himmel und Hölle, wurde schon von DraperDoyle rezenstiert), allerdings kann man das Buch auch ohne Probleme als eigenständigen Roman lesen. Der dritte Teil ist bisher noch nicht auf Deutsch erschienen.


    Von mir 9 Punkte. (1 Abzug für das Ende. Ich kann doch kein isländisch, wie soll ich da meine Neugier befriedigen :fetch)


    Im Oktober erscheint das Buch auch als Taschenbuch.

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • Vielen Dank für die Buchvorstellung, saz. Dieser Roman ist wohl bald fällig


    Zitat

    Original von saz
    Gleichzeitig zeigt Jón Kalman aber, dass es trotz dieser harten Lebensbedingungen durchaus auch Glück und Liebe geben kann.


    Mich hat das Buch schon nach wenigen Seiten in den Bann gezogen, die Figuren wachsen einem nach kurzer Zeit ans Herz (insbesondere der Junge) und sind wunderbar authentisch. Ein toller Roman. Möge er noch viele Leser finden.


    Das kann man so fast von allen Romanen Stefánssons sagen :anbet


    Zitat

    Original von saz
    Von mir 9 Punkte. (1 Abzug für das Ende. Ich kann doch kein isländisch, wie soll ich da meine Neugier befriedigen :fetch)


    Hm, ich habe jetzt extra die letzten paar Seiten gelesen, wieso muss man da isländisch können?


    Edit fällt's gerade wie Schuppen aus den Haaren


    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

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