'Der Stille Don' - 1. Buch, 2. Teil

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  • Noch eine Familie wird eingeführt. Waren es zuerst die Melechows, so kommen jetzt die Mochows und die Korschunows dazu.


    Grigori wird verheiratet mit der unschuldigen Natalja Korschunowa. Aber auch das kann sein Verhältnis zu Aksinja nur kurz unterbrechen. Sie beide brennen, sie fliehen, sie werden Eltern, sie lieben sich. Trotzdem ist es hart, wie Grischa seiner verlassenen Ehefrau antwortet, als sie ihn brieflich fragt, ob er je wieder kommen werde. Auch ihr Selbstmordversuch berührt ihn nur wenig. Was wohl im Laufe des Romans noch aus ihm wird...


    Es gibt scheinbar eine jährliche Art Bereitschaftsmilitärzeit, eine Mobilmachung auf Probe für die Kosaken im Dienste des Zaren. Dazu gab es im ersten Abschnitt schon ein Kapitel, als Petro und Stepan einberufen wurden.


    In diesem Abschnitt taucht der auf, den ich erwartet habe: der intellektuelle Fremde, der politische und weltanschauliche Bücher mitbringt. Er scheint der zu sein, der die Ruhe behält, so oft wie er überlegen lächelnd am Türrahmen gelehnt steht. Er fragt schon nach Unzufriedenheiten, wo es Arbeiter gibt, weiß wer Karl Marx ist, stellt den Sinn der Verordnung oder Gerechtigkeit des Militäreinsatzes für den Zaren in Frage...Kommunistischer Unruhrstifter und Brandstifter ;-) Wir werden sehen, was er weiter anstellen wird...

  • In diesem Abschnitt erhält man genauere Anhaltspunkte, wo wir uns jahreszahlmäßig befinden: Nach 1910 (da hat der Kaufmann sich die Hunde besorgt), etwa 1913 (sh. den letzten Satz vor X).


    Die vielen Namen verwirren langsam aber sicher. Vielleicht sollte ich mir ein Namensverzeichnis anlegen.


    Scholochow zeichnet die Personen eigentlich selten freundlich. Wenn ich mir alleine überlege, welche Mengen an Schweiß dort vergossen werden, könnte man sicherlich den Don damit mehr als gut füllen, sollte er jemals austrocknen. Und dieses ewige „Schnurrbart(spitzen) in den Mund nehmen etc.“ - als wollte er dem Leser immer und immer wieder deutlich machen, wie rückständig und unkultiviert man doch als Kosak unter Zarens war. Die immer und immer wiederkehrenden Wiederholungen diesbezüglich lassen mich allerdings auch vermuten, dass der Herr Autor keine allzu gute Meinung von der Gedächtnisleistung und Vorstellungskraft seiner Leser hat.


    Mitka vergeht sich also am Kaufmannstöchterlein. Hält aber, welche Ehre, beim Papa um ihre Hand an. Na ja. Und auch hier wie bei Grigori, bekommt er nicht, was er will, nimmt er es sich einfach, wenn nicht, wird er ausfallend und unflätig. Scheint dort so üblich gewesen zu sein.


    Einige antizaristische Bemerkungen sind zu lesen, es brodelt mehr oder weniger unterschwellig, vermutlich nicht erst seit 1905. Schade, dass man sich über so vieles selber informieren muss. Anhand des bisherigen Textes habe ich so die Vermutung, dass die Kosaken im großen Zarenreich ziemlich für sich standen und bei den anderen (nicht nur den Bauern, sondern zum Beispiel auch den Ukrainern) nicht gerade wohlgelitten waren. Diese Prügelei in der Mühle – ein kleines bisschen hat man ja das Gefühl, da ist nicht nur Missachtung, sondern auch Hass im Spiel. Und der Fremde – Stockmann – scheint kräftig Öl ins Feuer zu gießen. So vermengt sich der Ärger über „die Anderen“ mit dem Ärger über „die da oben“ und wird ziemlich brisanter Zündstoff.


    Erstaunlich finde ich den mehr oder minder verdeckt geschilderten Antisemitismus. Gut, als „Chronist“ hat der Autor auch zu schildern, wie es den Juden erging. Aber auch hier: Weder für den einen noch für den anderen besonders freundliche Beschreibungen.


    Grigori wird vom Vater rausgeworfen. Mutig eigentlich, was er dem Vater an den Kopf wirft, nämlich dass er Natalja nicht ganz freiwillig geheiratet hat. Ein Hitzkopf. Nun lebt er also mit Aksinja beim Gutsherrn. Man darf gespannt sein, wie lange das gut geht (sein „vorläufig schon“ gegenüber seinem Bruder gibt mehr als zu denken). Irgendwann wird ihm die eigene Scholle fehlen, wird er ihrer vielleicht überdrüssig, denn Aksinja scheint mir ein klein wenig zu besitzergreifend für einen solch freiheitsliebenden Kosaken zu sein.


    Noch einmal zurückkommen muss ich auf die Beschreibungen, die die Frauen betreffen. Es klingt manchmal so, als habe der Autor etwas gegen sie, nicht nur gegen die Kosakenfrauen im Zarenreich. Oder missbilligt er, dass sie sich in der patriachlischen Gesellschaft derart gebärden (müssen?). Das werde ich jedenfalls im Auge behalten.
    Es gibt ja auch etliche Bemerkungen in Bezug auf das ländliche Leben (z. B. „in dumpfen Dahindösen verschimmelte das Leben...“). Hin und wieder habe ich das Gefühl, dass kommt mit einem Holzhämmerchen daher, muss dem Leser eingebläut werden, wie „schlicht“ und wenig erstrebenswert doch das Leben unter Adels war.



    Edit: Beim Lesen muss ich oft an ein anderes, nicht so sehr viel später erschienenes Buch denken, nämlich den "Doktor Schiwago". Es ist nicht unbedingt so, dass ich allzu viele Romane aus der Sowjetzeit gelesen hätte, aber man spürt, dass sie alle "der gleiche Wind" umspielte, um es mal so zu sagen.

  • Zitat

    Original von Lipperin
    ...
    Noch einmal zurückkommen muss ich auf die Beschreibungen, die die Frauen betreffen. Es klingt manchmal so, als habe der Autor etwas gegen sie, nicht nur gegen die Kosakenfrauen im Zarenreich. Oder missbilligt er, dass sie sich in der patriachlischen Gesellschaft derart gebärden (müssen?). Das werde ich jedenfalls im Auge behalten.
    Es gibt ja auch etliche Bemerkungen in Bezug auf das ländliche Leben (z. B. „in dumpfen Dahindösen verschimmelte das Leben...“). Hin und wieder habe ich das Gefühl, dass kommt mit einem Holzhämmerchen daher, muss dem Leser eingebläut werden, wie „schlicht“ und wenig erstrebenswert doch das Leben unter Adels war.



    Edit: Beim Lesen muss ich oft an ein anderes, nicht so sehr viel später erschienenes Buch denken, nämlich den "Doktor Schiwago". Es ist nicht unbedingt so, dass ich allzu viele Romane aus der Sowjetzeit gelesen hätte, aber man spürt, dass sie alle "der gleiche Wind" umspielte, um es mal so zu sagen.


    Bei solchen frühsowjetischen Romanen werde ich immer das Gefühl beim Lesen nicht los, dass alles, was der wirklichen Geschichte um die Unterdrückung und die ideologische Befreiung vorausgeht, nur Beiwerk ist und Mittel zum Zweck. Bauern sind immer ungebildet und brutal, saufen und fluchen...Klischees eben, und besser wird es erst, wenn ein findiger Arbeiterführer die Aufklärung in die Hand nimmt. Hoffentlich ist es hier nicht so.

  • Ich habe nun ein Beispiel gefunden - schöner, poetischer Satz einfach mitten in die Handlung gezwängt und dann noch irgendwie fehlerhaft, da Satzteile fehlen :wow


    Zitat

    Am anderen Ende des Dorfes bellten die Hunde, schwere, undurchdringliche Finsternis dunkelte, durchzogen von gelben Lichtern.

  • Zitat

    Bei solchen frühsowjetischen Romanen werde ich immer das Gefühl beim Lesen nicht los, dass alles, was der wirklichen Geschichte um die Unterdrückung und die ideologische Befreiung vorausgeht, nur Beiwerk ist und Mittel zum Zweck. Bauern sind immer ungebildet und brutal, saufen und fluchen...Klischees eben, und besser wird es erst, wenn ein findiger Arbeiterführer die Aufklärung in die Hand nimmt. Hoffentlich ist es hier nicht so.


    Ich neige auch relativ leicht dazu, etwas als Klischee abzutun. Aber gerade wenn verschiedene Autoren die Sachverhalte ähnlich schildern, tendiere ich ich dann eher dazu, das als Fakt anzusehen. Dass die Bauern ungebildet sind, saufen und fluchen, mag einem bei einer Häufung der Beschreibungen mitunter nerven, aber im zaristischen Russland war es nicht gut bestellt um die Bildung bei der Landbevölkerung. Ungebildete Menschen lassen sich schließlich viel besser ausnutzen und unterdrücken. Die Kosaken sind heißblütig und wenn das Blut kocht, wandert die Faust wohl gern mal auf das Auge des Gegenüber, auch wenn es eine Frau ist. Das Recht ist sicher das Recht des Stärkeren und die eigene Meinung wird auch handgreiflich durchgesetzt. Es gab eben keinen, der ein anderes Verhalten von ihnen gefordert hat. Würden sie vor dem Zaren stehen, hätten alle brav den Schwanz eingezogen. Nein, ich heiße das keineswegs gut, akzeptiere aber, dass es so war oder gewesen sein könnte.


    Die Szene mit dem Foto von dem bärtigen Väterchen fand ich göttlich. Ja, dann kam raus es war Karl Marx. :lache


    Im Kapitel XV kam dann eine Stelle an der es nach erfrorener Kirschbaumrinde roch. Da stutze ich ein wenig. Riecht die irgendwie besonders? Das ist mir bei meinen Kirschbäumen noch nie aufgefallen.


    Grigoris Reaktion auf natalja Brief "Dann leb allein." fand ich ungemein herzlos. Das hat Natalja nicht verdient. Ob ihm das Glück so hold sein wird, ist ja momentan erst einmal die Frage. Grigori hat beim Gutsherrn Arbeit gefunden. Schaun wir mal, wie lange das gut geht. Wie ihr schon geschrieben habt, die eigene Scholle und die Selbstbestimmung werden fehlen. Wer weiß, wie sich die Beziehung zu Aksinja entwickeln wird. Stepan hat sie ja kurz entschlossen verlassen, untreu wurde sie ihm schon bei einer relativ kurzen Abwesenheit. Soll Grigori mal aufpassen, dass er immer in ihrer Nähe bleibt.


    Dann kam es zum Selbstmordversuch Nataljas. Wie wir einige Seiten später erfuhren, kämpfte sie lange ums Überleben. Aber als die Schilderung der Tat, die ging mir durch und durch, dann am Ende es Kapitels mit dem Kampf des Dons gegen den Eispanzer gleichgesetzt wurde, das fand ich unheimlich schön.

  • Oh je, was habe ich da nur zu Lesen begonnen bzw. sogar vorschlagen. :yikes ;-)


    Im zweiten Kapitel hier (Seite 110) taucht wieder der schon zitierte Spruch: „Wenn die Hündin nicht läßt, springt der Hund nicht so fest!“ auf.
    Das scheint dort allgemeine Auffassung gewesen zu sein.


    Zu Beginn des sechsten Kapitel über Stockmann; ich vermute, daß er ein Agitator (oder wie man es sonst bezeichnen möchte) der KP (bzw. deren Vorläuferorganisation) ist. (Gefängnis, Verbannung wegen Unruhen, Seite 125)


    Zum Ende des achten Kapitels dann die indirekte Bestätigung durch das Bild von Karl Marx.


    Zu Beginn des 13. Kapitels (Seite 149) wurde mir dann doch erst mal ganz anders, als Weniamin seine ... seltsamen Eßgewohnheiten an den Tag legte. :uebel


    Zum Ende des 15. Kapitels - unabhängig vom Inhalt - ein Lob an den Autor: schreiben kann er! Wie er Nataljas Selbstmordversuch schildert, ganz große Klasse!


    Ansonsten ist es ziemlich heftig, was so alles passiert. Natalja will sich umbringen (nachdem sie das Gerede über sie gehört hat), Grigori lebt mit Axinja; als das Kind kommt, dachte ich zunächst, sie wäre bei der Geburt gestorben. War sie aber nicht, um dann von Grigoris Vater abfällig (eigentlich gar nicht) behandelt zu werden. Und über die Musterung sowie die dahinter stehende „Ideologie“ lasse ich mich lieber nicht aus.


    Jedenfalls ist inzwischen genug beisammen und passiert, daß das eigentlich nur in einer Tragödie enden kann.


    Ich weiß nun nicht, inwieweit das ein reines Werk der Fiktion ist, oder das Leben der Kosaken zutreffend geschildert ist. Jedenfalls entspricht es so ziemlich meinen (Vor-)Urteilen, die ich so über Rußland habe. Und, sieht man sich das Land heute an (incl. Machtverhältnisse), hat sich so viel anscheinend nicht geändert.




    Zitat

    Original von Lipperin
    Anhand des bisherigen Textes habe ich so die Vermutung, dass die Kosaken im großen Zarenreich ziemlich für sich standen und bei den anderen (nicht nur den Bauern, sondern zum Beispiel auch den Ukrainern) nicht gerade wohlgelitten waren.


    Ja, das war wohl so. Ich entsinne mich, vor einiger Zeit etwas über die Kosaken gelesen zu haben, und das hatte genau diesen Tenor. - Ha, das war wohl bei der Geschichte des „Don Kosaken Chores“, der seinerzeit als Folge der Vertreibung der Kosaken entstanden ist.



    Zitat

    Original von Lipperin
    Erstaunlich finde ich den mehr oder minder verdeckt geschilderten Antisemitismus.


    Ähm worauf beziehst Du Dich? Auf die Frage an Stockmann, ob er Jude sei?


    Den „Doktor Schiwago“ habe ich vor Urzeiten auch schon mal gelesen. Das ist aber so lange her, daß ich praktisch keine Erinnerung mehr daran habe. Nur, daß es irgendwie anders als der Film war. Das Buch müßte ich auch mal wieder lesen.


    Inwieweit die Schilderungen vom damaligen Leben durch die sowjetische Brille gesehen sind, vermag ich momentan nicht zu beurteilen. In meinem Buchbestand habe ich ein (von mir) völlig vergessenes Werk entdeckt: „The Horsemen of The Steppes.- The Story of The Cossacks“ von Albert Seaton. Wenn ich nach dem „Stillen Don“ die Kosaken nicht über habe, sollte ich da vielleicht mal drin lesen. Jedenfalls finden sich dort einige Fotos aus der Zeit, in der das Buch spielt.


    Was mir ansonsten noch auffällt ist, daß Pferde dauernd geprügelt und gepeitscht und ständig bis zur Erschöpfung angetrieben werden. Ich frage mich, wie die das auf Dauer durchhalten. Und von den Gerüchen, die erwähnt werden, will ich gar nicht anfangen. Ich vermute, dort wäre ich der erste Mensch gewesen, der „erstunken“ wäre.




    @ Heidi Hof
    :gruebel Was fehlt da?




    Zitat

    Original von Karthause
    Nein, ich heiße das keineswegs gut, akzeptiere aber, dass es so war oder gewesen sein könnte.


    :write So sehe ich das auch.



    Zitat

    Original von Karthause
    Dann kam es zum Selbstmordversuch Nataljas. Wie wir einige Seiten später erfuhren, kämpfte sie lange ums Überleben. Aber als die Schilderung der Tat, die ging mir durch und durch, dann am Ende es Kapitels mit dem Kampf des Dons gegen den Eispanzer gleichgesetzt wurde, das fand ich unheimlich schön.


    Also mir geht bisher keine Figur sonderlich (oder überhaupt) nahe. Ob das nun am Autor, an mir oder an dem direkt zuvor gelesenen Buch liegt, vermag ich derzeit nicht zu beurteilen. Momentan neige ich zur Meinung (ohne das schon genauer ausführen zu können), daß die „Hauptfigur“ keine einzelne Person ist, sondern „die Kosaken“.


    Die Vergleiche sind allerdings wirklich sehr gut.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    daß die „Hauptfigur“ keine einzelne Person ist, sondern „die Kosaken“.


    :write Dem stimme ich in Kenntnis des Romans zu, da verrate ich auch nicht zu viel.


    Bei vielen Romanen habe ich keine Lieblingsfigur, so auch bei diesem nicht. Ich komme gut ohne aus. Aber als beschrieben wurde, wie sehr Natalja sich anstrengen musste, dass das Sensenblatt ihre Haut durchstößt... :yikes Das ging mir unter die Haut, schon die Vorstellung des Vorganges allein.

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Oh je, was habe ich da nur zu Lesen begonnen bzw. sogar vorschlagen. :yikes ;-)


    Armer SiCollier! Ein bisschen weiter bin ich schon, habe nur noch nicht meine Gedanken zu ... äh ... Bildschirm gebracht,

    .


    Zitat

    Zum Ende des 15. Kapitels - unabhängig vom Inhalt - ein Lob an den Autor: schreiben kann er! Wie er Nataljas Selbstmordversuch schildert, ganz große Klasse!


    Ja, er kann großartige Bilder heraufbeschwören, in jeder Hinsicht.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Erstaunlich finde ich den mehr oder minder verdeckt geschilderten Antisemitismus.
    Ähm worauf beziehst Du Dich? Auf die Frage an Stockmann, ob er Jude sei?.


    Ja. Juden hatten es auch unter den Zaren nicht leicht. Und es führte nicht unbedingt zu Wohlwollen, wenn jemand Sozialist (oder wie immer man das damals nannte) und Jude war.


    Zitat


    Was mir ansonsten noch auffällt ist, daß Pferde dauernd geprügelt und gepeitscht und ständig bis zur Erschöpfung angetrieben werden. Ich frage mich, wie die das auf Dauer durchhalten. Und von den Gerüchen, die erwähnt werden, will ich gar nicht anfangen. Ich vermute, dort wäre ich der erste Mensch gewesen, der „erstunken“ wäre.


    Das mit den Pferden hat mich auch bass erstaunt, sie sind doch solche Pferde"narren".
    Und ja, mit Gerüchen jeder Art hat er es, mir wurde es schon zu viel, ständig zu lesen, wie unterschiedlich schon allein Männer und Frauen riechen.


    Zitat

    Momentan neige ich zur Meinung (ohne das schon genauer ausführen zu können), daß die „Hauptfigur“ keine einzelne Person ist, sondern „die Kosaken“.


    :write



    Weil mich mal interessierte, warum Scholochow eigentlich den Literaturnobelpreis bekommen hatte, habe ich im entsprechenden Lexikon nachgeschlagen und dabei eine höchst erstaunliche Tatsache lesen dürfen: 1928 erschienen die ersten Bände vom Stillen Don, 1940 die komplette vierbändige Edition. 1953 (!) wurde der Roman vom Autor überarbeitet, wohl auch aufgrund politischer Kritik. Andererseits erhielt er 1941 dafür auch den Stalinpreis.
    Wenn ich mir jetzt so meine Ausgabe anschaue (eine Neubearbeitung nach der russischen Ausgabe von 1948), drängt sich mir unwillkürlich die Frage auf, ob wir eigentlich das gleiche Buch lesen. Leider habe ich nichts darüber gefunden, inwieweit die Überarbeitung Scholochows von 1953 wesentlichen Inhalt betrifft.

  • Zitat

    Original von Karthause
    Ich neige auch relativ leicht dazu, etwas als Klischee abzutun. Aber gerade wenn verschiedene Autoren die Sachverhalte ähnlich schildern, tendiere ich ich dann eher dazu, das als Fakt anzusehen. Dass die Bauern ungebildet sind, saufen und fluchen, mag einem bei einer Häufung der Beschreibungen mitunter nerven, aber im zaristischen Russland war es nicht gut bestellt um die Bildung bei der Landbevölkerung. Ungebildete Menschen lassen sich schließlich viel besser ausnutzen und unterdrücken. Die Kosaken sind heißblütig und wenn das Blut kocht, wandert die Faust wohl gern mal auf das Auge des Gegenüber, auch wenn es eine Frau ist. Das Recht ist sicher das Recht des Stärkeren und die eigene Meinung wird auch handgreiflich durchgesetzt. Es gab eben keinen, der ein anderes Verhalten von ihnen gefordert hat. Würden sie vor dem Zaren stehen, hätten alle brav den Schwanz eingezogen. Nein, ich heiße das keineswegs gut, akzeptiere aber, dass es so war oder gewesen sein könnte.


    Versteh mich mal recht: Ich bin mir ziemlich sicher, dass es wirklich so war. Die Beschreibungen der Zustände gleichen sich in verschiedenen Romanen, also dürfte es wirklich so gewesen sein.


    Zitat

    Die Szene mit dem Foto von dem bärtigen Väterchen fand ich göttlich. Ja, dann kam raus es war Karl Marx. :lache


    Ja, das war Klasse :rofl


    Zitat


    Dann kam es zum Selbstmordversuch Nataljas. Wie wir einige Seiten später erfuhren, kämpfte sie lange ums Überleben. Aber als die Schilderung der Tat, die ging mir durch und durch, dann am Ende es Kapitels mit dem Kampf des Dons gegen den Eispanzer gleichgesetzt wurde, das fand ich unheimlich schön.


    Ich habe nicht geglaubt, dass Natalja ihren Selbstmordversuch überleben könnte. Allein wie es beschrieben wird...Ich mag mir das gar nicht voestellen. Wie groß muss ihre Verzweiflung gewesen sein...


    Die Beschreibungen des Flusses als Gleichnis für die Geschehnisse unter den Menschen am Don finde ich sehr gelungen. Es wird eine Stimmung geschaffen, ohne die Dinge direkt beim Namen zu nennen. Ich mag so etwas.

  • Zitat

    Original von Lipperin
    ...
    Weil mich mal interessierte, warum Scholochow eigentlich den Literaturnobelpreis bekommen hatte, habe ich im entsprechenden Lexikon nachgeschlagen und dabei eine höchst erstaunliche Tatsache lesen dürfen: 1928 erschienen die ersten Bände vom Stillen Don, 1940 die komplette vierbändige Edition. 1953 (!) wurde der Roman vom Autor überarbeitet, wohl auch aufgrund politischer Kritik. Andererseits erhielt er 1941 dafür auch den Stalinpreis.
    Wenn ich mir jetzt so meine Ausgabe anschaue (eine Neubearbeitung nach der russischen Ausgabe von 1948), drängt sich mir unwillkürlich die Frage auf, ob wir eigentlich das gleiche Buch lesen. Leider habe ich nichts darüber gefunden, inwieweit die Überarbeitung Scholochows von 1953 wesentlichen Inhalt betrifft.


    Ich denke schon, das wir alle das Gleiche Buch lesen. Wahrscheinlich hat niemand von uns eine so alte Ausgabe. Zu kommunistischen Zeiten, besonders unter Stalin, aber auch später, mussten Romane, Theaterstücke etc. Überarbeitet werden, wenn sie nicht mehr den gerade geltenden Ideologien entsprachen. Entweder Anpassung, oder die Romane des Autor wurden nicht mehr verlegt oder gelesen, zumindest nicht öffentlich. Vorgeschoben wurden da unterschiedliche Begründungen - unmoralische Geschichten, Vulgarität oder eigentlich politische Unkorrektheit.
    Autoren, die sich nicht anpassen wollten, verschwanden.
    Mein Buch ist eine Ausgabe nach der Russischen Fassung von 1957, steht im Buch.

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Armer SiCollier! Ein bisschen weiter bin ich schon, habe nur noch nicht meine Gedanken zu ... äh ... Bildschirm gebracht,


    Na ja, daß das kein Spaziergang, war mir schon klar. Aber mit manchem habe ich denn doch nicht gerechnet.



    Zitat

    Original von Lipperin
    Und ja, mit Gerüchen jeder Art hat er es, mir wurde es schon zu viel, ständig zu lesen, wie unterschiedlich schon allein Männer und Frauen riechen.


    :write Ich schätze, in so einer, ähm, geruchsintensiven Welt wäre ich Eremit geworden.



    Zum Buch selbst:
    Bei der Vorbereitung des Vorschlags der Leserunde habe ich erstmals gelernt, daß es gegen Scholochow auch Plagiatsvorwürfe gab. >Hier der Wikipedia-Artikel< zum Schriftsteller, in dem auch darauf eingegangen wird.


    Inwieweit meine Ausgabe „überarbeitet“ wurde, kann ich nicht feststellen. Jedenfalls wurden Buch 3 und 4 von einem anderen als die Bücher 1 und 2 übersetzt.



    Zitat

    Original von Clare
    Ich habe nicht geglaubt, dass Natalja ihren Selbstmordversuch überleben könnte.


    Ich auch nicht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • So, ich bin nun auch mit diesem Teil durch und stecke im ersten Drittel des nächsten Teils.
    Wahnsinnig viel ist nicht geschehen, es kamen ein paar Figuren hinzu, vor allem eine rote Socke :grin. Grischa und Axinja leben auf einem Gut zusammen, bis er zum Militärdienst muss. Der Vater hätte gerne, dass Grischa und Natascha wieder zusammen fänden. Ah ja doch noch was, das Kind von Axinja muss nicht unbedingt von Grischa sein ;-)
    Tja und dann kommt das Jahr 1914 ...


    Übrigens: Doktor Schiwago - Boris Pasternak --> muss ich auch noch lesen :lache

  • Zitat

    Original von Clare


    Ich denke schon, das wir alle das Gleiche Buch lesen. Wahrscheinlich hat niemand von uns eine so alte Ausgabe. Zu kommunistischen Zeiten, besonders unter Stalin, aber auch später, mussten Romane, Theaterstücke etc. Überarbeitet werden, wenn sie nicht mehr den gerade geltenden Ideologien entsprachen. Entweder Anpassung, oder die Romane des Autor wurden nicht mehr verlegt oder gelesen, zumindest nicht öffentlich. Vorgeschoben wurden da unterschiedliche Begründungen - unmoralische Geschichten, Vulgarität oder eigentlich politische Unkorrektheit.
    Autoren, die sich nicht anpassen wollten, verschwanden.
    Mein Buch ist eine Ausgabe nach der Russischen Fassung von 1957, steht im Buch.


    Danke für die Erklärungen! :knuddel1
    Ich kam nur drauf, weil meine Ausgabe ja nach der russischen Fassung von 1948 ist. Und dann gib es ja auch noch unterschiedliche Übersetzer. Aber letztlich ist es auch egal, wie sollte man das je vergleichen. Es könnte höchstens mal ein Zufall mal eine Szene erwähnen lassen, die andere in ihrem Buch nicht haben.

  • Ich denke auch, dass vergleichen sehr schwierig, wenn auch sehr interessant sein könnte. Mich fasziniert immer, wie sich Klassiker über die Jahre und Jahrzehnte verändern, wenn sie neu übersetzt, neu aufgelegt etc. werden.

  • Zitat

    Original von Heidi Hof
    ...
    Wahnsinnig viel ist nicht geschehen, es kamen ein paar Figuren hinzu, vor allem eine rote Socke :grin. Grischa und Axinja leben auf einem Gut zusammen, bis er zum Militärdienst muss. Der Vater hätte gerne, dass Grischa und Natascha wieder zusammen fänden. Ah ja doch noch was, das Kind von Axinja muss nicht unbedingt von Grischa sein ;-)
    ...
    Übrigens: Doktor Schiwago - Boris Pasternak --> muss ich auch noch lesen :lache


    Ich fand im allerersten Abschnitt passierte so viel, war die Geschichte so verdichtet. Das finde ich in den Folgenden Teilen nicht mehr so. Vielleicht liegt es auch nur daran, dass die reinen Kriegsschilderungen oder eben auch die auftauenden "roten Socken" nicht so ganz meins sind... ;-)


    Ach, und Doktor Schiwago solltest du wirklich lesen!

  • Zitat

    Original von Clare
    Mich fasziniert immer, wie sich Klassiker über die Jahre und Jahrzehnte verändern, wenn sie neu übersetzt, neu aufgelegt etc. werden.


    Ich habe bei drei Büchern alte und neue Übersetzung verglichen, und bin jedes Mal bei der alten geblieben. Seither bin ich Neuübersetzungen gegenüber sehr skeptisch geworden.


    Interessant wäre dies noch bei Dostojewskij, dessen "Dämonen" ich in zwei verschiedenen Übersetzungen hier habe.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ein Selbstmordversuch mit einer Sense =O!

    Das passt zur Lebensart der Kosaken. In Mitteleuropa hätten die Frauen eher Gift genommen oder wären ins Wasser gegangen. Der Don war ja nicht weit weg.


    Ich habe festgestellt, dass ich zu wenige Vorkenntnisse um diese Zeit und Region habe. Was genau das für ein Verhältnis der Kosaken zu Russland ist und was überhaupt in Russland um diese Zeit los ist.

    Sollte ich mal nachlesen.


    Noch was:

    Ich finde es schön, dass Pantelej wieder Kontakt zu seinem Sohn aufnimmt, auch wenn dessen Verhältnis mit Axinja zwischen ihnen steht.